Wolf Maahn: Zauberstrassen – Revisited (2CDs)

Wolf Maahn: Zauberstrassen – Revisited (2CDs)

Libero/Rough Trade

VÖ: 15.11.2013

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Man muss nicht alles verstehen, aber warum ein Label „Zauberstrassen“ von Wolf Maahn derart stiefmütterlich behandelt hat, wird wohl immer ein Rätsel der deutschen Musikgeschichte bleiben. Eigentlich war das Feld doch bestellt, als im Jahr 2004 die Platte veröffentlicht wurde. Maahn hat akribisch wie immer daran gearbeitet und auch wenn sich aufgrund der neuen Soundausrichtung auch einige kritische Töne einschlichen, zeigte sich der Großteil der Journalisten doch recht begeistert und manch einer war geradezu euphorisch. Auch bei den Fans wurde „Zauberstrassen“ nach anfänglicher Skepsis extrem gut aufgenommen. Wolf Maahn hatte es geschafft seinen angestaubten Deutschrock in ein zeitgemäßes Gewand zu übertragen. Dies geschah wohlgemerkt ohne, dass er seine eigenen Wurzeln verleugnete. „Zauberstrassen“ war durch und durch Wolf Maahn. Blöd, dass das Label ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt das komplette dafür zuständige Team entließ. „Zauberstrassen“ konnte nicht mal in den Charts landen.

 

Wolf Maahn war natürlich maßlos enttäuscht. Noch schlimmer war die Tatsache, dass die CD nicht nachgepresst wurde, sprich „Zauberstrassen“ jahrelang schlicht und ergreifend nicht erhältlich war. Komische Kiste, denn das Teil hat ja nicht mal zehn Jahre auf dem Buckel. Maahn konnte sich immerhin die Rechte daran sichern und nun liegt „Zauberstrassen“ wieder voll und ganz in seinen Händen. Es ist sicher verständlich, dass die Platte nun erneut veröffentlicht wird, denn immerhin steckte der Künstler drei Jahre seines Lebens in den Schreib- und Aufnahmeprozess. „Zauberstrassen“ war und ist eben eine Herzensangelegenheit. Jetzt erscheint dieses Werk in neuem Glanz mit dem Zusatz „Revisited“. Die Songs wurden klanglich remastert und aufgepeppt. Dies ist aber natürlich nicht der einzige Grund sich das Teil zuzulegen, zumal die Fans selbiges natürlich längst im Schrein stehen haben. Maahn hat sich nicht lumpen lassen und eine zweite CD beigelegt, die gleich sechzehn Songs als Bonus enthält! Veröffentlicht wird dies auf dem eigenen Libero-Label - wo auch sonst?

 

Die Industrial- und Dance-Elemente können nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies ein Rockalbum ist. „Schlüssel, der zum Himmel passt“ ist nichts anderes. Klar, „Zauberblick“ rollt auch mal einen dezenten Beatteppich aus, aber im Vordergrund stehen eben die sanften Pianoklängen. Diese melancholische Grundstimmung kriegt in dieser Intensität in unseren Landen wohl nur Maahn hin. Selbiges gilt auch für das wunderschöne „Treibsand“, welches zwischen sphärischen Klängen und straightem Rock mit Popanleihen pendelt. Loops findet man auf „Zauberstrassen“ auch noch. Vielleicht hat „Eins Für Die Schwärmer“ die Altfans seinerzeit verschreckt, aber das Ding ist schon arschcool. Warum Maahn nie in die Liga der ersten Riege aufsteigen konnte, bleibt schon ein Rätsel. „Schatzjäger“ bringt alle Voraussetzungen mit: ein durchdachter Text, der eben nicht platt ist, eine schöne Melodie und alles in allem hat die Nummer Ohrwurmcharakter.

 

Wenn es an „Zauberstrassen“ etwas zu bemängeln gibt, dann ist es der Gesang, der wohl mit einem speziellen Raummikrofon aufgenommen wurde. Sein eh schon nuscheliger Gesang wird so noch schwieriger zu verstehen. Eins ist aber sowieso verbrieft: man muss sich für Wolf Maahn Zeit nehmen. Zuhören. Nachdenken. Seine Songs mit intellektuellem Anspruch sind nämlich pure Poesie. Und dies klingt im Zusammenspiel mit der Musik nie gewollt, sondern immer ehrlich und geerdet. Maahn liebt und lebt die Musik – seine Musik.

