Suede: Autofiction

Suede: Autofiction

BMG

VÖ: 16.09.2022

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Im Vorfeld des neunten Studioalbums von Suede konnte man eine Menge zu der neuen Ausrichtung lesen. „Autofiction“ sollte in Richtung Punk gehen. Wer die vorherigen Alben, die nur so vor Experimenten strotzten, dabei auf dem Schirm hatte, wird dies sicher kaum glauben können. Suede und Punk? Passt das zusammen? Die Live-Shows strahlten in der Vergangenheit oftmals aber genau das Rohe und Ungestüme aus. Da die Live-Musikwelt bekanntlich sehr lange stillstehen musste, haben Suede dies einfach in das Studio übertragen. Zudem mussten sie alles wieder alleine machen, inklusive Equipment tragen und aufbauen.

 

Mit der ursprünglichen hingerotzten Punkmusik hat „Autofiction“ natürlich nichts am Hut. Dafür sind die Herren von Suede auch viel zu gute Musiker. Wenn es aber um die pure Energie geht, dann haut das schon hin. Suede ist ja keine junge Band mehr, aber die Songs klingen richtig frisch. Teilweise ist das roh und rumpelt. Die Produktion ist natürlich ganz groß und in dieser Hinsicht handelt es sich um ein Hochglanzprodukt. Suede umarmen mit den Songs mindestens ein ganzes Stadion. „She Still Leads Me On“ ist für das ganze Wembley Stadion geschrieben. Was für eine Hymne!

 

„Personality Disorder“ scheppert und knallt. Die Strophen werden fast spöttisch rausgerotzt. Der Refrain ist abermals groß. Den Bowie kriegt man aus Brett Anderson glücklicherweise auch nicht ausgetrieben. Die Nummer rockt jedenfalls. „15 Again“ ist düster angehaucht und bringt so ein bisschen The Cure der 80er unter. Wenn man mehr als 50 Jahrzehnte auf dem Buckel hat, ist es auch nicht mehr ganz so einfach und dann trauert man vielleicht auch mal der eigenen Jugend hinterher. Erstaunlich unpeinlich, erstaunlich lärmend!

 

Selbst die Melancholie von „The Only Way I Can Love“ wird durch sehr viele rockige Elemente mitreißend umgesetzt. Die Art des Gesangs und die ausufernde Instrumentierung zum Refrain hin sorgen bei voller Lautstärke für eine Gänsehaut. „That Boy On The Stage“ dreht komplett frei. Düster und bedrohlich schält sich die Nummer aus ihrer dunklen Ecke. Die gefühlvolle Ballade „Drive Myself Home“ trägt zwar dick auf, ist aber absolut passend für Suede. Und es kann ja nicht immer lärmen.

 

Der ungemein lässige Bass läutet dann „Black Ice“ ein. Dann lärmt die Gitarre wieder los, das Schlagzeug scheppert und der Gesang kommt mit dieser coolen Arroganz genau richtig. „Shadow Self“ ist atmosphärisch sehr dicht bei den 80ern zu finden. „It´s Always The Quiet Ones“ bleibt da hängen, bringt aber auch wieder eine Hymnenhaftigkeit mit, die dann zu begeistern versteht. „What Am I Without You“ lässt anhand des Titels ja schon erkennen, dass es hier erneut in die Balladen-Ecke geht. Nach sehr ruhigem Beginn holen Suede noch mal die ganze große Bombast-Keule hervor. „Turn Off Your Brain And Yell“ bringt das Album in einem Song zum Schluss noch mal auf den Punkt.

 

Fazit: Suede haben ein überraschend rockiges Album aufgenommen. „Autofiction“ ist natürlich eine Hochglanzproduktion und trotzdem scheppert es ordentlich. Roh und rau kommt das an. So mancher düstere Moment wird noch zur Hymne. Die persönlichen Texte verstärken die Atmosphäre zusätzlich. So ein Album hätte man Suede nicht mehr zugetraut. Eines der wichtigsten britischen Alben des Jahres 2022!

 

https://www.suede.co.uk/

 

Text: Torsten Schlimbach

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