The Rolling Stones: From The Vault – Sticky Fingers Live At The Fonda Theatre 2015 (Blu-ray)

The Rolling Stones: From The Vault – Sticky Fingers Live At The Fonda Theatre 2015 (Blu-ray)

Universal/eagle Vision

VÖ: 29.09.2017

 

Wertung: 10,5/12

Tipp!

 

Aktuell touren die Rolling Stones mal wieder. Durch Stadien, na klar. Die Preise sind exorbitant hoch und die Buden trotzdem gerammelt voll. Die Zeiten, als im Gelsenkirchener Parkstadion noch große Teile abgehangen werden mussten, weil die Band nicht genug Leute zog, sind längst vorbei. Könnte ja auch immer das letzte Mal sein, dass man die alten Recken noch mal zusammen auf der Bühne sieht. Ja, die Rolling Stones sind nicht nur einer der letzten Dinos, sind auch auch eine der letzten Bands, die eine Menge Leute ziehen. Und dabei ist das eigentlich eine Kellerband. Im Grunde gehören die Herren auf eine kleine Bühne. Warum das nach den vielen Jahrzehnten, seit sie eben aus diesen Kellern emporstiegen um die Welt zu erobern, immer noch so ist, kann man auf der Blu-ray "Sticky Fingers Live At The Fonda Theatre 2015" überprüfen! Und dann wird man Bauklötze staunen.

 

Diese Veröffentlichung erscheint in der „From The Vault“-Reihe. Hierbei handelt es sich bekanntlich um rare Sachen aus den Archiven der Band, die nun zum ersten Mal offiziell zugänglich gemacht werden. Im vorliegenden Fall handelt es sich allerdings um eine recht junge Geschichte vom 20. Mai 2015. An diesem Tag spielte die Kapelle zum ersten und bisher einzigen Mal das komplette "Sticky Fingers"-Album live. Die Show fand anlässlich der Reissue von „Sticky Fingers“ im Fonda Theatre in Hollywood, Kalifornien statt. Wer dabei sein konnte, wird vermutlich ein Tränchen vor Glück und Freude verdrückt haben. Jetzt kann jeder das Ereignis auf DVD, Blu-ray, DVD+CD, DVD+3LP sowie als Digital Video und Digital Audio erwerben.

 

Wer jetzt ein Haar in der Suppe suchen möchte, kann nun bemängeln, dass der Inhalt nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmt, sprich die Tracklist nicht stimmig mit der Setlist ist. Kann man aber auch einfach lassen. „All Down The Line“, „When The Whip Comes Down“, „I Can’t Turn You Loose“ gibt es ja in der Bonussektion. Und hier wären wir dann auch beim zweiten Kritikpunkt, denn das Bonusmaterial ist doch extrem dünn. Über diesen besonderen Abend hätte man ganz sicher noch mit etwas mehr Material, Hintergründen, Backstagimpressionenn, Bildern von den Proben oder Eindrücke von den Fans – die Aufzählung ist natürlich nicht abschließend – aufwarten können. Hat man aber nicht gemacht. Schade!

 

Wenn Charlie Watts schon zu Beginn eines Konzerts grinst wie ein Honigkuchenpferd, dann weiß man, dass der Mann sich wohlfühlt und für seine Band alles zum Besten steht. So ist denn auch. Mick Jagger ist einfach unglaublich. Wie kann man in dem Alter nur derart fit sein? Keith Richards bringt zwar nicht mehr viel zustande, aber seine Präsenz ist natürlich immer wieder beeindruckend. Für den komplizierten Teil haben die Stones ja auch noch Ronnie Wood. Der Spaßmacher freut sich sowieso immer ein Loch in den Bauch. Alles wie immer also? Nicht ganz, denn in diesem kleinen Rahmen ist die Band auf das Minimum reduziert, nämlich die Musik. Das ganze Gedöns und der ganze Klimbim fallen da ja weg. Das Theater mag zwar nett sein, verströmt aber die Atmosphäre einer Schulaula. Dass es dann aber doch ein unvergesslicher Abend wird, liegt an der Band. Das Zusammenspiel ist famos, die Songs sind es sowieso und die Mi(e)tmusiker und Backgroundsänger sind ja eh derart lange dabei, dass alle auf der Bühne zu einer Einheit verschmelzen. Nur Bobby Keys fehlt. Besonders Keith Richards. Zwischen den Songs werden immer mal wieder O-Töne der vier Herren eingespielt und dort setzen Watts und Richards Keys ein Denkmal. Die beiden berichten mit großer Begeisterung noch mal, wie die Bläser seinerzeit an „Sticky Fingers“ beteiligt waren und ihren Beitrag beisteuerten. Richards erzählt, dass er während der Konzerte unweigerlich dorthin guckt, wo eigentlich Keys stehen müsste. Er lacht dabei dieses kehlige Lachen. Man merkt aber, dass ihm der Tod von Keys immer noch sehr nahe geht.

 

Die O-Töne bringen jetzt keine Sensationen über die Entstehung von „Sticky Fingers“ hervor, sind aber ganz unterhaltsam. So will sich Watts beispielsweise überhaupt nicht mehr an das Cover von „Sticky Fingers“ erinnern. Hallo?! Eines der ikonischsten Cover der Musikgeschichte und Watts weiß nicht mehr wie das aussieht?! Wer damals von Warhol in die Jeans gesteckt wurde, wird immer noch nicht abschließend geklärt. Wood erzählt, wie er sich beim Spielen ganz eng an den Part von Mick Taylor hält, Richards ist sowieso komplett begeistert, nur Jagger hat naturgemäß ein paar Haare in der Suppe gefunden. Ihm sind manche Songs zu ruhig und er zweifelt, ob das Album komplett während einer Show funktionieren kann. Natürlich funktioniert das. Und wie! Die älteren Zeitgenossen im Publikum sind hellauf begeistert. Es werden aber auch viele junge Fans von den Kameras gesichtet und eingefangen. Vielleicht wurden die auch dort platziert, man will ja auch doch noch mal zeigen, dass man immer noch hip ist. So oder so: jeder der dabei war, hat einen ganz speziellen Auftritt der Rolling Stones erlebt. „Can´t You Hear Me Knocking“ und „I Got The Blues“ sind die heimlichen Höhepunkt. Natürlich ist „Wild Horses“ immer wieder großartig und „Brown Sugar“ macht immer Spaß – wie auch Keith Richards treffend feststellt – aber die ruhigen und ausgefeilten Stücke sind musikalisch schon allererste Liga.

 

Der Ton ist ganz fein austariert und sehr sauber abgemischt. Vielleicht etwas frontlastig, aber das ist letztlich auch Geschmackssache. Die Kameraführung ist exzellent. Da ist man auch auf der Couch ganz dicht am Geschehen dran. Der Schnitt ist ebenfalls sehr, sehr angenehm ausgefallen. Besser kann man es eigentlich nicht machen! Der Schwarzwert ist Standard, Kompressionsfehler gibt es nicht und die Farben wirken kräftig, aber nie unnatürlich. Insgesamt können Bild und Ton vollends überzeugen.

 

Fazit: Die Rolling Stones mögen der Prototyp einer Stadionband sein, sind aber auf einer kleinen, nackten Bühne noch wesentlich besser. Dort zeigt sich dann auch das blinde Verständnis untereinander. Ohne die ganzen Taschenspielertricks ist das eine beeindruckende Show, die die alten Herren da abgeliefert haben. Dies wird dem großartigen „Sticky Fingers“ in jeglicher Hinsicht gerecht. Glücklich dürfen sich alle schätzen, die dabei waren. Bild und Ton sind hervorragend, das Bonusmaterial aber etwas dünn. Insgesamt ist das aber eine tolle Geschichte. Man darf sich auf weitere Veröffentlichungen aus der „From The Vault“-Reihe freuen!

 

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Text: Torsten Schlimbach

Rolling Stones: Olé Olé Olé - A Trip Across Latin America (Blu-ray)

Rolling Stones: Olé Olé Olé - A Trip Across Latin America (Blu-ray)

Universal/eagleRock

VÖ: 26.05.2017

 

Wertung: 11/12

Tipp!

 

Die Rolling Stones gastieren bald in unseren Breitengraden mal wieder für ein paar Konzerte. Der Ärger über die Ticketpreise ist noch nicht ganz verraucht, da kann man nun schon wieder dafür sorgen – sofern man denn möchte – die Bankkonten der alten Herren weiter zu füllen. Erst im August 2016 erschien die Blu-ray bzw. DVD „Havanna Moon“, jenem kostenlosen Open Air-Event, der ganz Kuba elektrisierte. „Olé Olé Olé“ enthält nun eine Dokumentation von Paul Dugdale über die Tour der Rolling Stones durch zehn lateinamerikanische Städte. Vorab gab es den Film im September 2016 in einigen ausgewählten Kinos in Europa zu sehen. Das ist sicherlich eine schöne Ergänzung zu „Havanna Moon“, man hätte die beiden Veröffentlichungen aber auch zusammenpacken können. Sehenswert sind beide, so unterschiedlich sie auch sind!

 

Wie man oben unschwer erkennen kann, kriegt „Olé Olé Olé“ eine ziemlich hohe Wertung. Dies liegt weniger an der Bild- und Tonqualität (beides sehr sauber), auch nicht an den Live-Songs (teilweise sensationelle Aufnahmen) und auch nur bedingt an der Band. In den Mittelpunkt hat man nämlich die Fans gestellt. Eine besondere Rolle kommt dann noch mal den argentinischen Anhängern zu – den Rolingas. Hier drunter vereinigen sich Fans und Bands, die von den Rolling Stones beeinflusst wurden. In Argentinien wird die Band noch per Polizei eskortiert und man behandelt sie wie Staatsgäste. Da bricht ein (nicht mehr ganz so junger) Fan in Tränen aus, nur weil Mick Jagger mit geöffnetem Fenster an ihm vorbei gefahren ist. Und wer jetzt die Augen verdreht: im Kontext dieser Dokumentation ist dieser Moment durchaus passend und so überhaupt nicht peinlich. Hier wird die Liebe der Menschen für diese Band gezeigt und das auf eine sehr würdevolle Art und Weise.

