Beyoncé: Life Is But A Dream (2DVDs)

Beyoncé: Life Is But A Dream (2DVDs)

Sony

VÖ: 22.11.2013

 

Wertung: 7/12

 

Beyoncé Knowles ist einer der größten weiblichen Superstars ihrer Generation und der USA. Vergleiche mit Whitney Houston drängen sich da förmlich auf. Wie kaum eine andere Person steht sie im Licht der Öffentlichkeit und ein jeder ihrer Schritte wird verfolgt. Es macht es sicher nicht gerade einfacher, dass ihr Mann Jay-Z ist. Promipärchen sind ein gefundenes Fressen für die Presse, besonders für die Klatschspalten dieser Welt. Die Meldungen müssen ja nicht immer der Wahrheit entsprechen, Hauptsache die Auflage wird gesteigert. Wie es dabei dem Menschen geht ist meist egal. So mancher Künstler ist schon daran zerbrochen. Im Januar 2013 ging Beyoncé in die Offensive und im US-Fernsehen wurde ihre mit Spannung erwartete Dokumentation "Life Is But A Dream" gesendet. Bei der HBO Premiere schalteten immerhin 1,8 Millionen Zuschauern ein - die höchsten Doku-Einschaltquote des Jahrzehnts. Jetzt, natürlich pünktlich zum Weihnachtsgeschäft, wird dies auf DVD veröffentlicht. Als Bonus-DVD liegt „Live In Atlantic City“ bei, ein Konzert, welches so manches Schmankerl beinhaltet.

 

Der Film wurde von den Kritikern überaus positiv aufgenommen. Jetzt müsste man nur noch einen Psychologen dazu befragen, dann hätte der Beyoncé-Wahnsinn die nächste Stufe erreicht. Irgendwo auf dieser Welt wird aber auch das längst passiert sein. Die Frage ist nämlich, ob man das wirklich alles zeigen muss? Der Ultraschall des ungeborenen Kindes ist doch wirklich derart privat, dass man das nicht unbedingt in „Life Is But A Dream“ zur Schau stellen muss. Beyoncé hat sich aber dann doch dazu entschieden. Auf der anderen Seite: wer ein derart öffentliches Leben führt, hat sowieso kaum noch Geheimnisse. Mit anderen Worten: der Film geht ans Eingemachte, lässt aber eben nur so viel zu, wie die Künstlerin bereit ist mitzuteilen. Hier werden schon sehr intime und private Einblicke gewährt. Es ist auch ein grandioser Imagefilm, denn so wird ganz beiläufig auch noch das eine oder andere Gerücht als Falschmeldung entlarvt.

 

Neben den üblichen Bildern, die eine derart gelagerte Dokumentation eben immer bietet (Backstage-, Studio- und Probenaufnahmen), lässt Beyoncé den Zuschauer in ihr Inneres blicken und an ihren Gedanken, Ängsten und ihrer Einstellung zum Showgeschäft teilhaben. Da wird die schwierige Beziehung zu ihrem Vater aufgearbeitet und wie schwierig es war ihn als Manager auszutauschen. Sie wollte einfach nur mit dem Vater sprechen, musste aber an erster Stelle eben über geschäftliche Dinge reden. Dies führte schließlich dazu, dass sie sich einen neuen Manager suchte. Die Familie ist eben enorm wichtig für sie, auch ihre Schwestern, das wird sehr deutlich herausgearbeitet. Garniert wird die ganze Geschichte auch mit Aufnahmen aus ihrer Kindheit oder Jugendzeit.

 

Vieles hier hat therapeutischen Charakter. Sie sitzt ungeschminkt und mit angezogen Beinen auf der Couch und erzählt munter drauflos. Wie sich das Musikgeschäft beispielsweise verändert hat, besonders durch das Internet und dass das gläserne Image heutzutage genauso wichtig wäre, wie die eigentliche Musik. Zu Beginn ihrer Karriere sei dies eben anders gewesen. Wirklich? Vielleicht sollte sie da aber noch mal die ganzen noch lebenden Legenden befragen. Die Intensität mag sich gesteigert haben – oder es hat sich einfach nur schlicht und ergreifend verlagert. Ein Großteil des Films beschäftigt sich aber auch mit ihrer Schwangerschaft und wie sie das zunächst vor der Öffentlichkeit verborgen und den Zeitpunkt der Bekanntgabe (wird hier ebenfalls gezeigt) selbst bestimmt hat. Die unglaublichen Gerüchte, dass sie sich eine Leihmutter gesucht hätte, weil sie ihren Körper schonen wolle, werden ebenfalls noch mal aufgearbeitet. Der intimste und traurigste Moment ist sicher, wenn sie von ihrer ersten Schwangerschaft und der Fehlgeburt erzählt und wie es für sie war, als die Herztöne ihres Kinds nicht mehr zu hören waren. Umso erstaunlicher, dass sie sich, als sie erneut schwanger wurde, ein derartiges Programm mit Auftritten, Proben und Aufnahmen aufhalste. All dies wird hier in vielen bunten Bildern gezeigt. Neben professionellen Aufnahmen kommen dabei auch viele Privatvideos vom Laptop zum Einsatz. Beyoncé war die Chefin im Ring, denn sie führte auch Regie.

