The Clash: Combat Rock/The People´s Hall
Sony
VÖ: 20.05.2022
Wertung: 8/12
Als im Jahre 1982 „Combat Rock“ von The Clash veröffentlicht wurde, zeichnete sich schon ab, dass es das letzte Werk in der bekanntesten Bandbesetzung sein würde. Topper Headon bekam seine schwere Drogensucht einfach nicht in den Griff und somit setzen ihn die anderen vor die Tür. Angeblich verschlang seine Sucht damals 100 Pfund am Tag. Eine US-Tournee durchzustehen, die im Vorprogramm von The Who anstand, traute man ihm nicht mehr zu. 1983 nahm auch Mick Jones seinen Hut. Das fünfte Album der Band mauserte sich allerdings gleichzeitig zum meistverkauften der Clash-Geschichte.
Nun wird eine Special Edition des Albums veröffentlicht. 12 zusätzliche Songs ergänzen das Original. Die Band probte 1981 in „The People´s Hall“. Dies erklärt dann auch den Ursprung der Songs und den Zusatz, den „Combat Rock“ nun trägt. Von dort aus brach die Band übrigens nach Südostasien zu einer Tour auf. In Thailand entstand dann auch schließlich das von Pennie Smith fotografierte Covermotiv.
„Combat Rock“ ist ein schwieriges Album. The Clash gingen den Weg von „Sandinista!“ weiter und mischten lustig die Stile durcheinander. Das rausgebellte „Know Your Rights“ glänzt eher durch Spoken Word-Beiträge denn Gesang. Musikalisch ist das durchaus sehr vielfältig aufgestellt, geht aber noch als Rock durch. „Car Jamming“ ist sogar klassischer Clash-Sound. Der Erfolg des Albums ist schnell erklärt: „Should I Stay Or Should I Go“ und „Rock The Casbah“! Diese beiden Songs sind hier hintereinander enthalten und zwei der bekanntesten Songs von The Clash – zudem Hits und Ohrwürmer.
Der Rest des Albums ist anders und mäandert auch mal wild durch die Gegend. „Red Angel Dragnet“ ist sloganhaft, „Straight To Hell“ dengelt ein bisschen ziellos im Dancehall dahin. „Overpowered By Funk“ trägt die Richtung ja schon im Titel. Funk aus der Clash-Küche – gewöhnungsbedürftig. „Atom Tan“ kriegt wieder die Kurve in eine rockigere Richtung. „Sean Flynn“ befasst sich mit dem Verschwinden des gleichnamigen Fotojournalisten in den Vietnam-Kriegswirren. Musikalisch ist das allerdings unausgereift. Bei „Ghetto Defendant“ ist Allen Ginsberg für die gesprochenen Wörter verantwortlich. Eine Mundharmonika lockert das immerhin auf. „Inoculated City“ hat endlich wieder geordnete Songstrukturen zu bieten - „Death Is A Star“ zum Schluss leider nur bedingt.
Vor „Combat Rock“ gab es die Single „Radio Clash“ und der Zeitraum zwischen diesen Veröffentlichungen wird nun von „The People´s Hall“ abgedeckt. „This Is Radio Clash“ ist auch noch mal mit unterschiedlichem Text enthalten. „Know Your Rights“, ein Mitschnitt aus dem mobilen Aufnahmestudio der Rolling Stones und das lässige Bassmotiv bei „Futura 2000“ mit Sprechgesang sind weitere Höhepunkte. „Radio One“ im Dancehall-Gewand ist verzichtbar, aber die schmissige Instrumentalnummer „He Who Dares Or Is Tired“ wertet das wieder auf. Starker Rock and Roll-Track! „The Fulham Connection“ und „Midnight To Stevens“ sind nette Outtakes, die das Fanherz höher schlagen lassen.
Fazit: „Combat Rock“ hält einige der bekanntesten und größten Songs von The Clash bereit. Daneben gibt es auch so manche Obskurität. Musikalisch waren The Clash zu diesem Zeitpunkt für viele Stile offen. Dies zeigt sich auch auf der zweiten CD „The People´s Hall“. Man muss sich teilweise in die Songs reinfuchsen, aber dann eröffnet sich ein ganz neuer Musikkosmos. Für Fans sowieso Pflicht!
