Expatriate spielen heute die letzte Show im Vorprogramm von Placebo und dementsprechend ausgelassen ist die Stimmung im Backstagebereich – es gilt eine gelungene Tour zu beenden und natürlich auch ein bisschen zu feiern. Reichlich Kaltgetränke stehen schon bereit. Die vier Jungs von Expatriate erweisen sich als höfliche und äußerst nette Zeitgenossen und stehen für das übliche Frage- und Antwortspiel auf sympathische Art und Weise Gewehr bei Fuß.
Hallo Jungs, wie geht es euch heute, wo das letzte Konzert im Vorprogramm von Placebo ansteht?
Oh, Danke, es geht uns sehr gut und die Tour lief ganz gut für uns.
Ihr seid ja von Australien nach Deutschland umgezogen, genauer nach Berlin, was waren die Gründe dafür?
Deutsche Plattenfirmen und europäische Plattenfirmen, die unsere Platten veröffentlichen. Ganz speziell auf Deutschland lag da der Fokus. Berlin ist zudem eine tolle Stadt für Künstler und Musiker. Da machte es für uns aus sehr vielen Gründen einfach Sinn nach Berlin zu ziehen.
Denkt ihr, es ist hier für Musiker einfacher eine Karriere in Europa zu starten?
Ich denke ja. Es gibt hier schon eine ganze Menge von Künstlern und man ist einfach näher dran. Ich denke da an London und..Ähm, eine andere Stadt in Europa? Ach ja, Paris. Auf jeden Fall ist in Berlin eine Menge los, gerade in musikalischer Hinsicht, vielleicht sogar mehr als in jeder anderen Stadt in Europa. Außer vielleicht in London, aber da ist es eben extrem teuer. Wir leben ja auch alle zusammen und brauchen da viel Platz und das muss natürlich auch bezahlbar sein.
Sprecht ihr denn mittlerweile auch Deutsch?
Ein kleines bisschen nur, sorry.
Ihr habt ja jetzt schon einige Shows mit Placebo gespielt. Wie war das für euch und hat sich da eine Freundschaft entwickelt?
Ja, wir sind zu Freunden geworden. Wir haben mittlerweile auch 24, 25 Shows mit den Jungs gespielt. Wir kannten uns aber auch schon vorher. Wir spielten zusammen in Bukarest und Istanbul, was wirklich fantastisch war. Sie luden uns dann ein mit ihnen die Europa-Tour zu spielen. Wir treffen uns dann auch nach den Konzerten, speziell Steven, der junge Drummer. Es ist wirklich sehr cool mit den Jungs.
Die Leute draußen in der Halle kommen ja um Placebo zu sehen und die meisten kennen euer Album gar nicht. Sind diese Gigs im Vorprogramm schwerer zu spielen wie ein Einzelkonzert von euch?
Manchmal. Manchmal sind die Zuschauer zurückhaltend, aber man merkt immer, wie man ankommt, wenn nach den Konzerten viele Alben verkauft werden. Das läuft schon ganz gut für uns und nach den Shows kommen schon ein paar Leute zum Merchandisingstand und kaufen auch das Album. Wenn ich sehe, wo wir gestartet sind und wie es heute für uns läuft, dann ist das schon klasse.
Ich habe in einem U2-Forum von Leuten gelesen, die euch im Vorprogramm von Placebo gesehen haben, dass sie euch wirklich gut fanden und vielleicht auch euer Album kaufen.
In einem U2-Forum? Oh, wow, das ist wirklich toll. Wirklich großartig!
Welche Musik inspirierte euch denn für euer Album?
Oh, das sind Bands wie Depeche Mode, Interpol, Smashing Pumpkins, U2, The Cure alles Bands, mit denen wir im Grunde aufgewachsen sind. Was denkst du denn, wie es klingt?
Ich höre da in erster Linie viel The Cure raus und auch The Smiths. Ein bisschen Placebo ist wohl auch drin, aber in erster Linie ist The Cure, auch The Editors.