 

Egal ob es Mitglieder der sogenannten Rolingas sind, die Mick Jagger backstage treffen dürfen, ein Maler, der nur spanisch spricht und auf Ron Wood trifft und mit ihm nicht kommunizieren kann - aber malen - oder eine komplette (trommelnde) Familie die Band musikalisch unterhält, das wirkt nie für diesen Film inszeniert. Die Menschen aus Lateinamerika stehen hier ganz deutlich im Fokus. Und die einzelnen Länder, Städte und Stadien. Lima ist schon beeindruckend. Das Stadion verschlägt einem aber die Sprache. Es gibt hier zudem sehr viele sensationelle Luftaufnahmen zu sehen. Lateinamerika ist schon schön, die Städte teilweise sehr bunt und trotz der vielen Probleme dort, behalten sich die Menschen ihre unbändige Lebensfreude. Musik ist da oftmals ein verbindendes Element und die Rolling Stones sind ein Teil davon. Man muss sich nur die feiernde Zuschauermenge in Buenos Aires und Mexico City angucken – Gänsehaut. Die Kameraleute haben die Atmosphäre wiederum sehr schön eingefangen. Auch der Schnitt überzeugt da auf ganzer Linie.

 

Natürlich gibt es auch viele O-Töne der Band. Die klugen Sätze kommen natürlich von Charlie Watts. Ronnie Wood gibt hier mal nicht den Klassenclown und berichtet beispielsweise von seinem familiären Background. Das kehlige Lachen von Keith Richards ist sehr oft zu hören. Er lässt den Zuschauer in seine Hotelsuite – Chaos wohin das Auge auch blickt – und weiß zu berichten, wie unterschiedlich er und Mick eigentlich sind, aber dass da eben eine Verbindung bestehen würde, derer sich die beiden immer bewusst sind. Und Jagger? Jagger gibt den Kulturinteressierten und muss sich zwischendurch noch um das Kuba-Konzert kümmern, O-Ton „wann hat das letzte Mal ein US-Präsident Kuba besucht? Warum muss er das ausgerechnet dann machen, wenn wir da spielen wollen?“. Das Kuba-Konzert und die logistischen und planerischen Schwierigkeiten sind ebenfalls ein zentraler Punkt des Films.

 

Und dann gibt es noch die unglaublich intime Szene, in der Keith und Mick sich noch mal an ihre erste Brasilien-Reise erinnern und wie „Honky Tonk Woman“ entstanden ist. Natürlich geben die beiden den Song auch zum Besten – ein sehr schöner Moment. Und jetzt wissen wir endlich, wie Keith Richards den Regen wegzaubert. Klappt natürlich nicht. Das ist auch gut so, denn die (Zeitlupen)Aufnahmen, wie die Band da bei während des Konzerts mit den Zuschauern im Regen steht, sind absolut beeindruckend. Auch aufgrund der Detailschärfe der Blu-ray!

 

Musik gibt es während der Dokumentation zwar auch immer wieder, aber die Songs werden nur kurz gezeigt. Dafür hat die Bonussektion folgende Tracks zu bieten: 1) Out Of Control (Buenos Aires, Argentinien) - 2) Paint It Black (Buenos Aires, Argentinien) - 3) Honky Tonk Women (Sao Paulo, Brasilien) - 4) Sympathy For The Devil (Sao Paulo, Brasilien) - 5) You Got The Silver (Lima, Peru) - 6) Midnight Rambler (Lima, Peru) - 7) Miss You (Lima, Peru)

 

Dies alles natürlich bei bestem Ton und Bild. Die Farben wirken sehr natürlich, auch bei voller Bühnenbeleuchtung. Der Schwarzwert weiß ebenfalls zu überzeugen. Kompressionsfehler gibt es keine und beim Schnitt ist man nicht in Hektik verfallen. Das kann sich schon sehen lassen. Der Sound ist guter bis sehr guter Standard.

 

Fazit: „ Olé Olé Olé - A Trip Across Latin America“ ist ein beeindruckender Film der Lateinamerika Tour der Rolling Stones, weil er sich mit den Fans, den Ländern und den Städten auseinandersetzt. Das wirkt nicht unbedingt inszeniert und erzielt daher eine umso größere Wirkung. Die Bandmitglieder gewähren zudem auch sehr viele private Einblicke. Es versteht sich von alleine, dass hier kein Platz für kritische Töne ist. Darum geht es aber auch nicht. Es ist ein Film voller Liebe. Das Bonusmaterial hat dann auch noch sieben Songs der Tour zu bieten. Bild und Ton können unter dem Strich mehr als überzeugen! Tolles Ding!

 

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Text: Torsten Schlimbach

The Rolling Stones: Havanna Moon (Blu-ray)

The Rolling Stones: Havanna Moon (Blu-ray)

Eagle Vision/Edel

VÖ: 11.11.2016

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Die Rolling Stones haben mal wieder Musikgeschichte geschrieben. Das ist ja nicht neu, aber dass die alten Herren noch mal ein historisches Ausrufezeichen in den Musikbüchern hinterlassen werden, war so sicher nicht abzusehen. Am 25. März 2016 durften die Rolling Stones ein Open Air Konzert vor hunderttausenden Menschen in Havana spielen. Selbstverständlich wurde dies für die Nachwelt festgehalten – alles andere wäre ja auch fahrlässig gewesen. Aufgenommen wurde dieses außergewöhnliche Ereignis von Filmregisseur Paul Dugdale. Die ganze Sause wird nun in verschiedenen Konfigurationen veröffentlicht.

 

Knapp eine Million Menschen war in der Hauptstadt von Kuba zugegen. Die Stones waren schlau genug keine Tickets zu verkaufen und das als Gratis-Konzert anzubieten. In der gleichen Woche war auch der scheidende Präsident Obama als erster US-Präsident seit 88 Jahren in Kuba. Ob dieses zarte Pflänzchen der Beziehungen zwischen Kuba und USA weiter wächst? Dieser November 2016 lässt kaum darauf hoffen. Das Konzert der Stones war für das Land jedenfalls ein wichtiger kultureller Moment. Der Mond spielte auf beeindruckende Art und Weise auch mit und somit war der Name für diese Veröffentlichung schnell gefunden.

 

Wie es sich für diese Band gehört, wurden hier alle Register gezogen. Jede Menge Kameras hielten das Ereignis fest. Das ist auch der Grund, warum das zeitweise etwas unruhig und unrund wirkt. Auch die Qualität des Bilds ist so von unterschiedlicher Qualität. Mal ist es (gewollt) grobkörnig, dann wieder extrem scharf. Der Schwarzwert ist sehr gut, die Farben wirken auch weitestgehend natürlich, aber man hätte sich trotzdem ein bisschen mehr Helligkeit gewünscht. Perfekt ausgeleuchtet ist das jedenfalls nicht und hin und wieder etwas dunkel. Auch die Kameraeinstellung aus dem Publikum nerven zeitweise, da man dann sowieso nicht viel sieht. Hier soll wohl ein authentisches Gefühl erzeugt werden und der Zuschauer auf der Couch soll sich mitten im Geschehen fühlen. Funktioniert allerdings nur so mittel.

 

Klasse sind die vielen Aufnahmen der Zuschauer vor Ort. Diese ehrliche Freude von Jung und Alt ist einfach bezaubernd anzusehen. Für die Leute ist das unbekümmerte Freiheit. Überall nur glückliche Gesichter. Hin und wieder bewegen sich der Kameras auch nach draußen und auch dort feiern die Leute eine große Party.

 

Auf der Bühne ist man ebenfalls in Feierlaune. Die Stones spulen das zu erwartende Hitfeuerwerk ab. Das ist auch gut so. Die Leute vor Ort lechzten ja auch förmlich danach und hatten mit Sicherheit keine Lust auf eine Raritätensammlung. Mit „Jumpin´ Jack Flash“ startet die Party erwartungsgemäß. „It´s Only Rock `N´ Roll (But I Like It)“ schließt sich nahtlos an. Bei „Angie“ liegen sich schließlich alle in den Armen. Der gute Mick schafft die hohen Töne nicht mehr so ganz und es fehlt auch etwas der Druck. Aber das tut der Stimmung natürlich keinen Abbruch und hey, er ist ja auch nicht mehr Jüngste. Das reißt er aber mit seiner Fitness wieder raus. Wie er da bei „Midnight Rambler“ über die Bühne tanzt und schwebt ist ja schon sensationell. Überhaupt ist das Stück ein Höhepunkt. Das wird sehr rotzig und rockig gespielt. Guter Job Ronnie und Keith! Genau wie bei „Gimme Shelter“. Obwohl man hier Lisa Fischer vermisst. Ihren Part übernimmt die wesentlich jüngere Sasha Allen.

 

Ganz toll sind die vielen, kleinen Momente, wenn die vier Herren zusammen kommen. Das ist dann nicht mehr dieses große Rockmonster, sondern die kleine Band, die sich einfach unbändig freut, dass sie nach all den Jahrzehnten immer noch auf der Bühne steht. Das ist nicht gespielt, sondern die pure Freude. Da verzeiht man dem guten Keith auch mal gerne einen Verspieler bei „Brown Sugar“ - von wegen, das ist Playback. Sehr schön wie episch „You Can´t Always Get What You Want“ - inklusive Chor – ausgebreitet wird. „(I Can´t Get No) Satisfaction“ ist zum Schluss noch mal die große Abschlussparty. Auf, wie vor der Bühne nur glückliche Gesichter. Bonustracks gibt es derer fünf. Richards kann zwar nicht singen, es ist aber immer zum Knuddeln, wie er es versucht. Sidekick Ronnie Wood steht ihm dabei natürlich zur Seite. Hier bei „Before They Make Me Run“. „Miss You“ und „Start Me Up“ sind weitere Highlights der Bonussektion. Warum das allerdings nicht ganz normal auf der Trackliste zu finden ist, bleibt dann auch ein Rätsel.

