Biffy Clyro: Opposites - Live From Glasgow

Biffy Clyro: Opposites – Live From Glasgow

Warner

VÖ: 29.11.2013

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Im deutschsprachigen Raum konnten die Schotten von Biffy Clyro dieses Jahr einen wahren Siegeszug starten. Mit dem famosen „Opposites“ im Rücken spielten und spielten und spielten sie an so ziemlich jeder Bushaltestelle. Aus den kleinen Clubs wurden riesige Festivalgelände und nun kehrten die Jungs noch mal für ein paar Konzerte nach Deutschland zurück und siehe da, die Hallen sind von respektabler Größe. Der Erfolg von Biffy Clyro stellte sich nicht über Nacht ein, aber diese Band zeigt, dass sich Beharrlichkeit eben auszahlt – und Können! Davon hat diese Band eine ganze LKW-Ladung zu bieten. Mindestens. Und weil es hierzulande derart gut lief, schiebt die Kapelle jetzt mit „Opposites – Live From Glasgow“ eine CD als Dankeschön nach.

 

So ganz erschließt sich natürlich nicht, warum in Deutschland, der Schweiz und Österreich ausgerechnet ein Konzert aus Glasgow veröffentlicht wird – exklusiv. Da hätte man ja auch direkt einen Mitschnitt eines Konzertes von hier nehmen können. Und warum die Schotten Livesongs aus der Heimat den Landsleuten vorenthalten ist auch nicht ganz klar. Natürlich werden sich die Fans so oder so „Opposites – Live From Glasgow“ besorgen. Ältere Semester kennen das ja noch, als man im Plattenladen seines Vertrauens nach einem teuren Import suchte.

 

Die vierzehn Songs stehen ganz im Zeichen von „Opposites“ und unterstreichen nachhaltig, dass Biffy Clyro zur Zeit eine der besten Livebands aus Europa ist. Vielleicht sind die drei Herren momentan im Rockbereich sogar der unangefochtene Spitzenreiter. Unzählige Liveauftritte trugen dazu bei, dass die Abstimmung perfekt und gerade bei den vielen kleinen und vertrackten Zwischenteilen eine Ohrenweide ist. Perfektion ist aber auch oftmals ein Indikator für Routine gepaart mit Stillstand. Davon sind Biffy Clyro meilenweit entfernt. Eher gewinnt eine Kölner Fußballmannschaft 2016 die Champions League. „Live From Glasgow“ sprudelt über vor Spielfreude und Spaß. Man möchte zu den Songs durch die Bude hüpfen und im Überschwang der Gefühle diese in alle Einzelteile zerlegen. Dieses Gefühl hat man heutzutage bei einem simplen Audio-Mitschnitt eher selten – eigentlich ist das Medium ja auch längst überholt.

 

Die Mischung ist zudem sehr stimmig. Bei „Opposite“ dürfte sich so manches Pärchen in den Arm genommen und verliebt in die Augen geguckt haben. Bei „Living Is A Problem Because Everything Dies“ kommen alle auf ihre Kosten, die auf Postcore mit progressivem Ansatz abfahren und die epische Showeröffnung „Different People“ ist der beste Opener, den eine Band seit einem Jahrzehnt geschrieben hat – mindestens. Damit sollten Biffy Clyro auch in Zukunft die Konzerte beginnen. Gänsehaut. „Mountains“ ist ja auch seit längerer Zeit als Abschluss gesetzt.

 

Diese Livaufnahme bringt auch das Konzertgefühl in die Wohnzimmer. Das Publikum ist nämlich deutlich hörbar und hier wird man Zeuge, wie aus diesem kleinen Funke jener magische Moment entsteht, wenn aus Band und Publikum eine Einheit wird. Man höre sich dazu nur „Biblical“ an, da wird jede Zeile mitgesungen und zelebriert. Bei „Many Of Horror“ übernehmen die Fans für einen kurzen Augenblick gleich ganz den Gesang. Biffy Clyro schaffen eine wunderbare Atmosphäre zwischen laut und leise und wenn sie rocken, dann legen sie alles in Schutt und Asche. „Stingin´Belle“ ist da ganz groß. Da wird alles wunderschön Schicht um Schicht aufgetürmt nur um im nächsten Augenblick alles einzureißen.

