Clueso: Handgepäck I
Universal
VÖ: 24.08.2018
Wertung: 9/12
An Clueso gab es diesen Sommer ja kein Vorbeikommen - obwohl er in dieser Phase des Jahres keine neue Musik veröffentlichte. „Zusammen“ von den Fanta 4 wird aber durch seinen markanten Beitrag derart dominiert, dass ihn jetzt auch Leute auf dem Zettel haben dürften, die vorher kaum etwas mit dem Namen anfangen konnten. Wobei auch dies für Musikinteressierte eher schwierig sein dürfte, denn seine letzten beiden Alben gingen immerhin auf #1 der Charts. Jetzt veröffentlicht er mit „Handegepäck I“ eine Zusammenstellung.
„Best Of“? „Greatest Hits“? Der Zusatz „I“ deutet ja zumindest auch in diese Richtung. Das macht man ja nur, wenn auch eine zweite Runde geplant ist und dies geschieht oft genug ja unter besagten Streifzügen durch die Karriere. Im Grunde ist „Handgepäck I“ auch genau das. Die achtzehn Songs haben teilweise mehr als ein Jahrzehnt auf dem Buckel, sind aber größtenteils unbekannt. Manche hat Clueso schon auf dem ein oder anderen Konzert gespielt, aber bisher eben nicht auf einem seiner Studioalbum untergebracht.
„Handgepäck I“ enthält Songs, die Clueso über viele Jahre verteilt auf seinen Reisen schrieb und aufnahm. Laptop und Gitarre hatte er ja sowieso immer dabei. Die einzelnen Tracks lagen dann lange in der Schublade, weil sie auf das jeweilige Album nicht gepasst haben. „Handgepäck I“ ist jetzt aber mitnichten eine Sammlung von Ausschussware! Auf Reisen kann man die Songs ja meist nicht opulente instrumentieren und ausarbeiten. Das puristische Flair der einzelnen Nummern wurde beibehalten und an der einen oder anderen Stelle ganz dezent überarbeitet. Die Produktion und Abmischung hat der Erfurter dann auch folgerichtig selbst übernommen. „Handgepäck I“ ist somit ein sehr leises und zurückgenommenes Album! Dies ist eine dieser klassischen Zuhörerplatten. Kann man sich darauf einlassen, dann wird man ein sehr intensives Hörerlebnis haben, welches einen nicht mehr loslässt und lange nachwirken wird!
Für das Album bedeutet das auch, dass sich die Songs erfreulich weit von der absolut grausamen deutschen Musikszene befinden. Songs wie „Stein“ oder „Einfache Fahrt“ leben von dem sehr fein akzentuierten Gitarrenspiel. Hin und wieder durchbricht auch eine Mundharmonika die Szenerie, doch es bleibt fast durchgängig ein Singer/Songwriteralbum. „Zwischenstopp“ ist da eine Ausnahme. Dixieland-Bläser hat man bisher bei Clueso auch noch nicht gehört. Das passt aber trotzdem ins Bild, da „Handgepäck I“ ein amerikanisch geprägtes Werk ist. Folk, Singer/Songwriter und Nummern, die an das Spätwerk eines Johnny Cash erinnern. „Paris“ ist da eine weitere Ausnahme. Der Songtitel schreit aber natürlich auch nach Chanson-Elementen.
„Du Und Ich“ ist von der musikalischen Grundstimmung mit einer positiven Leichtigkeit durchzogen. Es sind aber meist die nachdenklichen Klänge, die das Geschehen bestimmen. Das ist bei dem Puhdys-Cover „Wenn Ein Mensch Lebt“ so und auch bei „Morgen Ist der Winter Vorbei“. Vielleicht muss das bei einem Lied über Fernweh auch so sein. Übrigens ein ganz starker Song amerikanischer Prägung. „Zimmer 102“ ist auf der Tour mit Udo Lindenberg entstanden. Das Zimmer gibt es wirklich. Die Musiker trafen sich nach dem Konzert da und machten einfach weiter Musik. Clueso hat den Moment eingefangen. Wunderschön instrumentiert.