 

Erst jetzt wurden einige Songs vollendet. „Fest Der Liebe“ wurde schon für das eigentliche Album erarbeitet, aber eben nicht beendet. Klar, dass bei Maahn ein Weihnachtssong anders klingt. Hinhören und genießen! „Es La Musica“ ist zweigeteilt. Part 1 ist ungemein funky, während Part 2 noch ein bisschen mehr Pop und gar Weltmusikanleihen vom Stapel lässt. Auf dem eigentlichen Album hätte das nichts verloren gehabt, aber auf einer Bonus-CD macht das durchaus Sinn. Wer Maahn schon mal live gesehen hat weiß, dass der Mann für die Bühne geboren wurde und im besten Fall eine magische Einheit mit seinen Fans bildet. Schön, dass es von der „Zauberstrassen“ Tour vom 1000. Wolf Maahn Konzert nun hier einige Aufnahmen zu hören gibt. Aufgenommen wurden die Songs von NDR 2 in der Hamburger Fabrik. Das epische „Durch Alle Zeiten“ ragt dabei heraus, da ist zunächst eine Gänsehaut vorprogrammiert, bis die Nummer wie Hölle losgroovt, sich aber trotzdem seine melancholische Note beibehält. „Schlüssel Der Zum Himmel Passt“ legt in der Live-Version noch mal eine Prise Rock obendrauf. „Here Comes The Sun“ hätte man sich allerdings schenken können, dem Stück geht vollkommen die Magie ab, die einst George Harrison damit verbreitet hat. Dazu gesellen sich dann auch noch remasterte Bonus Tracks vergangener Studioalben, die nur noch schwer oder gar nicht mehr erhältlich sind und waren. Das kann an den gewohnt hohen Albumstandard von Wolf Maahn zwar nicht immer anknüpfen, ist auf der anderen Seite aber auch zu schade um nicht gehört zu werden.

 

Fazit: „Zauberstrassen“ von Wolf Maahn ist ein ungewöhnliches Album des Poeten und Musikers. Hier experimentierte er fröhlich im Studio herum und schaffte es doch mal wieder ein Werk, trotz Loops und Dance-Anleihen, aus einem Guss von der Leine zu lassen. Es rockt und rollt dabei selbstverständlich auch noch. Der verwaschene Gesang ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber unter dem Strich ist dies eines seiner besten Alben – mal wieder. Die Bonus-CD ist prall gefüllt und bringt einem das Maahn-Universum in all seinen bunten Facetten näher. Schön, dass es das Werk wieder zu kaufen gibt!

 

http://www.wolfmaahn.de/maahn.php

 

Text: Torsten Schlimbach

 

Wolf Maahn: Lieder vom Rand der Galaxis – solo live

Wolf Maahn: Lieder vom Rand der Galaxis – solo live

Libero Records/Rough Trade

VÖ: 10.08.2012

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Die Karriere von Wolf Maahn feiert dieses Jahr ein ganz besonderes Jubiläum – dreißig Jahre. Dreißig Jahre, in denen der gute Wolf schon so ziemlich an jeder Milchkanne gespielt hat. Zunächst ausschließlich mit seiner Band, doch dann gab es eine ganze besondere Anfrage, die derart verrückt war, dass er nicht umhin kam einfach mal seine Zusage zu erteilen. Am 09.09.2003 spielte er in den Colonaden des Kölner Hauptbahnhofs. Nur er und seine Gitarre sollten 90 Minuten rocken! Die 90 Minuten wurden ein voller Erfolg und fortan rissen die Anfragen nach einer Solotour nicht mehr ab. 2005 wurde daraus dann tatsächlich eine Tour gebastelt, gleichwohl Wolf Maahn immer noch Zweifel hatte, ob diese Art von Konzert immer klappen kann. Es klappte – und wie!

 

Es kam, wie es kommen musste. Kann die Geschichte auch für die heimischen Wohnzimmer in Form einer Live-CD funktionieren? Wolf Maahn war sich dieser Sache ebenfalls alles andere als sicher. Was live auf der Bühne und vor Publikum hinhaut, muss es noch lange nicht auf einer (Stereo)Anlage und sei diese auch noch so gut. Etwas getüftelt und eine Tour später kann auch dies Wolf Maahn nicht aufhalten und „Lieder vom Rand der Galaxis – solo live“ rotiert im Player. Die „Unplugged“ Schublade lassen wir aber bitte zu! Das würde dem Album nämlich keinesfalls gerecht werden.

