Alphaville: Eternally Yours

Alphaville: Eternally Yours

Neue Meister / Edel Classics

VÖ: 23.09.2022

 

Wertung: 7,5/12

 

Alphaville waren in den 80ern auf dem Weg zu weltweiten Superstars. Die Singles „Big In Japan“ und „Forever Young“ liefen rauf und runter. Live-Konzerte gab es während dieser Zeit übrigens nicht. Die Synthie-Sounds blieben im Studio und geschlagene zehn Jahre konnte man Alphaville nicht auf Konzerten sehen. Dies ist vielleicht auch ein Grund dafür, dass die Band auf eine nicht ganz so große und gefestigte Anhängerschaft bauen konnte. Mittlerweile ist Alphaville sowieso – mehr oder weniger – Marian Gold. Seit 1993 tingelt er unter dem Namen Alphaville als letztes Gründungsmitglied auch immer mal wieder live durch die Gegend. Die damaligen Bandmitgliedern Bernhard Lloyd, Frank Mertens und Ricky Echolette lehnen das allerdings ab. Seit der Fernsehshow „Sing Meinen Song – Das Tauschkonzert“ ist Gold auch wieder einem jüngeren Publikum ein Begriff.

 

Jetzt gibt es von Alphaville alten Wein in neuen Schläuchen. Das Album dazu hört auf den Namen „Eternally Your“. Sänger Marian Gold hat 23 Songs von Alphaville zusammen mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg als Orchesterversionen neu arrangiert und aufgenommen. So lässt sich das Alte noch mal an die Frau und den Mann bringen. Die Melodien der Hits sind ja weitestgehend bekannt. Durch das Filmorchester bekommt die Geschichte trotzdem einen neuen Anstrich und man kann durchaus die Songs noch mal ganz neu entdecken.

 

Neu entdecken kann man auch die Stimme von Marian Gold, die teilweise über seiner alten Singstimme liegt. Die Stimme ist sowieso höchst erstaunlich, gar bemerkenswert. Der Mann hat mit Geburtsjahr 1954 ja schon ein paar Jährchen auf dem Tacho, klingt aber noch immer frisch und jugendlich. Egal ob da mittels Studiotechnik noch etwas nachgeholfen wurde – oder nicht – gesanglich ist das alles höchst bemerkenswert.

 

Lässt man zudem auch mal die alten Hits außer Acht, dann funktioniert das hier alles wunderbar. Mitunter dürften sich hier Fans der Klassik eher abgeholt fühlen. „Dance With Me“ ist in dieser Hinsicht ganz stark. Die Orchestrierung und der musicalhafte Gesang finden wunderbar zusammen, umgarnen sich und kommen immer wieder zu einem Miteinander, welches seinesgleichen sucht. „Summer Rain“ klingt dann sogar komplett nach Musical. Die Stimme von Gold ist dafür aber auch ausgelegt.

 

Das feinfühlige „Moon Girl“, aber auch das kraftvolle „A Victory Of Love“ kommen in diesem Gewand sehr stark rüber. „Sounds Like A Melody“ gewinnt durch Geigen und Obe an Dramatik dazu. Hiervon gibt es - wie eben auch von den anderen großen Nummern „Big In Japan“ und „Forever Young“ - verschiedene Versionen. Nun gut, kann und muss man vielleicht auch ausschlachten.

 

Fazit: „Eternally Yours“ von Alphaville ist eher etwas für Klassik-Fans und nicht unbedingt etwas für Fans des ursprünglichen Sounds der Band. Die großen Hits wurden etwas zu sehr ausgeschlachtet, aber dafür überrascht der Rest umso mehr. Das passt erstaunlich gut und hier fügt sich ein Rädchen in das andere. Die Stimme von Marian Gold ist erstaunlich frisch, funktioniert aber zu dem oftmals musicalhaften Ansatz sehr gut. Nette Geschichte, nicht mehr, aber auch nicht weniger!

 

https://www.alphaville.info/

 

Text: Torsten Schlimbach

Alphaville: The Breathtaking Blue (2021 Remaster)

Alphaville: The Breathtaking Blue (2021 Remaster)

Warner/Rhino

VÖ: 07.05.2021

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Mit „The Breathtaking Blue“ veröffentlichten Alphaville 1989 ein besonderes Werk, welches allerdings von der breiten Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen wurde. Es war auch ein sehr spezielles Werk und sehr ambitioniert, vielleicht sogar ein bisschen arrogant und größenwahnsinnig und mitunter seiner Zeit voraus - sofern man die Kurzfilme miteinbezieht. Jetzt wird dieses Album in seiner gesamten Pracht erneut veröffentlicht und kann von einem ganz neuen Publikum entdeckt werden.