 

In Verlauf von „Life Is But A Dream“ erzählt Beyoncé, dass sie auf der Bühne und während eines Konzerts in eine andere Rolle schlüpft, quasi zu einer Art Schauspielerin wird. Dies sieht man „Live In Atlantic City“ deutlich an. Im Revel Casino Hotel in Atlantic City gastierte sie im Mai 2012 an vier Abenden hintereinander. Wie das aussah, kann man anhand der 21 Titel auf der zweiten DVD überprüfen. Beyoncé hat nicht zu viel versprochen und man sieht bei dieser Hochglanzproduktion mit einem riesigen Screen, der zu einer Art Hauptdarsteller wird, dass dies eher einer großen Las Vegas Show entspricht, denn einem Musikkonzert. Da sitzt jede Fingerbewegung, jeder Handgriff und als Zuschauer darf man da schon mal staunen, wenn die Sängerin mit ihren Tänzerinnen und Tänzern ihr durchgeplantes Sportprogramm absolviert. Das ist schon beachtlich was da geleistet wird, aber auch so spontan wie Heiligabend am 24. Dezember. Die wahre Beyoncé kriegt man da eher weniger zu Gesicht. Selbst bei den Balladen, wenn etwas Raum für Spontanität wäre und die Maske fallen sollte, ist das auch alles wie eine Hochzeit durchgeplant. Die Künstlerin weiß wo sie zu stehen oder knien hat, damit sie auch entsprechend ausgeleuchtet wird und ihr Haare durch die Windmaschine in Szene gesetzt werden können. Irgendwann zum Ende der Veranstaltung wagt sie sich auch noch an „I Will Always Love You“ (natürlich), bricht aber bei den schwierigen Passagen geplant ab und dann geht es nahtlos in „Halo“ über. Ihre Fans haben Tränen in den Augen. Sie geht dann auch noch auf Tuchfühlung mit selbigen und verteilt Küsschen. Selbst das wirkt geplant. Neben „Crazy In Love“, „Run The World (Girls)“ oder „Single Ladies“ gibt es erstmals „Flaws And All“, „Love On Top“ und „Schoolin‘ Life“ im Livegewand zu sehen und hören.

 

Technisch gesehen ist die Atlantic-DVD natürlich brillant. Das Bild ist gestochen scharf, der Kontrast gut eingestellt und selbst die Farben wirken bei voller Bühnenausleuchtung – und davon gibt es reichlich – sehr natürlich. Ein Rauschen ist nicht auszumachen und der Schwarzwert kann auch auf ganzer Linie überzeugen. Der Ton ist selbstredend auch sehr gut. Selbst die Kameraführung und der Schnitt dürfen als äußerst gelungen bezeichnet werden. Eine Hochglanzproduktion, die mal wieder Maßstäbe im Beyoncé Universum setzt. Das ist natürlich sehr positiv, unter dem Eindruck der Gesamtperformance kann man aber mal wieder festhalten: Beyoncé ist und bleibt die Klassenstreberin.

Als Bonus findet sich auf der Doppel-DVD übrigens noch ein Code, mit dem man sich den bis dato unveröffentlichten Song „God Made You Beautiful“ downloaden kann.

 

Fazit: „Life Is But A Dream“ gewährt einen Blick hinter die Fassade der Künstlerin Beyoncé. Manches wirkt wie eine Sitzung bei ihrem Therapeuten, anders ist eher befremdlich und man fragt sich, ob die sehr privaten Dinge, die ihre Schwangerschaft betreffen, wirklich öffentlich gemacht gehören. Viele Kritiker zeigen sich darüber begeistert, aber kritisch hinterfragen sollte man das schon. Die Live-DVD fährt alle Geschütze auf, die es im amerikanischen Showgeschäft gibt - nur mit einem Konzert hat das herzlich wenig zu tun. Bild und Ton sind teilweise brillant. Für Fans ist dieses Paket natürlich ein absoluter Pflichtkauf, alle anderen kriegen einen etwas anderen Blick auf Beyoncé geboten. Letztlich wird einem die Musik dadurch aber nicht näher gebracht! Eine sehr sterile Angelegenheit.

 

http://www.beyonce.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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