 

Fazit: „Havana Moon“ fängt das legendäre und geschichtlich sehr wertvolle Konzert der Rolling Stones sehr schön ein. Kuba feierte mit den Stones ein erste große Rockparty und allerorten waren nur glückliche Menschen zu sehen. Die Blu-ray hat das sehr gut eingefangen. Das Bild ist sehr oft formidabel, hin und wieder aber etwas zu hektisch geschnitten und zu grobkörnig. Das Konzert ist brillant und zeigt die Rolling Stones mit sehr großer Spielfreude! Ein historisches Ereignis, welches man als Musikfan durchaus im Schrank stehen haben sollte!

 

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Text: Torsten Schlimbach

The Rolling Stones: Totally Stripped (CD/DVD)

The Rolling Stones: Totally Stripped (CD/DVD)

Eagle Vision/Edel

VÖ: 03.06.2016

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Mitte der 90er waren die Rolling Stones mal wieder auf einem ihrer Triumphzüge durch die Stadien unterwegs. Das größte Vermächtnis der „Voodoo Lounge“-Tournee sollte ausgerechnet ein Album werden, welches nur wenig – um nicht zu sagen gar nichts – mit der Mammut-Tour zu tun hatte. Das daraus resultierende Album „Stripped“ setzte sich aus Livesongs, aber auch Studioversionen älterer Stones-Song und ausgewählten Coverversionen zusammen. Kritiker und Fans lagen den Herren damals mal wieder zu Füßen, weil sie ein außergewöhnliches Werk geschaffen hatten. Jetzt kommt die Sause erneut in den Handel, aber natürlich vollgepackt mit derart viel Bonusmaterial, dass das eigentliche Album nur noch Nebensache ist.

 

Mittlerweile ist es ja üblich, dass von einer Veröffentlichung im Musikbereich verschiedene Konfigurationen angeboten werden. Dies ist natürlich auch hier wieder der Fall. Bestenfalls wird sich der Fan alles holen und somit eine schöne Stange Geld im Geschäft lassen. „Totally Stripped“ hat aber auch einiges zu bieten, denn die drei Konzerte, die damals die Grundlage für „Stripped“ bildeten, werden jetzt komplett in einer Box gleich mit veröffentlicht! Und dies, liebe Musikliebhaber, heißt: „Live In Amsterdam 1995“, „Live In Paris 1995“ und „Live In Brixton 1995“. Nicht weniger als 66 Songs kriegt man da geboten. Man hat die Wahl zwischen Blu-ray und DVD.  Mit Investitionskosten von etwas mehr als 40 Euro kriegt man da dann aber auch wirklich die Vollbedienung, denn die Dokumentation gibt es ja auch noch dazu. Selbstverständlich wird es auch eine Vinyl-Variante geben. Wer auf dieses fette Paket verzichten kann und nur „Stripped“ und den Hauptfilm braucht, wird mit der CD/DVD, die uns zur Besprechung vorliegt, zufriedengestellt.

 

Eine Warnung sei an dieser Stelle aber direkt ausgesprochen: man sollte sich wirklich gut überlegen, ob man nicht knapp 20 Euro mehr in die Hand nimmt und direkt zur Veröffentlichung mit den drei Konzerten greift. Die Dokumentation fixt einen derart an – immerhin gibt es ja auch hier Material aus Amsterdam, Paris und Brixton zu sehen – dass man sich ärgern wird, denn Geiz ist hier sicher nicht geil.

 

Die Dokumentation bringt dem geneigten Zuschauer in mehr als anderthalb Stunden die Intention dieses Projekts noch mal etwas näher. Man sieht die Stones bei den Aufnahmen im Studio und wie sie sich zusammen – also alle in einem Raum, inklusive Mi(e)tmusiker – das Material draufschaffen und erarbeiten. Keith Richards lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass das keine Unplugged-Geschichte werden würde, da die Stecker teilweise schon drin bleiben. Jagger sagt, dass es eben auch darum geht Songs auszupacken, die in Stadien nicht funktionieren würden. O-Töne  sind in dieser Dokumentation – auch der Mitmusiker und von Don Was – reichlich zu hören (und zu sehen). Die Intensität, die da im Studio erzeugt wurde, wird für den Zuschauer regelrecht greifbar. Das S/W-Bildmaterial unterstützt das nachhaltig. Irgendwann im Verlaufe der 90 Minuten wird Charlie Watts sagen, dass es sein Job ist für Mick und Keith zu spielen - nicht mehr. Leicht untertrieben Herr Watts.

 

Was die Band nämlich in den kleinen Venues bietet, ist schon sensationell. Das sieht wohl auch Jack Nicholson so. Was gibt es da noch zu sehen? Die Band wie sie durch Amsterdam gondelt und von Fans und Reportern verfolgt wird. Die Stones bei den Proben, zu denen Herr Richards schulterzuckend auch mal zu spät kommt und natürlich wird auch noch mal gezeigt, wie man überhaupt an Karten für diese Konzerte kam. Insgesamt ist das eine sehr kurzweilige Doku, die eine locker und gelöste Band zeigt, die richtig Spaß an dem Projekt hat, auch wenn die Bewegungsfreiheit von Jagger auf der kleinen Bühne in Amsterdam sehr eingeschränkt ist. Das ist eben keine Stadionbühne, auf der er die Zuschauer bei Laune halten muss. Wie schon geschrieben: nach diesen anderthalb Stunden will man einfach die drei Konzerte komplett sehen!

 

Das eigentliche Album kommt größtenteils ohne Overdubs aus, „Stripped“ eben. „Street Fighting Man“ hat seit den 60ern nicht mehr so frisch geklungen – Akustikgitarren sei Dank. „Not Fade Away“ ist immer noch ein Traum und „Angie“ wurde auch mal ordentlich entschlackt und auf das Nötigste reduziert. „The Spider And The Fly“ wird derart lässig von Jagger vorgetragen, dass selbst Keith Richards gegrinst haben muss. Die Dylan-Nummer „Like A Rolling Stone“ verhalf der Band sogar noch mal zu einem Singlehit. Die hier vorliegende Version von „Wild Horses“ ist angeblich sogar die liebste von Charlie Watts. Wenn dem so ist: man kann es verstehen.

 

Fazit: Die Rolling Stones öffnen mal wieder die Archive und hauen mit „Totally Stripped“ drei Konzerte heraus, auf die die Fans seit mehr als zwei Jahrzehnte sehnsüchtig warten. Die Dokumentation, die es im Zuge der Albumveröffentlichung 1995 zu sehen gab, liegt dann auch noch mal allen Konfigurationen bei. Das eigentliche Album, welches daraus hervorgegangen ist, hat immer noch nichts von seinem Zauber verloren. Ob das nun klanglich noch mal verbessert wurde, lässt sich nur erahnen, denn ein Unterschied zur ursprünglichen Veröffentlichung ist nicht auszumachen – die war aber auch schon perfekt!

 

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Text: Torsten Schlimbach

The Rolling Stones: From The Vault – Live In Leeds 1982 (SD-Blu-ray)

The Rolling Stones: From The Vault – Live In Leeds 1982 (SD-Blu-ray)

Edel/Eagle Vision

VÖ: 20.11.2015

 

Wertung: 9/12

 

Das Archiv der Rolling Stones kommt nun schon wieder mit einem weiteren Schmankerl um die Ecke. Die Serie „From The Vault“ ist für Fans ein Fest und eine schöne Möglichkeit eine Zeitreise durch die Bandgeschichte zu wagen. Wenn das alle komplett vorliegt, dann kann man sich das ja in chronologischer Reihenfolge angucken. Die Teile werden ja bisher wild durcheinander gewürfelt und da sind schon bei den einzelnen Veröffentlichungen gewaltig Zeitsprünge zu verzeichnen. Nach Tokyo 1990 folgt nun mit „Live In Leeds 1982“ wieder die Rolle rückwärts. Dieser Auftritt fand am 25. Juli 1982 im Roundhay Park im englischen Leeds statt. Dies war auch gleichzeitig die letzte Show der Europatour zum Album „Tattoo You“. Die nächste Tour ließ dann satte sieben Jahre auf sich warten. Jetzt liegt die ganze Sause als SD-Blu-ray vor.

 

„Live In Leeds“ ist nun die erste offizielle Veröffentlichung des Konzerts. Fans haben das Konzert zwar schon im Schrank stehen, da es dies über den einen oder andere Kanal unter der Ladentheke schon gab, aber jetzt setzt das in klanglicher Hinsicht Maßstäbe. Die alten Bänder oder CDs können nun getrost in die Tonne gekloppt werden. Natürlich wurde das vorliegende Material liebevoll restauriert und was Bob Clearmountain da rausgeholt hat, ist schon teilweise sensationell. Die neue Abmischung macht derart viel Spaß, dass man geneigt ist sich zu Begeisterungsstürmen hinreißen zu lassen. Der satte Sound lässt zudem genug Raum um das Livegefühl auch in die Wohnzimmer zu transportieren. Der Bass von Wyman hat selten so klar und druckvoll geklungen. Die Gitarren von Richards und Wood sind klar und deutlich zu hören und das auch noch getrennt voneinander. Kein Soundbrei! Die Drums von Watts scheppern was das Zeug hält und Jagger darf sich über die eine Abmischung freuen. Auch die Bläser- und Tasteninstrumente sind fein akzentuiert zu hören. Dies war übrigens das letzte Konzert der Stones mit Pianist Ian Stewart.

 

Die Bildbearbeitung hat durchaus etwas gebracht. Logischerweise liegt das im Format 4:3 vor. Das stellt aber kein Manko dar und war natürlich nicht anders zu lösen. Als SD-Blu-ray macht das durchaus Sinn, denn die Detailschärfe ist unter Berücksichtigung des Alters der Aufnahme durchaus beachtlich. Da dieses Ereignis ja im Hellen stattfand, waren die Voraussetzungen für die Nachbearbeitung auch nicht schlecht. Die Farben wirken zudem sehr natürlich und auch der Schwarzwert versteht es zu beeindrucken. Kompressionsfehler konnten keine festgestellt werden und das leichte Graining ist durchaus zu verkraften. Insgesamt macht das Bild einen sehr guten Eindruck – Vergleiche mit heutigen Produktionen verbieten sich da schon von alleine!

