Joe Bonamassa: British Blues Explosion Live (2 DVDs)

Joe Bonamassa: British Blues Explosion Live (2 DVDs)

Mascot Label Group/Rough Trade

VÖ: 18.05.2018

 

Wertung: 5/12

 

Das ist sie wieder, die halbjährliche Veröffentlichung von Joe Bonamassa. Für die erste Hälfte des Jahres 2018 wird mal wieder ein visuelles Erlebnis in den Handel gebracht. Joe Bonamassa huldigt dem britischen Blues und den Yardbirds. Oder mit anderen Worten: Eric Clapton, Jeff Beck und Jimmy Page. Der gute Joe wird ja nicht müde zu betonen, dass es die Rockmusik, wie wir sie heute kennen, nicht geben würde, wenn die drei den Blues nicht auf ihre Art gespielt und weiterentwickelt hätten. Wer den Blues lernen will, sollte sich auch mit dem Werk der drei Ausnahmegitarristen beschäftigen. Vermutlich sieht sich Bonamassa auch in einer Reihe mit diesen, aber mit dieser Annahme liegt er ganz weit daneben.

 

Eine kleine Tour spielte Bonamassa mit seiner Band. Lediglich fünf Konzerte standen auf dem Plan. Die Show beim Greenwich Music Time Festival am 07. Juli 2016 im Old Royal Naval College in Greenwich, London, wurde letztlich mitgeschnitten. Die Musiker zollten ihren Helden Tribut. Die fünfköpfige Band auf „British Blues Explosion Live“ bestand aus Michael Rhodes (Bass), Reese Wynans (Keyboards), Anton Fig (Schlagzeug) and Russ Irwin (Rhythmusgitarre und Backgroundgesang).

 

Die Zuschauer sitzen vor einer Traumkulisse ganz brav auf ihren Stühlen. Die Anzahl ist überschaubar, was natürlich der Location geschuldet ist. Der Altersdurchschnitt ist sichtbar ziemlich hoch. So lauschen alle ganz gesittet der Darbietung – sofern man nicht die örtlichen Sanitäreinrichtungen oder den Getränke- und Essensstand aufsuchen musste. Es ist ein ziemliches Gewusel auf dem Gelände. Als Künstler wünscht man sich ja eher durchdrehende Fans vor der Bühne. Aber nun gut, hier gibt es ja auch noch ein Schlagzeugsolo zu sehen und zu hören - das macht ja sonst keiner mehr.

 

Gefilmt ist das solide, man ist nah den Musikern dran, kriegt aber auch immer mal wieder einen Blick aus der Zuschauerperspektive geboten. Auch die schöne Kulisse wird immer wieder gezeigt. Da zahlt es sich dann durchaus aus, dass das Konzert bei Tageslicht begonnen wurde – deutlich vor 21 Uhr, wie die Uhr mehr als nur erahnen lässt.

 

Ansonsten ist dies das große Gniedelfest. Mit Blues hat das ungefähr so viel zu tun wie der 1.FC Köln mit der Vergabe des Meistertitels. Irgendwie macht Bonamassa jeden Song zu einem Hardrockstück. Die Seele, die seine drei Helden den Songs einhauchen konnten, geht ihm komplett ab. Da wird alles zerschreddert was geht. Zudem bleibt das alles ziemlich unnahbar. Noch schlimmer wird es beim Bonusmaterial. Das gibt es „Taxman“ aus dem Cavern Club – woher auch sonst? - in grobkörnigen schwarzweiß Bildern zu sehen. Eine Beatles-Nummer covert man ja eigentlich sowieso nicht, aber dieser Hardrockverschnitt geht gar nicht klar. Da ist seine Auszeichnung mit einem „Brick In The Wall“ an dieser legendären Stelle – begleitet von der Presse – ja noch interessanter. Mick Wall erklärt dann noch, was die „British Blues Explosion“ bedeutet und dann gibt es auch noch die obligatorische Fotogalerie – das war es dann.

