Basti von Kasalla wird später während eines phantastischen Konzerts vom Herbstfest von „Loss mer singe“ sprechen. Treffender hätte er es nicht formulieren können. An diesem Augusttag schüttet es wie aus Kübeln und die eigentlich wunderschöne Location im Waldbad in Dünnwald könnte trostloser nicht sein. Die Tickets waren im Vorfeld schon alle an die Frau und den Mann gebracht worden und somit haben viele Kölner Familien den Weg ins Waldbad gefunden. Hier bewahrheitet sich mal wieder der ausgelutschte Spruch, dass es eben kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung gibt. Die Anwesenden lassen sich die Stimmung dann auch nicht vermiesen. Im Vorfeld des Kasalla-Auftritts darf das Dream Out Loud Magazin die Jungs interviewen. Da das Wetter nicht mitspielt, wird das Interview kurzerhand hinter die Bühne verlegt. Hier ist es wenigstens trocken. Nachteil: es ist derart laut, dass während der Auftritte der anderen Künstler an kein Gespräch zu denken ist. Dies findet kurzerhand ganz kurz vor dem Konzert von Kasalla statt, während die fleißigen Helfer noch die letzte Feinjustierung vornehmen.
Vielen Dank für eure Zeit so kurz vor dem Konzert! Gibt es bei euch so etwas wie eine Konzentrationsphase, wo ihr nur für euch seid/sein wollt? Habt ihr bestimmte Bandrituale vor einem Konzert? Heute wird das ja eher schwierig.
Nils: Also es gibt ein festes Ritual vor dem Konzert. Wir stellen uns dann im Kreis auf und tatsächlich hat sich der Schlachtruf „Et jitt Kasalla“ eingebürgert. Wenn man kann, dann hat man gerne zwei bis drei Minütchen vor dem Auftritt, aber das passt – wie heute – nicht immer. Dadurch das wir so viel spielen geht es dann auch. Bei den eigenen Shows ist es dann immer so, dass sich mindestens eine halbe Stunde vor dem Konzert jeder verzieht um einfach ein bisschen runterzufahren. Da ist dann jeder fokussiert. Die ersten paar Minuten auf der Bühne zieht man durch und dann lässt man aber auch los.
Seid ihr vor den Konzerten eigentlich noch nervös, wird das irgendwann zu einer gewissen Routine oder ist das einfach die pure Freude und Lust auf die Bühne, die Songs und natürlich die Fans?
Nils: Also natürlich ist es so, dass die Nervosität mit der Zeit ein bisschen weggeht. Das kommt aber auch drauf an. Wenn man viele Auftritte am Wochenende spielt, dann ist die Nervosität auch schon mal ganz weg. Bei unseren eigenen Konzerten, wie im Palladium oder so, ist man schon ziemlich nervös. Man weiß ja, dass wir darauf seit Wochen hingearbeitet haben und das ist die eigene Show und da muss alles passen. Da ist man dann nervös wie beim ersten Mal in der Musikschule beim Vorspielen. Die Spielfreude ist natürlich immer noch da. Auch nach tausendmal „Pirate“. Aber das ist gut, dass es immer noch so ist! Wo auch immer es herkommt, aber es ist da!
Wie war es gestern für euch nach eurer Pause bzw. Urlaub anlässlich von 66 Jahre Kajuja wieder auf der Bühne zu stehen?
Nils: Das ist cool, wenn wir dann wieder zusammenkommen. Wir haben die zwei Wochen Pause echt genossen, weil wir mittlerweile ja wirklich viel aufeinanderhängen. Wir verstehen uns super, das ist klar, aber so eine Kreativpause zwischendurch ist einfach mal gut! Besonders wenn man merkt, dass es jetzt anstrengend wird. Wenn man so viel gespielt hat, dann kann es schon mal sein, dass die Spielfreude darunter leidet, weil man auch körperlich merkt, dass man eigentlich wieder zwei Tage Ruhe brauchen würde. Aber es war echt cool, gestern wieder auf die Bühne zu gehen. Es ist übrigens lustig zu sehen, dass, obwohl wir die Songs 100er Male live gespielt haben, beim ersten Gig so ein bisschen ein Holpern drin ist und dann müssen wir uns wieder eingrooven, aber das geht dann relativ schnell.