 

Fazit: Über Sinn und Unsinn lässt sich bei dieser Veröffentlichung eigentlich mal wieder trefflich streiten. Braucht man überhaupt noch Live-CDs? Sind diese nicht längst überholt? Hört man sich diese vierzehn Songs an, dann wird auch der letzte Zweifler ruhig gestellt. Es ist ein mitreißender Mitschnitt einer der besten Rockbands ihrer Generation. Bitte nachlegen und von der aktuellen Tour auch eine DVD und Blu-ray veröffentlichen! Biffy Clyro sind in den großen Hallen angekommen und dies ist absolut gerechtfertigt! Die Spielfreude und den Spaß hat sich diese sympathische Band bewahrt! Danke für das Biffy Clyro Jahr 2013! Mon the Biff!

 

http://www.biffyclyro.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

Biffy Clyro: Opposites

Biffy Clyro: Opposites

Warner

VÖ: 25.02.2013

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Man sagt ja gerne, dass heutzutage einer Band nicht mehr die nötige Zeit eingeräumt wird sich zu entwickeln und langsam und stetig zu wachsen. Stellt sich der Erfolg nicht wie von Zauberhand über Nacht ein, dann ist man ganz schnell weg vom Fenster. Biffy Clyro treten nun den Gegenbeweis an! Die Jungs aus dem schottischen Hochland können mittlerweile auf eine 18-jährige Bandgeschichte zurückblicken und irgendwie waren sie immer auf dem Sprung. Auf dem Sprung in die Riege der ganz Großen. Mit dem fünften Album - „Only Revolutions“ - konnten sie schon mal an den ganz großen Fleischtöpfen schnuppern und zumindest in der Londoner Wembley Arena ein ganz großes musikalisches Feuerwerk zünden. Dies dürfte aber alles nichts im Verhältnis zu dem sein was jetzt mit „Opposites“ passieren wird! Dieses Werk sollte die Schotten nun endgültig durch die Decke katapultieren und in die Sphären von Muse schießen. In einer guten und gerechten Welt wäre dies zumindest der Fall.

 

Produziert wurde dieses wahnwitzige Werk abermals von GGGarth Richardson in Los Angeles. Und genau so hört sich „Opposites“ auch an. Dies ist sicher kein Werk, welches sich in irgendeiner Form nach einem europäischen Album anhört. Amerikanisch durch und durch sind diese Songs. Alles ist größer! Die Backingchöre sind größer, die Orchesterarrangements verbeißen sich in den Songs und das böse Keyboard wurde auch noch deutlich hörbar untergebracht. Die Produktion versucht gar nicht erst auf Bescheidenheit zu machen. Alles an „Opposites“ ist ganz dicke Hose! Ja und? Diese Songs halten dies alles spielend aus und zwar aus einem ganz einfach Grund: sind sind gut, verdammt gut sogar. Natürlich werden jetzt ein paar Fans vom rasenden Zug abspringen. Und selbstverständlich werden jetzt auch wieder einige übereifrige Zeitgenossen meckern, dass sich die Band an die Industrie verkauft? Tut sie das? Nein!

 

Wenn man Biffy Clyro etwas vorwerfen kann, dann ist es allerhöchstens die Angst vor der eigenen Courage. Warum wurde das als Doppel-Album angelegte Projekt jetzt doch noch zerstückelt? Neben den 20 Tracks, die sich auf zwei CDs verteilen, gibt es nun doch noch die abgespeckte Version die dann gleich sechs Songs weniger enthält. Da hätte man sich von der Bandseite – auch gegen die Widerstände vom Label – nicht vom Weg abbringen lassen sollen. Spätestens nach „Opposites“ dürfte die Truppe sowieso Narrenfreiheit haben!

