Little Steven And The Disciples Of Soul: Soulfire Live (3 CDs)
Universal
VÖ: 24.08.2018
Wertung: 9/12
Little Steven ist schon ein Unikum. Ein Vertreter einer aussterbenden Musikergeneration. Letztes Jahr veröffentlichte er endlich mal wieder ein Soloalbum. „Soulfire“ ist ein gutes und sehr solides Album. Mit seiner Band tourte er dann nach fast zwanzig Jahren auch mal wieder durch Amerika und Europa. Es waren nicht die großen Locations, die da bespielt wurden. Von seiner Hauptbeschäftigung bei Springsteen ist er da andere und größere Rahmenbedingungen gewohnt. Umso schöner dürfte es für Little Steven gewesen sein, wieder in die kleineren Hallen und Clubs zurückzukehren und den direkten Kontakt zu seinem Publikum zu suchen. Selbstverständlich wurde da auch einiges mitgeschnitten. Davon gibt es jetzt eine Auslese auf 3 CDs.
Die Aufmachung ist schon sehr nett. Geschmack lässt sich nicht verhandeln und somit ist es nur konsequent, dass auch die Aufmachung dieses Live-Packs in den Farben des Studioalbums leuchtet. Das Booklet kann aber ganz fett punkten. Da gibt es nicht nur einige Fotos zu bewundern, sondern auch sehr viele aufschlussreiche Kommentare zu den einzelnen Songs, die der Meister höchstpersönlich verfasst hat und dabei in seinen Erinnerungen gewühlt hat. Selbstverständlich gibt es auch ein Vorwort aus seiner Feder.
Der Klang des üppigen Sets ist ziemlich gut. Stevie Van Zandt hat die Kiste ja auch gleich selbst produziert und arrangiert. Sein Augenmerk lag dabei nicht darauf ein perfektes Album abzuliefern, sondern den rockigen Vibe zu erhalten. Man hört hier ganz deutlich, dass die Musiker Spaß hatten und ihr Handwerk durchaus beherrschen. Blindes Verständnis untereinander ist dabei ein wesentlicher Bestandteil der Darbietung. Das reicht von Rock mit „I´m Coming Back“, angedeutetem Soul wie bei „Soulfire“ oder Reggae wie mit „Solidarity“. Manchmal ufert und franst das auch sehr schön aus, wie mit „Down And Out In New York City“. Schön auch, dass hier ein sehr großes Spektrum seines Soloschaffens dargeboten wird. Mit „Salvation“ gibt es beispielsweise auch eine Nummer aus „Born Again Savage“ zu hören, jenem Album, welches Little Steven mit Jason Bonham und Adam Clayton von U2 eingespielt hat.
Es gibt auch ein paar Songs, die dann eher so etwas dahin plätschern, aber auch hier sind ein paar Gimmicks verpackt, die dann doch wieder das Besondere ausmachen. „Bitter Fruit“ hat einen wundervollen Drums/Percussion-Einsatz in der Mitte zu bieten, der dem Stück unglaublich viel Drive verleiht. Heimlicher Höhepunkt des Sets ist die dritte CD, die hier die sogenannten Bonus Tracks enthält. Da gibt es eine ziemlich lässige Version des AC/DC-Songs „You Shook Me All Night Long“ zu hören. Oder „Working Class Hero“ von Lennon. Die Bläser passen aber nicht dazu und verkitschen das zu sehr. Bei dem schmissigen „Can I Get A Witness“ ist Richie Sambora als Gast dabei und selbstverständlich geht es auch nicht ohne seinen Boss. Springsteen gibt sich bei „Tenth Avenue Freeze-Out“ und „In Don´t Want To Go Home“ die Ehre. Die beiden harmonieren natürlich perfekt miteinander und dies dürfte nicht nur für die Bühne gelten.
Fazit: Schön, dass Little Steven mit seinem aktuellen Studioalbum auf Tour war. Noch schöner, dass es davon jetzt auch einen sehr schönen Zusammenschnitt gibt. Die launigen Ansagen zwischendurch sind da nur eine Geschichte von vielen kleinen, die dieses Set so bereichern. Der Klang ist ziemlich gut, die Songauswahl und die Gäste formidabel. Little Steven ist und bleibt ein Musiker vom alten Schlag und das ist verdammt gut zu wissen! Insgesamt ist das ein sehr schönes und umfangreiches Live-Set! Daumen hoch!