Text: Torsten Schlimbach
The Clash: London Calling
Sony
VÖ: 11.10.2019
Wertung: 11/12
Tipp!
„London Calling“ von The Clash ist für die Rockmusik ein unglaublich wichtiges Album. Das ikonische Cover und den Titeltrack kennen selbst Menschen, die mit The Clash recht wenig anfangen können. Ein Jahrhundertwerk, welches beispielsweise in der Liste der 500 größten Alben aller Zeiten vom Rolling Stone auf Platz 8 geführt wird. Im Oktober und November wird das dritte Album der Band nun noch mal gewürdigt und erscheint in verschiedenen Konfigurationen. Das ist nun auch nicht die erste Neuauflage des 40 Jahre alten Klassikers. Fans werden trotzdem alles kaufen (müssen).
Zur Besprechung liegt uns die Doppel-CD vor. Die 19 Songs wurden genau wie bei der Vinyl-Variante auf zwei CDs verteilt. Die Silberlinge liegen als Vinyl-Replika bei. Das Cover wurde separiert, denn der bekannte Schriftzug ist nun auf ein transparentes Slipcase gedruckt worden. So stellt sich ein ganz netter Effekt ein. Sonstigen Mehrwert zu den bisher bekannten Ausgaben gibt es allerdings nicht. Wer es üppiger mag, sollte bis November warten und auf das Scrapbook zurückgreifen.
Die Attitüde mag Punk sein, aber musikalisch ist „London Calling“ ganz weit davon entfernt. Bestenfalls gibt es krachigen Rock wie bei „Clampdown“, aber eben auch ganz viel andere Richtungen und Stile. „Brand New Cadillac“ ist Rockabilly wie Brian Setzer ihn mag, „Jimmy Jazz“ eine lässige Nummer, die zwischen Reggae und Jazz die Bläser jubilieren lässt. „Rudie Can´t Fail“ zeigt, dass The Clash auch den Dancehall beherrschten.
Das Album hat natürlich auch unglaubliches Hitpotenzial. „Spanish Bombs“ setzt sich direkt beim ersten Durchgang in den Gehörgängen fest und auch das poppige „Lost In The Supermarket“ ist sensationell melodisch. „The Guns Of Brixton“ sind zudem ein gutes Beispiel für die Musik aus UK zu jener Zeit. Das schunkelige „Wrong ´em Broyo“ eröffnet die zweite Seite mit ordentlich Bläserseinsatz. Das Stück ist zwar vielfältig, aber auch nicht der ganz große Wurf. Es ist eben auch nicht alles herausragend. Dafür gibt es solche Großartigkeiten wie „Death Of Glory“ und das überragende „Train In Vain“ auf „London Calling“. Songs, die zeigen, dass auch Jones und Strummer ein herausragendes Songwriter-Duo waren!
Fazit: Man muss nicht lange um den heißen Brei reden: „London Calling“ gehört in jede halbwegs vernünftige Musiksammlung! Das sind essenzielle Songs, die eine absolute Bereicherung für die Musikgeschichte darstellen. Es gibt ja schon diverse Neuauflagen, jetzt kommen noch ein paar dazu. Einsteiger dürfen durchaus zu der vorliegenden Variante greifen, denn das ist der Kern, worum es geht. Fans warten auf die üppig ausgestattete Version! So oder so: ein Meilenstein!
https://www.theclash.com/landing
Text: Torsten Schlimbach
The Clash: Hits Back
Sony
VÖ: 06.09.2013
Wertung: 9/12
Wie kaum eine andere Band zuvor und danach haben The Clash ein ganzes Genre definiert. Das gefiel noch lange nicht jedem und die Hüter des heiligen Grals betrachteten dies stets mit Argusaugen. Gerade die Konstellation mit einem Major im Rücken stieß vielen sehr sauer auf. Von Ausverkauf war da natürlich die Rede und legendär ist ja fast schon der Spruch, dass The Clash den Punk zu Grabe trugen, als sie bei einer großen Plattenfirma unterschrieben. Noch bevor es richtig losgehen sollte. Die Band war in dieser Hinsicht sicher streitbar, denn seinerzeit ging es um viel mehr als nur Musik. Für Nachgeborene mag das alles schwer nachvollziehbar sein, keine Frage. Was bleibt und diese Kapelle unsterblich machen wird, sind die Alben und die vielen, vielen Hits im Gepäck. Auf einen derartigen grandiosen Backkatalog kann keine andere Genreband blicken.
