Foo Fighters: There Is Nothing Left To Lose (180g Vinyl)
Sony
VÖ: 29.05.2015
Wertung: 8,5/12
Auch „There Is Nothing Left To Lose“ der Foo Fighters wird nun auf 180g Vinyl veröffentlicht. Ob man sich nun die ersten sechs Alben der Band tatsächlich auch noch auf 180g Vinyl zulegen muss, sei mal dahingestellt. Sofern man die Platte schon im Schrank stehen hat, kann man, wenn man sich nicht gerade zum Kreise der Hardcorefans zählt, durchaus verzichten. Die Platten sind aber auf jeden Fall mehr als nur eine Alternative zur digitalen Veröffentlichung. „There Is Nothing Left To Lose“ sollte man als Alternativrockfan sowieso kennen und mitunter auch in seiner Sammlung haben.
„There Is Nothing Left To Lose“ ist das letzte Album der Foo Fighters, bevor sich die Band in den Superstarhimmel aufmachte. Eigentlich ist es paradox, dass dieses Album, aber auch das Meisterwerk „The Colour And The Shape“, nicht ganz oben in den Charts landen konnte. Erst der Nachfolger „One By One“ konnte sich in den vordersten Regionen der Hitparaden platzieren, gleichwohl der Sprung auf die Eins nur in UK gelang. „There Is Nothing Left To Lose“ zeigt die Band aber weitaus zugänglicher und weniger aggressiv. „Aurora“ ist in dieser Hinsicht ja schon als reiner Pop zu bezeichnen und im Grunde auch recht belanglos.
Das Album beginnt allerdings mit einem Trio, welches andere Bands vor Neid erblassen lässt. „Stacked Actors“ ist – gerade im Refrain – eine Dampfwalze vor dem Herrn. Da wird alles plattgemacht, was sich diesem Ungetüm in den Weg stellt. „Breakout“ ist längst ein Klassiker der Bandgeschichte und ein sympathischer Rocksong. „Learn To Fly“ ist die Übersingle der Platte, welche allerdings auch die gemäßigtere Richtung deutlich vorgibt. „Gimme Stitches“ schält sich lässig aus den Boxen und „Generator“ ist natürlich auch einer der Foo Fighters-Songs schlechthin. Die Ohrwurmdichte ist immens groß.
„Live-in Skin“ kann wenig Akzente setzen, mit „Next Year“ gelingt der Band allerdings ein netter Song für die Mitte Straße. Die Wut ist vorbei, auch nachzuhören bei „Headwires“. Erstmals wirken die Foo Fighters da auch ein bisschen ratlos. „Ain´t It The Life“ ist gar harmlos und dürfte schon das vorwegnehmen, was mit der zweiten Seite von „In Your Honor“ noch kommen sollte. „M.I.A.“ hört sich gar wie ein „Best Of“ von „There Is Nothing Left To Lose“ an. Da wird in einem Song die gesamte Platte noch mal vertont.
Fazit: „There Is Nothing Left To Lose“ der Foo Fighters hat verdammt starke Singles am Start, in der zweiten Hälfte aber auch erstaunlich viel Füllmaterial zu bieten. Die Band präsentiert sich hier weitaus ruhiger, gar poppiger als noch auf den beiden Vorgängern. Die starken Songs strahlen aber mal wieder derart hell, dass diese Platte letztlich auch wieder als gut zu werten ist. Die 180g Vinyl-Version ist für Fans eine nette Geschichte.
Text: Torsten Schlimbach
Foo Fighters: The Colour And The Shape (180g Vinyl)
Sony
VÖ: 29.05.2015
Wertung: 12/12
Tipp!
Auch das zweite Album der Foo Fighters „The Colour And The Shape“ wird nun erstmalig auf 180g Vinyl veröffentlicht. Wie auch schon beim Debüt ist die 180g-Variante sehr gelungen und Presswerkfehler sind keine vorhanden. Haptiker dürfen sich freuen, der Sound stellt aber keine wesentliche Verbesserung zur Erstausgabe dar. Die Gelehrten dürfen sich darüber aber gerne in den einschlägigen Hifi-Foren streiten. „The Colour And The Shape“ konnte in der Vergangenheit ja sowieso durch seinen perfekten Sound überzeugen, von daher ist dies hier in erster Linie ein sehr, sehr nettes Teil für Sammler und all jene, die wieder auf Vinyl umsteigen (wollen).