 

Jetzt kommen wir aber dann zum großen Manko dieser Veröffentlichung. Wer zur Hölle hat das denn gefilmt und geschnitten? Das ist ja teilweise eine Vollkatastrophe! Man sieht praktisch über die gesamte Distanz nur Nahaufnahmen der Protagonisten, sprich die Köpfe und Gesichter der einzelnen Herren. Das ist hin und wieder sicherlich ganz nett, aber auf Dauer schon sehr anstrengend. Wo sind denn die Totalen? Gibt es tatsächlich nur die Aufnahmen, die offensichtlich für die Leinwand vor Ort gefilmt wurden? So kann man immerhin den beeindruckenden Haarwuchs von Herrn Wyman bewundern. Noch schöner wäre es aber gewesen, man hätte mal etwas von seinem Bassspiel gesehen. Selbiges bleibt nur zu erahnen. Immerhin ist der Mann hier häufig zu sehen – das kennt man von anderen Aufnahmen so ja nicht.

 

Dabei hätte dieses Konzert so viel für das Auge geboten. Jagger, der auf seiner Jacke auf der Rückseite in riesiger Schrift völlig uneitel Mick stehen hat, Wyman in seinem Trainingsanzug, das Zusammenspiel von Wood und Richards, Watts der stoisch seine Schießbude bearbeitet und und und. Na gut, die Hühnerbrust von Jagger, der zum Schluss blankzieht, muss man nun wirklich nicht in voller Pracht sehen. Und das Feuerwerk zum Schluss des Konzerts hätte man auch gerne komplett angeschaut, stattdessen werden zunächst ein paar Luftballons gefilmt.

 

Die Show selbst ist die hohe Kunst der Unterhaltung und des Rock and Roll. Jagger nimmt zwischendurch dann auch mal einen ordentlichen Schluck aus der Whiskey-Flasche. Heutzutage wäre das wohl eher Kamillentee. Die Trackliste hat sehr viel vom damals aktuellen Album „Tattoo You“ zu bieten. „Under My Thumb“, „Time Is On My Side“, „Beast Of Burdon“ oder „You Can´t Always Get What You Want” erfreuen aber auch all jene, die nach dem alten Material lechzen. Und dies eben in wirklich gutem Sound. Zwischendurch darf dann auch Richards mal wieder in das Mikrofon krächzen und „Little T & A“ versemmeln. Das war schon immer so und wird wohl immer so bleiben. Ganz zum Schluss hauen die Herren ein Brett raus, welches andere Künstler vor Neid erblassen lässt: „Honky Tonk Women“, „Brown Sugar“, „Start Me Up“, „Jumpin´ Jack Flash“ und natürlich das unvermeidliche „(I Can´t Get No) Satisfaction“. Rums.

 

Fazit: „From The Vault – Live In Leeds 1982“ hätte eigentlich das Zeug ein Höhepunkt dieser Reihe zu werden. Die Rolling Stones hat man selten auf einer älteren Aufnahme mit so gutem Sound gehört! Die Restauration ist vollends gelungen, Chapeau! Auch das Bild ist gut. Kameraführung und Schnitt sind hingegen katastrophal und somit kann man die einzelnen Bandmitglieder fast nur in Nahaufnahmen bewundern. Anstrengend. Die Trackliste jener Tage dürfte kaum Wünsche offen lassen und auch das Booklet – ist ja nicht unbedingt selbstverständlich – ist sehr schön ausgefallen. Insgesamt eine gute SD-Blu-ray, wäre nicht das Desaster mit den Kameraeinstellungen, dann wäre es sogar eine sehr gute Veröffentlichung. Für alle Fans ist das aber eine Pflichtveranstaltung!

 

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Text: Torsten Schlimbach

The Rolling Stones: From The Vault – Live At The Tokyo Dome 1990 (SD-Blu-ray)

The Rolling Stones: From The Vault – Live At The Tokyo Dome 1990 (SD-Blu-ray)

Edel/Eagle Vision

VÖ: 30.10.2015

 

Wertung: 8,5/12

 

Nach der Aufnahme aus dem Marquee Club aus dem Jahre 71, die im Sommer veröffentlicht wurde, springt die Archiv-Serie der Rolling Stones nun knapp zwei Jahrzehnte weiter. Mit „From The Vault – Live At The Tokyo Dome“ gilt es nun eine Aufnahme zu bewundern, welche auf der ersten Japan-Tour der Stones zwischen dem 14. und 27. Februar 1990 entstand. Die Band hatte zwar schon seit den frühen 70ern versucht auch auf japanischem Boden ihre Musik in die Welt zu tragen, aber geklappt hat es erst im Rahmen der „Steel Wheels-“Tour. Jetzt liegt der Auftritt aus Tokyo erstmals offizielle auf SD-Blu-ray vor.

 

Natürlich hat man die Aufnahme wieder sehr liebevoll restauriert. Der Sound wurde von Bob Clearmountain neu gemischt und somit dürfen sich die vielen Fans über das bestmögliche Ergebnis freuen. Natürlich darf man auch die vorliegende Scheibe nicht mit den Maßstäben heutiger Produktionen messen und doch wurde mit den technischen Möglichkeiten dieser Tage ein mehr als ordentliches Ergebnis erzielt. Selbstverständlich ist das Bildformat 4:3, anders geht es ja auch nicht. Kompressionsfehler sind keine zu erkennen. Bei den kräftigen Farben wurde wohl etwas nachgeholfen und doch wirken diese noch recht natürlich. Alles in allem würde das optisch eigentlich einen sehr guten Eindruck machen.

 

Eigentlich? Genau, denn hin und wieder ist das doch für die Augen etwas anstrengend. Dies hat aber keinesfalls etwas mit schlampiger Produktion oder ähnlichen Dingen zu tun. Die Ausleuchtung der Bühne ist hin und wieder schlichtweg eine Katastrophe. Bei „Start Me Up“ ist man noch begeistert, aber schon bei „Bitch“ wird das Protzding von Bühne in komische rote Lichter getaucht und so kann man kaum etwas erkennen. Und das ist leider oftmals der Fall. „Almost Hear You Sigh“ ist auch eher ein Trauerspiel. Aber noch mal: dies hat nichts mit der SD-Blu-ray zu tun, sondern ist den Gegebenheiten der damaligen Show geschuldet. Man fragt sich da schon, wie die Japaner – einige sind wohl direkt aus dem Büro gekommen, jedenfalls lassen die vielen Anzüge das vermuten – da zeitweise überhaupt was sehen konnten. Der Sound ist übrigens formidabel, da wurde gehörig nachbearbeitet. Ob das noch die Gegebenheiten vor Ort widerspiegelt? Wenn ja, dann war das eine herausragendes Konzert der Stones.

 

Von der Kameraführung darf man jetzt auch kein Wunderdinge erwarten. Damals waren ja auch noch nicht 30+ Kameras im Einsatz. Charlie Watts sieht man so meist von unten rechts. Immerhin war wohl ein Schwenkkran im Einsatz der das Geschehen auch von oben eingefangen hat. Den guten Bill sieht man fast überhaupt nicht im Bild, was natürlich auch daran liegt, dass er immer ziemlich abseits steht und sein Aktionsradius auf einen Bierdeckel passt. Mick Jagger zieht seine gewohnte Show ab, was allerdings die komische Einlage bei „2000 Light Years From Home“ soll, weiß er wohl auch nicht. Aus heutiger Sicht wirkt das unfreiwillig komisch. In Topform scheint hier aber der gute Keith Richards zu sein, der Mittelpunkt der Show ist und eine Menge Spaß hat. Auch seine Licks, Riffs und Soli sitzen bombenfest. Selbstverständlich kriegt er auch seine üblichen zwei Songs als Leadsänger, aber die waren auch damals schon verzichtbar. Trotzdem macht es Spaß dem Mann zuzusehen. Und zum Schluss hat er dann auch noch seine Haare mit dem obligatorischen Kopfschmuck gebändigt.

 

Das Set ist selbstredend ein Hitfeuerwerk. Von „Start Me Up“ über „Honky Tonk Woman“, „You Can´t Always Get What You Want“, „Sympathy For The Devil“, „Gimme Shelter“, „Satisfaction“ oder „Jumpin´ Jack Flash“ reiht sich da Klassiker an Klassiker. Mehr als zwei Stunden Rolling Stones in Hochform. Noch Fragen? Da gehen alle glücklich nach Hause.

 

Fazit: „From The Vault – Live At The Tokyo Dome 1990“ ist eine sehr gute, restaurierte Aufnahme der „Steel Wheels-“Tour der Rolling Stones. Das Bild ist immer dann sehr gut, wenn die Bühne voll ausgeleuchtet ist. Die komischen Rottöne tauchen das bisweilen aber auch in sehr viel Dunkelheit. Insgesamt macht das aber einen guten Eindruck. Die Band liefert gut ab – mit einem entfesselten Keith Richards. Gutes Ding!

 

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Text: Torsten Schlimbach

The Rolling Stones: From The Vault – The Marquee Club – Live In 1971 (SD Blu-ray)

The Rolling Stones: From The Vault – The Marquee Club – Live In 1971 (SD Blu-ray)

Edel/Eagle Vision

VÖ: 19.06.2015

 

Wertung: 7,5/12

 

Die Archiv-Serie der Rolling Stones geht in die nächste Runde. Auch „The Marquee Club – Live In 1971“ ist bisher offiziell nicht veröffentlicht worden. Diesen Monat wurde ja auch schon „Sticky Fingers“ mit einer Jubiläumsausgabe gefeiert. Das passt natürlich ganz gut zur vorliegenden SD Blu-ray, da die Show vom 26. März 1971 einen Monat vor der Veröffentlichung eben jenes Meilensteins aufgezeichnet wurde. Im Grunde war dieses kleine Konzert ja nichts anderes als Promotion für „Sticky Fingers“ und so wurde die Möglichkeit genutzt, einige der neuen Songs zu präsentieren. Die Show in diesem kleinen Club wurde zudem für das amerikanische Fernsehen festgehalten.