 

Laut kann jeder, leise nur wenige! Ist die Formel tatsächlich so einfach? Gerade in den ruhigen Momenten und dafür notwendigen Arrangements trennt sich oftmals die Spreu vom Weizen. Hier zeigt sich auch das Potenzial eines Songs. Wenn man einmal die Hosen runter gelassen hat, dann bleibt eben nicht mehr viel womit man ablenken könnte. „Lieder vom Rand der Galaxis – solo live“ hat fünfzehn Songs aus der langen Karriere von Maahn am Start und zeigt eindrucksvoll, dass der Urheber und Interpret ein ganz großer seiner Zunft ist. Wolf Maahn wurde ja schon in viele Kategorien eingeteilt von Folk über Rock bis R&B und Soul. Natürlich ist das alles auch auf dieser Liveplatte vorhanden, aber am Ende des Tages verdeutlichen diese Tracks sehr eindrucksvoll, dass Wolf Maahn ein erstklassiger Singer/Songwriter ist – und zwar im Stile der Großen. Dieses Genre erlebt in Deutschland gerade wieder eine Art Renaissance, nur geht den jungen Wilden dieses unglaubliche Charisma ab – gerade auch stimmlich. Maahn ist keiner dieser Jammerlappen und trotzdem erweist er sich als erstklassiger Geschichtenerzähler, Alltagsbeobachter und Mahner!

 

Ein neues Stück gibt es mit dem fluffigen „Nothing But A Heartache“ ebenfalls zu hören. Diese Nummer ist noch am ehesten unter R&B zu verbuchen und aufgrund des englischen Textes fungiert das Stück sowieso als eine Art Exot. Insgesamt klingt dieses Album nämlich wie aus einem Guss, was einigermaßen erstaunlich ist, da die Songs doch während verschiedener Konzerte aufgezeichnet wurden. Der Sound ist übrigens erstklassig, gleichwohl gibt es hier und da ein bisschen zu viel Hall, was allerdings an den Venues gelegen haben dürfte und was nicht unbedingt ins Gewicht fällt. Und ja, natürlich ist das auch ein kleines bisschen eine „Best Of“ Platte. „Irgendwo in Deutschland“, „Rosen im Asphalt“ oder „Der Clown hat den Blues“ fehlen nicht. Die gehören auch hier drauf, denn diese spiegeln die musikalische Reise von Wolf Maahn und auch ein kleines bisschen von Deutschland wieder. Zudem sind die Nummern immer noch erstaunlich aktuell. „Lieder vom Rand der Galaxis – solo live“ zeigt mit den recht aktuellen Stücken „Vereinigte Staaten“, „Unter einem grossen Himmel“ und „Am heutigen Morgen“, dass der Mann immer noch nichts von seinem Feuer verloren hat.

 

Fazit: Vermutlich werden viel zu wenig Leute in den Genuss von „Lieder vom Rand der Galaxis – solo live“ kommen. Wolf Maahn steht eben nicht mehr in der ersten Reihe. Der Staffelstab wurde längst an eine jüngere Generation übergeben. Leider! Gerade in dieser reduzierten Form unterstreichen seine Songs eindrucksvoll, dass er einer der besten, wichtigsten und authentischsten Geschichtenerzähler des Landes ist. Das Konzept ging jedenfalls voll und ganz auf! Maahn solo rockt – auf die eine oder andere Art!

 

http://www.wolfmaahn.de/

 

Text: Torsten Schlimbach

Wolf Maahn & Die Deserteure: Rosen Im Asphalt Live (Remastered Expanded Edition)

Wolf Maahn & Die Deserteure: Rosen Im Asphalt Live (Remastered Expanded Edition)

EMI

VÖ: 01.07.2011

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Neben dem „(Un)plugged“ CD/DVD Set kommt auch „Rosen Im Asphalt Live“ erneut in den Handel. Die Neuauflage wurde aber nicht nur überarbeitet, sondern um einige Titel angereichert, die bisher eben nicht auf CD veröffentlicht waren. Dieses Doppel-CD Set hat nun satte acht „neue“ Songs zu bieten. Braucht man eigentlich die beiden Live-Platten? Also die akustische Version und eben „Rosen Im Asphalt Live“? Ja! Denn bei dem vorliegenden Paket handelt es sich schließlich um die Vollstromausgabe!

