Portugal. The Man: Evil Friends
Warner
VÖ: 31.05.2013
Wertung: 10/12
Tipp!
John Gourley, Stimme und Kopf von Portugal. The Man, fand sich eines Tages in New York vor der Haustür von Danger Mouse wieder. Was tun, wenn man sowieso schon davor steht und mit der eigenen Band auch eine neue Platte auf den Weg gebracht werden soll? Klingeln, was denn auch sonst!? Danger Mouse öffnete dem Frontmann dieser quirligen Band, machte aber unmissverständlich klar, dass er kein Interesse an einer Zusammenarbeit mit einer Rockband habe. Die Weichen für eine gemeinsame Zukunft waren also gelegt, denn natürlich kam man ins Plaudern und Danger Mouse hatte selbstverständlich ein Faible für Portugal. The Man. Keine Rockband also. Jetzt wissen wir also, was U2 nicht sind, mit denen doktert er nämlich auch schon ein gefühltes Jahrzehnt an einem Album herum. Wie dem auch sei, dass Ergebnis von Portugal. The Man und Danger Mouse kann nun anhand „Evil Friends“ überprüft werden.
Die Frage, ob ein Produzent einer Band tatsächlich seinen Stempel aufdrücken kann, wird häufig kontrovers diskutiert. Das hängt sicher auch immer von der jeweiligen Vorgehensweise ab und manchmal nimmt der Personenkult in dieser Hinsicht schon absurde Züge an. Im Falle von „Evil Friends“ kann man aber durchaus die Handschrift von Brian Burton - aka Danger Mouse - erkennen. Er hat den ganzen versponnenen Wahnsinn von Portugal. The Man ein bisschen geordnet und eine Struktur gegeben. Er hat leider auch viele Ecken und Kanten abgeschliffen. Eins hat er immerhin nicht fertig gebracht, nämlich der Band diese herrliche Fuck You-Attitüde zu nehmen. Trotzdem sind Portugal. The Man mit diesen Songs endgültig im Mainstream angekommen. Ist das schlimm? Nö, überhaupt nicht! Die Songs sind nämlich gut! Nerdig genug sind sie auch immer noch und somit dürften auch die Hipster zufrieden sein. Diesmal ist es eben nur so, dass auch die Schwiegermutti wohlwollend mit dem dicken Zeh wippen wird.
Die Refrains sind diesmal noch größer, der Sound noch bombastischer aufgeblasen und tanzbar ist das alles obendrein auch noch. Kennt man ja von Danger Mouse, selbst Nichttänzer schaffen es dazu mit dem Hinterteil zu wackeln. Portugal. The Man haben mit diesem Album aber keineswegs ihre Identität aufgegeben. Immer kommt von irgendwo dieser Schwurbelsound angeflogen, der so gar nicht in den Mainstream passt. „Plastic Soldiers“ ist gar nach hinten raus völlig abgedreht und somit für Fans ein leichter Einstieg in dieses Album. Die Anlagen für das, was da noch folgen wird, sind alle schon da, aber eben auch noch die Verrücktheiten. Spätestens mit „Modern Jesus“ sind Portugal. The Man beim waschechten Pop angekommen. Würden die Strokes nicht immer vor Lässigkeit sterben, hätte deren letztes Album so klingen können. Tut es aber nicht. Portugal. The Man nimmt man es zudem auch noch ab, was sie da veranstalten. Die Jungs haben Spaß dabei und das hört man. „Creep In A T-Shirt“ ist auch so ein verdammter Ohrwurm mit sämtlichen Hitqualitäten. Abgesehen davon ist die Nummer sehr facettenreich und dies auch noch mit sehr viel Liebe zum Detail.