 

Das Album wird nun in einer 1LP/DVD-Version, sowie in einer 2CD/DVD-Version veröffentlicht. Selbstverständlich wurde das alles soundtechnisch optimiert und remastert. Der heimliche Höhepunkt dürfte die DVD sein. Hierbei handelt es sich um das in den 80ern sehr ambitionierte Projekt alle Songs mit einem Film zu flankieren. Dies gelang, wobei „Middle Of The Riddle“ mitunter schon sehr verstörend ist. Insgesamt darf man die Filme, die von Regisseuren rund um den Globus entstanden, Kunst nennen. FSK 12 wurde übrigens nicht umsonst auf den Pappschuber geklebt. Dazu gesellen sich übrigens noch die Graphics-Videos. Die Qualität ist wirklich sehr gut, da dies neu digitalisiert wurde. Bisher wurden die Filme übrigens nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz veröffentlicht.

 

Bernhard Lloyd sagt über „Songlines“: „Der verrückte Versuch, das ganze Album verfilmen zu lassen, ist tatsächlich auf wundersame Weise geglückt. Für jeden Song einen eigenen Kurzfilm, von verschiedenen Regisseuren, über die ganz Welt verstreut - vor 35 Jahren ein Projekt, das seiner Zeit voraus war. Der Schatz der originalen 35mm Filme wurde nun gehoben, die Bänder sorgsam restauriert und digitalisiert. Endlich kann man diese Filme in voller Schönheit genießen. Ein Unterschied wie Tag und Nacht.“ Alleine dafür lohnt sich die Neuanschaffung von „The Breathtaking Blue“!

 

Auf einer zweiten CD gibt die, für die damalige Zeit, übliche Flut von Remixen. „Romeos“ ist gleich fünfmal vertreten. Ein paar Demos gesellen sich ebenfalls dazu. Dies wurde auch alles neu abgemischt und remastert. Ob man das jetzt braucht, sei ja mal dahingestellt. Nett ist es allemal.

 

Musikalisch ist das Album auf jeden Fall an der einen oder anderen Stelle eine faustdicke Überraschung. „Heaven Or Hell“ geht ja mitunter als Jazz durch – und das nicht mal schlecht. „For A Million“ rangiert irgendwo zwischen 80ies-Ästhetik und Easy Listening. „Summer Rain“ zum Auftakt war also keine Ausnahme mit dem Jazz-Unterbau. „Romeos“ klingt hingegen, als hätten Tears For Fears mal im Studio vorbeigeschaut. „She Fades Away“ ist gesanglich gar sensationell. „The Mysteries Of Love“ lässt noch am ehesten sein Entstehungsjahrzehnt in voller Pracht erklingen. „Ariana“ geht dann ein paar Dekaden zurück. „Anyway“ klingt wie ein „Best Of“ des gesamten Albums. Die drei Singles Versionen von „Romes“, „Summer Rain“ und „Mysteries Of Love“ runden das Album ab.

 

Fazit: Alphaville veröffentlichten mit „The Breathtaking Blue“ Ende er 80er ihr bestes Album. Das hat nur noch wenig mit den Anfängen zu tun und war musikalisch sehr ausgefeilt und größenwahnsinnig. Jetzt wird dieses Werk noch mal herausgegeben. Die ambitionierten Kurzfilme sind dabei ebenso enthalten, wie auch die Remixe und Demos. Schön, dass man sich an dieses Projekt erinnert und noch mal aufpoliert hat.

 

https://www.alphaville.info/

 

Text: Torsten Schlimbach

Alphaville: Afternoons In Utopia (2021 Remaster)

Alphaville: Afternoons In Utopia (2021 Remaster)

Warner/Rhino

VÖ: 07.05.2021

 

Wertung: 8/12

 

In den 80er war das Trio von Alphaville musikalisch prägend. Das Debüt „Forever Young“ schlug wie eine Bombe ein und die Herren waren über Nacht die Stars der Stunde. Besonders der Titelsong wurde rauf- und runtergespielt. Die Platte verkaufte ich millionenfach und weckte für den Nachfolger natürlich Begehrlichkeiten. „Afternoons In Utopie“ erschien zwei Jahre später, war aufgrund der hektischen Zeiten für Alphaville aber nicht vollends ausgearbeitet und das Mastering ging ziemlich in die Hose. Marian Gold und Bernhard Lloyd hatten mit Ricky Echolette zudem einen neuen Mitstreiter zu integrieren, der Frank Mertens ersetzte. Letztlich konnte „Afternoons In Utopia“ nicht mal ansatzweise an die Erfolge des Vorgängers anknüpfen und auch die Singles mischten nicht mehr ganz vorne in den Charts mit.

