Matchbox Twenty: North

Matchbox Twenty: North

Warner

VÖ: 31.08.2012

 

Wertung: 7/12

 

Was war denn die letzten zehn Jahre so im Matchbox Twenty Camp los? Eine „Best Of“-Sammlung gab es noch und ansonsten herrschte zumindest aus dem Bandlager Funkstille. Rob Thomas konnte sich freilich nicht über mangelnde Aufträge beklagen. Zudem kümmerte er sich um seine kranke Frau und nahm noch eine Soloplatte auf. Irgendwie beschlich einen das Gefühl, dass es letztlich keine Fortsetzung von Matchbox Twenty geben würde. Bei 30 Millionen verkaufter Tonträger dürfte ja auch der ein oder andere Dollar abgefallen sein um den Lebensabend aller Bandmitglieder so angenehm wie möglich zu gestalten und sich die Sonne auf den Pelz scheinen zu lassen.

 

Jetzt wollte es die Band dann aber tatsächlich noch mal wissen. Im Vorfeld der vierten Platte konnte man aus Bandkreisen jedenfalls die eine oder andere Klischeefloskel vernehmen. Ordentlich auf die Kacke hauten sie. „Wir hatten im Vorfeld der Aufnahmen unfassbar viel Rohmaterial angesammelt. Anfänglich waren wir regelrecht überwältigt von dieser immensen Songflut. Doch irgendwann begann sich eine Art Pfad abzuzeichnen. Der Pfad nach Norden. Dies ist die engste Zusammenarbeit in 17 Jahren Bandgeschichte“. Man ahnt nichts Gutes, denn immer wenn eine Band im Vorfeld derart markige Worte mitteilen lässt, dann ist irgendwas faul.

 

Die Briten lieben es ja meist minimalistisch, die Amis hingegen blasen ihre Musik immer derart auf, dass diese kurz davor ist mit einem lauten Knall ins Jenseits befördert zu werden. „North“ teilt leider dieses Schicksal und ist hoffnungslos überproduziert. Schicht auf Schicht wurde hier aufgetürmt und sämtliche Ecken und Kanten – sofern diese denn überhaupt vorhanden waren – abgeschliffen. Man würde sich wünschen das schon zitierte Rohmaterial zu hören. Grund zur Sorge besteht aber noch nicht, denn so lieben sie es eben da drüben, über´m großen Teich.

 

Die Songs von „North“ haben leider Schatten, aber auch ein wenig Licht zu bieten. Fans werden die Platte vermutlich mögen, ob es aber auch Liebe wird? Songs vom Schlage wie „Long Day“, „Back 2 Good“ „Mad Season oder „3 am“ wird man hier nicht finden. Dies liegt nicht daran, dass sich die Band weiterentwickelt hat, sondern weil das Songwriting lange nicht so gut ist wie noch eine Dekade zuvor. Mit der Vollkatastrophe „Put Your Hands Ups“ scheitert die Band kläglich daran einen Clubsong zu produzieren. Billigbeats und ein selten dämlicher Rhythmus würden sich perfekt auf jedem Partysampler auf den Kaufhauswühltischen machen. Und wer jetzt denkt, es geht nicht schlimmer, der wird mit dem schlageresken „Our Song“ sein blaues Wunder erleben.

 

Mal ehrlich, für so ein Ding wie „How Long“ würde selbst Jon Bon Jovi Prügel beziehen – schlimmstes Popgedudel. Der Anfang von „Radio“ ist ja noch recht vielversprechend, wird aber in der Mitte derart schmierig, dass man Angst um seine Boxen haben muss. Wenn es doch angeblich so viel gutes Material gab, dann ist es schon erstaunlich, dass solche Totalausfälle auf „North“ gelandet sind.

 

Die Band hat es ja nicht verlernt. „Parade“ ist beispielsweise ein Song der alten Schule. Toller Aufbau und dann geht es in Richtung Mainstreamrock, den die Band in den guten Momenten wie keine Zweite beherrscht. Zudem ist die Nummer toll arrangiert und in dieser Form macht der Band dann auf dieser Spielweise so schnell keiner was vor. Die Single „She´s So Mean“ ist ebenfalls ein Höhepunkt des Albums. Ungemein poppig schleicht sich der Track schnell in die Gehörgänge und bleibt sofort hängen. Zudem hat das Dinge eine eingebaute Gute-Laune-Garantie! Mit „Overjoyed“ folgt dann die obligatorische Ballade. Auch das können sie wie kaum eine andere Band und so ein Stück ist natürlich wie gemacht für die Stimme von Rob Thomas. Da wird die Damenwelt wieder schmelzen wie Eis in der Sommersonne. Noch schöner ist das von akustischer Gitarre und sanften Pianoklängen getragene „I Will“. Den absoluten Höhepunkt in dieser Hinsicht gibt es aber ganz zum Schluss mit „Sleeping at the Wheel“. Hören, staunen, träumen. Der Aufbau von „English Town“ - mit diesem verträumten und melancholischen Anfang - ist ebenfalls einer der Höhepunkte, schade, dass dem Track dann etwas die Luft ausgeht. Licht und Schatten, Schatten und Licht eben!

 

Fazit: „North“ ist sicher kein Meisterwerk und etwas Ernüchterung macht sich breit. Nach zehn Jahren Albumpause von Matchbox Twenty hätte man sich dann doch etwas mehr erwartet. Die Mainstremrocker lassen die alte Klasse hin und wieder aufblitzen und die Balladen sind immens stark. Ab und an klappt es auch mit dem Rock, nur sollten sie in der Zukunft die Finger von Clubsounds lassen, dies ist sicher nicht die Stärke der Band.

 

http://www.matchboxtwenty.com

 

Text: Torsten Schlimbach

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