Fazit: Ob „Handgepäck I“ nun das beste Album von Clueso ist, sei mal dahingestellt. Für mich persönlich ist es aber genau das! Fakt ist aber sicher, dass es das ungewöhnlichste Werk von Clueso ist. Die Songs mögen teilweise einige Jährchen auf dem Buckel haben, aber das ist hier ist alles andere als Resteverwertung! Der amerikanische – in musikalischer Hinsicht gesehen – Anstrich, ist sehr gelungen. Man muss sich auf die eher ruhige Atmosphäre einlassen, klar, man wird dafür aber auch mit toller Musik belohnt! Weit ab von dem Mist, den momentan die deutschsprachige Musik sonst so zu bieten hat.
https://www.clueso.de/handgepaeck/
Text: Torsten Schlimbach
Clueso: Neuanfang
Universal
VÖ: 14.10.2016
Wertung: 7,5/12
Alles zurück auf Anfang. Clueso hat sich nach dem großen Erfolg mit „Stadtrandlichter“ von seiner Band getrennt, ebenso verließ er die Kreativgemeinschaft Zughafen und hat sich auch vom bisherigen Management gelöst. Was war da los? An mangelndem Erfolg kann es nicht gelegen haben, denn immerhin hat er bisher über eine Millionen Tonträger verkauft. Der Erfurter krempelte also sein ganzes künstlerisches Leben um. Es ist somit nicht weiter verwunderlich, dass sein neues Album nun den Titel „Neuanfang“ trägt.
Die Platte ist aber weder ein leises Akustikmanifest noch ein lauter Heavy Metal-Ausbruch geworden. Clueso macht immer noch Clueso-Musik. Produzent Tobias Kuhn zwang den Erfurter aber dann noch zu einem etwas anderen Ansatz. Die Songs durfte er nur zweimal einsingen. Auch die Frickelei am Sound wurde nicht bis ins Unendliche ausgeweitet. Fehler sollten ausdrücklich zugelassen werden und „Neuanfang“ mitunter eben nicht perfekt sein. Zunächst hört man das kaum. Lauscht man den Songs und Texten genauer, dann ist das oft erschreckend banal. Clueso hat in der Vergangenheit ja nun schon mehrfach bewiesen, dass er ein sehr guter Alltagsbeobachter ist, und seine Texte sehr schön ausschmückt.
Mit dem groovigen und tanzbaren „Neuanfang“ startet das Album auch musikalisch sehr optimistisch. Clueso schaut hier voller Vorfreude auf alles, was ab nun kommen soll und mag. „Achterbahn“ ist ja teilweise Clueso Hip Hop. Der Refrain windet sich lässig in den Pop hinein. Und ja, der Künstler teilt hier noch mal mit, dass er auf alles Erwartungshaltungen – Verzeihung – scheißt. Gute Nummer, die nach vorne geht. „Neue Luft“ entschleunigt das Album dann auf eine melancholische Weise. Das Tempo wurde da deutlich gedrosselt. „Erinnerungen“ ist musiklaisch der vielleicht beste Track von „Neunanfang“. Ganz stark, dass hier im Grunde nicht den typischen Songstrukturen gefolgt wird und ein Refrain praktisch nicht vorhanden ist. Die verträumte Nummer passt eigentlich ganz gut zur Jahreszeit.
„Wenn Du Liebst“ - übrigens ein Duett – erinnert noch am ehesten an den Clueso der ersten Alben. „Lass Sie Reden“ hätte auch auf der letzten Lindenberg-Platte eine gute Figur gemacht. Das ist jetzt allerdings nicht gerade als Kompliment zu verstehen. „Anderssein“ ist danach endlich mal wieder etwas forscher und tanzbarer. Der Refrain, der von Sara Hartmann (mit)gesungen wird, ist übrigens englischsprachig. Dezente Indiegitarren und Electrogeschwurbel unterstützen den Sound ganz gut. Erzählt Clueso bei „Gordo“ tatsächlich die Geschichte von dem Affen, der in den 50ern in das Weltall geschickt wurde? Er macht das auf eine sehr kindliche Art. „Jeder Lebt Für Sich Allein“ schwingt noch mal ganz vorzüglich die Melancholiekeule. Bis zum opulenten Finale steigert sich das aber sehr schön. Mit dem Akustikstück „Sorgenfrei“, welches dennoch verspielt ist, endet „Neuanfang“ sehr nachdenklich, aber trotzdem auch positiv gestimmt.