 

Ein weiterer künstlerischer Höhepunkt gelang ihm 1986 mit dem Live-Album „Rosen im Asphalt/Live“. Lange Zeit war dieses Album nur als Einzel-CD erhältlich. Nun zum 25-jährigen Jubiläum erscheint „Rosen im Asphalt/Live“ um acht Lieder erweitert mit insgesamt 21 Songs als Doppel-CD. Dies entspricht der ursprünglichen LP-Version, inklusive großartiger Songs wie „Die Sucht der Träumer“, „Ich will Dir meine Liebe geben“ oder „Nicaragua” - sowie als Bonus die Maxiversion von “Hokuspokus”. So sieht es aus!

 

Hört man sich die beiden Silberlinge an, dann kann man sich nur wieder wundern, warum Wolf Maahn nicht zur ersten Riege der deutschen Sänger und Musiker zu zählen ist. Er hat zwar den Status des Geheimtipps schon früh verlassen, aber ganz vorne war er nie dabei. Warum? Vielleicht liegt es an der rockigen Ausrichtung, die eben nichts für die Radiostationen der Republik sind. Komisch. Vielleicht war es aber auch gut, denn so brauchte sich Wolf Maahn nie Gedanken darüber zu machen, ob er irgendwelche Erwartungen erfüllen muss – außer seinen eigenen natürlich. Seine Fans waren sowieso immer über neues Material glücklich.

 

Was Maahn und seine Deserteure (wovon einige später zu BAP desertiert sind), auf die Bretter legen ist purer Rock. Das Programm darf durchaus als Best Of bezeichnet werden. Was auffällt ist nicht nur der immens druckvolle Klang, sondern auch die gute Haltbarkeit der einzelnen Nummern. Da haben andere Künstler, die ebenfalls in den 80ern tätig waren aber wesentlich schlechteres Material abgeliefert. Wie gesagt, komische Sache, dass Maahn nicht auch in den Stadien der Republik steht. Dieses Livealbum verdeutlicht jedenfalls, dass Maahn und Band dort eine mehr als passable Figur abgeben und so manchen anderen Kasper dabei sicher in den Schatten stellen würden.

 

Fazit: Wolf Maahn lebt und liebt Musik. Am besten kommt dies immer dann zur Geltung, wenn man ihn von der Kette lässt und der Vollblutmusiker raus auf die Bühne darf und einfach drauflos spielen kann. Die beiden CDs hier stellen dies mal wieder eindrucksvoll unter Beweis. In Anbetracht, dass diese Aufnahme schon ein paar Tage auf dem Buckel hat, ist das klangliche Ergebnis beeindruckend! Die Songs sind es sowieso!

 

http://www.wolfmaahn.de/maahn.php

 

Text: Torsten Schlimbach

Wolf Maahn: Direkt Ins Blut/(Un)plugged (Remastered CD + DVD - Edition)

Wolf Maahn: Direkt Ins Blut/(Un)plugged (Remastered CD + DVD - Edition)

EMI

VÖ: 01.07.2011

 

Wertung: 12/12

Tipp!

 

Der Clown hat den Blues? Nicht nur der Clown! Angesichts der Neuauflage von „Direkt Ins Blut/(Un)plugged“ von Wolf Maahn kann man auch selber etwas in Lethargie verfallen. Es gab mal eine Zeit, da lag der Deutschrock noch nicht am Boden. Die alten Recken müssen die Fahnen heute teilweise ganz alleine hochhalten und veröffentlichen annehmbare bis sehr gute Alben (das letzte Wolf Maahn Werk zählt zweifelsohne zur letzten Kategorie). Nun wurde erstmals das CD und DVD Set zusammengefasst. Die CD wurde dabei übrigens um „Side Street Romeo“ angereichert. Das Stück gab es ursprünglich nur auf der DVD.

 

Wer es noch nicht kapiert hat, dem wird gleich zu Beginn der DVD mit auf den Weg gegeben, dass man den Ton gefälligst laut aufzudrehen hat. Gut so, denn auch wenn es sich in weiten Teilen um eine akustische Veranstaltung handelt, ist das keine schnarchige Angelegenheit, die da am 22.6.1993 im Dierks Studio 3 in Stommeln stattgefunden hat. Im Gegenteil, hier wird gerockt. „Die Sucht der Träumer“ lässt in dieser Hinsicht keine Fragen mehr offen.

