Milow: Modern Heart
Universal
VÖ: 13.05.2016
Wertung: 7/12
Milow musste sich vor seinem fünften Album etwas einfallen lassen. Immer nur den traurigen Folkbarden mit Akustikgitarre zu geben, ist dann doch irgendwann ausgelutscht. Dabei geht es aber nicht nur darum das für seine Hörerschaft spannend zu halten, sondern auch für ihn als Songschreiber, Musiker und Sänger selbst. Milow hatte Frank Ocean, Drake und The Weeknd im Sinn und Ohr. Holla. Dazu hat er nun mit allerlei angesagten Leuten und Produzenten der künstlichen Musik gearbeitet. „Modern Heart“ ist das Ergebnis.
„Modern Heart“ ist in der Standard-Version mit neun Songs und einer Spielzeit von 35 Minuten relativ kurz ausgefallen. Wie es mittlerweile so üblich ist, wird allerdings auch noch eine Doppel-CD Variante veröffentlicht. Sorgen um Milow und seine Musik muss man sich keine machen. Auch, wenn der Ansatz diesmal etwas anders ausgefallen ist, so ist das immer noch unverkennbar sein Stil. Diesmal entstanden die Tracks und Ideen eben nicht direkt auf der Akustikgitarre, sondern es wurde zunächst an Beats und Instrumentals herum geschraubt. Wer das überhören kann, wird wieder mit dem typischen Milow-Wohlfühlsound bedient werden.
Spätestens mit „Howling At The Moon“ ist alles wie immer. Die Grundausrichtung scheint da schon auf der Akustischen zu basieren. Zum Refrain gibt es dann ein paar Beats, die aber nicht weiter stören. „The Fast Lane“ mit seiner melancholischen Note knüpft nahtlos daran an, allerdings wirken die elektronischen Spielereien hier und da durchaus wie ein Fremdkörper. Die Stimme wickelt einen wieder in Watte ein. Mit den bemüht modernen Sounds kriegt das aber auch eine unschönen Belanglospopnote. Das war schon bei dem Opener „Waiting Around For Love“ und dem zweiten Track „Lonely Ones“ spürbar, die einem aus allen Rohren anschrien, dass auch Milow weiß was im Popbereich so geht.
Es scheint aber fast so, dass er in der zweiten Albumhälfte etwas den Mut verloren hat und wieder eine Rolle rückwärts macht. „Love Like That Is Easy“ hätte auch auf den Vorgängern ein Plätzchen gefunden. „No No No“ hingegen bringt die beiden Welten noch mal auf harmlose Art und Weise zusammen – ab damit ins Formatradio. „Running Blind“ wird die Frauenherzen erobern. Diese Art melancholische Balladen kann er einfach – egal ob mit modernen Sounds oder nur auf der Akustikgitarre. „Really Rich“ ist ein weiterer Beleg dafür. Milow ist eben der europäische Balladenkönig. Mit „Way Up High“ wird es dann zum Schluss noch mal futuristisch.
Fazit: Milow hat sich für „Modern Heart“ etwas überlegt und wählte für sein fünftes Album einen modernen Sound aus. Sanfte Electronica und einige Beats sollten den Sound aufpeppen. Im Grunde ändert sich aber nicht so viel. Wer seine Musik bisher geschätzt hat, wird auch die neuen Songs schnell ins Herz schließen. Das ist alles immer noch recht nett und harmlos. Zwischen Wohlfühlpop und Balladen pendelt das hin und her und ist schnell wieder vergessen. Nett eben.
Text: Torsten Schlimbach
Milow: Silver Linings
Universal
VÖ: 28.03.2014
Wertung: 7,5/12
Jonathan Vandenbroeck hat sich eine dringend benötigte Auszeit genommen und ist für eine Weile nach Los Angeles gezogen. Nicht als fester Wohnsitz, klar, aber ein bisschen die Seele baumeln lassen musste einfach sein. Und wer sich jetzt fragt, wer denn dieser Vandenbroeck überhaupt ist, dem sei versichert, dass dieser ominöse Belgier ganz sicher in vielen Haushalten eingezogen ist und auch tagtäglich irgendwo im Radio läuft. Wer die letzten Jahre nicht gerade unter einer Glaskugel gelebt hat, wird Milow ganz sicher kennen. Manchen hängt dieser Wohlfühlsound auch schon zu den Ohren heraus. Dafür kann aber weniger Milow was, sondern dies ist vielmehr der Tatsache geschuldet, dass seine Musik einfach zu oft gespielt wird. Aktuell passiert dies wieder mit „We Must Be Crazy“, seiner neuen Single.
Aber zurück nach Los Angeles. Abgesehen von der Tatsache, dass ihn dort keiner kannte und er bei gelegentlichen Konzerten wieder um das Publikum kämpfen musste, hat er dort auch gleich noch ein neues Album auf den Weg gebracht und aufgenommen. Und zwar bei Fairfax Recordings, jenem geschichtsträchtigen Ort, welcher als Sound City Studios Los Angeles längst Musikgeschichte geschrieben hat. Milow hat sich seinen Stil natürlich beibehalten und doch hätte man vermutlich etwas anderes erwartet, wenn man an Aufnahmen aus der Stadt der Engel denkt. Das Material ist nämlich recht melancholisch. Die Streicher, die beispielsweise bei „Against The Tide“ zum Einsatz kommen, verstärken diesen Eindruck noch zusätzlich. „Wind Me Up“ ist gar regelrecht düster. Auch die Texte springen einen nicht mehr so an, wie diese es noch früher getan haben. Milow verklausuliert nun mehr und der Hörer kann sich seine eigenen Bilder zusammensetzen.