 

Fans werden sich diese SD Blu-ray sowieso kaufen, alle anderen sollten aber die Finger davon lassen. Der eigentliche Auftritt dauert 38(!) Minuten und mit dem Bonusmaterial kommt man dann auf etwas mehr als eine Stunde! Das sollte man im Vorfeld schon wissen, denn sonst wird man ganz sicher ein langes Gesicht machen, zumal das Teil ja auch zu einem regulären Preis in den Handel kommt.

 

Das Material wurde sehr sorgfältig und sehr gut restauriert. Es ist erstaunlich, was man da rausholen konnte. Das Bild ist scharf und klar. Natürlich hat man hin und wieder mit leichtem Graining zu kämpfen, aber das ist angesichts des Alters der Aufnahme ja nicht verwunderlich. Alles in allem ist das Ergebnis sehr, sehr ordentlich und die Schärfe liefert durchaus ein überzeugendes Ergebnis. DTS-HD Master Audio und LPCM Stereo lassen für den Ton auch kaum Wünsche offen.

 

Der Auftritt der Stones ist kurz und knackig. Mick Taylor war zu dieser Zeit endlich festes Bandmitglied. Seine Bühnenpräsenz beschränkte sich hier aber sowieso auf ein Minimum. Da der Laden aber derart klein war, konnten auch Jagger und Richards nicht wie gewohnt agieren. Besonders den Frontmann schränkte das natürlich deutlich ein.

 

Die Kamera konzentrierte sich größtenteils auf Jagger, schwenkt aber kurioserweise oft weg, wenn der gute Mick selbige mit seinem stechenden Blick fixiert. Seine Gesten, sowie auch die von Richards, findet man auch heute noch in den Stones-Shows wieder. Mit „Dead Flowers“, „I Got The Blues“, „Bitch“ und „Brown Sugar“ sind gleich vier damals neue Songs unter den acht(!) zu finden. Das Material wirkt da noch frisch und unverbraucht. Die Stones sind aber auch noch auf der Suche nach der richtigen Feinjustierung, was man anhand von jeweils zwei weiteren Takes von „I Got The Blues“ und „Bitch“ überprüfen kann. Von „Brown Sugar“ gibt es dann auch noch den Auftritt bei Top Of The Pops mit Mick Jagger im schreiend pinken Kostüm zu bewundern.

 

Fazit: Das Material dieser SD Blu-ray ist von musikhistorischer Bedeutung. „Sticky Fingers“ war da noch nicht veröffentlicht und die Band spielte bei diesem kurzen Promoauftritt schon Songs daraus. Der kleine Club trägt dann noch zur intimen Atmosphäre bei. Das Bild wurde sehr gut restauriert und auch der Ton kann überzeugen. Etwas mehr als 60 Minuten sind natürlich auf Seiten der Quantität etwas dürftig, aber mehr gibt es eben aus dieser Phase nicht. Für Fans ist das natürlich ein absolutes Muss!

 

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Text: Torsten Schlimbach

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The Rolling Stones: From The Vault – L.A. Forum – Live In 1975

The Rolling Stones: From The Vault – L.A. Forum – Live In 1975

Eagle/Edel

VÖ: 14.11.2014

 

Wertung: 10,5/12

Tipp!

 

Jetzt geht es aber Schlag auf Schlag. Der erste Teil der neuen Serie „From The Vault“ wurde gerade erst vor zwei Wochen mit der Aufnahme aus dem Hampton Coliseum von 1981 veröffentlicht, da folgt nun schon das nächste Großereignis der Rolling Stones. Diesmal hat man einen Auftritt von 1975 aus dem L.A. Forum ausgewählt. Die Tour umfasste zwischen dem 3. Juni und dem 8. August 44 US-Konzerte. Vom 9. bis zum 13. Juli spielten die Stones alleine fünf Nächte im L.A. Forum. Auf der vorliegenden DVD ist nun der Auftritt vom 12. Juli enthalten.

 

Die Konzerte wurden damals von den Kritikern, aber auch einigen Fans, als uninspiriert empfunden. So ganz nachvollziehen kann man das nicht. Zumindest deutet diese DVD hier nicht darauf hin. Mit Ron Wood war allerdings ein neuer Gitarrist dabei und so konnte die Maschine der Stones noch kein Selbstläufer sein. Wood war ja zunächst auch nur eine Art Gastgitarrist. Sein Spiel ist zudem völlig anders als das von Mick Taylor. Die Rollen waren durch Wood nicht mehr so klar verteilt, denn er und Richards spielten sich die Bälle quasi zu und dadurch wurde die ganze Dynamik innerhalb der Band doch gehörig auf den Kopf gestellt. Die klare Verteilung Soli/Rhythmusgitarre wurde aufgebrochen.

 

Diese DVD gewährt dem Zuschauer einen deutlichen Einblick in die Findungsphase der Rolling Stones. Ron Wood steht in seinem roten Leibchen teilweise etwas schüchtern im Halbdunkeln und strahlt noch nicht diese physische Präsenz aus, die er später bei Konzerten immer wieder an den Tag legte. Er war 1975 auch noch nicht der Gute-Laune-Bär. Er spielt hier konzentriert, ist sich seiner Rolle als der Aushilfsgitarrist aber durchaus bewusst und hält sich spürbar mit seinen üblichen Mätzchen zurück – es sei denn, er wird durch Jagger herausgefordert.

 

Bill Wyman ist auf dieser Aufnahme kaum zu sehen, was ein bisschen schade ist. Er steht da fast völlig unbeteiligt im Dunkeln und spielt derart stoisch seinen Bass, dass ihn selbst die Kameraleute nicht mitbekommen haben. Charlie Watts macht das, was Charlie Watts seit Jahrzehnten macht. Hinter ihm ist an den Perkussions deutlich mehr los. Auch Preston ist an den Tasten ein deutlich größerer Blickfang – was mitunter auch an seinem immensen Afro liegt. Letztlich ist das mehr oder weniger die große Jagger und Richards Show. Teilweise hat man das Gefühl, dass die beiden sich hier einen Wettbewerb liefern wem denn nun der erste Platz im Scheinwerferlicht gebührt. Die beiden harmonieren allerdings auch perfekt miteinander und so wird sich der Gesang mit einem Mikrofon bei vielen Refrains brüderlich geteilt.

 

Das Bild ist ordentlich, aber aufgrund des Alters muss man dann auch mal mit ein paar Kompressionsfehlern oder einem Graining leben. Kann man auch – sehr gut sogar. Die Kameraführung ist teilweise etwas abenteuerlich, was aber aufgrund der großen Bühne und des großen Aktionsradius von Herrn Jagger logisch ist. Die Leute kommen mit ihren Kameras da teilweise nicht hinterher. Der Ton ist recht ordentlich, wobei Stereo dem Surround Sound vorzuziehen ist – aber das hat sicher auch mit den Vorlieben eines jeden Einzelnen zu tun. Die Restauration und der neu gemischte Sound von Bob Clearmountain sind aber schon sehr gelungen.

 

Die Show ist gespickt mit Klassikern, die teilweise ordentlich ausgebreitet werden. Mit „Honky Tonk Women“ geht es gleich amtlich los. An „If You Can´t Rock Me“ schließt sich „Get Off Of My Cloud“ an, welches aber kaum noch zu erkennen ist. Hin und wieder werden die Songs fast zu episch ausgebreitet. „Gimme Shelter“ fehlt da etwas die Balance und „You Can´t Always Get What You Want“ fehlt es an Inspiration – und Lisa Fischer, die die Stones erst seit der „Steel Wheels Tour“ von 89 begleitet. Auf der anderen Seite werden die Songs teilweise auch sehr rotzig gespielt. „Brown Sugar“ ist im letzten Drittel ebenso großartig wie „Street Fighting Man“, „Jumpin´ Jack Flash“ und der Closer „Sympathy For The Devil“.

 

Fazit: „From The Vault – L.A. Forum – Live In 1975” ist ein weiteres Schätzchen aus dieser neuen Serie. Da viele Fans dieser Band diese Zeiten sicher nicht erlebt haben, ist es eine ganz feine Geschichte, dass man das nun zumindest aus der Konserve noch mal nachholen kann. Die Aufnahme zeigt die Band noch in der Findungsphase, da mit Ron Wood ein neuer Gitarrist dabei war, der zunächst nur als Aushilfsgitarrist fungierte. Bild und Ton wurden behutsam überarbeitet und restauriert. Wunderdinge darf man selbstverständlich nicht erwarten und doch ist das überraschend gut. Die Band brennt hier ein rotziges Feuerwerk ab, gleichwohl einige Songs bis zur Unkenntlichkeit zerlegt werden. Letztlich ist dies aber die große Mick und Keith Show und die beiden liefern sich regelrecht einen Wettbewerb um den besten Platz im Scheinwerferlicht. Wer sich nur halbwegs für diese Band interessiert sollte sich diese DVD definitiv zulegen!

 

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Text: Torsten Schlimbach

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The Rolling Stones: From The Vault – Hampton Coliseum – Live In 1981 (SD Blu-ray)

The Rolling Stones: From The Vault – Hampton Coliseum – Live In 1981 (SD Blu-ray)

Edel/Eagle Vision

VÖ: 31.10.2014

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Die Rolling Stones öffnen einen Teil ihrer Archive. Dazu wird gleich eine ganz neue Serie mit dem Titel „From The Vault“ ins Leben gerufen. Dort werden in Zukunft wohl einige Live-Konzerte veröffentlicht. Fans dürfen sich also freuen, da die berechtigte Hoffnung besteht, dass einem da das eine oder andere Schmankerl kredenzt wird. Den Anfang macht nun „Hampton Coliseum – Live In 1981“. Die 1981er Amerikatour war – wie könnte es auch anders sein – die erfolgreichste Tour des Jahres und konnte den damaligen Rekorderlös von 50 Millionen US-Dollar einfahren. Seitdem haben The Rolling Stones mit jeder neuen Tournee immer wieder neue Maßstäbe gesetzt - leider auch bei den Ticketpreisen. Am 18. und 19. Dezember 81 spielten die Stones groß in Hampton, Virginia auf. Die Show vom 18. Dezember fand nicht nur am Geburtstag von Keith Richards statt, sondern war auch das allereste Pay-Per-View-Event, welches als reines Musikkonzert ausgestrahlt wurde. Die Herren wussten eben schon immer wie man den Rubel rollen lassen kann und wie man gleichzeitig im Gespräch bleibt und neue Standards setzt. Die ganze Geschichte liegt nun auf SD Blu-ray vor.

