Miles Kane: Don´t Forget Who You Are
Sony
VÖ: 31.05.2013
Wertung: 8,5/12
Miles Kane hat in seinen jungen Jahren schon einiges erlebt, ausprobiert und auch so manchen Rückschlag einstecken müssen. So ganz unschuldig war er daran allerdings auch nicht. Angefangen hat er bei der Indieformation The Little Flames. Die Kritiker sagten der Band zumindest eine ganz passable Karriere in UK voraus, aber nach nur drei Liedern war dieses Projekt auch schon wieder beerdigt. Das Debütalbum war eigentlich schon im Kasten, wurde aber eben aufgrund der Auflösung nicht veröffentlicht. The Rascals wurden schließlich aus der Taufe gehoben, aber auch hier stieg Kane wieder aus, da er sich mehr auf seine Solo-Karriere konzentrieren wollte. Erfolgreich war die Kapelle sowieso nur bedingt. Immerhin gelang ihm mit Alex Turner – Lead-Sänger der Arctic Monkeys – mit dem Projekt The Last Shadow Puppets ein kleiner Erfolg. Deren gemeinsames Album „The Age Of Understatement“ konnte immerhin die Spitze der Charts im Vereinigten Königreich erklimmen. Da Noel Gallagher auf der Platte im Hintergrund ebenfalls zu hören ist, bekam die Kiste noch mal zusätzlich einen Schub. Nach „Colour Of The Trap“ folgt nun mit „Don´t Forget Who You Are“ einstweilen sein zweites Soloalbum.
Eigentlich könnten die Voraussetzungen für Miles Kane und sein neues Baby nicht besser sein. Mit Ian Broudie saß ein Mann hinter den Reglern, der in UK durchaus als Legende verehrt wird. Bei den elf Songs konnte er zudem auf Hilfe von Paul Weller, Andy Partridge (XTC) und Kid Harpoon bauen. Dies sind sicher nicht die schlechtesten Referenzen und wenn Paul Weller etwas anpackt, dann hat das meist Hand und Fuß. Moke aus den Niederlanden hat er ja auch schon als Steigbügel für die Karriere gedient. Nichtsdestotrotz ist „Don´t Forget Who Your Are“ natürlich in erster Linie das Werk von Miles Kane und alles andere ist schmuckes Beiwerk.
Die elf Songs kommen meist kurz und knackig auf den Punkt. Zwischen Britpop, Rock, einigen Punkelementen und klassischem Singer/Songwriter ordnen sich diese Songs in die typische britische Musikschule ein. „Taking Over“ hört sich glatt nach einem „Best Of“ der letzten zwanzig Jahre an. Das Tempo wird zudem unverschämt oft gewechselt. „Don´t Forget Who You Are“ ist ein Ohrwurm vor dem Herrn und Lalala-Singsang kriegt immer noch jeden. Der Refrain darf dann demnächst in jedem Stadion gegrölt werden. Eigentlich. Miles Kane wird da natürlich nie spielen. Stakkato in Form von „Better Than That“ passt eben auch besser in die Clubs, von denen das Wasser von der Decke tropft. Dieses Selbstbewusstsein - auf der Schwelle zur Arroganz - haben die Jungs von der Insel wohl mit der Muttermilch aufgesogen. Fast jeder Song legt diese Attitüde an den Tag, macht aber Laune.
„Out Of Control“ ist dann die erste Ballade, die natürlich auch das ganz große Besteck auspackt. Streicher, Piano und ein Refrain der sämtliche Eisberge schmelzen lässt. Wann haben Oasis eigentlich die letzte Ballade in dieser Art und Weise geschrieben? „Bombshells“ lärmt danach selbstverständlich gleich wieder los, als wären die Arctic Monkeys, The Libertines, Oasis und The Clash auf einem Wettbewerb für den schnellsten Britrock-Punksong. „Tonight“ drückt zwar auch ordentlich auf die Tube, aber da sind sie schon wieder, die Lalala-Chöre. „What Condition Am I In“ wirkt zunächst wie der Durchhänger der Platte, setzt sich aber irgendwie doch noch fest. Eine Sternstunde von Miles Kane ist das trotzdem nicht. „Fire In My Heart“ lädt dann zum gemütlichen Beisammensein am Lagerfeuer. Danach nimmt er mit „You´re Gonna Get It“ die Abbiegung Richtung Wüste, nicht ohne zwischendurch auch mal zu gucken was beim Pop so los ist. „Give Up“ scheppert in den Strophen ordentlich durch die Prärie und hat alles in allem das Zeug zu einem Indiehit. Feine Nummer. „Darkness In Our Hearts“ ist ein guter Abschluss, kann allerdings nicht ganz an den vorherigen Kracher anknüpfen.
Fazit: Miles Kane legt mit „Don´t Forget Who You Are“ ein gutes, zweites Album vor. Hier gibt es alle Zutaten der britischen Indie/Rock/Popgeschichte der letzten zwanzig Jahre auf einen Schlag. Das Rad wird sicher nicht neu erfunden, aber der eine oder andere Hit ist durchaus zu finden. Die Platte macht jedenfalls eine Menge Laune und wie der Mann das alles vorträgt, ist schon wieder eine Show für sich. Dieses unbändige Selbstbewusstsein findet man sonst nur im Hip-Hop. Das Album ist übrigens von der Attitüde „Get Born“ von Jet nicht unähnlich. Geht eben gut in die Ohren und Beine!
Text: Torsten Schlimbach