Die Single „We Must Be Crazy“ ist somit keineswegs repräsentativ für diese Platte. Das Stück fungiert mit seiner unterschwelligen Fröhlichkeit aber als Türöffner. Mit „Learning How To Disappear“ geht es im Americana-Gewand gleich zu Beginn recht konventionell los, auch hier kleistern die Streicher die eigentlich sehr gelungene Grundatmosphäre zu. Das Duett mit Courtney Marie Andrews bei „Echoes In The Dark“ ist einfach nur wunderschön. Das kann die Musik von Milow sowieso im Überfluss leisten. „Mistaken“ oder „Blues Skies“ - letzteres mit einem wundervollen Mundharmonikaspiel - sind da nur weitere Beispiele. Erwachsen ist er geworden, dieser Milow. Nachdenklich und bisweilen sogar traurig. „You´re Still Alive In My Head“ ist gar etwas zu schwermütig ausgefallen. Wer sich darauf einlassen kann und möchte, wird darin die berührendste Musik der Welt entdecken. Das Terrain, welches Milow hier musikalisch betritt, wirkt dabei mal wieder derart leicht, dass man sich daran sicher keinen Bruch heben wird! Dies gilt auch für die Country/Folknummer „The Golden Hour“ oder den Abschluss „My Mother´s House“, welches ebenfalls noch mal die amerikanische Spielwiese betritt.
Fazit: Milow legt mit „Silver Linings“ ein nachdenkliches und melancholisches Album vor. Die fröhlichen Songs sind diesmal die Ausreißer. Textlich lässt er einigen Platz für Interpretationen. Musikalisch ist das alles im Singer/Songwritergenre anzusiedeln, mit einigen Schlenkern in Richtung Country und Folk. Dies alles ist aber sowieso eng miteinander verknüpft. Milow bleibt aber der nette Popliedermacher von nebenan und wer bisher bei ihm eine Heimat gefunden hatte, wird sich auch mit diesem Werk wieder pudelwohl fühlen!
Text: Torsten Schlimbach
Milow: From North To South – Live
Universal
VÖ: 19.10.2012
Wertung: 8/12
Schon wieder eine Liveplatte von Milow? Gab es die nicht gerade erst noch? Milow spielt eben gerne Konzerte und hält diese auch entsprechend für die Nachwelt fest. Auch abseits der Kunstfigur Milow ist der Belgier Jonathan Vandenbroeck selber Fan und da in erster Linie von Livealben. Neil Young oder Bruce Springsteen hat er nach eigener Aussage so erst richtig schätzen gelernt. Da hat er sich natürlich auch zwei Kaliber ausgesucht, die gerade auf der Bühne eine unglaubliche Präsenz erreichen.
Milow hat zwischen Oktober und Dezember 2011 über 50 Konzerte mitschneiden lassen. Mehr passierte damit dann erstmal nicht. Milow brauchte Abstand. Abstand von den Konzerten und seinen Songs. Nach einiger Zeit wühlte er sich dann durch die Mitschnitte und war überwältigt, aber nicht von sich, sondern in erster Linie auch von der ganzen Energie die vom Publikum ausging. Milow mag nämlich Live-Aufnahmen, die so unbearbeitet wie möglich sind. Und davon kann man sich nun anhand von dreizehn Songs auf „From North To South – Live“ überzeugen lassen.
Eine Live-CD ist in der heutigen Zeit allerdings nur noch eine nette Zugabe zu einer DVD und von daher sollte man auch im Falle von Milow direkt zu diesem Doppelpaket greifen. Gerade auf der DVD dürfte auch die Energie, die vom Publikum ausgeht, voll und ganz zur Geltung kommen. Die Zusammenstellung der CD ist natürlich auch erstklassig und selbst, wer mit Milow so überhaupt nichts anfangen kann, muss seine unbestrittene Livepräsenz anerkennen.
Ein erster Höhpunkt ist „The Kingdom“. Über acht Minuten gibt es hier die volle Breitseite der Intensität. Die Atmosphäre wurde wunderbar eingefangen und die duettartige Nummer wird vom Publikum ebenfalls entsprechen gefeiert. Die Fans stellen zudem ein feines Gespür für Stimmungen unter Beweis. An den richtigen Stellen könnte man glatt eine Stecknadel fallen hören und dann entlädt sich wiederum die ganze Begeisterung. Dies sind die Momente, die Milow so schätzt und man bekommt auf dieser Live-CD auch eine ungefähre Ahnung warum dies so ist!
„She Might She Might“ gleicht einer großen Party und die Interaktion zwischen Band und Publikum ist hervorragend, fast schon familiär. Und ja, Milow kann auch die Rockschiene, wie er mit „Dreamers And Renegades“ zeigt. Natürlich fehlen seine größten und bekanntesten Hits auch nicht. „You And Me (In My Pocket)“ braucht der gute Milow eigentlich gar nicht singen, kann er auch direkt von seinen Fans erledigen lassen. Gleiches gilt auch für „Ayo Technology“ welches auf epische neun Minuten ausgedehnt wird und gar sehr viel Raum für Improvisationen bietet. Und zum Schluss gibt es mit „Where My Head Used To Be“ noch einen Studiotrack im entspannten und bekannten Milow-Gewand.
Fazit: Die Live-CD von Milow lässt für Fans kaum Wünsche offen und alle anderen dürfen ihre Meinung nun noch mal überdenken. Live ist der Mann durchaus eine Wucht. Darum sollte man auch gleich zur DVD greifen! Die Songs mögen eher von der leichten Sorte sein, live sind diese jedenfalls oftmals mitreißend.
Text: Torsten Schlimbach