Various Artists: Experience Montreux 3D (Blu-ray)
Edel/Eagle Vision
VÖ: 14.06.2013
Wertung: 9/12 (2D!)
Montreux war für Musiker schon immer ein ganz besonderer Auftrittsort und wird es vermutlich auch immer bleiben. Das dortige Festival genießt einen hervorragenden Ruf und hat mit den üblichen Massenveranstaltungen kaum etwas zu tun. Das Publikum hat an dieser Stätte über die Jahre schon so manchen musikalischen Leckerbissen zu sehen und hören bekommen. 2010 fand das 44. Festival statt, welches nun mit einer Doppel-DVD geehrt wird – in 3D! Die ganze Geschichte kann allerdings auch in 2D genossen werden, denn nicht jeder Fan und Käufer wird in der Lage sein 3D abzuspielen.
Zunächst wird es schwer werden das Zielpublikum für diese Blu-ray zu bestimmen. Die beteiligten Künstler und Bands sind derart unterschiedlich, dass es durchaus von Vorteil ist, wenn man sich in so ziemlich jedem Genre heimisch fühlt. Da aber gerade die Quincey Jones und Herbie Hancock Geschichte sehr speziell ist und Jazz mittlerweile auch nicht unbedingt für den Mainstream bestimmt ist, wird es schon schwierig das passende Publikum für „Experience Montreux“ zu finden. Das Spektrum reicht hier von den neuen Helden des Folk, über Blues, Singer/Sonwriter, Weltmusik, Pop und New Wave. Anders ausgedrückt: Massive Attack und Mumford & Sons schließen sich ebenso wenig aus wie Yacht, Elvis Costello und Nas & Damian Marley. Mit Broken Bells und den Maccabees wird es sogar für die Indiefraktion außergewöhnlich. Ein großer Stilmix der sich dem geneigten Zuschauer hier präsentiert.
Leider kann hier aufgrund der technischen Voraussetzungen nur auf das 2D-Format eingegangen werden. Selbiges ist allerdings brillant. Es werden sämtliche Erwartungen glatt übertroffen. Der Schwarzwert könnte besser nicht sein, Kompressionsfehler und ein Graining sind nicht vorhanden und die Bildauflösung lässt einen mit der Zunge schnalzen. Die Detailzeichnung ist faszinierend. Hier wurden sämtliche Möglichkeiten der Moderne ausgeschöpft, gar keine Frage. Der Schnitt ist hin und wieder etwas waghalsig bis bräsig. Da wäre an der einen oder anderen Stelle durchaus noch Potenzial gewesen. Der Split-Screen, der bei Broken Bells zum Einsatz kommt, ist auch eher suboptimal. Die Maccabees werden dafür größtenteils frontal aus dem Publikum gefilmt – da geht einem auch nicht unbedingt das Herz auf. Bei wieder anderen Künstlern wurde alles versucht, aber Massive Attack sind ja dafür bekannt, dass bei deren Auftritten die Bühne nicht hell erleuchtet ist.
Höhepunkte gibt es viele. Mumford & Sons sind ja sowieso immer eine Bank, aber auch Martina Topley Bird legt einen ganz speziellen Auftritt mit „Sandpaper Kisses“ an den Tag. Auch Yacht und der New Wave-Punk von „The Afterlife“ können punkten. Der gemeinsame Auftritt von Damian Marley und Nas bringt das Publikum zudem ordentlich auf Betriebstemperatur. Heimlicher Star dieser gesamten Produktion ist aber Herbie Hancook der in allen möglichen Konstellationen zu sehen ist und mit seinem Thomas Anders Gedenkkeyboard zeigt, dass er immer noch ein Meister des Jazz ist. Quincey Jones hingegen plaudert zwischen den Auftritten drauf los und lässt ein paar Anekdoten vom Stapel. Überhaupt wird hier viel erzählt, meist über die Besonderheit des Festivals. Sophie Hunger arbeitet dabei ganz wunderbar die Unterschiede zu gleich gelagerten Veranstaltungen heraus. Elvis Costello kommt im Flüsterton ebenso zu Wort wie Angelique Kidjo, die immer und überall eine ganze besondere Ausstrahlung hat. Abgesehen davon gibt es noch ein paar sehenswerte Einblicke in das Festival und Montreux. Wenn sich die Sonne im Genfer See spiegelt, dann geht einem das Herz auf. Und ja, die Geschichte, die wir alle kennen, wird auch noch mal erzählt: „Smoke On The Water“. Und dies alles bei bestem Sound!
Fazit: Auf „Experience Montreux“ findet man Künstler zusammen vor, die man so ganz sicher nicht mehr auf einer gemeinsame Produktion zu Gesicht bekommt. Die Bandbreite ist immens groß und dementsprechend zerschossen ist die ganze Kiste hin und wieder. Zusammengehalten wird diese alles von diesem malerischen Ort und dem absolut brillanten Bild. Das 44. Festival in Montreux kommt so noch mal zu ganz neuen Ehren.
Text: Torsten Schlimbach
Various Artists: Get Up! Stand Up!
Edel
VÖ: 24.05.2013
Wertung: 10/12
Tipp!