 

Dieses Album ist bombastisch aufgeblasen. Schön zu hören, dass die ganze Geschichte nicht wie eine Seifenblase zerplatzt. „Biblical“ drängt in die Stadien dieser Welt – keine Frage. Der Refrain ist größer als alles, was der Backkatalog so hergibt. Die Streicher jubilieren gegen die Gitarrenwände an und dazu werden die Fäuste gen Abendhimmel gereckt! Unter den ganzen Schichten ist dazu noch eine Melodie versteckt, die sich wie eine wärmende Decke um einen legt. Spätestens mit den OhOhOh-Chören kriegen sie auch noch den letzten Miesepeter. Eingängigkeit ist der Oberbegriff dieser mitreißenden Platte. Dies ist schon bei „Different People“ der Fall. Mit einem derartigen Aufbau läuteten schon U2 „The Joshua Tree“ mit „Where The Streets Have No Name“ ein. Bekanntlich wurden die Iren damit zur größten Band des Planeten. Es versteht sich von alleine, dass Biffy Clyro aber auch hier noch den Bogen zum ungezügelten Rock kriegen. Überraschenderweise ist dies bei „Black Chandelier“ nur bedingt der Fall. Diese Hymne wildert gar ganz ungeniert beim Pop – und dies verdammt gut! Frickelig wird es bei „Sounds Like Balloons“. Die Red Hot Chili Peppers suchen seit Jahren nach so einem Song – vergeblich!

 

Selbst die Ballade „Opposite“ ist ganz groß angelegt. Großer Pathos, großer Bombast, großer Kitsch und große Kunst. Und dann immer wieder diese unwiderstehlichen Hooklines! „The Joke´s On Us“ ist voll davon. Wer Biffy Clyro für die verspielten Zwischentöne schätzt, kommt auf diesem Album auch nicht zu kurz. Progressiv ist ja nicht immer gleichbedeutend mit epischen Ausuferungen. Es kann auch mal knackig kurz – wie mit „Spanish Radio“ - alles gesagt werden was es zu sagen gibt. Und warum nicht auch mal eine Mariachi-Band auf einem Rockalbum spielen lassen? Eben, dachten sich auch Biffy Clyro! Die Schotten machen zumindest nicht den Fehler alles gleich auszurichten. Mit „Victory Over The Sun“ lassen sie auch einen düsteren Song von der Kette, variieren aber auch das Tempo und die Stimmung. „Stingin´ Belle“ wabert gar vor sich hin, hat aber mit dem Dudelsack-Solo einen echten Höhepunkt zu bieten und genau das macht den Reiz der Nummer aus. Nichts ist vorhersehbar. „Trumpet Or Tap“ ist ein Ohrwurm vor dem Herrn bevor es mit „Modern Magic Formula“ voll auf die Zwölf geht. Man könnte fast die Frage stellen, ob es irgendeine Spielwiese gibt auf der Biffy Clyro keine gute Figur abgeben würden?! So ein bisschen Country oder zumindest Americana vielleicht? Gibt es doch! „The Thaw“ hat davon unter dem ganzen hymnischen Bombast schon ein bisschen zu bieten.

 

Fazit: Hymnen, eingängige Ohrwürmer und doch ist nichts vorhersehbar - das ist "Opposites"! Biffy Clyro wagen viel mit dieser Platte und gewinnen alles. Die Songs sind trotz aller bombastischen Größe verspielt genug und selbst für Experimente ist noch Platz genug. Das ist alles groß angelegt und gedacht! „Opposites“ macht auf ganz dicke Hose – kann es aber auch! Da müsste schon der Teufel seine Hände im Spiel haben, wenn dieses Album nicht durch die Decke geht!

 

http://www.biffyclyro.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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