Andreas Bourani: Hey
Universal
VÖ: 09.05.2014
Wertung: 7/12
Ist es wirklich fast schon drei Jahre her, dass Andreas Bourani sein Debütalbum veröffentlichte? Da kann man mal wieder sehen, wie die Zeit vergeht. Es kommt einem ja vor, als wäre dies erst gestern gewesen. Andreas Bourani war in diesen drei Jahren ja irgendwie omnipräsent. Die Single „Nur In Meinem Kopf“ läuft ja immer noch ständig im Radio, wird zur Zeit aber dezent von der ersten Auskopplung aus „Hey“ abgelöst. „Auf Uns“ steigt die Chartsleiter unaufhaltsam hinauf und es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, wann die Nummer ähnlich erfolgreich wie der Türöffner des Debüts sein wird. Was ist danach eigentlich passiert?
Wenn „Hey“ autobiografisch sein sollte – und daran besteht aus offensichtlichen Gründen kaum ein Zweifel – dann ist es Andreas Bourani in der Zwischenzeit nicht nur gut ergangen. Die erste Single „Auf Uns“, die in gewisser Weise das Leben feiert, war da ein großer Trugschluss. „Hey“ ist auch nicht unbedingt ein lebensfrohes Popalbum. Schmerz, bisweilen Trennungsschmerz wird hier groß geschrieben. Dies lässt sich anhand der Texte ausmachen, aber auch die Musik unterstreicht dies mit melancholischen Tönen – und davon gibt es auf diesem Album reichlich.
„Wieder Am Leben“ deutet es schon an, dass da irgendwas schiefgelaufen ist. Wie ein trotziges Kind besingt Bourani den Neuanfang. Die Pianoklänge – übrigens sehr stark auf diesem Werk vertreten – jubilieren mit den Gitarren um die Wette. Ein guter Popsong, den er da aus dem Ärmel schüttelt. Dies könnte sich zur Hymne für all jene entwickeln, die den Kopf gerade noch so über Wasser halten konnten, jetzt aber mit neuem Schwung durchstarten (wollen). Die schlagereske Ballade „Alles Beim Alten“ reißt das wacklige Gebilde aber wieder ein. Es ist eben nicht so einfach. Doch was ist nicht so einfach? Mit dem ruhigen „Hey“ stürzt sich Bourani mit Anlauf noch mehr in den Abgrund, besingt aber auch hier wieder den Aufbruch. Nur, es wirkt wie das Pfeifen im Walde.
„Ultraleicht“ ist die positive Zwischenmeldung. Es gibt Hoffnung für die Liebe. Musikalisch ist das in ein erwachsenes Popgewand gekleidet. Passt, sitzt und hat Platz. „Nimm Meine Hand“ überrollt einen dann aber wieder mit dieser schwermütigen Note. „Auf Anderen Wegen“ kommt dann endlich zum Punkt. Im dezenten Balladengewand wird das Ende einer großen Liebe besiegelt. Auch, wenn dies eher leise Klänge sind, ist dieser traurige Song das zentrale Stück dieser Platte. Wer sich selbst gerade in dieser Situation befindet, wird Rotz und Wasser heulen. „Delirium“ trocknet die Tränen danach sicher nicht. Erst das süßliche „Füreinander Gemacht“ lässt ganz dezent die Sonne wieder aufgehen. Dieser kitschige Pop rollt einem allerdings auch die Fußnägel auf. „Ein Ende Nach Dem Anderen“ legt anschließend endlich wieder etwas Schmiss auf die Orgel und die Saiten. Der Bass pumpt wie ein aufgeregtes Herz. Der Titel deutet es ja schon an, es gibt immer noch kein Happy End. Bourani ist jetzt aber nicht mehr der Trauerkloß, sondern angriffslustig. Das Jammertal ist durchschritten. Das sakrale „Was Tut Dir Gut“ wirft noch mal eine Frage in die Runde, die jeder für sich selbst beantworten muss. Ob Bourani für sich die Antwort gefunden hat? Vielleicht mit „Sein“!
