Sly And The Family Stone: Higher – The Best Of
Sony
VÖ: 23.08.2013
Wertung: 9/12
Sly And The Family Stone sind einer der prägendsten Bands überhaupt. Umso erstaunlicher ist es, dass bisher keine Retrospektive veröffentlicht wurde, die den Namen dann auch wirklich verdient hat. Es gab und gibt zwar jede Menge obskure Zusammenstellungen, aber eben keine welche die komplette Karriere umspannt. Wer sich bisher lediglich einen Überblick machen wollte hatte leider das Nachsehen. Dem wird nun Rechnung getragen und mit „Higher“ gibt es jetzt eine feine Box, die in dieser Hinsicht kaum noch Wünsche offen lassen dürfte. Das Set bietet 77 Songs, davon 17 bisher unveröffentlichte Titel. So kommen natürlich auch die Fans noch mal voll auf ihre Kosten.
Der Einfluss von Sly And The Family Stone ist heutzutage mehr denn je spür- und hörbar. Es dürfte kaum einen Musiker aus dem Soul, Funk, R&B oder HipHop geben, der sich nicht bei diesem reichhaltigen Backkatalog bedient oder daraus zitiert. Sly Stone hat es eben bis Mitte der 70er verstanden verschiedene Stile zu vereinen und etwas völlig Neues zu kreieren. Aber nicht nur die Musik war stilprägend, denn auch die Bühnenshow und die Outfits waren detailreich und liebevoll ausgearbeitet. Hier wurde Musikkunst auf allen Ebenen zelebriert.
Wer nicht gleich zu der ganzen Box greifen möchte, kann sich auch auf die Einzel-CD beschränken, die ein „Best Of“ von „Higher“ darstellt. Wer einen ersten Schnupperkurs wagen möchte wird damit auch gut bedient werden, aber im Grunde macht dies wenig Sinn, denn so ist das wieder nur Stückwerk. Einen groben Überblick geben aber auch diese sechzehn Songs wieder. Der Clou an der ganzen Kiste ist ja sowieso, dass man hier viele Mono-Aufnahmen und Single Master wiederfindet. Dies lässt selbst die Einzel-CD zu einer kleinen Schatztruhe werden.
Mit „Dance To The Music“ wird „Higher“ mit einem der Sly And The Family Stone-Hits schlechthin eröffnet. Wer bei diesem treibenden und groovigen Funkmonster nicht tanzt, kann nicht tanzen. Ein Höhepunkt dürfte „Everyday People“ sein. Die Nummer wurde in den 90ern ja noch mal von Arrested Development in den Fokus gerückt. Mit „Stand!“ ist immerhin auch ein Song vom Isle Of Wight Festival enthalten. Der Sound ist überraschend gut und frisch. Als Knaller entpuppt sich „Thank You (Falettinme Be Mice Elf Again)“. Hier dürften alle ganz genau zugehört haben, die später noch mal den Funk aufleben ließen. Auch die Disoc-Ära dürfte davon beeinflusst worden sein. Verwirrungen wie „Trip To Your Heart“ gehörten aber auch immer zu Sly Stone. „If You Want Me To Stay“ lässt auf der anderen Seite seine Epigonen ganz blass werden. Da dürfen sich Outkast dann gerne zum schämen in die Ecke stellen. Die unveröffentlichte Ballade „I Remember“ versetzt dann gar die Damenwelt in Verzückung. Mit „Family Affair“ beendet eine weitere Großtat dieses Album.
Fazit: Sly And The Family waren Pioniere und stellten die Musikwelt für gut und gerne acht Jahre auf den Kopf. Jetzt gibt es eine Anthology, die die gesamte Karriere umspannt. Wer mit weniger Material auskommt, der wird mit der Einzel-CD sicher auch viel Freude haben. Die Mono-Aufnahmen oder unveröffentlichten Songs sind zudem auch für Jäger und Sammler noch ein gefundenes Fressen. „Higher“ gibt die ganze Pracht dieser Band wieder, auch die weniger leuchtenden Momente. Der Rest strahlt dafür umso heller. Als Hörer ist man da manchmal sprachlos – immer noch.
Text: Torsten Schlimbach