Aber keine Sorge, die Gitarren stehen natürlich nicht in der Ecke und verstauben. Der Titeltrack „Evil Friends“ schreddert sich wunderbar durch die etwas mehr als dreieinhalb Minuten. „Hip Hop Kids“ verbindet beide Welten. Mehr Pop geht nicht, rockt aber auch. „Atomic Man“ zaubert einem dann auch noch ein Lächeln ins Gesicht. Alles perfekt also? Ja. „Sea Of Air“ im kleinen Balladengewand ist nämlich auch noch auf eine wundervolle Weise verspielt. „Waves“ scheint förmlich zu schweben und spätestens mit dem Refrain sieht man die Stadien vor dem geistigen Auge – mindestens aber ein Festivalgeläde in der Abendsonne. Retroartig schält sich „Holy Roller (Hallelujah)“ aus seinem Kokon. Wer hierzu nicht tanzt, kann nicht tanzen. „Someday Believers“ plätschert zwar etwas dahin, ist aber auch nicht wirklich ein Ausfall. Mit dem beatorientierten „Purple Yellow Red And Blue“ schwingen sich Portugal. The Man auf auch noch mal beim Gospel einen Zwischenstopp einzulegen. „Smile“ beginnt ruhig, wächst bombastisch an, bricht ab, verlangsamt das Tempo, nimmt die Abbiegung zum Pop, nur um im nächsten Moment zu lärmen als wären die 90er zurück. Das alles ist „Evil Friends“.
Fazit: Portugal. The Man hauen mit „Evil Friends“ mal eben ein Album raus, welches das poppigste ihrer Karriere ist, die alten Tugenden aber keineswegs aus den Aufgen verliert. Danger Mouse hat ihnen dazu einen tanzbaren Sound auf den Leib gezimmert, aber keineswegs die Identität der Band vernachlässigt. Mit diesem Album werden Portugal. The Man mehr Leute denn je erreichen. Dem ein oder anderen wird das sicher nicht gefallen, aber jeder, der halbwegs ehrlich ist, wird zugeben müssen, dass dies ein ganz vorzügliches Werk ist!
http://www.portugaltheman.com/
Text: Torsten Schlimbach
Portugal. The Man: In The Mountain In The Cloud
Warner
VÖ: 15.07.2011
Wertung: 8/12
Mit der neuen Portugal. The Man Platte ist es ziemlich einfach. Wer bisher noch nie etwas von der Band gehört hat, dürfte unter Umständen Bauklötze staunen. Dabei ist es fast zweitrangig, ob man die Klänge nun für gut befindet oder eben nicht. Wie? Es soll tatsächlich noch Menschen geben, die von dieser wunderbaren Band noch nie in ihrem Leben gehört haben? Musikinteressierte sollten die Kapelle doch zumindest auf dem Schirm haben, oder? Es ist gar nicht so unwahrscheinlich, dass es tatäschlich noch Menschen gibt, die noch nie mit Portugal. The Man und deren großartige Musik in Berührung gekommen sind. Das dürfte sich jetzt ändern, denn mit dem jetzigen Partner Warner haben sie doch ein starkes Label im Rücken.
Warum die lange Vorrede? Die Krux an der Sache ist nämlich, dass das neue Album „In The Mountain In The Cloud“ auch für Enttäuschungen sorgen könnte. Um es direkt zu sagen, dies liegt nicht daran, dass die Band ihre Magie verloren hat. Es liegt auch nicht daran, dass die Songs schlecht sind – selbstverständlich ist das genaue Gegenteil der Fall – nein, es liegt einfach daran, dass Portugal. The Man den zuletzt beschrittenen Weg weitergehen. Potzblitz, das ist ja mal eine ganz neue Entwicklung! Aber hey, wie soll es denn auch bitte anders sein? Die Jungs gehören schließlich zu den Fleißigsten ihrer Zunft! „In The Mountain In The Cloud“ ist immerhin das sechste Album in sechs Jahren! Da könnte man sogar noch ein paar Ausrufezeichen dranhängen! Diese Praxis ist ja nun nicht alltäglich! Da bleibt ja kaum Zeit für Promotion, da stehen die Jungs schon wieder im Proberaum und Studio um die nächste Platte in Angriff zu nehmen.