Wo wir gerade den Urlaub angesprochen haben: Nutzt ihr währenddessen auch mal gemeinsam die Zeit um die letzten vier Jahre Kasalla Revue passieren zu lassen und einige Dinge gemeinsam zu verarbeiten oder seid ihr froh, wenn dann auch mal Kasalla-freie-Zeit ist? Kann man da überhaupt abschalten und wie lange braucht ihr, um wieder runterzukommen?
Nils: Also tatsächlich nutzen wir mittlerweile die Zeit mit unseren Partnern oder Freunden und schalten komplett ab. Im besten Fall geht es dann auch raus aus der Stadt um mal was ganz Anderes zu machen. Revue passieren lassen machen wir aber auch genug. Wir treffen uns zwei Mal die Woche im Büro und reflektieren und besprechen die Sachen, die vielleicht nicht so gut gelaufen sind, aber natürlich auch die Dinge, die super laufen. Wir waren vor unserem Urlaub zusammen mit unseren Partnerinnen eine Woche in Tirol und haben da so ein bisschen Action- und Unterhaltungsprogramm mit Rafting und Mountainbike gehabt. So Dinge machen wir auch. Wir planen jetzt auch öfters Betriebsausflüge und überlegen uns da ein paar Dinge. Phantasialand und solche Geschichten. Das sollen einfach so Teambildungssachen sein. Das ist ja auch spannend und das gehört auch dazu.
Kann man das überhaupt verarbeiten, was mit euch und Kasalla passiert? Es ging bei euch ja recht schnell nach oben – zumindest wenn man bedenkt, dass ihr euch erst Mitte 2011 gegründet habt – und 2012 mit „Pirate“ in Köln in aller Munde wart. Höhepunkt war sicher das letztjährige Konzert im Tanzbrunnen vor einer beeindruckenden Kulisse.
Nils: Was das Tanzbrunnen-Konzert betrifft, so war das definitiv der Höhepunkt. Was das Verarbeiten betrifft: ich glaube, das ist bei allen irgendwie gleich. So richtig verarbeiten und greifen lässt sich das nicht. Das hat mittlerweile so eine Dimension angenommen, die man nicht richtig greifen kann. Und es verändert sich für einen selber ja im Grunde nichts. Wir machen immer noch Musik. Man macht ja immer noch das Gleiche. Einige von uns haben ja auch mal im Jazzkeller vor 20 Leuten gespielt. Also so viel verändert sich für einen nicht, aber wir kriegen jetzt natürlich viel, viel mehr zurück.
Wie haltet ihr euch fit? So ein Konzert und gerade die Karnevalszeit ist ja auch mit körperlicher Anstrengung verbunden?
Sebi: Also der Ena trinkt sehr viel Cola und raucht Kette, das ist so sein Ding.
Nils: Der Sebi isst sehr viel Schokolade.
Sebi: Jaja, ich esse sehr viel Schokolade, mache aber auch sehr viel Sport. Ich glaube, jeder hat da einfach so sein Ritual. Was wirklich ganz, ganz wichtig ist, ist schlafen. Man muss sich den Schlaf einfach gönnen. Wenn du nicht die ganze Zeit Currywurst und Frikadellen während der Session essen willst, dann musst du dir auch deinen eigenen Kram mitnehmen.
Ihr habt bisher drei Alben aufgenommen. War für euch eigentlich von Anfang an klar, dass ihr Kölschrock machen wollt? Gebürtig seid ihr ja nicht alle Kölner und wenn ich mich richtig erinnere, dann sind Flo und Sebastian mit Peilomat mal für Rheinland Pfalz beim Bundesvision Songcontest angetreten.
Flo: Die Idee war da schon von Anfang an da. Wir hatten da schon das Konzept „alles kann, Kölsch muss“ und die kölsche Sprache war von Anfang an schon fester Bestandteil. Das wird auch bei uns nie anders sein. Die kölschen Texte gehören ja schon zur Idee zu dieser Band. Musikalisch probieren wir ja immer gerne was aus. Wir sind schon gerne eine Rockband, probieren aber auch im Studio sehr viele Sachen aus und dann darf es auch schon mal eine Dubstep-Nummer sein. Oder Metal. Wir kommen eben aus verschiedenen musikalischen Richtungen und probieren das aus, worauf wir gerade Bock haben. Klar gibt es so eine Kernmusik, aber wir sind für alles offen.