Fazit: „Neuanfang“ von Clueso markiert tatsächlich einen Neubeginn und zwar ohne, dass der alte Clueso verschwunden wäre. Die Songs sind textlich nicht mehr so ausgefeilt, dafür hat Produzent Tobias Kuhn sehr viel Spielereien eingebaut. Wer auf Clueso erst durch „Stadtrandlichter“ aufmerksam geworden ist, könnte seine liebe Mühe und Not mit „Neuanfang“ haben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Album mit jedem Durchgang wächst. Die Wertung fällt etwas vorsichtig aus, da „Neuanfang“ erst kurz nach knapp reinflatterte und somit noch nicht viele Durchgänge auf dem Buckel hat.
http://www.clueso.de/neuanfang/
Text: Torsten Schlimbach
Clueso: Stadtrandlichter Live
Universal
VÖ: 13.11.2015
Wertung: 7,5/12
Clueso hat letztes Jahr alles gewagt und alles gewonnen. Sein Album „Stadtrandlichter“ war das erste Werk, welches er über sein eigenes Label Text und Ton veröffentlichte und prompt auf dem ersten Platz der hiesigen Charts landete. Zum ersten Mal in seiner Karriere. Die anschließende Tour war ein riesiger Erfolg und zum Finale lag ihm seine Heimatstadt Erfurt zu Füßen. Jetzt gibt es das dazugehörige Live-Dokument. Gleichzeitig markiert dies das Ende einer Ära, denn in Zukunft möchte sich Clueso verstärkt diversen Soloprojekten widmen – logischerweise ohne sein Band. „Live“ bringt einem diese wunderbare Zusammenarbeit der Musiker nun noch mal in die heimischen vier Wände und stellt natürlich auch eine Art Werkschau dar!
Nach Erfurt pilgerten mehr als 15.000 Menschen. Mit Wolfgang Niedecken und Udo Lindenberg auch zwei Künstler, die dem jungen Kollegen als Gäste ihre Aufwartung machten. Und dann wäre da ja auch noch der akustische Teil der Show, der sicherlich mehr als nur ein Fingerzeig in die Zukunft ist. Wollen wir hoffen, dass Clueso sich in der Zukunft nicht etwas übernimmt und sich noch voll und ganz auf seine Musik konzentrieren kann. Wenn man alles alleine macht, dann kann man eventuell den Blick für das Wesentliche verlieren. Irgendwer hätte dem Sänger zumindest von der Wahl des Covermotivs für „Live“ abraten sollen. Muse werden da sicher nicht ganz so begeistert sein.
Musikalisch liefern die Musiker hier Kost der Extraklasse ab. „Stadtrandlichter Live“ ist vielfältig und abwechslungsreich und hier wird noch mal ganz deutlich, dass Clueso ganz schön viele Genres miteinander vermengt und daraus seinen (bisher) typischen Sound entstehen lässt. Das ist ganz oft extrem tanzbar. „Pack Meine Sachen“ ist dann der logische, wie beschwingte Auftakt in dieses Konzert. Clueso hat ja auch immer ein bisschen Melancholie im Gepäck. Die vielen klanglichen Farbtupfer beim Hit „Zu Schnell Vorbei“ verfehlen da nicht ihre Wirkung. Live ist das gute Stück noch eine ganz Spur eindringlicher und nicht mehr so glatt wie noch für das Formatradio. Zu „Freidrehen“ animiert Clueso seine Fans dann zum Mitmachen. Klatschen und tanzen ist angesagt. Erfurt darf feiern. Zwischen HipHop, Reggae und Pop ist das live natürlich auch ein Kracher. Nach hinten raus gibt es dann keine Grenzen und die Zügel dürfen gerne ein bisschen schleifen.
Die Gitarrenlicks von „Still“ sind zwar ganz schön, ansonsten ist das aber nicht gerade ein Song für eine große Halle. Das sphärische Intro zu „Alles Leuchtet“ baut hingegen eine ganz tolle Atmosphäre auf, bevor die treibenden Drums den Hauptsong zum Galoppieren bringen. Danach gibt es ein „Medley“ auf das die Fanta 4 stolz wären. Die Übergänge sind ganz nett und so wird da über elf Minuten eine einzige funky HipHop-Party draus.