Mit The Clash lässt sich natürlich auch immer noch etwas verdienen, auch da kann man wieder den Punkgedanken hinterfragen, aber aus diesen Stiefeln ist die Band ja sowieso längst entwachsen. Wer sich das „Sound System“ zulegen möchte, muss jedenfalls richtig tief in die Tasche greifen, denn das Teil kostet nahezu 160 Euro! Das ist mal eine Hausnummer, guckt man sich aber die liebevolle Umsetzung an, dann relativiert sich das schnell. Der Inhalt liest sich schon schmuck. Alle Alben wurden von The Clash und dem preisgekrönten Toningenieur Tim Young remastert. Dazu werden drei CDs inkl. raren Tracks, Demos, Non-Album-Singles und B-Seiten gereicht. Eine DVD mit unveröffentlichtem Material von Julian Temple, frühen Super-8-Aufnahmen von Don Letts, allen Promotion-Videos der Band und bisher unveröffentlichtem Livematerial dürfte die Fanherzen ein Stückchen schneller schlagen lassen. Und dann die netten Gimmicks wie die Mappe mit Nachdrucken der „Armagideon Times 1 & 2“ und der „Armagideon Times 3“ (neue Auflage des Fanzines, zusammengestellt und designed von Paul Simonon), Dog Tags, Badges, Sticker und ein „Future Is Unwritten“-Notizbuch designed von Harland Miller nicht zu vergessen.
Wer es eine paar Nummern kleiner mag, wird mit dem 5 Studio Album CD Set bestens bedient. Selbiges gibt es auch schon für knapp 26 Euro und das bietet natürlich ein sehr gutes Preisleistungsverhältnis. Und wer mit noch weniger auskommt, kann sich „Hits Back“ zulegen und bekommt so quasi die Hits der Band geboten. Bisher gab es ja mit „The Essential Clash“ oder „The Singles“ auch schon Zusammenstellungen, aber diese hier wurde klanglich aufpoliert und das hört man auch! Abgesehen davon dokumentiert die Titelliste die Setliste bei der legendären „Brixton Fairdeal“-Show von 1982 plus acht weitere bedeutende Songs. Zusätzlich enthält das Booklet des Albums die von Joe Strummer handgeschriebene Setliste abgedruckt, die er üblicherweise vor jedem Konzert auf die Rückseite seiner Telecaster klebte. Strummer war bei der Zusammenstellung der Setlist ja bekannterweise sehr akribisch. Das Booklet enthält aber auch noch einen sehr netten Text von Pat Gilbert.
„Hits Back“ stellt auf eindrucksvolle Art und Weise noch mal klar, dass die Band sich nie um Grenzen scherte und selbige durchbrach. Reggae, Rap, Jazz, Dance, Rockabilly, Ska, Pop, Dub, Soul, Rhythm & Blues, Funk, HipHop und Rock'n'Roll gibt es alles auf dieser Zusammenstellung zu hören und bestaunen. Das enge Korsett des Punk wurde von der Band schnell durchbrochen. Leider muss man auch sagen, dass die Themen, die die Band in den späten 70ern und zu Beginn der 80er angegangen hat, immer noch aktuell sind. Nimmt man die beiden Songs, die dieses Set eröffnen und beenden, dann kann man eigentlich kaum glauben, dass „London Calling“ und „Radio Clash“ von einer Band stammen. „The Guns Of Brixton“, „Rock The Casbah“, „I Fought The Law“, „Should I Stay Or Should I Go“ oder „White Riot“ - muss man noch mehr sagen? Wenn man es auf die Hits und wichtigen Songs abgesehen hat, dann wird man mit „Hits Back“ bestens bedient.
Fazit: Die vorliegende Doppel-CD bietet einen guten Querschnitt durch das Schaffen von The Clash – nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Die ganze musikalische Bandbreite kommt hier in komprimierter Form zum Vorschein. Wer sich jetzt erst in die Welt von The Clash einarbeitet, wird mit dieser Zusammenstellung bestens bedient. Man sollte sich an dieser Stelle allerdings auch ein paar Gedanken über das 5 CD Set machen. Fans greifen ja sowieso zum fetten „Sound System“.
Text: Torsten Schlimbach