Bei den fünf Vorgängern von „In The Mountain In The Cloud“ war es fast immer so, dass eine komplette Kurskorrektur vorgenommen wurde. Es zeichnete sich aber schon ab, dass das so nicht mehr möglich ist und die Änderungen wurden von Album zu Album weniger. Nun sind diese nur noch marginal auszumachen. Das mag Alteingesessene traurig stimmen und da wird schnell mal mit der Stagnationskeule wild um sich geschmissen. Ist Stagnation auf diesem Level denn schlimm? Nein! Nein! Nein!
„In The Mountain In The Cloud“ wurde 2010 in einem mühseligen nomadischen Prozess in El Paso, New York, San Diego, Los Angeles und zu guter Letzt in Seattle aufgenommen. Das Ergebnis klingt mal wieder leichtfüßig wie eh und je. Mittels Synthesizer und versprengter Elektronik verweben sie ihre Melodien, die sich letztlich in einen entspannten 60ies Sound entladen. Die Stimmung ist total positiv. Musik, die weit von jeglicher Aggression entfernt ist.
Portugal. The Man ist wahrscheinlich die einzige Band auf der Welt, die sich anhören darf wie die Bee Gees ohne dabei lächerlich zu klingen. „Floating (Time Isn´t Working My Side)“ erinnert aber eben an selbige. So lange sich die Melodien aber derart hymnenhaft und bombastisch auf den Weg machen, ist das eben über jeden Zweifel erhaben. Ach ja, liebe Scissor Sisters, hört euch bitte mal „Got It All (This Can´t Be Living Now)“ an! Hört ihr den Unterscheid? So wird das gemacht! Portugal. The Man haben den Dreh einfach raus. Dreh ist auch ein weiteres Stichwort, denn neben Folk, Westcoast-Verschrobenheit und sonstigem Klimbim, drehen sie natürlich auch wieder an den psychedelischen Schrauben.
Portugal. The Man machen abermals nicht den Fehler eine gewisse Verrücktheit nur aus purer Effekthascherei zu verwenden. Eine saubere Popnummer wie „Head Is A Flame (Cool With It)“ beispielsweise ist recht konventionell ausgefallen. Und ja, die Band macht mal wieder schöne Musik. Die sphärische Bombast-Popnummer „You Carried Us (Share With Me The Sun)“ ist nämlich eben dies. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Und es sage bitte keiner, dass die Band keinen Drive mehr habe. Schon „Everything You See (Kids Count Hallelujahs)“ gehört? Samples kommen selbstverständlich auch zum Einsatz. Überall. Es ist dabei schon eine Schau, wie langsam sich „All Your Light (Times Likes These)“ dahinschleppt und dabei immer tanzbar bleibt. „Once Was One“ wirkt danach richtiggehend aufgeräumt und entschlackt. Man kann aber auch nicht immer Schicht auf Schicht türmen, ab und an reicht fast puristischer Folk auch mal aus. Richtig, aber eben nicht bei Portugal. The Man, die daraus noch einen amtlichen Rocker zimmern. Auf dieser Welle reitet zum Schluss auch noch mal „Sleep Forever“. Da sage noch mal einer, dass Solos in der Rockmusik peinlich wären. Pah! Nicht bei Portugal. The Man!
Fazit: Es ist soweit und Portugal. The Man sind erstmals so richtig stehen geblieben. Das macht aber gar nichts, denn „In The Mountain In The Cloud“ ist ein gutes bis richtig tolles Album geworden. Wer jedes Jahr eine Platte veröffentlicht, kann sich nicht immer wieder drehen und eine neue Richtung einschlagen. Mit diesen Erwartungen sollte man sich das Album gar nicht erst anhören. Am besten funktioniert dieses Album, wenn man gar keine Erwartungen an die Band und diese Songs hat – ich weiß, das ist schwer bis unmöglich – denn dann wird man von diesem wahnsinnigen und positiven Klangsammelsurium voll bei den Hörnern gepackt. Man darf 2012 jedenfalls entspannt entgegenblicken. Portugal. The Man und ihre Musik sind es ja auch!
Text: Torsten Schlimbach