"Wenn jetzt Sommer wär" war der Traum Vieler und schallte in diesem langen, sonnenarmen Winter regelmäßig aus dem Radio. Nun wäre es aber äußerst ungerecht, Pohlmann auf seinen 2006er Überhit zu reduzieren - mit seinen ersten drei Alben ist er zu einer festen Größe in der deutschen Musikszene geworden.
Jetzt lädt er also zur exklusiven Live-Präsentation seiner vierten CD "Nix ohne Grund" (VÖ 10.05.2013) im Hamburger Knust ein. Neben (Zitat von seiner Facebook-Seite) "Freunden, Helfern, Presse und Familie" dürfen noch etwa 200 seiner Fans dabei sein - ein feiner Zug, dass er die Tickets (für sehr faire EUR 15) zunächst seinen Newsletter-Abonnenten und dann über Facebook anbot, und kein Wunder, dass die Veranstaltung innerhalb eines Tages ausverkauft war. Er hätte locker eine größere Halle füllen können, auf Facebook gab es Viele, die noch großes Interesse gehabt hätten. Aber das war in diesem Fall gar nicht das Ziel - eine intime kleine Veranstaltung sollte es werden, bei der die CD zum ersten Mal einem geneigten Publikum live präsentiert wird.
Und so warten etwa 500 Gäste bei schönstem Frühlingswetter auf dem Platz vor dem Knust auf den Einlass. Um nun doch noch einmal "Wenn jetzt Sommer wär" ins Spiel zu bringen - fast mutet es an wie eine sehr geschickte Promo-Aktion, dass ausgerechnet wenige Tage vor dem Konzert vorsichtig der Frühling in Hamburg Einzug gehalten hat. Dem ein oder anderen wird da sicher genau dieser Song nicht aus dem Sinn gegangen sein.
Selig-Sänger Jan Plewka verglich bei einer Vorab-Live-Präsentation des letzten Selig-Albums "Magma" im vergangenen Jahr eine solche Album-Vorstellung übrigens mit einer Geburt. Und der Vergleich passt auch bei der "Nix ohne Grund" Präsentation: eine Geburt kann man zeitlich nicht so genau planen und alle Beteiligten (in diesem Fall Künstler und Publikum) sind gespannt und zum Teil nervös. Mit etwa 20minütiger Verspätung beginnt das Konzert und brav entschuldigt sich Pohlmann für diese Verpätung; seine gespannte Nervosität gepaart mit großer Vorfreude fast greifbar.
Er spielt (fast) das ganze Album durch. Wenn die Zählung stimmt, fehlt nur ein Song ("Schreib mir"); die Reihenfolge der Songs ist bei der Live-Präsentation allerdings eine andere als auf dem Album. Der Grund dafür ist nicht offensichtlich, hat aber vielleicht etwas mit der Dramaturgie des Abends zu tun? Eine Antwort mag sich ergeben, sobald das Album fertig vorliegt. Und die gespannte Vorfreude auf dieses Album wird bei diesem Konzert auch beim Publikum verstärkt.
Die Songs, die er präsentiert, sind melancholisch, witzig, romantisch, traurig, politisch, elektrisch(!), voller Lebensfreude - Pohlmann kann man nicht in eine Schublade einordnen und das sollte man auch nicht! Er hat viel zu sagen und tut dies auch in seinen Songs und in den Ansagen dazwischen, denen man gern lauscht. Fast wünscht man sich, dass er noch mehr persönliche Einblicke gewährt. So erzählt er von seiner Oma und dem Lied, das er schon immer schreiben wollte, um "auf den Gräbern zu tanzen", und damit das Leben zu feiern. Damit stellt er "Atmen" vor, einen positiven, wirklich feiernden, treibenden Song, der das Potential hat, ein treuer Begleiter durch den Sommer zu werden. Über seine Liebe zur Science Fiction philosophiert er, über seine Lieblingsfilme Blade Runner (dessen Autor in "Roy Batty (In Tribute To Philip K. Dick)" verewigt wird) und Star Wars. Letzerer ist auch Namensgeber seiner aktuellen Single und wird von Pohlmann eingeführt, indem er einen berühmten Satz vom weisen Lehrmeister Yoda über sein Handy abspielt: "Train yourself to let go of everything you fear to lose…." Ein Satz, der Pohlmann nicht mehr loslässt, und ihn sehr beeinflusst, wie er zugibt. Aber Pohlmann ist nicht nur Denker und Philosoph, sondern auch wirklich witzig. Wenn er nicht Musik machen würde, wäre er sicher vor der Playstation verkackt, gibt er zu - als Kind der 80er könne er sich der Faszination von Videospielen nach wie vor nicht entziehen und verarbeitet das in dem amüsanten Hip-Hop-Song "Fenster zur Welt".
Die neuen Songs machen neugierig auf das Album, insbesondere auf die Texte, die man sich gern in Ruhe nochmals anhören möchte. Die Musik ist eingängig (im positiven Sinne!), romantisch, schön und treibend - die 4köpfige Band schafft einen perfekten Klangrahmen. Auch wenn bei dieser ersten Präsentation noch nicht alles ganz rund läuft. So wird ein Song abgebrochen und neu angesetzt, ein anderer (der Hip-Hop-Song) direkt nur vom Band gespielt (Pohlmann verspricht, dass die Band diesen bei der Tour im Herbst "drauf hat") - aber gerade das macht den/die Musiker noch sympathischer und lässt den Zuschauer fühlen, dass er an etwas Besonderem teilhaben darf, nämlich einer wirklichen Premiere. Und statt der zahlreichen Verbeugungen, die es nach einer Premiere im Theater nach einer gelungenen Inszenierung normalerweise gibt, gibt es an diesem Abend nochmal Nachschlag von Pohlmann - 3 seiner Hits (und da darf "Wenn es Sommer wär" natürlich nicht fehlen) gibt es, bevor die Release Party beginnt. 1,5 Stunden durften die Zuschauer den Melodien und Gedanken des Wahl-Hamburgers Pohlmann lauschen und haben dies offensichtlich auch genossen. Viele bleiben noch ein wenig und feiern; wegen der lauschigen Temperaturen stehen viele noch vor dem Knust - die Stimmung ist entspannt und positiv.
Fazit: Eine gelungene Premiere, die Lust auf das neue Album "Nix ohne Grund" und auf weitere Konzertauftritte macht. Wer eingängige Melodien und Texte, die zum Nachdenken anregen oder manchmal auch einfach witzig sind, mag, der sollte sich die Clubtour im Herbst nicht entgehen lassen. Pohlmann live lohnt, nicht zuletzt, weil er sein Publikum direkt anspricht und mit auf die Reise nimmt. Gemeinsames Sinnieren, aber auch Abfeiern inklusive!
Fotos gibt es hier
Text und Fotos: Sabine Schieweck
Clubtour:
29.09.2013 Hamburg, Große Freiheit 36
02.10.2013 Bielefeld, Ringlokschuppen
05.10.2013 Bremen, Schlachthof
08.10.2013 Aschaffenburg, Colossaal (zusammen mit Cäthe)
09.10.2013 Stuttgart, Wagenhalle (zusammen mit Cäthe)
10.10.2013 Erlangen E-Werk (zusammen mit Cäthe)
11.10.2013 München Ampere (zusammen mit Cäthe)
15.10.2013 Rostock, Zwischenbau
17.10.2013 Wilhelmshaven, Pumpwerk
18.10.2013 Hannover, Musikzentrum
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