„Gewinner“ und „Nebenbei“ läuten wieder ein paar ruhige und akustische Klänge ein. Und dann folgen markante Töne, die jeder kennt, der die 80er miterlebt hat. Dazu gibt es diese bekannte und unverwechselbare Stimme. Wolfgang Niedecken und „Verdamp Lang Her“ sollen Erfurt zum Kochen bringen. An BAP reicht diese Live-Version aber keineswegs heran, dafür fehlt es einfach an Druck und Clueso mit seinem lakonischen Gesang passt auch nicht ganz dazu. Dieses eigentlich magische Lied zieht sich so über acht Minuten wie Kaugummi. Und ja, natürlich darf auch „Cello“ mit Udo Lindenberg nicht fehlen. Auch das Ding nervt eher, weil Lindenberg das Stück zum Schluss als eigene Werbefläche betrachtet und auf die Stadien im nächsten Jahr hinweist.
Das verträumte „Stadtrandlichter“ lässt einen anschließend regelrecht aufatmen. Es braucht nicht viel um eine große Wirkung zu erzielen. „So Sehr Dabei“ hat eine besondere Bedeutung für Clueso und die Band und das kleidet der Künstler nicht nur vorab in Worte, man hört es auch. Gänsehaut! Danach gibt es sechs Bonustracks, die die neue Richtung von Clueso aufzeigen könnten. Akustisch und leise wagt er sich da in Singer/Songwritergefilde vor. „Unter Strom“ lebt vom Refrain, während „Galerie“ mit Klavier, dezenter Gitarre und eindringlichem Gesang an Hannes Wader erinnert. „Geradeaus“ unterstreicht, dass man auch zu Akustiksongs tanzen kann. „Ich Falle Noch“ ist wieder gänzlich anders ausgefallen und trifft einen mit seiner Traurigkeit wie ein Hammerschlag. Auf dem Gesang ist etwas viel Hall, aber das verstärkt mitunter den dringlichen Eindruck. Ob das der richtige Weg für Clueso sein wird, bleibt abzuwarten, denn mit „Lass Den Kopf Nicht Hängen“ und „Wach Auf“ gibt es auch eher mäßige Akustikkost.
Fazit: „Stadtrandlichter Live“ von Clueso ist eine schöne Werkschau im Livegewand. Die musikalische Bandbreit und Vielfalt zwischen Pop, HipHop, Funk oder Reggae ist schön durchgemischt und zu einem ganz eigenen Sound verrührt worden. Die Band liefert einen erstklassigen Job ab. Die Songs mit Wolfgang Niedecken und Udo Lindenberg bleiben allerdings etwas blass. In Zukunft will der Erfurter wohl vermehrt in die Richtung Akustiksongs und Singer/Songwriter gehen. Sechs Tracks weisen den Weg, können aber nicht vollends überzeugen. Man darf also gespannt sein, wie es mit Clueso weitergehen wird.
Text: Torsten Schlimbach
Clueso: Stadtrandlichter
Text und Ton/Universal
VÖ: 19.09.2014
Wertung: 8,5/12
Thomas Hübner ist in den letzten Jahre so etwas wie ein Star geworden. Als Clueso begeistert er mittlerweile die Massen und spätestens seit seinen Kollaboration mit Udo Lindenberg ist er in die Top-Liga aufgestiegen. Auf Clueso können sich durch die Genres und Generationen alle einigen. Das schürt natürlich auch Erwartungen. Es dürfte für Clueso im Vorfeld der neuen Platte nicht ganz so einfach gewesen sein, dem überhaupt Rechnung zu tragen. Das kann ja schnell zu einer Art Rucksack werden. Jetzt liegt mit „Stadtrandlichter“ sein neues Album vor. Ein Album, welches viele Leute verschrecken wird. Jedenfalls all jene, die sich im Mainstream bewegen und von Clueso nun genau ein solches Album erwartet haben. Zudem wurde „Stadtrandlichter“ nicht nur von ihm geschrieben, sondern auch produziert. Jetzt erscheint das üppig gefüllte Werk auf seinem eigenen Label Text und Ton.
