Modest Mouse: Strangers To Ourselves
Sony
VÖ: 13.03.2015
Wertung: 8/12
Isaac Brock und seine Modest Mouse waren schon immer irgendwie anders als all die anderen Bands. Trotzdem schaffte es das letzte reguläre Album „We Were Dead Before The Ship Even Sank“ bis an die Spitze der US-Billboard Charts. Das ist immerhin schon wieder acht Jahre her. Danach wurde nur eine EP veröffentlicht und dann war wieder Funkstille. Dabei gab es 2006 durch den Einstieg von Ex-Smiths-Gitarrist Johnny Marr einen spektakulären Neuzugang zu vermelden. Was nach dem beachtlichen Erfolg von „We Were Dead...“ geschah lässt sich nicht mehr so leicht konstruieren. Fakt ist jedenfalls, dass der Nachfolger erst jetzt mit „Strangers To Ourselves“ vorliegt. Aber auch die Platte wurde immer wieder verschoben und den finalen Mix gab es erst Anfang dieses Jahres. Zur großen Freude der Plattenfirma veröffentlichte die Band dann auf den eigenen Portalen auch noch nach und nach fünf Songs. Modest Mouse sind eben immer noch anders!
„Strangers To Ourselves“ ist freilich wieder kaum zu erklären und zu erfassen. Isaac Brock hat wieder einen Streifzug durch den Indiekirmesladen gemacht und alles eingepackt, was sich links und rechts am Wegesrand finden ließ. Dieses Album ist wieder ein Sammelsurium der Stile und selbstverständlich gibt es auch wieder diesen herrlichen Nichtgesang zu hören. Einige Rhythmen erinnern dabei sogar an Hip-Hop – natürlich. „Pistol (A. Cunanan, Miami, FL. 1996)“ dreht dabei wieder ordentlich am Rad. Cool, lässig und selbstverständlich auf kompletter Linie vollkommen drüber. Nerds und Hipster werden sich vor Freude umarmen – wer hätte das gedacht?
Der Titeltrack „Strangers To Ourselves“ schleppt sich hingegen zu Beginn verträumt dahin. Loungemusik im Modest Mouse Style. Das Stück ist kitschig schön und hat allerlei Obskures zu bieten. „Lampshades On Fire“ ist dann der erwartete Modest Mouse-Wahnsinn. Das Ding hat sogar die Qualitäten für einen Indiehit und mit etwas Mut läuft das sogar hin und wieder im Mainstreamprogramm. Gute Hookline, setzt sich wunderbar im Ohr fest und ein bisschen 60ies-Popflair wurde da auch noch versteckt. Fast schwerfällig schält sich dagegen „Shit In Your Cut“ aus den Boxen. „Ansel“ stellt dann wieder alles auf den Kopf. Zwischen Karibikklängen und The Shins oder den Broken Bells ist das ein verdammt netter Popsong. „The Ground Walks, with Time in a Box“ erfreut sicherlich Fans der ersten Alben, unverkennbar Modest Mouse.
Und dann? Dann gibt es mit „Coyotes“ einfach mal ein bisschen Folk, der sich hin und wieder opulent und ausschweifend ausbreitet. „Pups To Dust“ ist allerdings ein bisschen Reißbrett-Modest Mouse. „Sugar Boats“ lässt dann wieder aufhorchen. Vielleicht kann Johnny Depp dazu im nächsten Tim Burton Film ein bisschen tanzen?! „Wickepd Campaign“ hätte mit ein paar Schichten weniger sogar ein passabler Hit werden können. So geht es ab in die Frank Zappa-Ecke, aber das ist wiederum ja auch nicht schlecht. „Be Brave“ ist danach eher verzichtbar und „God Is An Indian And You´re An Asshole“ als kleines Country-Zwischenspiel auch nicht wirklich zwingend. Konzentrieren wird uns da lieber auf „The Tortoise And The Tourist“ im Indierockgewand mit Hip-Hop-Elementen oder auf das schmissige „The Best Room“. Es scheppert und kracht. Mit „Of Course We Know“ schließt sich dann der Kreis von „Strangers To Ourselves“. Langsam schleppen sich Modest Mouse der Sonne entgegen. Und Ende.
Fazit: Ein Modest Mouse Album ist immer etwas anders. Ein Modest Mouse Album ist immer ein bisschen wie in eine Zwangsjacke gepresst, die jeden Moment reißen kann. „Strangers To Ourselves“ spuckt dabei aber auch noch genug Finten aus, die auch den Neuhörer nicht verschrecken. Dazwischen ist alles möglich: (Indie)Pop – und Rock, Country, Folk, Hip-Hop und der ganz normale Wahnsinn. Modest Mouse ist dabei wieder ein gutes Album gelungen, welches aber vielleicht um die berühmten zwei bis drei Songs zu lang geraten ist. Alles in allem ist es aber schön, dass die Warterei nach acht Jahren nun ein Ende hat.
Text: Torsten Schlimbach