Jessie J: Alive
Universal
VÖ: 20.09.2013
Wertung: 6/12
Die Londonerin Jessie J als erfolgreiche Künstlerin zu bezeichnen wäre eine glatte Untertreibung. Die Singles des Debüts wurden allesamt zu Hits und hielten sich entsprechend lange in den europäischen Charts. In ihrer Heimat räumte sie zudem so ziemlich alles an Preisen ab, die es zu gewinnen gibt. Als Jurymitglied bei The Voice war sie dann auch noch regelmäßig im TV präsent. Mittlerweile gehört es für einen Popstar ja zum guten Ton mit David Guetta zu arbeiten. Dieser verschob wegen Jessie J extra die Veröffentlichung seiner Platte, damit er noch den gemeinsamen Song unterbringen konnte! Das ist auch mal eine Ansage. Jessie J war also omnipräsent und dürfte sich zum größten weiblichen Star in Europa gemausert haben. Jetzt legt sie mit „Alive“ nun auch endlich neues Material vor.
„Alive“ lässt zunächst kaum Unterschiede zu „Who You Are“ erkennen. Die neuen Songs sind allesamt im Mainstreampop verankert. Das Debüt konnte aber noch mit einigen wirklich guten Ideen überraschen, dies kann „Alive“ leider nicht. Jessie J platziert sich mit diesem Werk zwischen den ganzen Sternchen, die sich auf ähnlichem musikalischen Terrain bewegen. Klar, wer das Debüt mochte, wird jetzt nicht gleich schreiend davon rennen. Trotzdem kann man keine Weiterentwicklung erkennen. Die Songs von „Alive“ hätten auch alle ein Plätzchen auf dem Debüt gefunden – allerdings als Füller und nicht als Knaller. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.
War es bei „Who You Are“ noch Jessie J, die das Zepter des Handelns fest in der Hand hielt, ist sie nun auf andere angewiesen, damit sich so etwas wie ein Aha-Effekt einstellt. Bei der schon bekannten Single „Wild“ sind es Big Sean und Dizzee Rascal, die hier für ordentlich Betrieb sorgen. Jessie J bleibt da eher blass. Auch „Excuse My Rude“ knallt ordentlich - Nicki Minaj lässt grüßen. Ansonsten scheint sich Jessie J jetzt irgendwie als europäische Ausgabe von Pink zu sehen. Optisch nähern sie sich immer mehr an und „It´s My Party“ und „Sey Lady“ sind auch musikalisch in ähnlichen Gewässern angesiedelt. Immerhin lässt sie mit „Thunder“ auch mal aufblitzen, dass sie tatsächlich eine gute Sängerin ist. Schade, dass die Nummer musikalisch wieder in die belanglose Popecke abdriftet. Das ist mal wieder aus dem Baukasten entliehen, bei dem sich zur Zeit alle bedienen.
Das herrlich entschlackte „Harder We Fall“ zeigt ja, dass es eigentlich auch anders geht. Bei diesem Song darf sich Jessie J dann auch mal als ernsthafte Künstlerin und Musikerin zeigen. Die sirenenartige Ballade „Breathe“ ist dann schon wieder drüber. Das ist sicher nicht schlecht in Szene gesetzt worden, nur wo bleibt da die Eigenständigkeit? Wie will sich Jessie J damit von den vielen Popsternchen unterscheiden? Es klingt einfach nach Fließbandarbeit – und gewöhnlich. Die Stärke von „Alive“ liegt eindeutig in den ruhigen Stücken, die ganz dezent arrangiert und instrumentiert wurden. „I Miss Her“ ist da sicher an erster Stelle zu nennen. „Conquer The World“ - übrigens mit Brandy! - oder der Titeltrack „Alive“ können da einfach nicht mithalten und letztgenannter Nummer hört man auch deutlich an, dass Jessie J zu viel mit David Guetta rumgehangen hat.
Fazit: Jessie J macht mit „Alive“ dort weiter, wo sie mit „Who You Are“ aufgehört hat. Bei den schnelleren Popstücken sind ihr leider etwas die Ideen ausgegangen und dann wird es recht schnell austauschbar. Jessie J ist jetzt die britische Ausgabe von Pink. Bei den Balladen kann sie immerhin ihre Stimme voll ausspielen. „Alive“ lässt unter dem Strich keine Weiterentwicklung erkennen – ab damit ins Formatradio zwischen die ganzen anderen Popsternchen.
http://www.jessiejofficial.com/
Text: Torsten Schlimbach
Jessie J: Who You Are (Platinum Edition)
Universal
VÖ: 18.11.2011
Ruhe! Wir bitten mal kurz um Handzeichen! Wer hat noch nie was von Jessie J gehört? Alles klar und jetzt die Gegenprobe. Wer kennt Jessie J? Hey, es geht nicht darum wer sie persönlich kennt, ist doch klar. Ah! Das war klar. Alle also. Ja, dieses Jahr gab es kein Vorbeikommen an Jessie J und ihrer Musik. Mittlerweile muss man sogar von Hits sprechen. Der Sommer ist ja dieses Jahr eher ins Wasser gefallen und doch lieferte Jessie J irgendwie einen Sommerhit nach dem anderen ab. Ganz vorne dabei ist natürlich „Price Tag“. Die Nummer läuft ja immer noch täglich irgendwo im Radio. Ihr Album „Who You Are“ warf aber noch mehr Songs ab und so schaffte es Jessie J sogar auf die Couch von Deutschlands Pudel Nr. 1. Darauf hätten zu Beginn des Jahres sicher nur die Wenigsten gesetzt – wetten dass?