 

Jetzt wird das Album erneut veröffentlicht und unter der Führung von Marian Gold und Bernhard Lloyd auch endlich klanglich optimiert der Hörerschaft präsentiert. Vielleicht war die Zeit 1986 nicht reif für dieses künstlerisch anspruchsvolle Werk. „Afternoons In Utopia“ ist ein durchdachtes Album – ein Gesamtkunstwerk. Die neuerliche Veröffentlichung wird im schicken Digipack herausgegeben. Ein umfangreiches Booklet und eine zweite CD mit Mixen runden das Package ab.

 

Nach der Einleitung „IAO“ folgt mit „Fantastic Dream“ ein vielseitig instrumentierter Song. Der Bass ist übrigens ganz toll und jetzt auch mal zu hören. Der Gesang hat sowieso einen hohen Widererkennungswert. „Jerusalem“ hätte eigentlich auch ein großer Hit werden können. Die Nummer hat Ohrwurmqualitäten und diese eingebaute Gänsehautgarantie. Der futuristische Sound perlt glasklar aus den Boxen. „Dance With Me“ wurde vorab als Single ausgekoppelt. Eine schlechte Wahl war das sicherlich nicht, denn der schnelle Popsong war eigentlich wie gemalt für die Charts der 80er.

 

Der Titelsong – „Afternoons In Utopia“ – fährt das Tempo runter und klingt schon sehr esoterisch angekitscht. Mit „Sensations“ gibt es eine weitere Up-Tempo-Nummer, die schmissig die Atmosphäre der 80er einfängt. Dann gibt es mit „20th Century“ eine Überleitung zur zweiten Albumhälfte. Dies ist durchaus sehr passend, denn der zweite Teil von „Afternoons In Utopia“ ist sphärischer. „The Voyager“ ist da schon ein erster Vorgeschmack, aber spätestens mit „Carol Masters“ wurden die Popstrukturen der damaligen Zeit aufgebrochen. Zwischen Musical, Queen und Klassik ist das mitunter sehr komplex instrumentiert und ausgearbeitet. Im Booklet sind übrigens die beteiligten Musiker des Albums aufgelistet – und das sind eine ganze Menge, was wiederum für die Komplexität spricht. Auch diese Albumhälfte hat mit „Universal Daddy“ eine Single zu bieten. Das Stück ist auch zugänglicher und hat diese typische Alphaville-Atmosphäre zu bieten. Mit „Lassie Comes Home“ wird es episch. Der Song zieht sich über sieben Minuten. Der Gesang steht dabei auch nicht mehr prominent im Mix. Den typischen Refrain gibt es nicht, sondern nur die Erzählung, die fortlaufend voranschreitet. „Red Rose“ kehrt wieder zum konventionellen Pop der 80er zurück. „Lady Bright“ lässt das Album im wahrsten Sinne des Wortes ausklingen.

 

Auf der zweiten CD gibt es Remixe, die mal mehr, mal mehr weniger verzichtbar sind. Oftmals ist das Intro oder Outro länger und dann selbstverständlich sind die Stücke in der Ausarbeitung oftmals natürlich ein Spiegelbild jener Zeit. Das Demo zu „Carol Masters“ ist schon interessant, aber auch verstörend. Auch von „Lassie Come Home“ gibt es eine Demoversion. So kriegt man als Zuhörer natürlich auch einen kleinen Einblick in den Entstehungsprozess. „Dance With Me“ ist auch noch als Unplugged-Liveversion von 1999 enthalten.

 

Fazit: Vielleicht ist die Zeit jetzt reif für „Afternoons In Utopia“ von Alphaville. Das zweite Album ging seinerzeit ja etwas unter. Die eine oder andere Nummer hat durchaus Hitqualitäten und der Rest ist vielfältig instrumentiert und durchaus etwas anspruchsvoller. Der Geist der 80er ist natürlich immer präsent. Das Remastering der neuerlichen Veröffentlichung rückt die Songs soundtechnisch nun endlich in ein besseres Licht.

 

https://www.alphaville.info/

 

Text: Torsten Schlimbach

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