Das Album wird wohl auf ewig das perfekte Meisterwerk der Foo Fighters bleiben. Damals, 1997, war das nicht mehr die Soloschau von Dave Grohl, sondern er hatte tatsächlich seine Band gefunden. Dieses Album, welches von Gil Norton perfekt produziert wurde und durch feine Arrangements besticht, wurde überraschenderweise während einer Tour konzipiert und vor den Konzerten erarbeitet. Die eigentlichen Aufnahmen fanden dann allerdings in den Bear Creek Studios in Washington statt. Mit dem treuen Pat Smear und Nate Mendel hatte Grohl das Grundgerüst der Foo Fighters gefunden. Hinter den Drums nahm Grohl teilweise selber Platz. William Goldsmith, der eigentlich für den Job vorgesehen war, spielte aber nur auf vier Songs, während zwei weitere von Taylor Hawkins eingeprügelt wurden. Hawkins ist bis heute geblieben.
Schmerz, Leid, Verlust und Liebe sind die zentralen Themen von „The Colour And The Shape“. Auch, wenn der Alternativrock zu dieser Zeit fast schon am Boden lag, trafen die Foo Fighters damit immer noch den Nerv einer ganzen Generation. Der Auftakt mit „Doll“ kann einen auch heute noch zu Tränen rühren. Bevor einen die Platte aber runterzieht, kommt mit dem schmissigen „Monkey Wrench“ die perfekte Rockpop-Single, die sich einfach mit einer unwiderstehlichen Hookline Grohlscher-Prägung im Ohr festsetzt. Mit „Hey, Johnny Park!“ schließt sich der beste Song der Bandgeschichte an. Der krachige Auftakt wird von der feinfühligen Strophe konterkariert. Über dem gesamten Song schwebt eine melancholische Note, aber auch eine gehörige Portion Aggressivität. Wenn sich die Stimme von Grohl bei 3:02 Minuten überschlägt, erzeugt das immer noch eine dicke Gänsehaut. „My Poor Brain“ fängt in ruhigen Gefilden an, wird aber schnell zum Alternativkracher mit typischen Grohl-Urschrei. „Wind Up“ zieht die Daumenschrauben noch weiter an.
„Up In Arms“ zeigt die Vielseitigkeit der Foo Fighters. Kompositorisch hatte sich Grohl auch unglaublich weiterentwickelt, denn die Nummer weist zu Beginn Züge des Jazz auf. „My Hero“ spielt in der Liga von „Hey, Johnny Park!“, ist aber nicht ganz so ausgefeilt, dafür eingängiger. Hatten wir uns eben über Jazz unterhalten? „See You“ geht ja noch mehr in diese Richtung. „Enough Space“ ist der Brecher, der einem die Synopsen neu justiert, damit man für „February Stars“ gewappnet ist, eine weitere Großtat auf diesem Album. Was für ein toller Songaufbau das doch ist! Zu „Everlong“ muss man ja sowieso nichts mehr sagen. Das Stück hat sich ja nicht umsonst zu einem Bandklassiker entwickelt. „Walking After You“ ist sehr feinfühlig, gar zärtlich und breitet sich – zumindest für Foo Fighters-Verhältnisse – episch aus. Selbiges gilt auch für den Abschluss „New Way Home“, der allerdings wieder die Rockschiene bedient und mit seinem Ende überrascht. Kein Wunder, dass diese beiden Tracks ganz alleine eine Vinyl-Seite füllen.
Fazit: Das Meisterwerk der Foo Fighters, „The Colour And The Shape“, wird nun auch erstmalig auf 180g Vinyl veröffentlicht. Für Sammler und all jene, die wieder auf Vinyl umsteigen, ist das eine feine Sache. Wer die dünnere Platte schon in seinem Schrank stehen hat, muss jetzt aber nicht unbedingt loslaufen und sich diese vier Scheiben hier auch noch kaufen. Das Album selbst ist ein Meisterwerk und gehört in jeden Musikhaushalt!
Text: Torsten Schlimbach
Foo Fighters: dito (180g Vinyl)
Sony
VÖ: 29.05.2015
Wertung: 10/12
Tipp!