 

Das Bild ist schon deutlich schärfer und man kann durchaus erkennen, dass es für dieses Format aufbereitet wurde, allerdings sollte man keine Wunderdinge erwarten. Wer an diese Veröffentlichung mit den Maßstäben des Jahres 2014 herangeht, sollte mitunter einen großen Bogen um diese SD Blu-ray machen. Es gibt jede Menge Kompressionsfehler und oftmals ist das Bild sehr grobkörning. Mit dem Graining muss man eben leben. Man muss sich dabei ja auch immer die technischen Möglichkeiten der damaligen Zeit vor Augen führen. Der Schwarzwert lässt dann auch hin und wieder zu wünschen übrig. Da die Bühne meist aber hell ausgeleuchtet ist und das ohnehin eine sehr farbenfrohe Veranstaltung ist, wirken die Farben überraschend kräftig und natürlich. Einen weiteren Wermutstropfen gibt es allerdings, denn wenn sich Herr Jagger auf die Stege auf Tuchfühlung zu den Fans begibt, steht er manchmal derart ungünstig im Licht, dass der komplette Schirm von unschönen grünen Streifen übersät ist. Das ist aber alles zu verschmerzen und auch nur in ganz wenigen Momenten störend. Wer sich allerdings ein perfektes Bild erhofft hat, wird eben enttäuscht werden.

 

Der Ton ist gerade zu Beginn auch nicht sonderlich gut und besonders der Gesang ist kaum zu vernehmen. Dafür hat man tatsächlich mal wieder ein echtes Livegefühl – auch wenn es aus der Konserve ist. Heutzutage wird ja bei ähnlich gelagerten Veröffentlichungen derart viel nachbearbeitet, dass dies manchmal nicht mal mehr das Prädikat „Livekonzert“ verdient. Im Verlaufe des Konzerts wird dies aber ohnehin besser. Sämtliche Verspieler und Verzerrer sind aber so belassen worden, wie es wohl 1981 tatsächlich war.

 

Die Kameraführung ist sehr gelungen, auch wenn da bei der energiegeladenen Show - gerade von Wood, Richards und Jagger - einiges an Improvisationen nötig war. Die Hektik der heutigen Veröffentlichungen geht dieser hier völlig ab. Braucht es auch nicht, denn die Band ist außer Rand und Band oder wie der Hund, der von der Kette gelassen wurde. Der Schnitt ist auch sehr angenehm und so kann man die Herren aus nächster Nähe bewundern und ihnen auch mal bei der Arbeit auf die Finger gucken. Auch das Publikum ist immer wieder zu sehen, wodurch diese Geschichte auch ein schönes Zeitdokument ist.

 

Die Band liefert hier hervorragend ab. Man kennt natürlich die Schlussszene, als bei „I Can´t Get No) Satisfaction“ irgendein Irrer die Bühne stürmt und Keith Richards mit seiner Gitarre ausholt, die Security-Leute den Mann aber gerade noch vor größeren Blessuren retten können – den Irren wohlgemert. Danach spielt Richards weiter als wäre nichts gewesen. Dies sagt viel über diesen Abend und das Selbstverständnis der Band aus. Die Jungs brennen hier ein Feuerwerk ab und spielen so rotzig und aggressiv als kämen sie als kleine Punkband frisch aus der Garage. Bill Wyman hat dabei freilich einen Bewegungsradius von fünf Metern und seine größte Anstrengung dürfte das Tischtennisspiel vor dem Konzert gewesen sein (zu sehen bei den Backstageimpressionen).

 

Es war die Phase des Kajals, aber auch die Phase in der die Stones endgültig ihre Bühnenperformance perfektioniert hatten. Gestik und Mimik haben sich seit dieser Tour nicht mehr sonderlich geändert – gerade bei Jagger, Richards und Wood. Die letzten Konzerte der Stones sahen in dieser Hinsicht nicht sonderlich anders aus. Was die Härte und den Drive der Songs betrifft allerdings schon. Heute mag das noch mehr perfektioniert worden sein, aber trotzdem ist hier der raue Charme von Songs wie „Let´s Spend The Night Together“, „Beast Of Burdon“ oder „Tumbling Dice“ wesentlich zupackender. Und wenn sich Jagger und Richards bei „Let It Bleed“ für einen kurzen Moment angucken und lächeln, dann weiß auch der Letzte auf diesem Planeten, dass keiner von ihnen ohne den anderen kann – egal was auch jemals vorgefallen sein mag. Zwischendurch hängt sich Ron Wood in halsbrecherischer Manier an einen der ausfahrbaren Kräne und Jagger sucht über die Stege den direkten Kontakt zum Publikum. Und mal ehrlich, wie viele Bands gibt es denn, die mit Songs vom Schlage „Miss You“, „Honky Tonk Woman“, „Brown Sugar“, „Start Me Up“, „Jumpin´ Jack Flash“ und „(I Can´t Get No) Satisfaction“ ein Konzert beenden können?!! Eben!

 

Fazit: Vielleicht lag es daran, dass Keith Richards Geburtstag hatte, vielleicht waren die Stones 1981 auch mal wieder auf einem ihrer vielen Höhepunkte. Fakt ist jedenfalls, dass das Konzert auf der vorliegenden SD Blu-ray die Kapelle bissig, roh, kantig und rau zeigt. Die Songs werden teilweise so gespielt, als würde die Band frisch aus der Garage kommen. Wie entfesselt fegen Jagger, Richards und Wood über die Bühne, während Watts und Wyman stoisch ihre Instrumente bedienen. Das Bild kann natürlich nicht mit heutigen Maßstäben gemessen werden und teilweise muss man da gehörige Abstriche machen und auch der Sound ist alles andere als optimal, aber als Gesamtpaket ist das ein sehr schönes Zeitdokument einer der wichtigsten Bands der Musikgeschichte!

 

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Text: Torsten Schlimbach

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The Rolling Stones: Sweet Summer Sun - Hyde Park Live (Blu-ray)

The Rolling Stones: Sweet Summer Sun - Hyde Park Live (Blu-ray)

Edel/Eagle Vision

VÖ: 08.11.2013

 

Wertung: 8,5/12

 

Die Rolling Stones feierten Geburtstag und alle sind sie gekommen. Am 6. und 13. Juli 2013 schlug die Band im Rahmen des British-Summer-Time-Festivals im Hyde Park auf. Es mussten satte 44 Jahre vergehen, bis ihre Landsleute erneut in den Genuss eines Konzerts an dieser legendäre Stätte kamen. Welche andere Band hält denn sonst noch so lange durch und ist überhaupt noch in der Lage eine so große Menschenmenge anzulocken? Richtig, keine. 50 Jahre Rolling Stones wurden mit Konzerten in den USA und UK gebührend gefeiert. Die Tricketpreise waren ebenfalls amtlich und so mancher Fan guckte dabei in die Röhre, weil er sich schlicht und ergreifend den Rock and Roll nicht mehr leisten kann. Soweit ist es also schon gekommen. Wer mit der Band noch nicht gebrochen hat, kann nun immerhin anhand der Blu-ray (fast) live dabei sein.

 

Damals kamen noch weit mehr als eine Dreiviertelmillionen Menschen, jetzt müssen sich die Stones mit weit weniger zufrieden geben. Die Zeiten und Sicherheitsbedingungen haben sich eben ganz gewaltig geändert. Leider bekommt man hier – wie es eben meist der Fall ist – nur einen Zusammenschnitt der beiden Abende geboten. Mal ganz davon ab, dass man so kein vollständiges Konzert am Stück genießen kann, haben es auch nur lediglich neunzehn Songs auf die Blu-ray geschafft. Einige Klassiker werden dabei schmerzlich vermisst! Auf der anderen Seite wurde dafür „Emotional Rescue“ mit drauf gepackt. Für Hardcorefans sicher eine feines Schmankerl, für alle anderen ist das eher verzichtbar.

 

Man merkt zwar an verschiedenen Stellen, dass dies aus zwei Veranstaltungen zusammengeschnitten wurde, aber so richtig störend ist es wiederum auch nicht. Man hat da schon ein ganz gutes Händchen bewiesen. Überhaupt hat man beim Schnitt die nötige Sorgfalt walten lassen. Hin und wieder wirkt das etwas hektisch, aber das auch nur minimal. Insgesamt macht es schon Spaß sich die ganze Sause anzugucken. Wohldosiert wurde auch an verschiedenen Stellen mit Zeitlupen gearbeitet. Dieses Element kommt aber nicht inflationär zum Einsatz und somit stellt sich dann auch ein gewisser Aha-Effekt ein. Schwenkkameras fangen die riesige Zuschauermenge aus verschiedenen Winkeln ein und gewähren so einen guten Überblick der ganzen Veranstaltung.

 

Heimlicher Star sind – neben Mick Taylor, aber dazu gleich mehr – die Zuschauer. Endlich hat ein Regisseur sich mal die Freiheit erlaubt selbige auch mit einzubinden. 50 Jahre Rolling Stones? Wenn die Kameras ihre Streifzüge durch die Menge machen, dann könnte man darauf wetten, dass einige Herrschaften schon damals dabei waren. Dass die Stones aber immer noch ein junges Publikum ziehen, wird hier auch eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Optischer Ausreißer dürfte das Punkerpärchen sein, welches man nun wirklich nicht auf einem Konzert der Geldvermehrungsmaschine erwartet hätte. Es ist immer noch so: die Stones rufen und es kommen alle.