 

Träumer ist aber auch ein Stichwort, welches auf Wolf Maahn ebenfalls zutreffend ist. Denn egal ob „Stunde um Stunde“ oder eben „Der Clown hat den Blues“, Wolf Maahn steht mit einem Fuß auch immer im Fluss der Melancholie. Das ist auch gut so, denn Träumer wie er sind es, die durch ihre Musik anderen den Alltag verschönern und erleichtern. Wolf Maahn durchleidet und lebt seine Songs. Da entgleiten ihm auch schon mal die Gesichtszüge, weil er sich eben komplett in seine Songs wirft. Das gilt übrigens nicht nur für ihn, sondern auch für seine wunderbare Band, die ihm den passenden Klangteppich ausbreitet. Zudem sind die Jungs wunderbar aufeinander eingespielt und hier sitzt alles und hat immer die nötige Luft zum atmen.

 

Zu dieser Zeit durfte ein anderer deutscher Künstler in der Reihe MTV-Unplugged auftreten. Maahn wurde anscheinend nicht gefragt. Somit arrangierte er kurzerhand selber einen derartigen Auftritt. Gut, dass er nicht beim Musikfernsehen aufgetreten ist, denn so ist das eben keine reine Unplugged-Veranstaltung geworden. Das tut den Songs ungemein gut und steigert nur noch die Intensität! Wolf Maahn hat sowieso ein Händchen für Stimmungen und versteht es hier das Publikum und die Band perfekt zu führen. Das Songmaterial lässt kaum Wünsche offen und entpuppt sich als eine Art Retrospektive bis zu diesem Zeitpunkt.

 

Das Bonusmaterial ist ebenfalls eine feine Geschichte. Neben den beiden Videos zu „Leben und leben lassen“ und „Durch alle Zeiten“ gibt es noch ein launisches Interview von über zwanzig Minuten. Wolf Maahn kramt in seinen Erinnerungen und erzählt eingerahmt von Gitarren, wie die Songs entstanden sind. Auch von neuen Songs - mit Polizeieinsatz. Biografie und Fotomaterial runden das Gezeigte ab. 

 

Fazit: Schön, dass es jetzt „Direkt Ins Blut/(Un)plugged“ von Wolf Maahn auch als CD/DVD Set gibt! Was dort in Stommeln 1993 aufgeführt wurde, kann man mittlerweile durchaus als legendär bezeichnen. Glücklich dürfen sich die wenigen Leute schätzen, die dies live vor Ort erleben durften. Alle anderen können nun anhand der DVD nochmals bestaunen, wie man ein intensives Konzert auf die Bretter zaubert!

 

http://www.wolfmaahn.de/maahn.php

 

Text: Torsten Schlimbach

Wolf Maahn: Vereinigte Staaten

Wolf Maahn: Vereinigte Staaten

Libero Records/Rough Trade

VÖ: 19.03.2010

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Man muss gleich mit der Tür ins Haus fallen: Was bitte ist das? Das neue Album von Wolf Maahn ist eine faustdicke Überraschung – so gut ist es! Egal in welche Richtung die Erwartungen gehen mögen, an dieser Stelle sei gesagt, dass dieses Werk selbst die kühnsten Hoffnungen und Träume übertreffen wird. Derart gut war Maahn schon lange nicht mehr. So, jetzt ist es raus und dies musste gleich zu Beginn mal gesagt werden. Es ist ja auch einiges an Wasser den Rhein runtergeflossen und ganze sechs Jahre musste man auf ein neues Studioalbum warten. In der Zwischenzeit war der Künstler zwar alles andere als untätig und konnte mit einer Vielzahl an Projekten auf sich aufmerksam machen, aber das – für den Fan – Kerngeschäft, nämlich ein Studioalbum, ließ dann doch auf sich warten. Wenn das Ergebnis dann aber derart gelungen ist, dann hat sich die Warterei auf jeden Fall gelohnt – für alle Seiten.