Das Debüt der Foo Fighters erscheint nun erstmalig auf 180g Vinyl. Gerade die Erstveröffentlichung auf Platte war doch etwas dünn und das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Der Glaubenskrieg tobt da immer noch und wenn man ehrlich ist, dann sind die 180g Vinyl-Scheiben für Haptiker eine feine Sache, aber der Klang ist da nicht unbedingt besser wie bei der dünneren Variante. Es liegt eben gut in der Hand. MFSL hat da in der Vergangenheit auch schon herausragende Arbeit geleistet und seit den 70ern audiophile LPs von herausragender Qualität geliefert.
Das Debüt der Foo Fighters lässt jetzt im 180g Format zumindest keine Wellen erkennen. Das war vor fünf Jahren noch anders, da konnte man den Eindruck gewinnen, dass die 180g Pressungen nur schnell auf den Markt geschmissen wurden, die nötige Sorgfalt bei der Herstellung aber auf der Strecke blieb. Da die Rinne nun tiefer ist, läuft die Nadel nun wesentlich ruhiger und die Abtastung ich flächiger. Verzerrungen sind natürlich schon durch die Musik gewollt, da eben die erste Platte der Foo Fighters sehr roh und direkt ist. Zumindest scheint der Klang sich nicht verschlechtert zu haben und man kann hier von einer guten Qualität sprechen. Die Haptik ist natürlich überragend.
Das Debüt der Foo Fighters ist im Grunde nichts anderes als ein Solowerk von Dave Grohl. Die Songs schrieb Grohl ja noch während seiner Zeit bei Nirvana. Nach dem Tod von Cobain taumelte Grohl verständlicherweise, aber in der Musik fand er wieder Halt. Er stellte dieses Album in Eigenregie zusammen und holte sich erst danach die Musiker um die Platte auch zu promoten. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Musikgeschichte.
Es wird ja gerne kolportiert, dass dieses Werk deutliche Spuren von Nirvana enthält. Es wäre ja fast schon seltsam, wenn dies nicht so wäre, denn schließlich hat Grohl bei der Band ja auch hinter der Schießbude gesessen. Trotzdem ist das weitaus weniger der Fall, als gemeinhin gesagt wird. Hört man dieses Debüt nach all den Jahren noch mal mit offenen Ohren, dann zeigt sich hier eine ganz andere Tatsache: die Platte hat schon ganz klar den Foo Fighters-Trademark-Sound. „This Is Call“ - trotz des ganzen Lärms ein wunderbarer Popsong – hätte auch auf den späteren Alben eine gute Figur abgegeben. Selbst der Songaufbau des Stücks, mit dem lärmenden Zwischenteil, der von Drums und Gitarren dominiert wird, zieht sich wie ein roter Faden durch das Schaffen der Foo Fighters. Ein Lärmbrett wie „Weenie Beenie“ gab es auch immer mal wieder, zuletzt auf „Wasting Light“ mit „White Limo“.
Mit „Big Me“ gibt es auch eine wunderschöne Ballade, die der strotzende Kraft des Albums aber nicht im Weg steht. Im Gegenteil, auch das Stück ist herrlich unperfekt in der Ausarbeitung. Hier wurde nicht auf große Studiotechnik gesetzt, denn Songs wie „I´ll Stick Around“ und „Alone + Easy Target“ - im Übrigen in einer besseren Welt ein formidabler Hit – sind von dieser Rohheit durchzogen, als hätte hier ein Jungspund in seiner Garage erstmals der Musikwelt seine Songs präsentiert. Ein bisschen was davon steckt ja auch in diesem Foo Fighters-Werk. „Good Grief“ vereint Punk und Rock, während X-Static düsterer ist als alle Alice In Chains-Tracks. Und so ein Brett wie „Watersheed“ macht einfach mal Spaß. Ohne Netz und doppelten Boden voll in die Fresse. „Exhausted“, der letzte Song des Albums, ist dann die eine Nummer zu viel und reichlich unspektakulär. Aber hey, das ist ja auch ein Debüt.
