Mötley Crüe: The End (Blu-ray)

Mötley Crüe: The End (Blu-ray)

Eagle Vision/Edel

VÖ: 04.11.2016

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Ob die Band Mötley Crüe nun tatsächlich Geschichte ist, wird erst noch die Zeit zeigen. Die Glam-Radaukapelle war ja im Grunde schon mehrfach für beendet erklärt. Vince Neil gehörte in den 90ern für ein paar Jahre nicht zum Line-up und auch Tommy Lee legte in den 00er Jahren hinter der Schießbude eine Pause ein. An die großen Erfolge der 80er konnten die vier Herren, auch nach der Rückkehr von Neil und Lee, sowieso nie mehr anknüpfen. Am 31. Dezember 2015, nach drei Konzerten im Staples Center in Los Angeles, wurde das Kapitel Mötley Crüe dann endgültig für beendet erklärt. Dies war das letzte Konzert der zweijährigen Abschiedstournee. Mittlerweile wurde davon gesprochen, dass man sich in Zukunft – in welcher Konstellation auch immer – durchaus auch gemeinsame Projekte vorstellen könne. Als Grund für das Ende der Crüe nannten Lee und Neil Mick Mars´ Gesundheit, der selbst davon allerdings nichts wissen wollte. Nun denn, mit „The End“ liegt das letzte Konzert als Blu-ray vor und Fans dürfen sich erneut noch mal in ein Meer voller Tränen stürzen.

 

Wie es heutzutage so üblich ist, erscheint diese Veröffentlichungen in allen möglichen Konfigurationen. Das Deluxe Boxset mit DVD und(!) Blu-ray, CD sowie einem 60seitigen Booklet, verpackt als großformatiges Earbook, dürfte als Sorglospaket die Fanherzen höher schlagen lassen. Wer es nicht ganz so üppig mag, wird mit der Blu-ray allerdings auch bestens bedient werden.

 

Mötley Crüe und all jene, die an dieser Produktion mitgearbeitet haben, ziehen hier alle Register. Hut ab, das Bild geht dann nämlich als Referenzwerk über die Ziellinie. Naturgemäß passiert bei einer Mötley Crüe-Show eine ganz Menge. Die Bühne wird in alle möglichen Farben getaucht, aber eben auch ganz oft voll ausgeleuchtet. Die ganzen Pyroeffekt kommen dann noch dazu. Trotzdem ist die Bildqualität zu jeder Zeit formidabel. Ein Graining ist nicht auszumachen, die Farben wirken sehr natürlich und auch der Schwarzwert überzeugt auf ganzer Linie. Weniger überzeugend ist der oftmals sehr hektische Schnitt. Da wurde bei der Nachbearbeitung noch mal versucht noch mehr Dynamik hineinzubringen. Wann hat man eigentlich auf einer modernen Musikproduktion letztmalig derart viele Zeitlupen oder eingefrorene Bilder gesehen? Mötley Crüe lassen es in dieser Hinsicht ja richtig krachen und da werden die fliegenden Haare – auch der beiden Backgroundsängerinnen – gerne noch mal ganz langsam gezeigt. Das wirkt wie ein Relikt aus einer anderen Zeit, hat aber durchaus Charme. Es ist sicher unnötig zu erwähnen, dass es hier sehr viele, verschiedene Kameraperspektiven gibt. Erfreulicherweise hat man auch die Zuschauer sehr häufig eingefangen. Das wirkt dann mitunter wie ein Schaulaufen der kompletten Klischees, die man von Los Angeles und Mötley Crüe-Fans erwartet. Der Sound ist zwar amtlich, mir persönlich etwas zu frontlastig – aber das ist letztlich Geschmackssache.

 

Auf der kompletten Blu-ray hat man im Grunde Mick Mars nicht ein einziges Mal gesehen. Natürlich ist er oft im Bild und auch bei den Interviewfragen in der Bonussektion – die übrigens jedes Bandmitglied alleine ohne die anderen beantwortet – ist er dabei. Trotzdem, die Augen von Herrn Mars bleiben unter der Hutkrempe oder Sonnenbrille versteckt. Auch das Gesicht sieht man im Grunde nie. Die Falten um den Mund herum und die dürre, ausgemergelte Gestalt lassen erahnen, dass man es da mit einem älteren Herrn zu tun hat, der in seinem Leben eine ganze Menge mitgemacht hat. Es wurde sehr darauf geachtet, dass man Mick Mars gut in Szene setzt und seine Erkrankung und sein Rückenleiden nicht zu sehen sind, aber wenn man zu Beginn sieht wie er sich zur Bühne schleppt oder nach dem Konzert den gebeugten Abgang verfolgt, dann dürfte seine Gesundheit schon eine Rolle für das Ende von Mötley Crüe gespielt haben. Man kann dem Mann nur alles erdenklich Gute wünschen, denn dass er auf den sechs Saiten was kann, hat er auch an diesem 31.12.2015 bewiesen.

 

Die Songauswahl war das zu erwartende Hitfeuerwerk. „Girls, Girls, Girls“ ist der sichere Einstieg und die Halle steht so gleich zu Beginn Kopf. Eine Bestuhlung im Innenraum ist zwar immer noch gewöhnungsbedürftig, aber glücklicherweise wird das von den Zuschauern vor Ort sowieso nicht genutzt. „Primal Scream“, das Doppel „In The Beginning/Shout At The Devil“ über „Live Wire“ bis zu „Kickstart My Heart“ und dem emotionalen Abgang „Home Sweet Home“ ist das erstklassige Unterhaltung. Dazu gehört natürlich auch die Achterbahnfahrt von Tommy Lee mit seinem Drumset und der flammenwerfende Bass von Nikki Sixx. Auch dies wird im Bonusmaterial noch mal erläutert. Lee arbeitet hier deutlich heraus, was das für eine körperliche Anstrengung für ihn ist und mit was für Schwierigkeiten er zu kämpfen hat, wenn seine gesamte Schießbude auf dem Kopf steht. In den Interviews arbeiten die vier Herren im Grunde noch mal ein bisschen die Bandgeschichte auf und was die Abschiedstournee für sie nun für eine Bedeutung hat. Alles top!

 

Fazit: „The End“ von Mötley Crüe ist ein würdiges, letztes Live-Dokument dieser Band. Da wird von den Herren noch mal alles abgerufen und wenn man sich das so anguckt, dann ist es tatsächlich schade, dass es das gewesen sein soll. Bei bestem Bild – sieht man vom hektischen Schnitt ab – und gutem Ton, ist das noch mal ein Hochgenuss. Wenn man sich den Gitarristen, der wohl Mick Mars sein soll, anguckt, dann kann man allerdings erahnen, warum die Band nun tatsächlich Geschichte sein soll. Alles in allem ist das bestes, amerikanisches Entertainment! Dieses Teil sollte in keiner Blu-ray Musiksammlung fehlen!

 

http://www.motley.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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