 

Fazit: „British Blues Explosion Live“ mag auf dem Papier ein gutes Projekt gewesen sein, aus der Konserve ist das aber unfassbar langweilig. Joe Bonamassa zerschreddert und zerlegt diese Songs und beraubt selbigen ihrer Seele. Technisch ist das gut, keine Frage, aber das kann auch jeder VHS-Lehrer. Seele, Seele ist wichtig. Die Kameraeinstellungen sind nett, aber aus der lahmen Veranstaltung konnte dann auch nicht mehr herausgeholt werden. Und eine Bitte noch: nie wieder die Beatles covern! Unter dem Strich die schäwchste Veröffentlichung aus dem Hause Bonamassa

 

https://jbonamassa.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

Joe Bonamassa: Live At Carnegie Hall – An Acoustic Evening (DVD/CD)

Joe Bonamassa: Live At Carnegie Hall – An Acoustic Evening (DVD/CD)

Mascot Label Group/Rough Trade

VÖ: 23.06.2017

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Bitte alle mal vor dem Bildschirm oder Display aufzeigen, die auch der Meinung sind, dass der gute Joe Bonamassa dringend eine Veröffentlichungspause einlegen sollte. Das ist ja unfassbar, wie der Mann da immer wieder neue Sachen in die Läden stellt. Da liegen teilweise ja noch nicht mal zwölf Monate dazwischen. Die Maschinerie hält er so zumindest am Laufen und seinem Bankkonto tut das sicherlich auch ganz gut. Und dann überrascht der Mann einen doch immer wieder. „Live At Carnegie Hall“ ist nämlich fantastisch! Warum? Weil Bonamassa seine Songs teilweise völlig neu arrangiert und sich famose Leute zur Umsetzung des Projekts eingeladen hat.

 

Am 21. und 22. Januar 2016 spielte Joe Bonamassa zwei einzigartige Akustikkonzerte in der renommierten Carnegie Hall in New York City. Dies wird nun in allen möglichen Konfigurationen veröffentlicht. Zur Besprechung liegen die beiden CDs und DVDs vor. Man sollte hier aber unbedingt zu der visuellen Variante greifen. Das Ensemble hat Weltklasseniveau! Reese Wynans (Klavier), Anton Fig (Schlagzeug) und Eric Bazilian (Mandoline, Drehleier, Saxophon, Akustikgitarre, Gesang) und ganz besonders die chinesische Cellistin Tina Guo bereichern das Klangbild. Auch der ägyptische Percussionist und Komponist Hossam Ramzy sowie Mahalia Barnes, Juanita Tippins und Gary Pinto, die für den Backgroundgesang verantwortlich sind, heben die Songs noch mal auf eine ganz neue Stufe. Die neunköpfige Akustikband harmoniert übrigens derart gut miteinander, dass man glatt auf die Idee kommen könnte, dass diese schon immer in dieser Konstellation aufgetreten ist.

 

Die Kostüme der Backgroundtruppe sind natürlich auch echte Hingucker. Tina Guo sowieso, darum hat man sie auch nach ganz vorne platziert. Die dunkle Brille von Bonamassa erzeugt leider wieder die bekannte Distanz zwischen ihm und dem Publikum, aber das ist ja nichts Neues. Insgesamt ist das sehr nett anzusehen. Das ist sowieso derart gut gefilmt und geschnitten, dass man völlig vergisst, dass dies eigentlich vor beeindruckender Kulisse stattfindet. Und wenn Guo und Bonamassa sich bei „Woke Up Dreaming“ ein Duell auf ihren Instrumenten liefern, dann ist das schon eine ganz besondere und intime Darbietung. Das muss man nicht nur hören, sondern auch sehen! Und merke: am Cello kann man auch so leiden wie an der Gitarre!