Macht euch als ausgesprochener Liveband die Arbeit im Studio eigentlich Spaß oder ist das das notwendige Übel, um wieder auf Tour gehen zu können? Denkt ihr im Studio auch schon an die Liveumsetzung?
Sebi: Wir denken sogar schon vor dem Studio an die Liveumsetzung. Die meisten Songs spielen wir mittlerweile bevor wir ins Studio gehen live. Wir haben im Proberaum da jede Menge neue Ideen und bevor wir ins Studio gehen, wollen wir die live testen. Meistens ist es auch so, dass die Songs wachsen bevor wir ins Studio gehen und dann sehen wir auch, wo es Stellen gibt, wo es gut funktioniert oder eben nicht. Ich habe aber auch nicht das Gefühl, dass wir die Arbeit in „schön“ und „nicht schön“ einteilen. Wir spielen derart viel live, also sind auf Bühnen unterwegs, da ist es tatsächlich eine willkommene Abwechslung auch einfach mal ins Studio oder den Proberaum zu gehen.
Flo: Man hört da auch sehr viele Feinheiten und was du da auf der Bühne machst, erarbeitest du ja im Proberaum oder Studio. Im Studio kannste dir die Sachen auch noch mal auf Band anhören, während man auf der Bühne eben nur spielt. Es ist eigentlich eine schöne Arbeit und es ist ganz toll, dass diese so viele unterschiedliche Aspekte beinhaltet. So einen Alltag, wo jeden Tag die Abläufe gleich sind, haben wir halt nicht.
Wie lange zogen sich die Aufnahmen für eure Alben jeweils hin? Ich könnte mir vorstellen, dass da manchmal einiges an Gesprächs- und Diskussionsbedarf zwischen den beiden Autodidakten Bastian und Flo und den studierten Musikern Rene, Sebastian und Nils gibt.
Basti: Wahrscheinlich würden sich die Aufnahmen viel länger ziehen, wenn wir denn mehr Zeit hätten.
(Sebi lacht laut)
Basti: Eigentlich war es bisher immer so, dadurch dass wir so viele Termine haben und so viel spielen, dass wir uns den Produktionszeitraum abstecken und dann haben wir eine Deadline und dann ufert das auch nicht in ausfaselnde Diskussionen aus.
Sebi: Es kommt aber auch durchaus vor, dass die Produktionszeit so knapp bemessen war, dass wir dann noch ein bisschen was dranhängen. Manchmal steckt da doch mehr Arbeit drin, als man zunächst denkt.
Flo: Wir haben viele verschiedene Backgrounds. Wir haben aber auch sehr viele Gemeinsamkeiten was wir gut und schlecht finden. Bisher kam es sehr selten vor, dass einer etwas so richtig doof findet und der andere supergeil. Es gibt immer einen Moment, wo wir dann alle sagen, dass es geil so ist.
Man befruchtet sich dann auch gegenseitig?
Flo: Das ist bei uns total so, ja klar.
Habt ihr auch schon von Beginn an geplant im Karneval aufzutreten und dort Fuß zu fassen?
Flo: Also wenn du dir das Logo anguckst: da ist ein Totenkopf mit einer Pappnase drauf und wenn ich mich jetzt hinstellen würde, dass wir eigentlich nicht geplant hatten im Karneval aufzutreten, dann wäre das ein bisschen gelogen.
Und dann werden die Jungs kurzerhand aus dem Gespräch gerissen - sie müssen direkt auf die Bühne. Auf dem Weg dorthin rufen Sebi und Nils noch, dass wir das Interview auch nach dem Konzert fortsetzen können. Was für eine entspannte und sympathische Band! Und frei von allen Allüren, das trifft ja nicht auf alle Bands aus Köln zu. Leute, kauft die Platten von Kasalla, geht auf die Konzerte und unterstützt diese wunderbare Kapelle! Ihr werdet es nicht bereuen!
(Torsten Schlimbach bedankt sich bei Theresa Heering und natürlich Kasalla für die freundliche Unterstützung!)