Bush: The Sea Of Memories
Edel
VÖ: 28.10.2011
Wertung: 7/12
Irgendwann kommen sie alle wieder zusammen. Die ganzen Kapellen der 90er, die alle im Schnellzug durch den Alternativ-Bereich unterwegs waren und die dann in der Versenkung verschwanden sind plötzlich wieder da. Manchen wird durch die Medien wieder reichlich Aufmerksamkeit zuteil, andere kommen fast unbemerkt wieder ans Tageslicht. Im Falle von Bush ist es eher eine leise Reunion. Fast unbemerkt hat die Band nach zehn Jahren ein Album aufgenommen. Es ist zwar nicht die komplette Gründungsbesetzung mit dabei, aber böse Zungen sprechen eh davon, dass Bush sowieso immer nur Gavin Rossdale war und ist. So ganz stimmt das ja nicht, wie das fürchterlich Soloalbum von Herrn Rossdale gezeigt hat.
Nun denn, in der Zwischenzeit ist viel Wasser den Rhein runtergeflossen. Was hat sich denn bei Bush getan? Nichts! Das kann man nun positiv oder eben negativ werten! Beide Standpunkte treffen damit voll und ganz ins Schwarze. Oder anders ausgedrückt: Fans, sofern es noch welche gibt, werden mit „The Sea Of Memories“ absolut zufrieden sein, alle anderen werden für die Platte nicht mehr als ein Schulterzucken und müdes Lächeln übrig haben. War das überhaupt jemals anders? Immerhin hat die Band mehr als 16 Millionen Tonträger an die Frau und den Mann gebracht und so manches Festival in seinen Grundfesten erschüttert. Bush mussten ja sowieso immer mit dem Vorwurf leben, dass sie eine billige Kopie von Nirvana seien.
„The Sea Of Memories“ wird die Welt nicht erschüttern, geht man aber unvoreingenommen an die Platte ran, dann muss man Rossdale und seinen Mannen einfach attestierten, dass sie ein nettes Pop- und Rockalbum aufgenommen haben. Dabei muss man die Bandvergangenheit nicht aus dem Gedächtnis löschen, es wäre ja auch irgendwie seltsam, wenn die Jungs jetzt eine komplette Kurskorrektur vorgenommen hätten. Das braucht im Jahre 2011 vermutlich niemand mehr, aber trotzdem kann man die Scheibe gut durch hören und Spaß macht sie zudem auch noch. So manche Erinnerung wird hierdurch wieder hervorgerufen.
Mit „The Mirror Of Signs“ wurde ein recht düsterer Einstieg in die neue Platte gewählt. Immerhin dürften dies die ersten Klänge sein, die viele erstmals nach zehn Jahren wieder von Bush auf die Ohren bekommen. Der Sound wurde dezent an die heutige Zeit angepasst und noch immer leidet keiner so schön wie der gute Gavin. „The Sound Of Winter“ geht als typischer Bush-Song durch, die Gitarren jubilieren, der Refrain bleibt hängen und irgendwie durchzieht die Nummer diese Melancholie, die Rossdale mit jeder Faser seines Körpers ausstrahlt sobald er eine Gitarre umhängen hat. „All My Life“ ist ein schönes Brett mit pumpendem Bass und Stakkato-Gesang. „The Afterlife“ steht dem in fast nichts nach. Aber keine Sorge, für das Herz hat die Band natürlich auch was im Gepäck. Mit der Klavierballade „All Night Doctors“ wird die Kitschkeule aber nicht zu sehr geschwungen, denn für die Bodenhaftung sorgt schon die Gitarre, die ordentlich Funken versprüht.
Danach klingt das ein bisschen nach Schema F, aber jeder Song ist für sich gesehen gar nicht schlecht. „Baby Come Home“ verbreitet beispielsweise ein Depeche Mode Vibe – ohne dabei auf elektronische Stilmittel zu setzen und „Red Light“ entpuppt sich als straighter Popsong. Einzig „She´s A Stallion“ nervt etwas. Hat der Nachwuchs aus dem Hause Stefani/Rossdale den Text verfasst? Der Papa sollte dafür eigentlich zu alt sein. Danach ist „The Sea Of Memories“ auch gegessen, denn der Rest langweilt am Stück dann doch sehr. Immerhin wird mit der düsteren Halbballade „Be Still My Love“ ganz zum Schluss noch mal ein Ausrufezeichen gesetzt.
Fazit: Bush melden sich mit „The Sea Of Memories“ zurück. Wer es kurz haben will: alles ist wie immer! Die Band spielt hier so auf, als hingen wir in einer 90er-Zeitschleife fest. Das macht bisweilen eine Menge Laune und wer Bush schon immer etwas abgewinnen konnte, wird viel Freude an der Platte haben. Insgesamt ist die Scheibe etwas zu lang ausgefallen, denn ein paar Durststrecken gibt es durchaus. Unter dem Strich ist das aber ein solides Album und wer dem Alternativrock der 90er etwas abgewinnen kann, wird sich wieder wie 15 fühlen!
Text: Torsten Schlimbach