 

Als Fernsehzuschauer ist man ziemlich nahe am Geschehen dran. Das Publikum vor Ort wird nur nach den Songs gezeigt, ansonsten hat man sich voll und ganz auf Bonamassa und seine Mitstreiter konzentriert. Die Einstellungen wiederholen sich zwar und nutzen sich dann auch etwas ab, aber letztlich ist das toll gefilmt. Die Bildqualität geht als guter bis sehr guter Standard durch. Der Ton überzeugt ebenfalls und jede musikalische Nuance ist da fein säuberlich zu hören.

 

Also Bonusmaterial gibt es den üblichen Klimbim. Bonamassa macht das aber nicht zur One Man Show, sondern gewährt auch seiner Band reichlich Raum ihre Sicht der Dinge über die Akustikshows darzulegen. Nett.

 

Bonamassa gniedelt ja oft, aber auf der Akustikgitarre agiert er erfreulich songorientiert und muss sein Können nicht weiter in das Schaufenster ausstellen. Ist „The Rose“ nicht herzig?! Der Song wurde in ein wunderschönes Arrangement eingebettet. Das sehnsuchtsvolle „Drive“ - wunderschönes Cello und Klavier – sorgt zudem für eine dicke Gänsehaut. Hier zeigt sich auch, dass der Mann eigentlich ein guter Sänger ist. Das geht ja oftmals etwas unter. „Driving Torwards The Daylight“ entpuppt sich übrigens in dieser Fassung als der beste Song, den Bonamassa jemals gespielt hat. Das Stück geht unter die Haut. Es bleibt die nackte Essenz übrig und die berührt!

 

Fazit: „Live At Carnegie Hall“ von Joe Bonamassa ist eine faustdicke Überraschung. Eigentlich würde man sich ja mal eine Veröffentlichungspause von dem Mann wünschen und dann haut der so ein Ding hier raus. Das ist schon ganz großes Kino. Tolle Band, tolle Arrangements, welche die Songs in einem ganz neuen Klangbild erstrahlen lassen, toll gefilmt und toller Sound. Alles toll! Das berührt und geht zu Herzen. Tina Guo ist zudem eine absolute Bereicherung!

 

https://jbonamassa.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

Joe Bonamassa: Live At The Greek Theatre (2CDs/2 DVDs)

Joe Bonamassa: Live At The Greek Theatre (2 CDs/2 DVDs)

Mascot Label Group/Rough Trade

VÖ: 23.09.2016

 

Wertung: 8/12

 

Und jährlich grüßt der Bonamassa. Der Gitarren-Virtuose zählt sicher zu den fleißigsten Künstlern im Musikzirkus. Seine Fans wird es freuen, denn es vergeht ja kein Jahr ohne eine Veröffentlichung. Neben seinen Studioalben und Live-Aufnahmen, hat er zudem noch unzählige Nebenprojekte am Start. Seine Zusammenarbeit mit Beth Hart ist da noch in bester Erinnerung. Seine Akribie zählt sich zudem aus, denn mittlerweile ist er auch in den USA ganz oben angekommen. Zunächst lief es in seiner Heimat ja nicht ganz so gut, aber inzwischen hat sich auch da herumgesprochen, dass Joe Bonamassa einer der herausragenden Gitarristen seiner Generation ist. Mit „Live At The Greek Theatre“ gibt nun zum Ende des Jahres noch ein Live-Dokument seines Könnens.

 

Im Jahr 2015 war er mit der „Three Kings Tour“ in 14 Amphitheatern in den USA zu Gast. Hierbei huldigte er seinen Idolen und spielte einige Bluessongs seiner Vorbilder. Die vorliegende Veröffentlichung beinhaltet das Tourfinale in Los Angeles. Wie es heute üblicherweise der Fall ist, gibt es die Geschichte in allen möglichen und erdenklichen Formaten zu erwerben. Da kann sich jeder das für ihn Passende raussuchen. Blu-ray oder DVD wäre da vermutlich zu bevorzugen.