Oh, damit können wir gut leben.
Sind die Geschichten hinter den Songs eigentlich Fiktion?
Nein, die sind alle wahr. Nein, sorry, war Spaß. Die Texte sind wie Schnappschüsse meines Lebens oder Dinge, die ich erlebt und gesehen habe. Es passieren so viele Dinge im Leben, die einen zu einem Text inspirieren können. Es ist auch hart, sich nur fiktive Geschichten auszudenken, das geht gar nicht.
Das Album wurde in Australien ja bereits 2007 veröffentlicht. Wie sieht es mit neuen Songs aus? Wird es eventuell schon nächstes Jahr ein neues Album von euch geben?
Wir schreiben fleißig Songs. Vielleicht gibt es schon nächstes Jahr im August oder September ein neues Album. Wir haben eine Menge Material geschrieben, so an die dreißig Songs.
30 Songs?
Ja, wir waren wirklich sehr fleißig und haben 30 Songs geschrieben. Die sind natürlich noch nicht fertig, aber wir haben so sehr viele Möglichkeiten. Manches geht auch in eine andere Richtung und da werden mehr Einflüsse zu hören sein. Wir haben auch viel mit elektronischen Sachen und Musik experimentiert.
Oh, die Editors haben auch diese Richtung eingeschlagen.
Wie findest Du denn dieses Album? Magst Du das Album?
Ja, sehr. Zunächst dachte ich noch, hey, was ist das, aber dann hat es voll gezündet.
Ja, das ist ein ganz tolles Album und es klingt, als hätten sie nie etwas anderes gemacht.
Denkt ihr, dass es heutzutage schwierig ist, neue musikalische Wege einzuschlagen? Es scheint doch eigentlich alles gesagt zu sein und alles war schon mal da.
Das ist das härteste Ding, dass man überhaupt einen eigenen Sound findet. Das ist sehr, sehr schwierig. Nimm nur alleine schon unsere Platte. Du sagst, ah, das klingt nach The Cure, nach Placebo. Es ist wirklich schwer da etwas völlig Neues zu machen. In der elektronischen Ecke geht das vielleicht noch. Selbst Bands wie The Cure oder Joy Division haben von anderen Elemente genommen und zusammengemischt. Für jeden Künstler ist es schwierig etwas noch nie Dagewesenes zu machen, eine musikalische Revolution. Es ist aber auch wichtiger Dinge zu machen, die man eben gerne macht und nicht um anderen zu gefallen. Wir wollen ja schließlich auch Spaß haben, wenn wir das Material spielen und deshalb sollte man als Künstler sowieso nur das machen, wo man wirklich hinter steht. Sollte dies eine musikalische Revolution starten, dann ist das gut, aber wichtig ist eben, dass man selber dahinter steht.
Kennt ihr Mando Diao?
Ja, klar.
Die sagten dieses Jahr im Interview, dass im Musikbereich zwar alles gesagt scheint, aber eben nicht von ihnen und es daher dann doch wieder neu wäre, weil es das eben noch nicht von Mando Diao gegeben hat.
Ja, das ist doch eine schöne Sicht der Dinge und das ist ja auch immer eine Generationenfrage.
Was denkt ihr über das Internet? Hat da tatsächlich eine Änderung des ganzen Musikgeschäfts stattgefunden und muss Musik nicht nur einfach gut sein und die Leute diese dann noch mögen?
Ähm, ich denke beide Seiten stimmen. Das Internet macht es natürlich einfacher, dass deine Musik von einer Menge Leuten gehört wird und dies innerhalb kürzester Zeit. Gleichzeitig bedeutet dies natürlich nicht, dass es da draußen nur gute Musik gibt. Da ist soviel Scheiße da draußen. Das wird ja auch nicht mehr alles von einer Plattenfirma gefiltert, das muss jeder für sich selber machen. Man verkauft natürlich auch nicht mehr so viele Alben wie früher. Aber das macht ja nichts. Die Leute kommen aber wieder vermehrt zu den Konzerten und kaufen vielleicht noch ein T-Shirt. Die Preise sind allerdings auch explodiert und die Tickets kosten schon eine Menge Geld. Ob man das nun mag oder nicht, so sieht es zu Zeit eben aus.
