Tocotronic: Live @ Rockpalast (DVD)

Tocotronic: Live @ Rockpalast (DVD)

Sony

VÖ: 09.11.2012

 

Wertung: 8,5/12

 

Die Sendereihe Rockpalast hat auch immer den Musikern aus den Nischen eine Plattform geboten. Nichts schien unmöglich und die Macher sind stets mit offenen Augen und besonders Ohren durch die jeweilige Zeit navigiert. Strömungen wurden dabei ebenso aufgesaugt wie eben auch die vielen kleinen Gabelungen eines langen Weges. Es mag nicht offensichtlich auf der Hand liegen und doch passen Tocotronic in dieses Format rein wie kaum eine andere deutsche Band. Auch sie waren stets anders wie der Rest. Lyrisch war und ist das immer die höchste deutsche Dichterkunst und musikalisch nicht selten derart sperrig, dass es wie ein Schlag in die Magengrube wirkt.

 

Die DVD „Live @ Rockpalast“ deckt nun verschiedene Phasen von Tocotronic ab. Dabei kommen die ungestümen 90er ebenfalls zur Geltung wie auch die zweite Hälfte der 00er Jahre, die eine deutlich gereifte Band zeigt. Egal ob beim Bizarre-Festival am 17.08.1996 oder bei der Rocknacht in Köln am 09.04.2006, man hat irgendwie immer den Eindruck, dass die Herren gerade ihr Abitur bauen und sich danach auf den Weg in die Uni machen um ein langes Studium anzutreten. Vielleicht Medizin? Vielleicht auch Jura? Hört man dann die Musik, dann ist es immer wieder überraschend und dann doch wieder so stimmig – jedenfalls auf das Gesamtbild bezogen.

 

Der Auftritt beim Bizarre-Festival ist noch sehr ungestüm und krachend. Kein Wunder bei Songs wie „Jungs, Hier Kommt Der Masterplan“, „Ich Werde Mich Nie Verändern“ oder „Freiburg“. Bei schönstem Wetter und reichlich Sonne hat auch das Publikum vor Ort viel Spaß. Die Kameras fangen selbiges auch immer schön im Großformat ein. Auch die drei Jungs auf der Bühne werden immer wieder schön in Szene gesetzt. Der Schnitt ist hervorragend, der Sound in Ordnung, der Gesang teilweise etwas windschief. Das Interview nach dem Konzert ist schon sehr speziell und wenn man es nicht besser wüsste, dann könnte man glatt auf die Idee kommen, dass die Herren doch etwas arrogant rüberkommen. Man höre sich aber nur die Fragen nach dem Bandnamen an, dem Bizarre im Speziellen und nach Herbert Grönemeyer an. Alles klar, passt!

 

Wie gut der Band Rick McPhail getan hat, der seit 2004 offizielles Mitglied ist, zeigt der Auftritt bei Rock am Ring. Seine Gitarrebilder und Motive verfeinern den Sound ungemein. Bevor es aber mit dem epischen „Ich Habe Die Stimmen Gehört“ losgeht, wird bei Tocotronic schon geredet. Das Wort hat für diese Band eben eine besondere Bedeutung. Wo gibt es das heute noch? Vieles von dem, was sie da an diesem Junitag spielten, hört sich verdammt noch mal nach Neil Young und seiner Radautruppe Crazy Horse an. Auch dies ist der Verdienst von McPhail. Bei typischem Ringwetter scheint dies trotzdem die richtige Songmischung zu sein und die häufigen Schwenks ins Publikum fangen allerorten fröhliche Gesichter ein. „Aber Hier Leben, Nein Danke“ sagen Tocotronic dazu. Und wer hat da eigentlich die ganze Zeit ARNE geschrien? Mit „Schatten Werfen Keine Schatten“ liegt noch ein Song vom Rock am Ring Auftritt von 2002 bei. Ein kurzes Interview der Rocknacht in Köln kann auch noch angesteuert werden. Ist allerdings ohne sonderlichen Mehrwert.

 

Fazit: Die Rockpalast DVD von Tocotronic ist von der Trackauswahl und der Verschiedenartigkeit der Liveauftritte eine gute Zusammenstellung geworden, da man hier die vielen Reinkarnationen der Band verfolgen kann. Sound und Bild gehen absolut in Ordnung und bewegen sich auf bekanntem Rockpalast, aber auch Rock am Ring Niveau. Für Fans ist das sicher ein Fest! Leider auch ein kurzes, da hätte man sich durchaus noch mehr Material gewünscht.

 

http://www.tocotronic.de/

 

Text: Torsten Schlimbach

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