 

Die Show steht ganz im Zeichen von B.B. King, der zwei Monate vor der Tour verstarb. B.B. zählt ja zu den großen Vorbildern von Bonamassa und so ist es nicht weiter überraschend, dass es da den einen oder anderen Song des Meisters zu hören gibt. Höhepunkt war da „The Thrill Is Gone“, welches B.B. King ganz sicher gefallen hätte und ihm alle Ehre macht.  Die Setliste ist gut durchgemischt und es gibt sowohl bekanntes, wie auch eher unbekanntes Material zu hören. Vom Auftakt „See See Baby“ über „Sittin´ On The Boat Dock“,  „Angel Of Mercy“ bis hin zu „Oh, Pretty Woman“, „Let The Good Times Roll“ und „Riding With The Kings“ ist für jeden etwas dabei. Die Kritiken in den USA waren übrigens extrem positiv. Bonamassa ist technisch ja auch kein Vorwurf zu machen. Wenn man etwas bemängeln will, dann ist es vielleicht die nicht ganz so gefühlvolle Herangehensweise. Wie er da so in seinem Anzug mit der obligatorischen Sonnenbrille steht, ist zudem immer eine gewisse Distanz zwischen ihm und dem Publikum spürbar. Im Rücken hat er eine elfköpfige Band. Anton Fig (Schlagzeug), Kirk Fletcher (Gitarre), Michael Rhodes (Bass), Reese Wynans (Klavier, Hammond Orgel), Lee Thornburg (Trompete, Bläserarrangements), Paulie Cerra (Saxophon), Nick Lane (Posaune) und die drei Backgroundsängerinnen Mahalia Barnes, Jade MacRae und Juanita Tippins liefern hier einen erstklassigen Job ab. Bonamassa überlässt dann sogar Fletcher mal ein Solo. Dies wiederum zeigt, dass er sein Ego dann doch noch im Griff hat. In der Bonussektion kommen dann auch seine Eltern zu Wort und erzählen etwas über den kleinen Joe und seinen Werdegang. Ein Video, eine Fotogalerie und sonstiger Klimbim runden das schön ab.

 

Der Ton ist klar und ganz fein austariert. Das Bild ist sogar als famos zu bezeichnen. Die Kameras fangen alle Musiker und Sänger aus verschiedenen Perspektiven sehr schön ein. Gefilmt wurde das mit ruhiger Hand und auch der Schnitt ist sehr angenehm ausgefallen. Die Bühne wird mal in grünes oder rotes Licht getaucht, aber natürlich auch voll ausgeleuchtet. Die Qualität und Abtastung ist da schon als top zu bezeichnen. Der Schwarzwert überzeugt und ein Graining ist nicht auszumachen. Da freuen sich dich die Augen und Ohren!

 

Fazit: „Live At The Greek Theatre“ von Joe Bonamassa ist eine gelungene Veröffentlichung in Bild und Ton. Da wurde mit sehr viel Mühe und Liebe zu Detail vorgegangen. Bonamassa hatte auf dieser Tour eine tolle Band im Rücken, die handwerklich einen erstklassigen Job ablieferte. Bonamassa selber huldigt hier dem Blues und zeigt, warum er ein Ausnahmegitarrist ist. Wie immer, fehlt da etwas das Gefühl – Können und Technik sind ja nicht alles – aber das ist sicher Geschmackssache und liegt im jeweiligen Ohr des Hörers (und Betrachters).

 

www.jbonamassa.com

 

Text: Torsten Schlimbach

Joe Bonamassa: Live At Radio City Music Hall

Joe Bonamassa: Live At Radio City Music Hall (CD + DVD)

Mascot Label Group/Rough Trade

VÖ: 02.10.2015

 

Wertung: 7,5/12

 

Und da ist sie, die jährliche Veröffentlichung von Joe Bonamassa. Im vorliegenden Fall war es fast klar, dass da was kommen muss. Bonamassa hatte ja schon länger den Wunsch geäußert an dieser denkwürdigen Stätte in seiner Heimaststadt New York mal aufzutreten. Diesen Wunsch hat er sich nun erfüllt und er trat gleich zweimal dort auf. Er spielte ein Unplugged- und ein Stromset. Das gibt es nun auszugsweise auf DVD oder Blu-ray zu bewundern. In verkürzter Fassung liegt das dann auch noch auf einer CD vor.