Zwischen 1986 und 1998 fanden einige sehr beachtliche Konzerte und Touren zugunsten der Menschenrechtsorganisation Amnesty International statt. Ein Teil davon kursiert ja schon seit langer Zeit als Pro-Shot Aufnahmen in Sammlerkreisen. Mit „Get Up! Stand Up“ wird nun eine sehr schöne Zusammenstellung auf den Markt gebracht, die den Untertitel „Highlights Form The Human Rights Concerts 1986-1998“ nicht ohne Grund trägt. Natürlich können nur Augen- und Ohrenzeugen sagen, ob dies tatsächlich die Höhepunkte sind, aber schon alleine ein Blick auf die Trackliste und die beteiligten Künstler lässt jeden Musikliebhaber mit der Zunge schnalzen.
Kritiker werden jetzt natürlich motzen, dass hier sowieso nur die üblichen Verdächtigen zu finden sind. Dies mag sicher stimmen, aber wer diese Zeiten miterlebt hat, wird sich noch lebhaft an das politische Klima dieser Tage erinnern. Nicht nur der kalte Krieg war in vollem Gange, Rüstung hier, Umweltverschmutzung dort und die Menschenrechte wurden mit Füßen getreten. Wohin sich die Menschheit seitdem bewegt hat, kann sich ja jetzt jeder selbst anhand von zwei Fingern abzählen. Wer in den 80ern nicht auf einer Demo war, ist entweder später geboren oder ein politisch völlig uninteressierter Mensch. Die Künstler hatten zu dieser Zeit ein echtes Anliegen und „Live Aid“ war nur eine Art Initialzündung.
Von den vorliegenden Aufnahmen darf mit natürlich keine Bildqualität erwarten, die mit heutigen Maßstäben gemessen werden kann. Hin und wieder ist ein leichtes Graining zu sehen und das eine oder andere Bildrauschen ist sicher auch vorhanden. Alles in allem ist das aber völlig egal. Wer sich Bruce Springsteen und seine E Street Band mit „Born In The USA“ aus Buenos Aires von 1988 anguckt, wird nicht nur eine Gänsehaut haben, nein, vermutlich auch im Ansatz begreifen, worum es damals ging. Die Version von „I´m On Fire“ von Springsteen und seinen Mannen geht ebenfalls zu Herzen. Eine weitere Aufnahme von Springsteen – allerdings solo – darf man von 1998 aus Paris bewundern.
Schön, dass man hier auch ein paar Künstler sieht, die man sonst eher nicht kennt, wie Inti-Illimani vor einer beeindruckenden Kulisse in Chile. Musik verbindet eben und Botschaften können auch ohne den weltweit bekannten Namen transportiert werden. Und genau darum geht es hier!
Von Bob Geldof (natürlich) über Lou Reed, Bryan Adams bis hin zu Tracy Chapman (mehrfach vertreten), Radiohead, Police und U2 reicht der Künstlerreigen. U2 waren gerade auf dem Sprung Superstars zu werden - „The Joshua Tree“ winkte schon aus der Ferne. Hier gibt es „MLK“, „Pride (In The Name Of Love)“ und selbstverständlich das unvermeidliche „Sunday Bloody Sunday“ zu hören. Mit im Tourtross waren Police, die eine schmissige Version von „Message In A Bottle“ spielten. Man schrieb das Jahr 1986, bereits zwei Jahre später war Sting nur noch solo dabei – mit langen Haaren und nacktem Oberkörper. So ein kleines bisschen ist das auch eine Reise durch die Musikgeschichte und die ganz persönliche Geschichte der Künstler. So manche fragwürdige Frisur und fragwürdiges Kleidungsstück inbegriffen. Jimmy Page sieht heute zudem fitter aus und Robert Plant hat sich seitdem kaum verändert. „Rock And Roll“! Den großartigen Auftritt von Radiohead sollte man zudem keinesfalls verpassen.
Die Kameraführung ist bei diesen Großereignisse übrigens durchweg als positiv zu bewerten. Sowohl das Geschehen vor, wie auch auf der Bühne wurde stets gut eingefangen. Man kriegt so auch aus der Konserve einen ungefähren Eindruck davon, wie die Stimmung vor Ort gewesen sein muss. Der Ton ist oftmals überraschend gut. Das Booklet liefert übrigens auch noch ein paar Informationen. Schade, dass es keine Dokumentation gibt, aber im Grunde spricht die Musik für sich.
Fazit: „Get Up! Stand Up!“ ist ein tolle Zusammenstellung der Konzerte zugunsten der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Einige denkwürdige Titel und Versionen sind hier versammelt. Die Liste der beteiligten Künstler ist beeindruckend, aber noch viel mehr beeindruckt, wie sich diese hier in den Dienst der Sache stellen. Man nimmt ihnen das Engagement ab, das wirkt alles sehr authentisch. Der Spaß ist aber auch nicht zu kurz gekommen. Bild und Ton sind über weite Strecken mehr als in Ordnung. Diese DVD wird unter Garantie noch öfters im Player landen. Für jeden Musikliebhaber ein „Must Have“!
Text: Torsten Schlimbach