 

Das Bild macht bei gut eingestelltem Kontrast einen guten bis sehr guten Eindruck. Ein leichtes Graining dürfte da nur den Nerds auffallen. Der Schwarzwert ist auch sehr ordentlich und da die Veranstaltung im Hellen beginnt, aber natürlich im Dunkeln endet, wird es bei der Farbgebung spannend. Die Farben kommen aber recht klar und natürlich rüber. Der Sound kommt dazu sehr satt aus den Boxen, die einzelnen Instrumente sind aber trotzdem sehr gut abgemischt worden. Der druckvolle Bass und das rumpelnde Schlagzeug lassen den Gitarren aber noch genug Raum zur Entfaltung, die wiederum erstaunlich klar und deutlich zu hören sind. Man darf sich an dieser Stelle schon mal die Frage stellen inwieweit da später im Studio nachgeholfen wurde, denn man hört und sieht jeden Verspieler und davon gibt es doch einige. Erstaunlich uneitel, das hätte man von dieser Band glatt anders erwartet. Bild und Ton kann man insgesamt eine gute Note ausstellen. Auch die Aufmachung kann sich sehen lassen. Oft genug kriegt man ja nicht mal ein Booklet geboten. Bei dieser Veröffentlichung hat man sich aber nicht lumpen lassen. Tolle Fotos.

 

Ein einschneidender Moment von „Sweet Summer Rain“ dürfte „Sympathy For The Devil“ sein. Da steht der Herr Jagger in seinem Federmäntelchen, die Bühne ist gespenstisch rot ausgeleuchtet – ein Höllenfeuer. Und dann weiß man was fehlt: da stehen die Stones die Stones Songs spielen, die Magie früherer Jahre ist aber vollkommen verflogen. Wäre man böse, dann müsste man das eigentlich als wandelnde Jukebox bezeichnen. Selbst die wunderbare Lisa Fischer ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Natürlich darf sie bei „Gimme Shelter“ wieder Herrn Jagger becircen und über die große Bühne und den Laufsteg tänzeln, stimmlich kommt sie an vergangene Touren aber lange nicht heran, da liegen Welten dazwischen. Keith Richards ist auch nur noch ein Schatten seiner selbst. Weiß er eigentlich, was er da tut? Klar, seine einstudierten Fußbewegungen sitzen noch und kommen an der richtigen Stelle, die zelebriert er ja auch seit Jahrzehnten, aber sonst? Hätte er nicht seinen kongenialen Sidekick Ron Wood, dann stünde er aber auf ganz verlorenem Posten. Das war schon immer so, aber auf dieser Veröffentlichung wird das deutlich wie nie.

 

Magisch wird es bei „Midnight Rambler“. Hier steht nämlich der beste Gitarrist, den diese Band je hatte, mit auf der Bühne. Mick Taylor hat zwar sichtlich an Gewicht zugelegt, aber das sei ihm gegönnt. Er spielt dafür alles und jeden über zwölf Minuten an die Wand. Richards bleibt da nicht mehr als seine Gitarre zu halten und auch Ronnie Wood ist da über weite Teile arbeitslos. Abgesehen davon ist Mick Taylor immer noch ein sympathischer Kerl, der auf einer so großen Bühne eigentlich deplatziert wirkt und am liebsten einfach nur irgendwo ein bisschen klampfen möchte – dies aber so brillant wie eh und je. Zum Finale von „Satisfaction“ darf er dann aber auch noch mal mit auf die Bühne – eine nette Geste. Fixpunkt der Show ist selbstverständlich Mick Jagger. Was der Mann rennt und tanzt ist schon beachtlich. Und das in seinem Alter! Er dürfte viele Jüngere in die Schranken weisen. Er ist auch immer noch gut bei Stimme. Der Mann liefert eben wie ein Uhrwerk ab. Tolle Performance! Ansonsten verlässt sich die Band auf ihr Hit-Repertoire. Vom Opener „Start Me Up“ über „Street Fighting Man“, „Honky Tonk Women“ bis hin zu „Jumpin´ Jack Flash“, „Brown Sugar“ oder „You Can´t Always Get What You Want“ ist das schon eine beachtliche Songauswahl an Klassikern und Welthits.

 

Fazit: „Sweet Summer Sun – Hyde Park Live“ ist eine recht gelungene Blu-ray, welche die beiden Auftritte der Stones aus dem Juli sehr gut eingefangen hat und dabei sogar noch eine Brücke – auch bildlich – in die Vergangenheit schlägt und den Auftritt von vor 44 Jahren noch mal ins Gedächtnis ruft. Schön, dass Mick Taylor auch 2013 wieder dabei war. Bild und Ton sind gut und die Songauswahl ist selbstverständlich ein Hitfeuerwerk. Die Stones leben heutzutage aber fast nur noch von Mick Jagger, da kann Keith Richards sich noch so anstrengen den coolen Rock and Roller zu mimen. Alles in allem ist die Blur-ray sehr sehenswert und die findet sicher noch öfters den Weg in den Player.

 

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Text: Torsten Schlimbach

The Rolling Stones: Stones In Exile (SD-Blu-Ray)

The Rolling Stones: Stones In Exile (SD-Blu-Ray)

Eagle/Edel

VÖ: 23.08.2013

 

Wertung: 8,5/12

 

Was war das doch für ein Wirbel, der um die Neuveröffentlichung von „Exile On Main Street“ gemacht wurde. Davon können die letzten Alben der Rolling Stones nur träumen, die eher mit einem Schulterzucken zur Kenntnis genommen werden und schnell in der Sammlung verstauben. „Exile On Main Street“ ist eben das etwas andere Album im Backkatalog und für nicht gerade wenige Menschen ein Meisterwerk. Dies war mal anders, denn die meisten Kritiker zerrissen die Platte kurz nach der Veröffentlichung in der Luft. Dies ist alles längst Geschichte und auch der Wind um die Geburtstagsfeiern rund um dieses monumentale Werk haben sich wieder gelegt. Zeit für „Stones In Exile“.

 

Moment! Die DVD gab es doch 2010 im Sog der Flut an verschiedenen Konfigurationen von „Exile On Main Street“ auch schon. Das stimmt, denn dies war ja auch die perfekte Ergänzung und lieferte die bebilderte Geschichte dazu. In der Zwischenzeit ist die Entwicklung aber nicht stehen geblieben und Eagle Vision präsentiert in der neuen SD-Blu-Ray-Reihe Originalmaterial in Standard-Definition-Qualität mit unkomprimiertem Stereo-Sound. Macht dies bei „Stones In Exile“ überhaupt Sinn? Zunächst einmal muss man natürlich festhalten, dass man solche Geschichten in der bestmöglichen Qualität genießen sollte und insofern stellt sich diese Frage eigentlich auch nicht – sie verbietet sich sogar. Wunderdinge sollte man aber nicht erwarten. Aus den alten Aufnahmen kann man sicher keine Hochglanzproduktion machen, die mit taufrischem Material konkurrieren kann. Darum geht es aber auch nicht. Weitreichende Bildanalysen kann man sich daher schenken. Natürlich ist der Schwarzwert nicht immer perfekt. Graining und Bildrauschen gibt es auch. Trotzdem ist das insgesamt den Umständen entsprechend hervorragend. Die aktuellen Aufnahmen der Bandmitglieder und der Interviewpartner sind selbstverständlich auf der Höhe der Zeit. Der Sound ist ebenfalls gut, aber da der Sprechanteil sowieso sehr hoch ist, ist auch dies von untergeordneter Bedeutung.

 

Wer sich von dieser DVD eine Auseinandersetzung mit den einzelnen Songs erhofft oder gar auf Sessions im Studio oder Liveaufnahmen gesetzt hat, wird enttäuscht werden. Unter diesen Voraussetzungen sollte man sich diese Dokumentation nicht zu Gemüte führen. Die vielen Fotos und Super-8 Videoaufnahmen befassen sich größtenteils mit der Zeit in Frankreich, als die ganze Truppe im Hause von Keith Richards und Anita Pallenberg lebte und an „Exile On Main Street“ arbeitete. Dabei geht es weniger um den eigentlichen Prozess, sondern vielmehr darum, wie man miteinander hauste und welcher Wahnsinn rund um die Band herrschte. Freunde und Schmarotzer kamen und gingen wieder und klauten so ganz nebenbei noch acht Gitarren. Die Band hatte die Kontrolle verloren und darüber wird hier berichtet. Umso erstaunlicher ist es, dass daraus überhaupt noch ein solches Album hervorging. Mit dem Mythos, dass die komplette Scheibe eben in Nellcote entstanden ist, wird hier im Bonusteil auch aufgeräumt. Charlie Watts und Mick Jagger kramen in ihren Erinnerungen und kriegen sich dabei fast in die Haare. Da tun sich doch einige Lücken auf, aber Jagger ist sich sicher, dass letztlich nur die Hälfte des Albums in Frankreich entstand. Neun Songs in neun Monaten. Rock and Roll, Drugs und Sex - wie Anita Pallenberg (!) im Interview lapidar anmerkt. Die Dame hätte man übrigens nicht mehr wiedererkannt.

 

Die große Stärke bezieht diese Dokumentation aus den Stimmen aus dem Off. Neben Jagger, Watts und Richards dürfen nämlich u.a. auch die schon erwähnte Anita Pallenberg, Produzent Jimmy Miller, Toningenier Andy Johns und Fotograf Dominique Tarlé in ihren Erinnerungen kramen. So ergibt sich ein umfassendes Bild der damaligen Zeit, als die Stones als Steuerflüchtige ihre Heimat England verließen und nach Frankreich übersiedelten. Die O-Töne sind sowohl neueren Datums wie eben auch aus der damaligen Zeit. Der Zuschauer muss sich dabei sein eigenes Bild machen und die Mosaiksteinchen zusammensetzen. Mal wird Richards als liebevoller Vater dargestellt, der um 8 Uhr in der Früh aufstand um sich um den Nachwuchs zu kümmern und dann in der Nacht sich der Musik zu widmen, an anderer Stelle wiederum wird berichtet, dass er auch gerne mal den ganzen Tag verschlief und sich dem Heroin hingab. Diese Zeit liegt vermutlich bei allen Beteiligten etwas im Nebel und ein jeder hat seine Wahrheit zu berichten, die nicht unbedingt mit der der anderen übereinstimmen muss. Die ganze Kiste ist aber recht kurzweilig und man kann sich als Zuschauer den Geschehnissen kaum entziehen.