Wie sehen denn eure Zukunftspläne aus? Spielt ihr eine eigene Tour oder Festivals?
Ja, definitiv. Wir kommen nächstes Jahr auch zurück nach Köln. Im Januar. Ich glaube am 24.
Wisst ihr schon wo?
Nein, ähm, check mal Myspace. Wir spielen auch in München oder Berlin und dann UK und auch ein paar Festivals. Danach geht es zurück nach Australien und dann kommt auch hoffentlich schon unser Album raus. Wir sind sehr beschäftigt die nächste Zeit.
Gibt es ein spezielles Land, wo ihr auftreten wollt?
Hmm, ein spezielles Land? Die meisten Radioeinsätze kriegen wir momentan in Griechenland. Die spielen uns sechsmal am Tag, in so Sendungen wie “die besten 25 Jahre des Rock“. Das ist schon verrückt.
Und eure Pläne für die nahe Zukunft?
Schlafen, schlafen, schlafen. Wir sind nun seit acht Monaten unterwegs und wir freuen uns schon drauf, wenn wir einfach mal ausspannen können.
Was war das Beste, was ihr außerhalb einer Band gemacht habt?
Ihm Flugzeug zu fliegen. Nee, wirklich, fliegen ist toll. Auch Bands aufzunehmen mag ich sehr gerne.
Welche?
Australische Bands, du wirst die nicht kennen, nix Großes, aber das liebe ich wirklich und das macht mir Spaß.
Wie denkt ihr über die Leute, für die Images und der Style wichtiger wie die Musik sind. Habt ihr mit solchen Posern Erfahrung gemacht?
Denkst Du, es gibt da viele Poser?
Ja, wenn man sich manches Popsternchen so anguckt, dann scheint da alles wichtig zu sein, aber nicht die Musik. Wir haben hier in Deutschland zudem viele Castingshows.
Ja, wenn man sich diese Mainstreamsachen anguckt, dann haben die einen persönlichen Stylist und so Sachen. Es gibt eben einen guten und einen schlechten Weg sein Ding zu machen. Wenn man sich Bands wie The Cure oder Interpol anguckt, die haben eben alle ihren eigenen Stil. Aber so war das schon immer. Das war bei den Doors schon so und die Leute haben den Stil kopiert. Oder Hendrix. Die Leute waren begeistert von seinem Gitarrenspiel und dann haben sie sich auch für seinen Kleidungsstil interessiert. Was habt ihr in Deutschland? Tokio, Tokio…
Hotel….
Ja, genau. Die haben ja auch ein bestimmt Stil. Für die Kids, die auf die Band stehen, ist dies eben fucking cool. Für deren Eltern vermutlich weniger. Für die Kids ist das einfach großartig. Für mich sind Nickelback Poser. Das würden die vielleicht von uns auch sagen, wenn die unser Make-up und so sehen. Wir sind eben alle verschieden und es ist natürlich auch immer eine Geschmacksfrage. Was denkst du, was Tokio Hotel für Musik machen?
Ich würde es Pop für Kids nennen. Aber die Jungs schreiben ihre Musik schon selber.
Tetris-Pop.
Tetris-Pop?
Ja, so Avril Lavigne Pop. Es gibt doch für alles einen Namen und das Musikgeschäft ist so vielfältig. Am Endes des Tages zählt dann doch nur die Musik und die wird überleben.
Wir bedanken uns für das nette Gespräch!
http://www.expatriateband.com/
(Torsten Schlimbach bedankt sich für die freundliche Unterstützung bei Daniela Lehmann von der Promotion Werft und Expatriate)