Fazit: Das Debüt der Foo Fighters wird nun erstmalig auf 180g Vinyl veröffentlicht. Haptisch ist das sicher eine nette Geschichte, der Sound ist allerdings auch nicht anders als auf der dünnen Variante. Da tobt aber seit Jahren ja ein Glaubenskrieg der Nerds. Immerhin ist diese 180g Vinyl-Variante weitaus besser als jene, die man den Leuten noch vor ein paar Jahren angedreht hat. Die Songs selbst sind roh, ungeschliffen und über jeden Zweifel erhaben. Der Trademark-Sound der Foo Fighters – auch wenn dies im Grunde ein Solowerk von Dave Grohl ist – war auch damals schon vorhanden. Das Album klingt auch heute noch überraschend frisch. Ein fast perfektes Werk!
Text: Torsten Schlimbach
Foo Fighters: Sonic Highways
Sony
VÖ: 10.11.2014
Wertung: 8,5/12
Puh! Durchatmen. Glück gehabt. Das achte Studioalbum der Foo Fighters hätte der Band auch um die Ohren fliegen können! Ist es aber nicht. Was sollte nach dem großartigen „Wasting Light“ auch noch kommen? Wohin sollte die Reise führen? Nochmals in die Garage? Dave Grohl hatte anderes im Sinn. Natürlich. Er hat sich - wie er es ausdrückt - den Familienstammbaum der amerikanischen Musikgeschichte angeschaut und sich bis zu den Wurzeln durchgegraben. „Sonic Highways“ ist auch eine Reise zu seiner musikalischen Identität und eine Liebeserklärung an die Geschichte der amerikanischen Musik. Das Album wird aber auch enttäuschen! Das wurde hier aber bewusst einkalkuliert.
„Sonic Highways“ müsste eigentlich als Soundtrack gekennzeichnet werden, denn natürlich sind diese acht(!) Songs auch ganz fest mit der 8 Folgen umfassenden HBO-Serie verbunden. Grohl führte hier übrigens höchstpersönlich Regie. In jeder Episode wird die regionale Identität der jeweiligen Stadt gezeigt und wie diese Umgebung die Musiker dort prägte. Dies hat sich natürlich auch auf das Album ausgewirkt. In jeder Stadt wurde ein Song aufgenommen. In den legendären Studios von Austin, Chicago, Los Angeles, Nashville, New Orleans, New York, Seattle und Washington DC wurde dann noch ein lokaler Musiker dazu gebeten. All das ist „Sonic Highways“, aber in erster Linie ist das natürlich ein Foo Fighters Album.
Das ganze Konzept geht hier auf. Es mag aber auch Fans geben, die dem nicht so ganz folgen können und wollen. Verstehen kann man es, denn „Sonic Highways“ ist jetzt nicht gespickt mit potenziellen Hits, wie es beispielsweise noch beim Vorgänger der Fall war. Die Songs auf „Sonic Highways“ gehen tiefer, graben einiges um und sind höchst ambitioniert. Wer hätte da besser zu gepasst als Butch Vig? Eben und folgerichtig saß der Mann wieder hinter den Reglern.
Der Einstieg in das Album dürfte die Altfans zunächst wenig verschrecken, denn im Grunde trifft man da auf einen alten Bekannten. „Something From Nothing“ surft zunächst stark auf der Harmonieführung von „Skin And Bones“, bevor der Song eine ziemlich lässige Wendung nimmt und sanft in die Rockschiene abdriftet und gar noch ein bisschen Funk von der Leine lässt. Auf „Wasting Light“ hätte das Dingen auch eine gute Figur abgegeben. „The Feast And Famine“ wird auf der nächsten Tour dafür sorgen, dass die Hallen, Arenen und Stadien ordentlich auf den Kopf gestellt werden. Durchdrehen ist angesagt. Und wo sind nun die ganzen Referenzen der Vergangenheit? Die Funkgitarre bei „Something From Nothing“ wird doch nicht alles gewesen sein? „Congregation“ ist hymnenhaft, hat aber auch eine Orgel am Start, welche die 70ies wieder aufleben lässt. Wenn man so will, dann ist das der Prog-Moment der Foo Fighters-Geschichte – mit Country- und Americana-Elementen!
„What Did I Do/God As My Witness“ ist zweigeteilt – der Titel deutet es ja schon an: eine Foo Fighters-Sinfonie, die sich im Southern Rock austobt, nur um dann im zweiten Teil die 70er zu verlassen und in die 60er zu faden. Dave Grohl hat sich auch hierbei etwas gedacht, denn damit wird – wie in der guten alten Zeit – die erste Seite beendet. Vinyl sei an dieser Stelle ausdrücklich empfohlen.
