Rage Against The Machine: Live At Finsbury Park (Blu-ray)
Eagle Vision/Edel
VÖ: 16.10.2015
Wertung: 9/12
Ist das tatsächlich fast schon wieder sechs Jahre her? Im Herbst 2009 starteten Jon Morter und seine Ehefrau Tracy die Kampagne, die „Killing In The Name“ von Rage Against The Machine zur Weihnachtszeit in den englischen Charts nach ganz oben spülen sollte. Das Ehepaar Morter war es einfach leid, dass jedes Jahr der Sieger der Casting-Show X-Factor zu Weihnachten auf Platz 1 der Single-Charts stand. Vier Jahre waren einfach genug. Bekanntlich klappte dieses Vorhaben und von „Killing In The Name“ wurden sogar 50.000 Kopien mehr als von der Castingsoße verkauft. Rage Against The Machine unterstützten die Kampagne und als Dank fand am 6. Juni 2010 ein Freikonzert im Finsbury Park statt. Dieses Ereignis liegt nur auf Blu-ray vor.
Die kompletten Einnahmen, die durch den Singleverkauf generiert wurden, gingen übrigens komplett an die englische Obdachlosenorganisation Shelter als Spende. Dies wird auch auf dieser Veröffentlichung thematisiert. Auch während des Konzerts werden Jon und Tracy auf die Bühne gebeten und Tom Morello erklärt den zahlreichen Fans noch mal, wie es zur Kampagne kam und was diese bewirkt hat – nämlich Shelter eine stattliche Summe zur Verfügung zu stellen. Im Bonusmaterial erfährt man dann, dass die beiden Initiatoren auch mal auf die Hilfe von Shelter angewiesen waren. So schließt sich also ein Kreis.
In der Bonussektion erzählt Jon dann auch noch mal wie es zu der Idee kam. Auslöser war wohl der Beitrag bei X-Factor von Jedward. Ansonsten gibt es noch ein paar kurze Impressionen des Geländes bevor die Fans selbiges stürmten und der Regisseur erzählt noch ein bisschen was über den Einsatz der Kameras. Unter dem Strich ist das aber alles ein bisschen wenig, denn mehr als zehn Minuten kommen da nicht zusammen. Da wäre wesentlich mehr drin gewesen und auch ein paar Backstageimpressionen oder etwas mehr von und über Rage Against The Machine wäre nett gewesen. Auch die Sichtweise der Fans und ein paar O-Töne wären mitunter von Interesse. Aber: Fehlanzeige.
Das Bild der Blu-ray ist schon ordentlich, reißt aber auch keine Bäume aus. Ausgerechnet die Aufnahmen aus der Luft sind wohl mit dem größten Detailreichtum ausgestattet. Die Farben wirken sehr natürlich und da die Bühne oftmals voll ausgeleuchtet ist, macht das insgesamt einen guten Eindruck. Das ist sicher Geschmackssache, aber der Schnitt und die Kameraführung sind teilweise etwas abenteuerlich. Da Zack de la Rocha und Tom Morello bekanntermaßen auf der Bühne sehr aktiv sind, hat man versucht das auch noch in kurzer Bildabfolge wiederzugeben. Tim Commerford und Brad Wilk werden aber keineswegs vergessen und ebenso oft gezeigt. Dazu gesellen sich dann noch die Totalen oder die Luftbilder - die knapp siebzig Minuten sind also ziemlich vollgepackt.
Der Auftritt von Rage Against The Machine ist derart energiegeladen, dass einem selbst vor dem Bildschirm die Spuke wegbleibt. Die Herren sind immer noch eine der besten Livebands des Planeten. Schade, dass die Band – mehr oder weniger – nicht mehr aktiv ist. Und die Zuschauer gehen mal richtig ab. Bei „Testify“ brennt schon der Baum und mit „Bombtrack“ wird das Gelände endgültig auf den Kopf gestellt. Den berühmten Handywald gibt es nicht. Sporadisch sieht man mal das eine oder andere Display, aber im Grunde ist das eine einzig große Party. „Know Your Enemy“ oder „Bulls On Parade“ lassen den Zuschauern aber ja auch keine Zeit zum Durchatmen. Mit „White Riot“ gibt es dann auch ein amtliches Clash-Cover und selbstverständlich beendet „Killing In The Name“ dieses Ereignis. Es gibt kein Halten mehr. Das Zusammenspiel der Band ist einfach ein Genuss. Die Rhythmussektion Commerford und Wilk gehört sicherlich zur Besten auf dem gesamten Rocksektor. Der Anfang von „Bulls On Parade“ kann auch in die Hose gehen, aber alle Vier steigen auf die Sekunde genau ein. Weltklasse.
Fazit: „Live At Finsbury Park“ ist ein beeindruckendes Live-Dokument von Rage Against The Machine des Freikonzerts aufgrund der Kampagne zu „Killing In The Name“, welche die Single Weihnachten auf Platz 1 der englischen Charts im Jahre 2009 hob. Die Power der Band überträgt sich auf die Zuschauer. Das Zusammenspiel der Musiker ist traumwandlerisch sicher. Das Bild ist in Ordnung, der Sound amtlich, Kameraführung und Schnitt eher ein zweifelhaftes Vergnügen und das Bonusmaterial zu vernachlässigen. Das macht aber alles nichts, denn die Performance der Band ist absolut sehenswert!
Text: Torsten Schlimbach