 

„Vereinigte Staaten“ ist ein erdiges Rockalbum geworden, kein Firlefanz, sondern direkt auf den Punkt gebracht und gerade heraus. Thematisch befasst sich Wolf Maahn wieder mit den großen und kleinen Dingen, die diese Welt bewegen. Egal ob es um den zwischenmenschlichen Bereich geht, das Internetphänomen oder die globalen Zusammenhänge im Allgemeinen. Maahn erzählt seine Geschichten mal mit der nötigen Direktheit, dann wieder mit einer gehörigen Portion Humor und Augenzwinkern und dann wieder als ernsthafter Mahner mit erhobenem Zeigefinger. Letzteres ist sicherlich negativ besetzt, warum? Einer muss es ja machen und warum nicht auch einfach mal sagen „Hey passt auf euch und eure (Um-)Welt auf“? So wie es Wolf Maahn macht haut das jedenfalls hin. Seine Intention dahinter sieht dann auch wie folgt aus: Beim Titel, erläutert Maahn, ginge es ihm um „das Prinzip von freien, eigenständigen Wesen, die Gegensätze überwinden um gemeinsam etwas zu bewegen“. Dies gelte „sowohl für zwei Menschen wie auch ganze Völker“. Versinnbildlicht wird es auf dem Frontcover durch ein Foto von zwei angeschirrten Huskies namens „chilli + pepper“. Inspiriert zu dieser Idee wurde Maahn auf einer Reise in die Arktis zum 78° Nord nach Spitzbergen/Norwegen. Die unmittelbaren Natur-Erfahrungen in der Wildnis, das beeindruckende Erlebnis bei einem Huskie Trip, das sensible ökologische Gleichgewicht und die Unberührtheit der Natur haben eine wichtige Rolle beim Grundgedanken gespielt.

 

Musikalisch sind die zwölf Song – wie bereits erwähnt – von einem ungemein erdigen Klang durchzogen. „Vereinigte Staaten“ macht es sich zwischen allen Stühlen gemütlich und da stehen Rock, Country, Blues, Balladen und Groover in schönster Eintracht nebeneinander. Es ist aber kein zerrissenes Werk geworden, sondern vom ersten bis zum letzten Ton fügt sich hier ein Rädchen in das andere und der berühmte rote Faden ist durchaus vorhanden.

 

„Unter Einem Großen Himmel“ ist das Rockstück, welches man von Wolf Maahn so nicht mehr erwartet hat. Voll auf die Zwölf – so muss es doch sein. Danach gibt es eine wunderbare Mischung aus Funk und Reggae bei „Kannst Du Sehen“ auf die Ohren und schon jetzt ist klar, dass man es mit einer außergewöhnlichen Scheibe zu tun hat. Der Titeltrack „Vereinigte Staaten“ packt die große Melancholie aus, allerdings ohne dabei im Kitsch zu versinken, sondern letztlich doch auf rockige Töne zu setzen. Maahn entpuppt sich abermals als Geschichtenerzähler der guten alten Tradition und wer auf den Text achtet, weiß, dass der Mann seine Geschichte erzählt.

 

Ausfälle sucht man auf diesem Album vergeblich. „Dein Gang“, „Süsses Glück“ oder „Am heutigen Morgen“ sind wunderbare Stücke, die auch nach dem 20igsten Durchlauf immer wieder neue Nuancen offenbaren und einfach Spaß machen. Aber auch die eher balladesken Nummern sind äußerst gelungen – man höre sich nur „Das Ding“ an und spätestens beim entspannten „Im Lauf Der Zeit“ stellt sich eine Gänsehaut ein. Maahn der alte Schmachtbolzen! Ein Höhepunkt – sowohl textlich, wie auch musikalisch – ist mit „Nonstop Superflat Popup Internetshow“ auf der Zielgeraden des Album zu finden. Maahn gibt sich hier ungemein bissig – in jeglicher Hinsicht. Da kommt das bluesige und entspannte „210“ anschließend genau richtig. „Flucht Nach Vorn“ beendet das Album dann wie es begonnen hat – auf hohem Niveau!

 

Fazit: Chapeau! „Vereinigte Staaten“ ist ein wunderbares Album geworden, welches im Grunde seines Herzens im Rocktakt schlägt. Textlich und musikalisch ist das Feinschmeckerkost und zeigt Wolf Maahn von seiner besten Seite. Erdiger Rock, der locker und leicht wirkt. Neben dem ganzen Lob, welches hier nun mehrfach Wolf Maahn zu Teil wurde, muss man auch mal seine hervorragenden Mitstreiter hervorheben, die haben nämlich allesamt einen ganz tollen Job gemacht. Vielleicht hätte hin und wieder die Stimme etwas mehr im Vordergrund stehen können, aber das ist natürlich auch Geschmackssache. Feines Album! Ach was schreibe ich? Erstklassiges Werk!

 

http://www.wolfmaahn.de

 

Text: Torsten Schlimbach

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