 

So langsam müsste Bonamassa mal eine Veröffentlichungspause einlegen – zumindest was visuelle Geschichten angeht. Die Abläufe ähneln sich doch stark und irgendwie hat man das Gefühl, dass man das alles schon mal gesehen und gehört hat. Klar, für die Hardcorefans ist das eine feine Sache, denn welcher Künstler haut schon in so schöner Regelmäßigkeit solche Dinger raus? Wer aber nicht zum harten Kern seiner Anhänger gehört, wird mitunter erste Ermüdungserscheinungen feststellen – sofern bisher alle ähnlich gelagerten Produkte den Weg in den Player gefunden haben.

 

Dies gilt übrigens auch für das Bonusmaterial. Hier gibt es zwar reichlich O-Töne zu hören, aber auch das scheint sich auf eine gewisse Art zu wiederholen. Die Aufnahmen vom Bühnenaufbau sind zwar nett, aber mehr als einmal guckt man sich das in einem Jahrzehnt vermutlich auch nicht an. Außerdem wird hier auch noch dreist Werbung für seine andere Veröffentlichungen betrieben, denn es werden auch Bilder – aus der Royal Albert Hall mit Einblendung der DVD – gezeigt. Schön sind die Impressionen seines Gitarrentechnikers, die einen noch ein bisschen tiefer in die Welt des Musiker Bonamassa eintauchen lassen. Die üblichen Soundcheck- und Feinjustierungen vervollständigen dies letztlich. Und die Mama von Bonamassa ist auch noch Backstage. Später wird er sie auf die Bühne holen und ihren Geburtstag verkünden. Nun ja. Vorstellen musste er seine Mutter nicht, denn er sieht ihr wie aus dem Gesicht geschnitten ähnlich.

 

„One Less Cross To Bear“ und „Still Water“ sind neue Songs, die nett und im gewohnten, guten Bonamassa Stil daherkommen. Dazu gesellen sich noch sieben bislang noch nicht in Liveversionen erhältliche Titel. Zunächst gibt es auf der DVD den Unplugged-Teil und Bonamassa sitzt mit Geiger Gerry O’Connor, Mats Wester an Nyckelharpa and Mandoline, Keyboarder Reese Wynans und Percussionist Lenny Castro so da, wie man das schon von der Akustikaufnahme aus Wien kennt. Zur Starkstrom-Ausgabe holt er dann seine bewährte Tourband mit Bassist Carmine Rojas, Keyboarder Reese Wynans, Drummer Tal Bergman, sowie mit Lee Thornburg, Nick Lane, Paulie Cerra an Trompete, Posaune und Saxophon. auf die Bühne. Bonamassa wird seine Sonnebrille übrigens erst ganz zum Schluss ablegen. Davor gibt er den Gitarrengott, dem die Gesichtszüge entgleiten und sich ansonsten ziemlich unnahbar gibt. Das Publikum sitzt(!) ihm aber trotzdem zu Füßen. Interessant ist das aus der Perspektive eines Pärchens, welches man vorab durch New York – tolle Aufnahmen von Manhattan dabei, auch aus der Luft – begleitet hat.