Es hat drei Jahre bis zu „Stadtrandlichter“ gedauert. Drei lange Jahre, die Clueso aber genutzt hat sich zu befreien und sich von der Abhängigkeit anderer zu lösen. Ohne Vertrieb geht es natürlich nicht, aber künstlerisch dürfte er sich so ziemlich alle Freiheiten genommen haben. Wenn, ja wenn da nicht der Rucksack mit den Erwartungshaltungen wäre. Aber den scheint er ganz gut verkraftet zu haben und letztlich hat er den auch abgelegt und einfach in der Ecke stehen gelassen. „Stadtrandlichter“ ist schwere Kost. Das hat nichts mehr mit dem Mainstreampop dieser Tage zu tun. Nichts mehr mit dem austauschbaren Gedudel deutscher Barden. Wer auf eine Mischung aus Bourani, Tawil und Naidoo hofft, wird enttäuscht werden. Und zwar gewaltig.
Wenn man so will dann geht „Stadtrandlichter“ als Indie-Udo Lindenberg über die Ziellinie. Der Meister ist dann auch bei „Sein Song“ gleich mit dabei. Kann man machen, kann man auskoppeln. Vieles auf diesem Album ist aber einfach sehr minimalistisch, sehr zurückgenommen, sehr intim. „Pack Meine Sachen“ fängt noch recht konventionell an. Das hat Drive, das ist tanzbar, aber da perlen schon im Hintergrund die Schrammelgitarren aus den Boxen. „Freidrehen“ gefällt mit einer Funk- und Discoeinlage und dann geht es auch schon los. „Alles leuchtet“ pluckert im Hintergrund vor sich her, als würde James Blake mit Thom Yorke gemeinsame Sache machen. Clueso ist natürlich wesentlich zugänglicher und über allem schwebt ein schönes Gitarrenmotiv, eine Melodie, die vom Piano getragen wird, aber der Song ist schon sehr düster. Sehr gut.
„Wach Auf“ fängt an als wäre das gute Stück in der Kneipe um die Ecke aufgenommen worden, entwickelt sich aber schnell zur melancholischen Bestandsaufnahme, die einen mal eben in den Abgrund stürzen kann. Der Titelsong - „Stadtrandlichter“ - beeindruckt mit seiner erschütternden Traurigkeit. Der Herbst ist da! „Unter Strom“ klingt genau so nämlich nicht. Eher nach einer schönen Soundcollage und dann folgt mit „Okay“ eine berührende Folkballade. Da muss man schon ganz nahe an die Lautsprecher rücken um diese eine(!) Minute zu hören. Dies war aber sowieso nur der Auftakt für „Lass Den Kopf Nicht Hängen“. Ein Mördersong.
Clueso beeindruckt. Besonders mit „Still“. Er wird sicher nicht mehr der weltbeste Sänger werden, aber er hat ein wunderbare Händchen für Stimmungen, Arrangements, Melodien und eine abwechslungsreiche Instrumentierung. Man wartet noch auf den großen, fröhlichen Popsong. Der kommt aber nicht. Nicht mit „Ich Falle Noch“ - welcher in Teilen an einen dieser langsamen psychedelischen Songs von Selig aus den 90ern erinnert – und auch nicht mit „Geradeaus“, welcher mit sehr viel Radau und Rückkopplungen überrascht. Gut, so ein langsames Stück wie „Galerie“ wäre eigentlich verzichtbar, aber dann gibt es da diese Trompete im Hintergrund, die die Existenz dann doch wieder rechtfertigt. Das wunderschöne „Nebenbei“ beendet dieses überraschende Album. Die zwei Remixe – von „Lass Den Kopf Nicht Hängen“ und „Still“ - hätte es nicht gebraucht, aber nun gut.
Fazit: „Stadtrandlichter“ von Clueso fordert und wird vielleicht den einen oder anderen Mainstreamhörer überfordern. Da wird quer durch den Gemüsegarten experimentiert. Mit Klängen, die sowohl auf den handelsüblichen Instrumenten eingespielt wurden, aber auch sehr elektronisch daherkommen. Dabei ist dies ein sehr intimes und ruhiges Werk. Pophits gibt es da kaum. Im Grunde seines Herzens ist das sogar ein Indiealbum, nur wird das die Geschmackspolizei wohl wieder nicht mitkriegen, weil es eben von Clueso ist und den verortet man ja eigentlich im Dudelfunk. So kann es manchmal gehen.
Text: Torsten Schlimbach