DIO: Live In London – Hammersmith Apollo 1993 (DVD)
Edel/Eagle Vision
VÖ: 09.05.2014
Wertung: 8,5/12
Den Stellenwert von Ronnie James Dio kann man zur Zeit ganz gut anhand der vielen Veröffentlichungen ablesen, die es rund um den kleinen Mann mit der großen Stimme gibt. In letzter Zeit häufen sich jedenfalls die Tonträger mit Dio-Bezug, egal ob mit Rainbow, seine Zeit bei Black Sabbath oder - wie eben jetzt - mit DIO. 1993 hatte sich die Band quasi neu formiert und mit frischem Schwung betourte DIO zusammen mit Vinny Appice (Drums), Jeff Pilson (Bass) und Tracy G (Guitar) das „Strange Highways“-Album. Die Platte ist ja fast schon legendär, weil sie so zwiespältig aufgenommen wurde und längst nicht alle Fans begeistert waren. Während der Tour schlug die Radautruppe auch in London auf und bespielte das Hammersmith Apollo. Glücklicherweise wurde die Sause mitgeschnitten und nun wird dies erstmals(!) auf DVD/Blu-ray veröffentlicht.
Dies war die letzte Show der Tour und entsprechend eingespielt präsentieren sich DIO hier. Der Motor ist gut geölt und ein Rädchen greift in das andere. Die Strapazen der letzten Tage und Wochen sind den Bandmitgliedern aber auch irgendwie in die Gesichter geritzt. Und ja, die Kameras – logischerweise nicht auf dem Stand der Technik von heute – haben das alles sehr gut eingefangen. Es gibt zwar keine Flut an Bildern aus vielen verschiedenen Perspektiven, aber das ist heute ja meist sowieso ein Ärgernis denn eine gute Umsetzung. Manchmal wirkt die Bilderabfolge etwas statisch und nach immer demselben Muster gestrickt, aber da gewöhnt man sich schnell dran. Der Meister und seine Mannen werden jedenfalls sehr gut in Szene gesetzt. Schade, dass man anfänglich das Publikum etwas vergessen hat, aber das wird nach und nach besser, spätesten wenn der gute Ronnie sich sein Bad in der Menge abholt.
Wenn die Bühne voll ausgeleuchtet ist – gerne in gelben und roten Farbtönen – dann kann das Bild nicht gänzlich überzeugen und hier und da ist ein leichtes Graining auszumachen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Aufnahme nun aber auch schon mehr als zwanzig Jahre auf dem Buckel hat, ist das Bild durchaus als gut zu bezeichnen. Das Bildformat in 4:3 - 1.33:1 ist sicher zunächst auch sehr gewöhnungsbedürftig, aber das gibt sich schnell und wir älteren Semester kennen das ja auch nur allzu gut. Der Ton ist sehr annehmbar und übrigens zeigt sich hier die große Stärke von „Strange Highways“, denn die Songs daraus sind schon sehr dreckig und rotzig. Dio war ja sonst eher der Melodic-Hardrocker, hier präsentiert er sich von einer etwas anderen Seite. Das Album ist im Grunde sträflich unterbewertet.
Natürlich dürfen auch die Klassiker aus dem Backkatalog nicht fehlen. „Holy Diver“ kommt dabei besonders gut weg und man hat das Gefühl, dass die Band da noch mehr Rotz auf die Orgel gelegt hat. Selbiges gilt auch für „Rainbow In The Dark“. „Here´s To You“ beendet die Feierlichkeiten dann standesgemäß. Zwischendurch gibt es auch noch ein Drum- und Gitarrensolo – ja, liebe Nachgeborene, so etwas gab es mal auf den Konzerten zu bewundern – und natürlich die obligatorischen Gesten von Ronnie James Dio.
Das Bonusmaterial ist einigermaßen putzig. Da gibt es die üblichen Backstageeinblicke und ein paar Aufnahmen vom Merch-Stand und natürlich O-Töne der Bandmitglieder, die jetzt allerdings auch keine Sensationen zu bieten haben. Aber wer schon immer wissen wollte, was eine Band wie DIO vor dem Auftritt macht, wird sich bei „Hanging With The Band“ vermutlich die Augen reiben, denn die Jungs legen ihre Gesichter in vertrauensvolle Hände. Ja, DIO gehen vor dem Konzert in die Maske und werden geschminkt. Rock and Roll!
Fazit: Die DVD „Live In London – Hammersmith Apollo 1993“ von DIO macht schon Laune. Die neu besetzte Band ist zum Ende der Tour bestens eingespielt und liefert hier mit dem Album „Strange Highways“ im Rücken ein feines Set ab. Bild und Ton sind sehr in Ordnung und das Bonusmaterial gewährt – neben dem üblichen Kram – ein paar Einblicke und Impressionen, die man sonst nicht bekommt. Anhand dieser Aufnahme zeigt sich auch mal wieder, dass das dort betourte Album wesentlich besser wie sein Ruf ist und die Songs daraus funktionieren auch wunderbar zwischen den Klassikern. Für Fans ein Muss!
http://www.ronniejamesdio.com/
Text: Torsten Schlimbach