 

Fazit: Bild und Ton sind gut und auch die Musiker erledigen einen vorzüglichen Job. Irgendwie hat man aber so langsam ein bisschen Übersättigung von Herrn Bonamassa. Er ist ein Ausnahmegitarrist und das zeigt sich auch hier wieder. Die Gesten und die Aufnahmen wiederholen sich aber und da nützt es auch nichts, wenn es teilweise ungespieltes Livematerial zu hören gibt. Für Fans natürlich ein Pflichtkauf und wer bisher noch nichts von Herrn Bonamassa gesehen hat, darf hier auch zugreifen und staunen. Ein Veröffentlichungspause wäre jetzt vielleicht nicht ganz verkehrt.

 

http://jbonamassa.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

Joe Bonamassa: Muddy Wolf At Red Rocks (2 DVDs)

Joe Bonamassa: Muddy Wolf At Red Rocks (2 DVD)

Mascot Label Group/Rough Trade

VÖ: 20.03.2015

 

Wertung: 8,5/12

 

Ob Joe Bonamassa wirklich am härtesten im gesamten Showgeschäft malocht, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Fakt ist aber, dass er Musik veröffentlicht wie kein Zweiter. Eine schier unglaubliche Flut - in den verschiedensten Konstellation - haut der Mann wie am Fließband raus. Egal ob im Bandkontext, mit Beth Hart oder eben solo, irgendwas gibt es schließlich immer zu veröffentlichen. Studioalben oder Livemitschnitte geben sich da ebenso die Klinke in die Hand. Jetzt gibt es mal wieder einen Livemitschnitt, einen ganz besonderen noch dazu. Joe Bonamassa huldigt hier zwei seiner Helden: Muddy Waters und Howlin´ Wolf.

 

„Muddy Wolf At Red Rocks“ trägt den spektakulären Ort des Geschehens ja schon im Titel: die unglaubliche Kulisse des Red Rocks Amphitheaters in Colorado. 9000 Zuschauer pilgerten dorthin um Joe Bonamassa und seine famose Band zu sehen. An diesem 31. August 2014 fand das bis dahin größte Einzelkonzert von Bonamassa statt. Das Amphitheater wurde schon von vielen Bands genutzt und ist schon Grund genug dort einem Konzert beizuwohnen. Und wenn einer der vermeintlich besten Gitarristen der Welt dann dazu einlädt Songs von Muddy Waters und Howlin´ Wolf zu spielen, dann ist das gleich in mehrfacher Hinsicht ein Pflichtprogramm.

 

Die Bildaufnahmen halten dann auch, was sie auf dem Papier versprochen haben. Man sieht das Amphitheater vor der ganzen Sause von oben und kann im Zeitraffer verfolgen wie die Leute mit ihren Autos angereist sind – das sieht von oben schon nett aus. Zu Beginn erzählt Bonamassa was es mit dem Mississippi-Delta auf sich hat und dann erscheint auch schon Muddy Waters. Die S/W-Aufnahmen münden in einer alten Aufnahme von „Tiger In Your Tank“ vom Newport Jazz Festival. Der Übergang von Waters zu Bonamassa ist fließend und der junge Gitarrist vollendet dieses Stück schließlich. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt ist klar, dass die DVD dem Zuschauer auf der Couch einiges bieten wird. Man sieht die großartige Band aus allen möglichen Perspektiven und hat auch reichlich Gelegenheit den Herrschaften auf die Finger zu gucken. Der Meister selbst ist natürlich der unumstrittene Mittelpunkt und auch hier kann man seine flinken Finger bewundern.

 

Ziel von Bonamassa war es ja zu zeigen, dass der Blues alles andere als altbacken ist. Mission erfüllt. „I Can´t Be Satisfeid“, „You Shook M“ „Double Trouble“ oder „My Home Ist On The Delta“ werden brillant dargeboten. Technisch ist das schon allererste Sahne, gar keine Frage. Was Bonamassa aber mal wieder komplett abgeht sind Herz und Seele. Der Mann spielt das alles derart perfekt, dass es zur puren Griffbrettwichserei wird. Die Gesichtszüge entgleiten ihm, der Mund steht offen und die obligatorische Sonnenbrille sorgt für die Unnahbarkeit, die man bei dem Mann leider immer wieder beobachten kann. Seine beiden Vorbilder hatten da mehr Gefühl im kleinen Finger wie Bonamassa im ganzen Körper. Letztlich spielt er deren Musik perfekter als sie selbst, kann ihnen aber trotzdem nicht das Wasser reichen.

