Dredg: Chuckles and Mr. Squeezy
Universal
VÖ: 29.04.2011
Wertung: 7,5/12
Ha! Wetten, jetzt ist es auch wieder nicht gut? Man kann ja förmlich die Uhr danach stellen, dass das neue Dredg Album so manchem Zeitgenossen überhaupt nicht nach der Mütze gehen wird. Wir wollen
doch immer, dass sich eine Band weiterentwickelt, dass neue Wege beschritten werden. Bitteschön, hier ist „Chuckles and Mr. Squeezy"! Was haben sich Dredg nur dabei gedacht? Eine ganze Menge,
Stillstand sollte es jedenfalls keinen geben. Auf zu neuen Ufern war das Motto. Wenn man die 15 Jahre Bandgeschichte Revue passieren lässt, dann ist es schon extrem, in welcher musikalischen Ecke
Dredg nun gelandet sind. Man darf nicht nur das Wort Pop in den Mund nehmen, man muss sogar! Wer hätte das gedacht? Na klar, jetzt werden auch wieder welche aus ihren Löchern gekrochen kommen, die
genau diese Entwicklung schon seit Jahren gesehen haben. Geschenkt! Also bitte!
Bis sich Dredg im Klaren darüber waren, wohin die Reise diesmal geht, verging schon einige Zeit und der Entstehungsprozess war entsprechend lang. Als es aber schließlich mit Dan The Automator ins
Studio ging, war plötzlich alles glasklar und in wenigen Tagen war das Ding im Kasten. Die spontane Atmosphäre sollte erhalten bleiben. Interessanterweise hört sich „Chuckles and Mr. Squeezy" nicht
so spontan an, sondern eher kalkuliert. Ein Schnellschuss ist es jedenfalls nicht.
Wenn es eine Verbindung zwischen allen Alben gibt, dann ist das natürlich in erster Linie die Musik. Eine gewisse Melancholie und Düsternis schwingt auch immer mit, klar. Der progressive Ansatz ist
natürlich auch auf dem neuen Werk nicht verschwunden und trotzdem wird es mehr als zwei Leute vor den Kopf stoßen. Darüber dürfte sich auch die Band im Klaren sein, dafür wird aber auch einen neue
Käuferschicht erschlossen. „Down Without A Fight" ruft gar die Electronic-Freunde auf den Plan. Potzblitz - und das bei Dredg! Wenn man so will, dann ist „Upon Returning" der einzige Track, der auch
auf anderen Dredg-Alben einen Platz gefunden hätte. Die markante Gitarre ist der Schlüssel dazu. „Another Tribe" hingegen wird gerade die deutschen Hörer, die in Kindheits- und Jugendtagen am
Freitagabend den „Krimi" gesehen haben, vor Schreck erstarren lassen. Filtert man den Gesang raus, dann könnte das auch Musik aus „Derrick" oder „Der Alte" sein. Kein Witz - anhören und
ausprobieren!
Anderes schleppt sich ganz langsam dahin. „The Tent" verbreitet gar eine bedrückende Atmosphäre. Der Bass trägt das Stück ganz langsam zum Refrain. „The Ornament" nimmt gar ein Jazz-Thema auf und
landet dann bei The Cure. Eine immens spannende Mischung, wie überhaupt alles auf diesem Album. „Somebody Is Laughing" hingegen scheint Depeche Mode der 80er Jahre zu zitieren. Und ja, die Gitarren
sind immer da, manchmal nur flüchtig, dann wiederum immens präsent, wie bei „The Thought Of Losing You". Und so nebenbei angemerkt, ist das eine verdammt starke Popnummer. „Kalathat" hingegen ist im
Akustikgewand eine ganze andere Hausnummer. Erstaunlich, dass dieser ganze Stilmix eine so wunderbare Einheit bildet. Es dürfte an der Stimme und an der poppigen Ausrichtung liegen. Einen Ausfall hat
das Album allerdings auch zu verkraften. Was wollen Dredg denn bitte mit „Where I´ll End Up" musikalisch sagen? Dass sie auch Boney M. in Kindertagen gehört haben? Himmel! Wobei die Peinlichkeiten
der letzten The Killers Platte werden damit auch noch nicht ganz erreicht.
Fazit: Dredg haben mit „Chuckles and Mr. Squeezy" ein Album aufgenommen, welches nicht nur Begeisterungsstürme verursachen wird. Die Band macht jetzt in Popmusik und hat sich ein ganzes Stück weg vom
bisherigen Bandsound bewegt. Dabei machen sie gar keine schlechte Figur und die meist melancholischen Songs kriegen gar eine positive Note. Mit dem sehnsuchtsvollen „Before It Began" haben sie gar
ein kleines Meisterwerk aufgenommen. Gibt es progressive Popmusik? Jetzt schon! Die Beats vom guten Dan, die auch mal gerne in Richtung HipHop gehen, passen allerdings nur bedingt zu Dredg. Die
Scheibe hat aber eine Chance verdient, auch wenn dies nie das bevorzugte Dredg-Album werden wird, wenn man mal wieder eine Platte der Jungs auflegen will.
Text: Torsten Schlimbach