Janis Joplin: Janis: Little Girl Blue (OST)
Sony/Legacy
VÖ: 04.03.2016
Wertung: 8/12
Der Soundtrack zu „Janis: Little Girl Blue“ ist im Grunde ein „Best Of“ Album – aber eines der besonderen Art. Die Filmemacherin Amy J. Berg schrieb das Drehbuch, führte Regie und war auch als Koproduzentin für den Film mitverantwortlich. Das Projekt war also in den besten Händen. Das dazugehörige Album enthält nun siebzehn Tracks, die sich aus Live- und Studioaufnahmen zusammensetzen. Für Fans mag das auf den ersten Blick nichts Neues bieten, aber das war im Vorfeld auch nicht zu erwarten. Die Karriere von Janis Joplin ist musikalisch ja auch hinlänglich bekannt, veröffentlicht und beleuchtet worden. Trotzdem hat man sich Mühe gegeben hier eben doch ein bisschen was zu bieten und nicht nur die üblichen Songs, die schon auf zig anderen Zusammenstellungen verbraten wurden, erneut zu veröffentlichen.
Die Aufmachung der CD ist jetzt nicht sensationell, aber durchaus als nett zu bezeichnen. Es gibt ein Vorwort von Amy J. Berg, die üblichen Informationen zu den einzelnen Songs, aber auch seltene Fotos von Janis Joplin und Replikate von Briefen, auf die in der Doku Bezug genommen wird. Wenn man die CD unter die Lupe nimmt, muss man sich in diesem Fall auch mit dem Film beschäftigen. Natürlich wird das Leben der vielleicht größten Rock- und Blues-Sängerin nacherzählt. Die schon erwähnten Briefe, die Joplin an ihre Eltern schrieb, werden von Cat Power gelesen und somit auch zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Insgesamt arbeitete Berg sieben(!) Jahre an diesem Film und das mit einer Akribie, die dann schon beeindruckend ist. Die Dokumentation hat jede Menge ungesehenes Material zu bieten und dazu gehören dann auch Bild- und Tonaufnahmen von Konzerten und aus dem Studio. Ebenso gibt es dann auch noch bewegte Bilder, die zeigen, wie die Dame mit der sensationellen Stimme am 10-jährigen Jubiläumstreffen ihrer Highschool teilnimmt. Auch für Hardcorefans gibt es hier also noch jede Menge zu entdecken.
Die Version von „Piece Of My Heart“ von Big Brother & The Holding Company wurde im April 1968 live im Generation Club aufgezeichnet und wird als Audio nun erstmals veröffentlicht. Somit hat „Janis: Little Girl Blue“ durchaus auch einen Mehrwert für die Fans zu bieten. Damit unterscheidet sich dieses Album auch von den vielen anderen seiner Art.
„Janis: Little Girl Blue“ startet mit „Careless Love“, einer ganz frühen Aufnahme. Die Qualität ist dementsprechend mäßig und eher von Bootlegcharakter gekennzeichnet. Dann widmet man sich zunächst der Zeit von Janis bei Big Brother & The Holding Company. Mit „Ball And Chain“ gibt es eine Live-Aufnahme vom Monterey Pop Festival zu hören, die bis heute nichts von ihrer Faszination eingebüßt hat. Die Phrasierung, die Intonation, überhaupt die komplette Art des Gesangs kann man nicht erlernen. Das wurde Janis Joplin in die Wiege gelegt. Das kommt aus dem tiefsten Inneren und ist genau aus diesem Grunde auch so authentisch. Die Soundqualität ist bei diesem langsamen Bluesstück sehr gut, was man von der schon erwähnten raren Version von „Piece Of My Heart“ nicht unbedingt behaupten könnte. Die Qualität der Live-Stücke ist schon sehr schwankend.
„Catch Me Daddy“ ist auch so eine Live-Urgewalt. Das rockt alles in Grund und Boden und wenn Joplin das Schreien anfängt, dann trollt sich sogar der Beelzebub. „Summertime“ schiebt sich als langsamer Blues nach vorne, das Gitarrensolo zwischendrin erinnert dabei sogar an den Progrock. Mit „Raise Your Hand“ ist auch eine Aufnahme aus Frankfurt dabei. Selbige stammt vom 12. April 1969 als Joplin mit der Kozmic Blues Band unterwegs war. Leider ist der Sound nicht gerade das gelbe vom Ei. Das beschwingte „Trust Me“ kommt ganz gefällig daher und wird durch den Gesang auf eine größere Ebene gehoben. „Cry Baby“ gehört ja sowieso zu den großen Geniestreichen und selbstverständlich darf „Me And Bobby McGee“ nicht fehlen. „Mercedes Benz“ glänzt allerdings durch Abwesenheit. Schade. Das bezaubernde „Little Girl Blue“ setzt dann ganz zum Schluss noch mal ein dickes Ausrufezeichen.