 

Heimlicher Höhepunkt dieser Veröffentlichung ist aber sowieso das Bonusmaterial. Die Stones werden dazu (einzeln) interviewt – auch Bill Wyman und Mick Taylor, die ja schließlich auch an der Platte beteiligt waren. Selbst Ronnie Wood darf seine Sicht der Dinge zum Besten geben. Keith Richards hat man wohl seit Jahrzehnten nicht mehr so aufgeräumt und nüchtern (!) gesehen und gehört. Und dann wird auch noch mit Sheryl Crow, Don Was, Caleb Followill, Jack White, Will.I.Am oder Martin Scorsese über die Bedeutung dieser Platte für sie gesprochen. Dabei wird selbst das Artwork noch mal auseinandergenommen. Den Vogel schießt dabei Liz Phair ab, für die „Exile On Main Street“ eine Art Religion darzustellen scheint. Dazu die Sequenz mit Jagger und Watts und fertig ist endlich mal ein Bonusmaterial, welches dem Wort auch gerecht wird.

 

Fazit: „Stones In Exil“ ist eine sehr kurzweilige Angelegenheit, die sich weniger mit den einzelnen Songs befasst, sondern vielmehr die damalige Zeit und Lebensweise der Rolling Stones in Frankreich eingefangen hat. Als Zuschauer bekommt man einen sehr guten Einblick, welcher Irrsinn und Kontrollverlust damals herrschte. Mit dem Mythos, dass diese Songs ausschließlich dort entstanden sind, wird nun auch endgültig aufgeräumt. Eine sehenswerte und interessante Dokumentation über eines der besten Alben der Engländer.

 

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Text: Torsten Schlimbach

The Rolling Stones: Crossfire Hurricane (Blu-ray)

The Rolling Stones: Crossfire Hurricane (Blu-ray)

Edel

VÖ: 04.01.2013

 

Wertung: 7/12

 

Die größte Rockband der Musikgeschichte feiert 50jähriges Jubiläum und natürlich lässt die Kapelle alle Welt daran teilhaben. So ziemlich jedes Medium wird und wurde die letzten Monate genutzt um diesen Mythos am Leben zu halten. Gerade noch durfte sich der geneigte Fan eines der exklusiven Konzerte in Paris, London, New York und Newark angucken. Es könnte ja auch immer das letzte Ereignis seiner Art sein. Die Ticketpreise waren selbstredend in astronomischen Dimensionen angelegt worden. Schon ärgerlich für alle, die diesen Wahnsinn mitgemacht haben, dass die Gerüchte um eine neue Tour nun langsam doch wieder konkrete Formen annehmen. Wie man Geld vermehrt wissen die Herren spätestens seit den 80ern schon ganz gut. Mit „Crossfire Hurricane“ setzen die Jungs nun den Feierlichkeiten die Krone auf.

 

Die Idee zu diesem Film stammt – wie könnte es auch anders sein – von Mick Jagger. Er kontaktierte dazu Regisseur Brett Morgan. Selbiger erklärt im Bonusmaterial übrigens wie es dazu kam und was Jagger so vorschwebte. Leider hört sich das alles nach einer großen Entschuldigung an, warum der Film letztlich so ausgefallen ist, wie er nun vorliegt. Es dürfte auf der Hand liegen, dass 50 Jahre nicht in knapp zwei Stunden gepackt werden können. Die Geschichte von The Rolling Stones sowieso nicht. Vermutlich ließe sich über jedes Jahr des Bandbestehens ein zwei Stunden Programm auf die Beine stellen. „Crossfire Hurricane“ ist trotzdem eine dicke Mogelpackung, denn alles in allem wird sich hier den ersten zwanzig Jahren gewidmet. Kritiker werden sicher anführen, dass dies auch die einzige Zeit von musikalischer Relevanz der Band war und somit in Ordnung geht.

 

„Crossfire Hurricane“ sollte eine Gebrauchsanweisung beigelegt werden, denn sonst ist die Enttäuschung vorprogrammiert. Wer eine umfangreiche Betrachtungsweise und Aufarbeitung der Bandgeschichte erwartet, wird leer ausgehen und zwangsläufig ein langes Gesicht machen. Dies liefert die Dokumentation nämlich zu keiner Zeit. Etwas seltsam, dass dieses Werk im Rahmen der Feierlichkeiten veröffentlicht wird. Mit 50 Jahren Rolling Stones hat dies nämlich nichts zu tun. Der Regisseur setzt Schwerpunkte – anders geht es in er Kürze der Zeit auch nicht. Der Löwenanteil gehört eindeutig den 60ern. Der Aufstieg zur größte Rockband wird eindringlich geschildert. Die gezeigten und raren Aufnahmen sind aus heutiger Sicht schon ziemlich obskur. Es wäre heute sicher undenkbar, dass Fans die Bühne stürmen können. Die Randale während der Konzerte wird dabei ebenso hervorragend herausgearbeitet wie die vielen Ohnmachtsanfälle der weiblichen Fans, die sich zudem reihenweise wieder in ihre Babyphase zurückversetzten. Einnässen während eines Konzerts ist mittlerweile sicher nicht mehr an der Tagesordnung.

 

Der bist heute ungeklärte Tod von Brian Jones wird kurz angerissen, seinem Mitwirken und seinem Ausstieg wird dafür noch etwas mehr Raum eingeräumt. Dazu erzählen die Stimmen der verbliebenen Bandmitglieder aus dem Off ihre Sicht der Dinge. Man merkt, dass sie daran immer noch zu knabbern haben – hier fällt dann auch die Maske bei allen Beteiligten. Es sei allerdings die Frage erlaubt, warum die Interviews zu den verschiedenen Filmschwerpunkten ohne Filmmaterial vonstatten gingen. Dazu weiß der Regisseur in der Bonussektion zu berichten, dass man (er) die jungen nicht den alten Stones in einem Film gegenüberstellen wollte. Muss man sich auch mal auf der Zunge zergehen lassen!

 

Die Aufnahmen der 60er – übrigens von unterschiedlicher Qualität, was aufgrund des Alters des Materials kein Wunder ist – sind ziemlich interessant und geben den damaligen Zeitgeist sehr gut wieder. Auch der Wahnsinn, den die Band auslöste, wird gut eingefangen. Ebenfalls können sich nun alle Nachgeborenen ein Bild davon machen, warum diese Formation den Status innehat, den sie heute genießt.

 

Drogen sind ein immer wiederkehrendes Thema des Films und sehr dominant. Die ersten Gerichtsverhandlungen und der kurze Gefängnisaufenthalt von Richards und Jagger werden dabei ebenso zur Sprache gebracht, wie der Ausstieg von Mick Taylor, der nach eigenen Angaben nicht an Heroin sterben wollte und darum das Weite suchte. Dazwischen wird Richards in Kanada mit einem Köfferchen voller Herion erwischt und ist seitdem angeblich clean. Nun ja. Auch hier fungieren die Stimme aus dem Off als eine Art Erzähler, welche den Zuschauer durch die Bilderflut leiten. Neben dem Konerzt im Hyde Park werden auch die Aufnahmen von „Exile On Main Street“ in Südfrankreich im Chateau von Richards angerissen. Ein weiterer, großer Themenschwerpunkt wird mit dem Konzert in Altamont gesetzt. Die Bilder gehen schon unter die Haut und erstmals erfährt man auch die Sicht der Bandmitglieder zu den damaligen Ereignissen. Welche Erkenntnis kann man noch aus „Crossfire Hurricane“ ziehen? Charlie Watts fühlte sich eigentlich schon immer recht fehl am Platze und Ronnie Wood ist nicht nur immer noch der Neue, sondern auch ziemlich egal, da es kaum Material über ihn zu sehen gibt. Nach seinem Einstieg ist der Film ja auch schon vorbei. Die Streitereien von Jagger und Richards werden ebenso geflissentlich unter den berühmten Teppich gekehrt wie der Ausstieg von Wyman. Auf Alben oder einzelne Songs wird sowieso nicht eingegangen.

 

In der Bonussektion gibt es noch zwei Songs vom 11. September 1965 in Münster bei vollem Saallicht zu sehen, die schon erwähnten Kommentare des Regisseurs, eine sehr kurze Dokumentation über die Entstehung von „Crossfire Hurricane“ sowie einen Kino-Trailer. Das war es dann auch schon. Die bildliche Qualität ist natürlich schwankend, fällt aber nicht negativ ins Gewicht, da dies in Anbetracht des sehr alten Materials zu erwarten war und nur logisch ist. Man sieht, dass die verwendeten Aufnahmen liebevoll restauriert wurden – ohne dabei das Gezeigte zu verfälschen. Dies gilt selbstverständlich auch für den Sound!

 

Fazit: Ärgerlich an „Crossfire Hurricane“ ist die Tatsache, dass das Filmmaterial für sich gesehen nicht schlecht ist. Das 16mm Aufnahmen von Jagger der Australien-Tour 1973 sind gänzlich unveröffentlicht und auch „No Expectations“ hat man in dieser Form noch nicht gehört. Weitere rare Aufnahmen lassen das Fanherz ebenfalls höher schlagen. In Anbetracht der Tatsache, dass dem Regisseur die Archive offen standen, ist das Ergebnis aber trotzdem enttäuschend – gerade vor dem Hintergrund der 50 Jahre Geschichte! Hier wurde eindeutig eine große Chance vertan. Und wieder mal zeigen die Beatles mit „Anthology“ wie es richtig geht. Die Stones wollten aber ja sowieso immer die Jungs mit „the black hat“ sein und zumindest dies wird gut in Szene gesetzt. Interessant ist "Crossfire Hurricane" allemal - wenn auch aus anderen Gründen wie gedacht!

 

http://www.rollingstones.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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