Fazit: Andreas Bourani ist nach dem großen Erfolg seines Debüts etwas abgetaucht. Warum er da nicht schneller nachgelegt hat, könnte nun „Hey“ beantworten. Schon lange hat man kein Album mehr gehört, welches einen derart roten Faden verfolgt. Auf das Ende einer großen Liebe folgen ganz langsam die ersten Schritte in ein neues Leben. Da ist alles dabei: das große Selbstmitleid über die Trotzphase bis hin zu neuem Mut die Dinge wieder positiv anzupacken. Musikalisch ist das weitestgehend Pop, bei der Thematik ist von schwermütig bis angriffslustig alles vertreten, obwohl der Balladenanteil deutlich überwiegt. Vieles auf „Hey“ ist erwachsener als auf „Staub Und Fantasie“ und insofern hat sich das Warten gelohnt.
http://www.bourani.de/landingpages/hey/
Text: Torsten Schlimbach
Andreas Bourani: Staub & Fantasie
Universal
VÖ: 10.06.2011
Wertung: 6,5/12
Der Name Andreas Bourani ist noch nicht ganz so bekannt. Man kann aber Wetten darauf abschließen, dass ein Großteil der Republik unter Garantie in den letzten Wochen von dem Mann gehört hat. „Nur In Meinem Kopf“ läuft im Radio mittlerweile hoch und runter. Die Nummer brennt sich aber auch unverschämt schnell in den Gehörgängen ein. Ja, da hat mal wieder einer einen Ohrwurm geschrieben. Wo kommen eigentlich all die ambitionierten deutschsprachigen Songwriter her, die momentan den Markt im Sturm erobern?
Der Augsburger Andreas Bourani ist jedenfalls nicht gänzlich unbekannt. Im Vorprogramm von Clueso hat er schon auf sich aufmerksam machen können. Nun kommt mit „Staub & Fantasie“ sein Debütalbum in die Läden. Die Zielgruppe wird dieses Album lieben. Menschen, die immer eine gewisse Schwermut verspüren oder gar am Boden zerstört danieder liegen, sind hier richtig. Lebenshilfe gibt es gratis dazu. Ein Freund umschreibt diese Welle an Songwritern gerne so: Alles so Träumerle, die nur Marmelade und Nutella zum Frühstück kriegen! In dieses morgendlichen süßen Phase schnoddern die ihren Träumerle-Rotz hin!
Andreas Bourani hält sich gar nicht erst mit Belanglosigkeiten auf, sondern fährt die ganze Palette an tiefgründigen Texten auf. Da wird auch mal eine Fee („Sicher") ins Spiel gebracht. Wenn man so will, dann nimmt er das Beste von Ich & Ich und Xavier Naidoo, schmeißt das in einen Topf und köchelt sein eigenes Süppchen daraus. Ja, Andreas Bourani kann singen und die Songs sind handwerklich gut umgesetzt und nicht so beladen mit Plastikpop, wie es leider für das Genre auch öfters typisch ist. „Eisberg“ tut keinem weh und kann man gut durchlaufen lassen. Die Klangfarbe seiner Stimme ist äußerst angenehm und das nervige Elemente von so vielen Kollegen fehlt gänzlich. Soweit die positiven Eigenschaften.
Was man aber nicht überhören kann ist der Pathos. Das alleine ist ja nicht so schlimm, wenn es dann aber noch in die Wohlfühlecke geht und dies alles mit Romtanik überzuckert wird, dann fangen die Zähne vor lauter Karies schon ein bisschen an zu bröckeln. Mit blumigen Worten malt Bourani ein Paradies bei „Eden Für Dich“. Da gibt es nur zwei Meinungen: man liebt oder hasst es. Es soll allerdings auch nicht verschwiegen werden, dass dies sogar ganz nahe an Blumfeld dran ist.
Fazit: „Nur In Meinem Kopf“ war nur ein Vorbote. Andreas Bourani legt mit „Staub & Fantasie“ nun nach und wird damit eine ganze Menge Leute begeistern. Sein Schnittmengenpop wird vielen Menschen das Herz erwärmen. Handwerklich ist das gut umgesetzt und hebt sich sogar von vielen ähnlichen Produktionen ab. Die bedeutungsschwangere Lyrik zieht einem aber die Schuhe aus oder rettet einem den Tag – je nach Sichtweise. Wer sich gerne in Zuckerwatte einpacken lässt, ist bei Herrn Bourani richtig. Naidoo bekommt immer mehr Konkurrenz.
Text: Torsten Schlimbach