Fazit: „Janis Joplin: Janis: Little Girl Blue“ ist eine tolle Dokumentation, die auch viel rares Material von Janis Joplin zu Tage fördert. Den Soundtrack dazu gibt es nun ebenfalls. Das Material umspannt ihre gesamte Karriere und setzt sich aus Live- und Studioaufnahmen zusammen. Die Qualität ist entsprechend schwankend, gleichwohl die Songs - und besonders der Gesang - überragend sind. Insgesamt ist das für jede Sammlung eine schöne Ergänzung.
Text: Torsten Schlimbach
Janis Joplin: Pearl Sessions (2 CD)
Sony/Legacy
VÖ: 13.04.2012
Wertung: 11/12
Tipp!
Janis Joplin ist auch eine jener Musiker(innen), die viel zu früh den blauen Planeten verlassen hat und jetzt irgendwo auf einer Wolke sitzt und mit all den anderen vermutlich jeden Tag eine Großtat nach der anderen raus haut. Ihr legendäres und vermutlich auch bestes Album nahm sie kurz vor ihrem Tod auf. Leider konnte sie die Veröffentlichung von „Pearl“ nicht mehr miterleben. Es avancierte fortan zum meistverkauften Album ihrer Karriere. Das Rolling Stone Magazine hat die Platte auch gleich mal zu den 500 besten Alben aller Zeiten hinzugefügt.
Mit Fug und Recht kann man wohl behaupten, dass „Pearl“ eines jener Monumente und Vermächtnisse der Musikgeschichte ist, die man im Schrank stehen haben sollte. Das ja gerade der Frühling vor der Tür steht, hat man im Hause Sony/Legacy auch gleich mal ordentlich durchgewischt und Frühjahrsputz gemacht. Jetzt kommt dieses wunderbare Album mit sattem Bonusmaterial und tollem Klang erneut in den Handel.
Das Paket ist schon alleine optisch ein Leckerbissen. Das feine Digipack ist dem Album endlich angemessen. Abgesehen davon scheint man auch den Klang restauriert zu haben und zwar ohne den Charakter des eigentlichen Album zu verfälschen. Sehr druckvoll kommen die blues- und rockgetränkten Manifeste aus den Boxen. „Cry Baby“ „Me And Bobby McGee“ und „Merceds Benz“ sind mittlerweile nicht nur Klassiker von Janis Joplin, sondern insbesondere auch der Musikgeschichte. Sie singt hier, als wäre der Teufel hinter ihrer Seele her. Rauer, derber und authentischer geht es nicht!
Zum ersten Mal werden die Mono-Masters der Singles auf CD veröffentlicht. „Me And Bobby McGee“, „Half Moon“, „Cry Baby“, „Get It While You Can“, „Move Over“ und „A Woman Left Lonely“ heißen die Schätze und hauen einen glatt aus den Schuhen. Das sind ganz großartige Versionen, die völlig ungekünstelt und erdig auf den Punkt bringen, was Rock and Roll einst ausmachte und wo dieser seine Wurzeln hatte. Gerade das Piano- und Keyboardspiel bei „Me And Bobby McGee“ fängt dies sehr gut ein und wenn dann die Gitarre einsteigt und Janis Joplin wie ein Hirsch röhrt, dann ist das die hohe Musikkunst, die man heute in der ganzen Plastikwelt kaum noch findet. Selbst „Half Moon“ groovt lässiger wie alles was man heute im R&B vorgesetzt bekommt.
Die zweite CD ist da ein weiteres Schmankerl für den geneigten Fan und Hörer. Hier kann man „hautnah“ miterleben, wie dies Songs damals entwickelt wurden. Schließt man die Augen, dann steht man glatt im Studio mit Janis Joplin. Die Atmosphäre wird sehr gut wiedergegeben, auch durch die Wortfetzen die hin und her fliegen. Großartig! Diese teilweise unveröffentlichten Outtakes der Instrumentalversionen und A-Capella Fassungen vermitteln durch die unterschiedlichen Phasen der einzelnen Songs eine guten Eindruck der Entstehungsgeschichte. Das hört man sich zwar nicht jeden Tag an, aber mit der nötigen Ruhe ist das sehr aufschlussreich. Zwei Livesongs runden das Paket dann sehr schön ab!
Fazit: Man muss nicht lange um den heißen Brei reden: „Pearl“ von Janis Joplin gehört in jeden Haushalt! Punkt, fertig und Ende der Durchsage! Wer diese Lücke bisher nicht geschlossen hat, kann dies nun schleunigst mit der Wiederveröffentlichung nachholen. Die tolle Aufmachung und die Tonnen an Bonusmaterial lassen sowieso kaum noch Wünsche offen und geben einen umfassenden Einblick in die Entstehungsgeschichte. Herausragend!
Text: Torsten Schlimbach