„Outside“ nimmt die Reise dann wieder auf, ist aber eher in den 80ern zu finden. Eine gewisse Kühle und Postpunk-Ästhetik sind da nicht von der Hand zu weisen. „In The Clear“ könnte eine Kreuzung aus Biffy Clyro und Queens Of The Stone Age sein. Überhaupt sollten Liebhaber dieser Bands in „Sonic Highways“ mal genauer reinhören. „Subterranean“ kommt nicht so richtig zu Potte, ist aber auch nicht wirklich eine Ballade. Eine seltsame Nummer, die etwas ziellos dahin wabert. Und dann? Gibt es ein „Best Of“ von „Sonic Highways“. „I Am A River“ bringt das komplette Konzept und die Vielseitigkeit des Albums in etwas mehr als sieben Minuten unter einen Hut. Ein großer, erhabener, epischer Abschluss.
Fazit: „Sonic Highways“ ist das experimentellstes Konzeptalbum der Foo Fighters. Die Herren werden eben auch älter und da rockt und punkt man sich nicht mehr so durch den Gemüsegarten. Die Band begibt sich auf die Suche nach den eigenen Wurzeln, der eigenen Geschichte und Identität. Das geht voll und ganz auf, bedeutet aber auch, dass man jetzt auf einer Foo Fighters Platte eine Prog-Orgel oder Streicher findet. Die von der Presse viel kolportierten Gäste werden dabei nicht ins Schaufenster gestellt, sondern eher versteckt. Alles wird dem Konzept untergeordnet. Haut hin. „Sonic Highways“ ist ein liebevolles Werk, welches hier und da für Enttäuschungen sorgen wird, aber dafür nimmt sich die Band eben auch alle Freiheiten. Welche andere Kapelle dieser Größenordnung macht das denn sonst noch? Status verwalten ist eben nicht! Noch nicht – oder je nach Sichtweise - nicht mehr. Einstweilen.
Text: Torsten Schlimbach
Foo Fighters: Wasting Light
Sony Music
VÖ: 08.04.2011
Wertung: 11/12
Tipp!
Die Erwartungshaltungen könnten nicht größer sein. Wenn die Rede vom neuen Foo Fighters Album „Wasting Light" ist, dann werden die Augen bei den Fans glasig. Es gab im Vorfeld derart viele
Informationen die darauf schließen lassen, dass man es hier mit einem verdammten Rockmeisterwerk zu tun hat. Eine - für Fans - schöne Nachricht jagte die nächste. Dass es sich hier um das härteste
Foo Fighters Album seit Bestehen der Band handeln soll, dürfte sich von Flensburg bis nach Oberstdorf herumgesprochen haben. Zudem ist Pat Smear wieder mit von der Partie und Bob Mould hat seinen
Hintern auch in die Garage von Dave Grohl gequetscht. Das ist die nächste kleine Sensation. Nicht Mould, sondern die Garage. Dort wurde das Album nämlich komplett Analog aufgenommen. Computer hatten
ausdrücklich keinen Zugang. Das war und ist aber noch nicht alles. In gewisser Weise schließt sich mit „Wasting Light" nämlich ein Kreis. Butch Vig ist als Produzent dabei und Krist Novoselic
veredelt „I Should Have Known" mit seinem Bassspiel und packt zudem auch noch sein Akkordeon aus. Nevermind? Wasting Light!
Schöne Meldungen, die unter dem Strich aber gar nichts zu bedeuten haben. Marketingklimbim, der natürlich nicht ungehört verhallt. Diesmal ist aber alles wahr - jedenfalls fast! Nach „Echoes,
Silence, Patience And Grace", welches doch sehr bieder ausgefallen war, musste aber auch eine Kurskorrektur her. Was bei „Wasting Light" sofort auffällt ist, dass man es hier mit einem Bandalbum zu
tun hat. Grohl ist zwar immer noch der Fixpunkt, aber Taylor Hawkins, Nate Mendel, Chris Shiflett und Pat Smear sind nicht nur Handlanger, sondern geben diesem Album einen Farbanstrich und ein
Gesicht.