Text: Torsten Schlimbach
Little Steven: Soulfire
Universal
VÖ: 19.05.2017
Wertung: 7,5/12
Stevie Van Zandt aka Little Steven hat als Sidekick von Bruce Springsteen einen der schönsten Jobs auf diesem Planeten. Der Mann ist seit einer Ewigkeit als Mitglied der E Street Band an der Seite vom Boss zu finden. Da wird er auch in Zukunft bleiben. Trotzdem ist manchmal die Zeit für andere Dinge gekommen. Man kennt den Mann als Schauspieler in den Serien The Sopranos und Lilyhammer. Moderator ist er auch noch und dann wäre da noch eine Solokarriere, die viel zu lange auf Eis lag. Viele Zufälle führten schließlich dazu, dass er eine Bigband zusammenstellte – The Disciples Of Soul – und innerhalb von sechs Wochen mit „Soulfire“ ein neues Album fertigstellte. Little Steven frönt hier der guten alten Musik. Er gibt aber auch frei weg von der Leber zu, dass er für die moderne Welt nur sehr wenig übrig hat. Dies schließt natürlich die Musik mit ein.
Die zwölf Songs, die er hier ausgesucht hat, haben teilweise schon eine weite Reise hinter sich. Little Steven hat die Tracks nun so arrangiert, dass diese zu ihm im Jahre 2017 passen. Im Grunde streift er so ziemlich jedes Genre der 70er. Gut, Progrock findet man auf „Soulfire“ freilich nicht, aber das war auch nicht zu erwarten. So startet die Scheibe mit dem klassischen Rock des Titeltracks. Geschrieben hat er die Nummer zusammen mit Anders Bruus von The Breakers. Bedient wurde sich da übrigens bei den Jackson 5 und „I Want You Back“. „I´m Going Back“ kennt man ja schon von der Southside Johnny And The Asbury Jukes´ Platte „Better Days“ von 1991. Bläser, Piano und selbst der Gesang lassen keine Zweifel daran aufkommen, dass der Mann sehr viel Zeit mit Springsteen verbringt. Wäre das ein neuer Song vom Boss, dann würde sich auch keiner großartig wundern.
Mit „The Blues Is My Business“ gibt es einen waschechten Blues-Song auf die Ohren. Dies wird ganz und gar klassisch im Chicago-Style gespielt – inklusive Backingchor. „I Saw The Light“ hat er ursprünglich für Richie Sambora geschrieben. Als Little Steven schließlich damit ankam, hatte der einstige Bon Jovi-Gitarrist schon genug eigene Songs im Gepäck und somit stellte Steven das Ding für sich selbst fertig. Solides Soul-Rockding, mehr aber auch nicht. „Some Things Just Don´t Change“ ist als klassischer Motown-Soul angelegt worden. Auch das Stück hat eine lange Reise hinter sich und stammt ursprünglich aus dem Jahre 1977. Das gilt auch für „Love On The Wrong Side Of The Town“ - ebenfalls vom 77er Album „This Time Is For Real“. Geschrieben hat er den Song einst mit Springsteen und das hört man natürlich auch.
„The City Weeps Tonight“ ist auch schon ein ganz alter Schinken und sollte ursprünglich auf seinem ersten Soloalbum erscheinen. Es kam anders und so lag das Ding all die Jahre in der Schublade, bis Little Steven den Doo-Wop Schmachtfetzen nun für dieses Album hier fertigstellte. Mit „Down And Out In New York City“ geht es dann durch die Tür und rüber zum nächsten Genre: Blaxploitation! Mit „Standing In The Line Of Fire“ zieht man dann weiter zu Ennio Morricone. Die Gitarre darf reichlich jaulen. „Saint Valentine´s Day“ ist allerdings ein Griff ins Klo und gähnend langweilig. „I Don´t Want To Go Home“ macht aber wieder Laune. Dies ist der allererste Song, den Little Steven schrieb. Ursprünglich sollte das Stück für Ben E. King sein. Gut, dass er jetzt die Chance noch mal genutzt hat um was eigenes daraus zu machen. Mit „Ride The Night Away“ gibt es zum Schluss noch mal gut abgehangenen Rock and Roll.
Fazit: Little Steven arbeitet sich mit „Soulfire“ an den 70ern, zum Teil aber auch den 60ern, ab. Die Songs, größtenteils aus seiner Feder, haben hier und da auch schon ein paar Jährchen auf dem Buckel. Wer Springsteen liebt, wird auch dieses Album mögen. Ein paar Hänger zwischendurch fallen da gar nicht weiter negativ ins Gewicht. Die Scheibe macht einfach Spaß! Nicht mehr, aber auch nicht weniger! Es muss ja nicht immer die große Fußnote im Musikgeschichtsbuch sein.
Text: Torsten Schlimbach