The Prodigy: The Day Is My Enemy
Universal
VÖ: 27.03.2015
Wertung: 6/12
Das Schöne am neuen The Prodigy Machwerk ist, dass es von der ersten Sekunde an auch genauso klingt. Dies ist aber auch gleichzeitig die negative Seite an „The Day Is My Enemy“. Es ist ja durchaus nicht verkehrt, wenn Künstler ihren ganz eigenen Stil gefunden haben, aber eine Weiterentwicklung wäre sicher auch wünschenswert. Liam Howlett, Keith Flint und Maxim waren einst Innovatoren, die einer ganzen Generation an Ravern Futter lieferten und eine Ära prägten. 16 Millionen Alben konnte das Trio bisher absetzen, jetzt legen sie mit „The Day Is My Enemy“ das sechste Studioalbum vor. Es drängt sich natürlich die Frage auf, ob man ein neues Album von The Prodigy im Jahre 2015 wirklich noch braucht?
Mittlerweile haben ja längst andere das Ruder übernommen. Skrillex ist immer noch der Mann der Stunde. Er hat sicher auch mal bei The Prodigy genauer hingehört. Jetzt müssen die Väter also den Söhnen nachrennen. "Rythm Bomb" geht in diese Richtung und zählt sogar zu den positiven Überraschungen von „The Day Is My Enemy“. So ganz ohne Hilfe geht das aber auch nicht mehr über die Bühne und so holte man sich Flux Pavillion dazu. Das knallharte „Ibiza“ ist ein weiterer Beleg dafür, dass The Prodigy – zumindest im Albumkontext – mittlerweile immer dann besonders dringlich sind, wenn sie sich wen von außerhalb ins Boote holen. Sleaford Mod Jason Williamson kotzt sich hier nämlich derart grandios aus, wie man es auf der Bühne von Keith Flint kennt.
Liam Howlett scheint sich dieser Tatsache durchaus im Klaren zu sein und so baut er Beat auf Beat und kreiert eine Fassade, die zwar gefährlich klingt, nach und nach aber nur ermüdend und langweilig wirkt. „Destroy“ weist da schon im ersten Drittel erschreckend viele Abnutzungserscheinungen auf. Zudem hört sich das nach dem Baukastenprinzip an. Howlett weiß was man von ihm erwartet und er liefert eben ab. Für eine Truppe, die durchaus mal als innovativ bezeichnet werden konnte, ist das aber ein bisschen wenig. Live mag ein Track wie „Wild Frontier“ sicher noch funktionieren, aber hier rauscht das mit Höchstgeschwindigkeit zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus.
Die Platte ist auch hilflos überladen und zu lang. So geht dann das wirklich gute „Medicine“ fast unter. Hier schleichen sich ein paar arabische Sounds ein. Das Stück groovt und geht gut in die Beine. Überhaupt wurden die guten Songs ganz zum Schluss versteckt. Das pluckernde „Invisible Sun“ ist nicht mehr so aufgekratzt und kann mit einer düsteren Grundatmosphäre punkten. The Prodigy können eben auch langsam und das steht dem Trio nicht so schlecht zu Gesicht. „Wall Of Death“ ist als vorletzter Song ein knallharter Track für den Festivalsommer. Durchdrehen ist angesagt – der Titel ist Programm. „Rise Of The Eagles“ beendet die Platte so wie diese begonnen hat, also nach bekanntem Muster.
Fazit: Bei The Prodigy ist alles beim Alten „The Day Is The Enemy“ lugt zwar dezent zu einem Vorreiter wie Skrillex herüber, aber meist ist das derart im eigenen Soundgewand gefangen, dass sich das alles sehr schnell abnutzt. Was einst innovativ war, ist jetzt nur noch ein laues Lüftchen. Der Fuchs auf dem Cover guckt ja auch eher verschreckt denn angriffslustig. Viel Krawall, viel Ablenkung und ein fetter Sound – es hat über fünf Alben funktioniert, warum nicht noch ein sechstes Mal?
Text: Torsten Schlimbach