 

Den Einspieler von Howlin´ Wolf, wo dieser kurz und prägnant erklärt was denn der Blues ist, sollte sich Joe Bonamassa noch mal zu Gemüte führen und dann angucken wie Wolf „How Many More Years“ intoniert. Den Fans vor Ort hat es aber gefallen, denn das Geschehen gleicht einer riesigen, großen Party. Nicht, dass wir uns falsch verstehen, das ist musikalisch schon ganz weit oben anzusiedeln. „Spoonful“ oder „Killing Floor“ werden atemberaubend und brillant gespielt – und zwar von allen Beteiligten. Die Bläsersektion, der Mundharmonikaspieler, aber auch der Mann am Bass, hinter der Schießbude oder den Tasten liefern einfach einen ganz famosen Job ab – teilweise sind das ja nicht mehr die Jüngsten. Und natürlich darf in dieser Konstellation und an diesem besonderen Abend „The Ballad Of John Henry“ nicht fehlen – einer der besten Songs von Bonamassa!

 

Das Bild ist für eine DVD überraschend klar und scharf. Man hat schon schlechtere Blu-rays gesehen. Ein Graining oder Kompressionsfehler sind nicht auszumachen. Die Farben wirken sehr natürlich und auch der Schwarzwert ist im oberen Bereich anzusiedeln. Der Ton scheint etwas frontlastig zu sein, ist aber alles in allem auch ein Genuss. Der Schnitt ist sehr gut, denn trotz der vielen Perspektivwechsel ist das für die Augen sehr angenehm zu verfolgen und man hat an dieser Stelle nicht den Fehler gemacht, das mit schnellen Bildfolgen hektisch und künstlich aufzupeppen. Beide Daumen hoch.

 

Das Bonusmaterial ist auf einer Extra-DVD zu finden. Da hat man sich wirklich nicht lumpen lassen. Man sieht, wie Bonamassa durch die herrliche Landschaft cruist, das Delta Blues Museum besucht und sich auf die Spurensuche des Blues begibt. Das ist sehr aufschlussreich und schön gemacht. Aus der Sicht eines Fans für Fans. Eine Bluesgeschichtsstunde, die sehr gelungen ist. Mehr als eine Stunde hat man sich dafür gegönnt. Den üblichen Blick hinter die Kulissen gibt es auch noch. Hier dürfen auch die Bandmitglieder ihre Sicht der Dinge kundtun. Aufnahmen von den Proben runden das ab. Und dann gilt es auch noch ein paar historische Aufnahmen von Muddy Waters und Howlin´ Wolf zu bewundern.

 

Fazit: Joe Bonamassa huldigte letztes Jahr im Sommer mit einer famosen Band im Rücken im Red Rocks Amphitheater seinen beiden Helden Muddy Waters und Howlin´ Wolf. Mehr als 2 ½ Stunden spielte die Band den Blues und zwar perfekt. Zu perfekt, denn was Waters und Wolf aus dem Handgelenk schüttelten, kann Bonamassa einfach nicht. Das ist technisch zwar Champions League, aber es fehlt an Gefühl. Der Meister stellt sein Können dafür einfach zu sehr in das Schaufenster. Das Bild und der Ton sind schon im oberen DVD-Bereich zu finden, Chapeau! Das Bonusmaterial ist sehr sehenswert und ein Ausflug in die Geschichte des Blues. Alles in allem ist das sowieso eine schöne Veröffentlichung, die Originale kann man bei Bedarf ja trotzdem wieder auflegen und in Erinnerungen schwelgen oder das Lied von „früher war eh alles besser“ singen.

 

http://jbonamassa.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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