Walter Trout: Broken
Provogue Records
VÖ: 01.03.2024
Wertung: 8,5/12
Walter Trout hatte ja schon immer den Blues. Der Mann hat aber immer versucht positive Songs zu schreiben. Dies ist eigentlich nicht gerade typisch für das Genre. Mit „Broken“ – der Titel lässt es mehr als nur erahnen – ist seine Sichtweise jetzt nicht mehr ganz so positiv ausgefallen. Die Songs drehen sich um die bitteren Brüche des Lebens, allerdings weigert sich der 72-jährige selbigen zu erliegen. Trout ist eben auch eines der berühmten Stehaufmännchen und macht einfach immer weiter. Das Leben hat es bekanntlich nicht immer so gut mit dem Mann gemeint. Auch das verarbeitet er nun in den zwölf neuen Songs.
Das Album wird vom Titelsong „Broken“ eröffnet. Es ist ein ungewöhnlicher Einstieg, denn es handelt sich hierbei um eine waschechte Rockballade und zudem um ein Duett. Mit Beth Hart hat er sich die passende Stimme für diesen schwermütigen Song ausgesucht. „Turn And Walk Away“ wird von einem genialen Mundharmonikaspiel flankiert. Es ist einer der besten Songs von Trout der letzten Jahre. Das ist staubtrockener Wüstenrock, der zwar auch mal die Gitarre in das Zentrum des Geschehens stellt und ordentlich jaulen lässt, aber das alles bestimmende musikalische Instrument ist und bleibt die Mundharmonika. Sehr lässig, sehr cool.
„Courage In The Dark“ steht knietief in den Blues-Sümpfen und zeigt, dass der Meister an der Gitarre immer noch einer der ganz Großen ist. Der Rest der Nummer ist allerdings auch Blues-Standard und schon Dutzendfach gehört. Mit „Bleed“ gibt es gleich die nächste Zusammenarbeit. Will Wilde ist bei diesem Wahnsinnsritt dabei. Der Song dürfte live ordentlich knallen. Was für ein Brett! „Talkin´ To Myself“ ist im Americana-Stil durchaus gelungen. Die melancholische Note verleiht dem Stück das gewisse Etwas. „No Magic (On The Street)“ ist wieder eine kongeniale musikalische Mischung aus Mundharmonika, Bass, Gitarre, Schlagzeug und Orgel. Trout kotzt die Wörter dazu fast wie Iggy Pop aus. Dee Snider ist beim Rockstampfer „I´ve Had Enough“ mit von der Partie oder sollte man Party sagen? Die alten Männer können es noch – und wie! Und kritisch und bissig sind sie! Es gibt eben zu viele Arschlöcher da draußen.
„Love Of My Life“ ist ein Instrumentalsong, der durch die Gitarre alles ausdrückt, was es auszudrücken gibt. Es bedarf hier keiner Wörter. Filigran und doch sehr gefühlvoll. Gary Moore konnte das auch auf eine ganze besondere Art und Weise. „Breathe“ strahlt dann aber doch eine gewisse Positivität aus. Die Nummer ist ein typischer Song für eine Truckerkneipe. „Heaven Or Hell“ zieht dann endlich wieder das Tempo an. Die Gitarre jault, Walter Trout ist wütend – passt. „I Wanna Stay“ ist dann aber wieder der Show-Stopper und eine Ballade die schon recht kitschig anmutet. „Falls Apart“ beendet das Album schließlich, allerdings ist das weder Fisch noch Fleisch und dengelt so ein bisschen ziellos dahin.
Fazit: Walter Trout hat mit „Broken“ ein gutes Album aufgenommen. Es ist oftmals kritisch und bissig. Ein paar kleine Hänger nimmt man da gerne in Kauf. Immer dann, wenn der Blues und der Rock sich die Hand geben, dann knallt es ordentlich auf die denkbar beste Art und Weise!
Text: Torsten Schlimbach
Walter Trout: Ride
Provogue Records
VÖ: 19.08.2022
Wertung: 8/12
Der alte Blues-Haudegen Walter Trout ist mit seiner Familie mittlerweile nach Dänemark gezogen. Auf seinen Musikstil hat sich das nicht ausgewirkt. Wenn man sich „Ride“, sein neustes Werk, anhört, dann ist er dem Genre treu geblieben. Dies ist übrigens sein mittlerweile 30. Album. Mit seinen 70 Lenzen klingt er immer noch sehr druck- und kraftvoll. Die Pandemie zwang natürlich auch Walter Trout zunächst dazu in seinen vier Wänden in Kalifornien zu bleiben. Seine Frau und Managerin handelte währenddessen einen neuen Plattenvertrag aus und somit wartete quasi neue Arbeit auf Trout.
Der Mann hat in seinem Leben so manchen Absturz hingelegt. Vieles führt er heute auf seine schwierige Kindheit in New Jersey zurück. Er hatte während der letzten Jahre genug Zeit darüber nachzudenken und so brachte er die Ereignisse, die teilweise sehr lange zurückliegen, zu Papier und schrieb die Musik dazu. „Ride“ nahm so langsam Gestalt an. „Hey Mama“ ist seiner Mutter gewidmet. Der Stiefvater von Trout war anscheinend kein netter Zeitgenosse und seine Mutter hätte den kleinen Walter vielleicht besser beschützen sollen (O-Ton seine Ehefrau), aber er tritt nicht nach, sondern liebt die Erinnerung an seine Mutter. Musikalisch ist die Nummer eher düster gehalten. Darauf folgt mit „Destiny“ ein Stück, welches voller Wärme und Herzlichkeit ist. Kein Wunder, hier singt der Mann von der ersten Begegnung mit seiner Frau.
Es gibt immer wieder solche positiven Wendungen auf „Ride“. Walter Trout mag oft durch die Hölle gegangen sein, aber es gab eben auch immer sehr viel Licht am Ende eines dunklen Tunnels. Mit dem kraftvollen, im Blues gebadeten Hardrock-Song „Ghosts“ startet die ganze Sause von „Ride“. Die Gitarre dominiert, aber auch Keyboards und Mundharmonika setzen hier die eine oder andere Duftmarke. Der Titelsong „Ride“ ist musikalisch eher positiv gestimmt und macht mit seinem schmissigen Unterbau sehr viel Freude. Gitarrensoli kann der Mann!
„Follow You Back Home“ ist eine tieftraurige Ballade. Mit „So Many Sad Goodbyes“ bleibt er dem Tränenfach treu. Trout singt von sehr gefühlvoll bis aufgekratzt die ganze Palette durch. „High Is Low“ entpuppt sich als Bluesstampfer, während „Waiting For The Dawn“ eine waschechte Bluesballade mit Trauerflor ist. „The Fertile Soil“ kommt schmissig als Americana-Nummer daher, während „I Worry Too Much“ sogar ganz versteckt ein bisschen Funk unterbringt. „Leave It All Behind“ klingt nach einer Mischung aus Saloon und Truckerkneipe. Mit 70 ist das durchaus nachzuvollziehen.
Fazit: „Ride“ von Walter Trout ist sein gutes Album im Spannungsfeld zwischen Hardrock und Blues. Er verarbeitet hier in gewisser Weise die Geschichte seines Lebens. Es war nicht immer einfach und er musste immer wieder seinen Dämonen ins Auge blicken. Das ist mal hart, auch musikalisch, dann wiederum traurig, aber es gibt diese Momente, die auch hier sprichwörtlich die Sonne hereinlassen.
Text: Torsten Schlimbach