Ist es nun das härteste Album aller Foo Fighters Zeiten? Wie definiert man überhaupt Härte? Macht man das an „White Limo" fest? Jenem Song, wo man vorab ein Video im Internet bewundern konnte? Lemmy
durfte sich auch als, ähm, Lemmy einbringen. Jenem Song, der den Putz von den Wänden rieseln lässt und wo der verzerrte Gesang klingt wie in der Mülltonne von Griesgram Oscar aufgenommen.
Repräsentativ ist die Nummer jedenfalls nicht für „Wasting Light". Und ganz ehrlich, auf Dauer nervt „White Limo" auch. Insgesamt ist der Track zwar nett, kommt aber keinesfalls an die Klasse der
übrigen Songs heran.
Als Rockalbum darf man diese Scheibe aber definitiv bezeichnen und zwar ohne ein schlechtes Gewissen dabei zu haben. Es poltert, es bollert und es wird ordentlich auf das Gaspedal gedrückt. Darunter verbergen sich aber mal wieder jede Menge poppige Melodien, die sich gut im Ohr festsetzen. Mit dem schon erwähnten „I Should Have Known" ist man teilweise sogar recht nahe an einer Halbballade dran. Der Opener „Bridge Burning" gibt im Grunde die Richtung vor. Grohl schreit sich die Seele aus dem Leib: „These Are My Famous Last Words". Die Wahl mit „Rope" als erste Single hätte nicht besser ausfallen können. Der US-Rolling Stone ließ dazu verlauten: „hairy-testicled, devil-dicked atomic beast of a single". Volltreffer! Das ist die beste Foo Fighters Rocknummer seit Urzeiten!
Der Rest ist von sehr gut bis zu grandios zu bezeichnen. Für den Refrain von „Dear Rosemary" würden andere Rockbands nicht nur die Oma verkaufen. Oder nehmen wir „These Days". Das Stück beginnt recht
ruhig und scheint sich zu Beginn glatt zu verschlucken, steigert sich aber immer mehr, bricht wieder ab, beginnt von vorne und haut so ganz nebenbei einen Refrain raus, der die ganze musikalische
Geschichte der Foo Fighters zu erzählen scheint. Es gibt kaum eine Band, die es besser versteht zwischen hartem Rock und Eingängigkeit zu pendeln. Das Album macht einem sogar ein bisschen Angst. Was
soll danach noch kommen? Denn auch mit „Back & Forth" oder „A Matter Of Time" lassen sie die Gitarren ordentlich sägen, den Bass bollern und das Schlagzeug poltern und trotzdem haben diese
Nummern derart viel Hitpotenzial, dass es einem die Schuhe auszieht. Die Plattenfirma Vertreter dürften beim ersten Hördurchlauf vor Glück geweint haben. Wann gibt es das schon, dass ein Album
künstlerisch wertvoll ist, die nötige Rockattitüde hat und auch noch massenweise Hits mit an Bord hat? Wenn die letzten Töne von „Waste" verhallen, dann kann man sich sicher sein, dass man eben ein
gottverdammtes Foo Fighters-Meisterwerk gehört hat! Dies deutete sich ja schon beim Clubgig im Kölner Gloria an. Die Band hat wieder Bock auf Rock und genau so klingt „Wasting Light"!
Fazit: Es wurde im Vorfeld viel über das neue Foo Fighters Album geredet. Die Erwartungen waren dementsprechend groß. Sogar derart groß, dass „Wasting Light" denen gar nicht gerecht werden kann.
Pustekuchen, die werden sogar noch übertroffen. Endlich liefern die Foo Fighters mal wieder ein frisches Rockalbum ab. So ganz nebenbei entpuppt sich diese Scheibe als Ansammlung von Hits. Das Niveau
ist durchgängig hoch - mit einer Ausnahme vielleicht. Man hört, dass die Band Bock auf diese Songs hatte und das wirkt sich ungemein positiv aus. Und Band ist ein weiteres Stichwort, denn dies ist
nicht die große Dave Grohl Show, sondern die große Foo Fighters Show. Die alten Weggefährten von Grohl tun dem Album ebenfalls merklich gut. Sehr Empfehlenswert!
http://www.foofighters.com/de/home
Text: Torsten Schlimbach