Van Der Graaf Generator: H To He Who Am The Only One
Universal
VÖ: 03.09.2021
Wertung: 10/12
Tipp!
Dieser Tage erscheint eine üppige Veröffentlichung von Van Der Graaf Generator. In der hochwertigen Box sind satte 17 CDs und 3 Blu-Ray-Discs enthalten! Sämtliche Werke der Band sind hier vertreten. Selbstverständlich ist auch bisher unveröffentlichtes Material darunter zu finden. Stereo- und Surround Sound-Remixe dürften die Songs noch mal auf eine neue, klangliche Ebene heben. Wer nur einzelne Alben daraus erwerben möchte, kann auf die individuellen 3-Discs Album Veröffentlichungen zurückgreifen. Das dritte Album von Van Der Graaf Generator „H To He Who Am The Only One“ gehört neben „Pawn Hearts“, „Godbluff“ und „Still Life“ ebenfalls dazu.
„H To He Who Am The Only One“ enthält grundsätzlich fünf Tracks. Peter Hammill, Hugh Banton, David Jackson und Guy Evans bildeten ab hier die klassische Besetzung der Band. Nic Potter ist nur noch auf der Hälfte der Songs als Bassist zu hören. Banton übernahm den Tieftöner. Mit Robert Fripp ist bei „The Emperor in His War-Room“ ein prominenter Genre-Kollege dabei. Er spielte sowohl Akustik- als auch die Leadgitarre.
Peter Hammill hatte auf dem Album eine seiner vielen Sternstunden. Der Mann kann nicht nur gut singen, er setzt seine Stimme durchaus auch anders ein - und wenn es ein Ächzen ist. Hat Mike Patton Hammill eigentlich jemals als Vorbild genannt? Verwunderlich wäre es sicher nicht. Völlig irre ist auch, was David Jackson da mit dem Saxofon anstellt. Bei „Killer“ entwickelt sich das zwischendrin zur kompletten Raserei. Besagtes „Killer“ ist aber sowieso von einer Kompromisslosigkeit geprägt, die beeindruckend ist. „House With No Floor“ tritt den Beweis an, dass eine Flöte auch in der Rockmusik ihre Daseinsberechtigung hat. „The Emperor In His War Room“ ist eine sensationelle musikalische Reise. Diese Dringlichkeit, die Van Der Graaf Generator in dieser Phase ihrer Karriere hatten, war schon beeindruckend. Abgesehen davon schafft es die Band, dass dies nie zu musicalhaft wird. Der Bruch in der Mitte, ausgelöst durch den tollen Groove aus Schlagzeug- und Bassspiel, wird wunderbar durch die Gitarre flankiert, bevor das Tempo kurzfristig gedrosselt wird und der Gesang die Führung wieder übernimmt. Es ist ein episches, düsteres Stück. „Lost“ bringt dieses Album in einem Longtrack auf den Punkt: dunkel, verstörend, skurril, wunderschön und von höchster Musikalität geprägt. „Pioneers Over C“ ist dann das epische Manifest und Meisterwerk des Albums.
Das Bonusmaterial ist natürlich für Fans höchst interessant. Die ersten Versionen von „Killer“ Und „The Emperor In His War Room“ geben einen Einblick in die Entstehungsgeschichte. „Killer“ und „Lost“ sind auch noch mal aus der BBC Radio One Session vom 12. Oktober 1970 dabei.
Das Album liegt im schon bekannten Stereo Mix vor, der in den 00er Jahren remastert wurde. Jetzt hat man für die neue Veröffentlichung noch mal einen neuen Stereo Mix angefertigt, der ebenfalls toll ist und einen manche Klänge noch mal ganz neu erleben lässt. Das ist allerdings noch nichts gegen die DVD mit dem Surround Sound Mix. Selbiger haut einen um - diese Klarheit und diese Tiefe sind schlichtweg eine Offenbarung!
Fazit: Als Van Der Graaf Generator mit „H To He Who Am The Only One“ um die Ecke kamen, war das eine ziemlich große Sache. Mit diesem Album leistete die Band durchaus Pionierarbeit für den Prog-Rock. Jetzt wird das Werk als 3-Disc-Variante veröffentlicht. Gerade der Surround Sound Mix ist eine klangliche Offenbarung und man kann noch mal ganz neu in dieses Meisterwerk eintauchen!
Text: Torsten Schlimbach
Van Der Graaf Generator: Pawn Hearts
Universal
VÖ: 03.09.2021
Wertung: 11/12
Tipp!
Auch das vierte Album von Van Der Graaf Generator „Pawn Hearts“ wird nun noch mal als drei Disc Set (2CD+DVD) neu veröffentlicht. „Pawn Hearts“ ist eines der erfolgreichsten Alben der Band. Die drei Songs waren noch mal eine Offenbarung, bevor sich die Band erstmal verabschiedete. Man kann hier durchaus von einem Geniestreich sprechen. 1971 war auch dieses Werk durchaus eine Pioniertat für ein ganzes Genre.
In „Lemmings (Including Cog)“ besingt Hammill wie man am Rand der Klippe steht. Kann man der Versuchung runterzuspringen wiederstehen? Der Titel gibt das Thema ja schon vor. Musikalisch ist das noch düsterer, noch verrückter als alles, was auf dem Vorgänger zu finden war. Peter Hammill singt sich erneut die Seele aus dem Leib und David Jackson entlockt dem Saxofon Töne, die man nicht unbedingt mit diesem Instrument in Verbindung bringen würde. Die Rhythmussektion hält das alles per Zauberhand zusammen, sonst würde der ganze Laden auch auseinanderfallen.
„Man-Erg“ ist der vielleicht beste Song, den Van Der Graf Generator jemals aufgenommen haben. Was noch mit langsamen Klavier- und Orgelspiel beginnt, wird urplötzlich zum vertonten Wahnsinn. Robert Fripp ist abermals dabei und sein Beitrag hier ist schlichtweg brillant. Das Schlagzeugspiel nimmt sich auch sehr viele Freiheiten und versucht nicht nur den Laden zusammenzuhalten. Die Nummer kehrt natürlich auch wieder in ruhige Gefilde zurück.
„A Plague of Lighthouse Keepers“ ist ein progressives Epos, eine gigantische Suite von mehr als dreiundzwanzig Minuten. King Crimson liegen da viel näher als alle anderen Vergleiche. Van Der Graaf Generator spielen trotzdem in einer eigenen Liga. Die obskuren Passagen brechen hier immer wieder durch.
Als Bonus Tracks gibt es „Man-Erg“, „Theme One“, „Vision“ und „Darkness“ von der BBC Radio One Session vom 10. Juni 1971 zuhören. Feine Sache!
Auch hier gilt: der Surround Sound Mix ist der absolute Hammer! Diese Tiefe verleiht „Pawn Hearts“ noch mal eine ganz andere Dynamik, gar so, als würde man ein völlig neues Album hören. Natürlich ist das Songmaterial bekannt, aber jetzt erlebt man es auch – im wahrsten Sinne des Wortes!
Fazit: „Pawn Hearts“ ist ein echtes Meisterwerk von Van Der Graaf Generator. Vielleicht ist es sogar das letzte Album auf diesem Niveau der Band. Jetzt wird es als 3-Disc-Version erneut veröffentlicht und bietet viele verschiedenen Klangmöglichkeiten um sich diesem Wahnsinn zu nähern. Dies ist ein Erlebnis der besonderen Art. Also: Augen schließen und abtauchen in diesen Geniestreich!
Text: Torsten Schlimbach