Mit „Domino“ gibt es nun eine neue Single. Die Nachricht ist ja jetzt nicht weiter ungewöhnlich. Die Tatsache, dass das Ding bisher allerdings nicht auf „Who You Are“ zu finden war aber schon. Diesen Track jetzt als Single zu veröffentlichen reicht natürlich nicht. Leider hat sich in der letzten Zeit die fürchterliche Vorgehensweise durchgesetzt, dass ein paar Monate nach der eigentlichen Albumveröffentlichung noch mal eine erweiterte Version nachgeschoben wird. Wie soll sich denn die potenzielle Käuferschicht nun verhalten? Da ist doch die Verunsicherung vorprogrammiert. Da diese Unsitte ja vermehrt im Pop- und R&B-Bereich zu finden ist, darf man sich auch nicht wundern, wenn die junge Zielgruppe da zu anderen Mitteln greift. Wer das Album also schon erworben hat, ist jetzt irgendwie der Angeschmierte. Immerhin gibt es neben der „Platinum Edition“ von „Who You Are“ auch noch eine Deluxe Variante, die zusätzlich noch eine DVD mit an Bord hat, die dann auch alle Erstkäufer versöhnen dürfte.
Jessie J hebt sich von den Kolleginnen aus Übersee einfach ab. Zwar ist auch vieles auf „Who You Are“ bunt wie ein Knallbonbon und manches wirkt auch leicht überzeichnet. Die junge Popkünstlerin ist aber dann aber doch weit vom Wegwerfpop entfernt. Stimmlich muss sie sich sowieso nicht verstecken, aber auch musikalisch hat sie so einiges drauf. Die kindliche Verspieltheit von „Who You Are“ macht Spaß und man hört der Platte zu großen Teilen einfach an, dass dies genau die Musik ist, die Jessie J machen will. Dass sie sich dabei auf dem urbanen Dancefloor austobt ist da nur naheliegend. Langweilig wird es sowieso nicht, da Jessie J die Musikrichtungen ebenso schnell wechselt, wie ihre sexy Unterwäsche. Da darf auch mal ein fetter Big Band Sound aufgefahren oder ein Rappart rausgerotzt werden. Selbst eine Akustiknummer scheut sie nicht. Sie lässt sich die Songs auch nicht nur auf den schönen Leib schreiben, sondern ist tatkräftig mit von der Partie. Die Halbwertzeit solcher Alben ist ja meist begrenzt, nach einem halben Jahr nach Veröffentlichung macht die Platte aber immer noch ungemein Spaß.
Die drei neuen Songs sind dann als Bonustracks auf der Platinum Edition zu finden. „Domino“ dürfte mittlerweile ja bekannt sein. Hier zeigt sich Jessie J wieder von einer anderen Seite. Der Song ist zunächst ein bisschen rockig angehaucht, geht dann aber in die Richtung, die auch Katy Perry gerne einschlägt. Nett, aber auch wenig spektakulär, da hat Jessie J eigentlich wesentlich mehr zu bieten. „My Shadow“ ist eine weitere neue Nummer. Leider reiht sich dieser Track zwischen der ganzen Chartssuppe ein. Der Refrain brennt sich allerdings schnell in den Gehörgängen ein. Für „Laserlight“ hat sie sich mit David Guetta zusammengetan. Man kann nur hoffen, dass sie in Zukunft bessere Ideen hat – diese gehörte nämlich zu den nicht ganz so geglückten. Diesen Kirmesbumssound hat sie eigentlich nicht nötig.
Fazit: Der Mehrwert der Platinum Edition von „Who You Are“ von Jessie J hält sich schwer in Grenzen. Wer das ursprüngliche Album schon in seinem Besitz hat, wird auch ganz gut ohne die Neuauflage leben können. Sollte allerdings jemand mit dem Gedanken spielen, sich aufgrund der bisherigen Radiohits das Album zu zulegen, dann macht diese Veröffentlichung natürlich Sinn. Fans sollten aber gleich zur erweiterten Ausgabe mit der DVD greifen! Hoffentlich sind die drei Bonustracks nicht ein Fingerzeig für die Zukunft, denn hier verkauft sich Jessie J deutlich unter Wert!
http://www.jessiejofficial.com/
Text: Torsten Schlimbach
Jessie J: Who You Are
Universal
VÖ: 20.05.2011
Wertung: 8/12
Jessica Cornish wird derzeit als neue Popgöttin gepusht. Besser bekannt ist die Dame als Jessie J und wenn man den britischen Medien mal wieder glauben darf, dann wird dieser Name auch bald außerhalb der Insel in aller Munde sein. Das Debütalbum von Jessie J wird heiß für den Newcomer-Thron 2011 gehandelt. In UK ist das Ding schon veröffentlicht, nun darf sich auch der Rest der Welt davon überzeugen, ob es sich hier mal wieder um den Hype des Monats handelt oder ob da wirklich mehr dahintersteckt.
Jessie J hat es aufgrund der ganzen Vorschusslorbeeren nicht ganz einfach, denn die Messlatte liegt doch extrem hoch und und die in sie gesteckten Erwartungen können eigentlich nicht erfüllt werden. „Who You Are“ wurde das dreizehn Songs starke Debüt betitelt und ist doch einigermaßen überraschend. Jessie J ist ja ein Gesamtkunstwerk. Dazu gehört auch ihr ganzes Erscheinungsbild. Optische Reize setzt sie geschickt ein. Das Booklet ist entsprechend damit angereichert worden und auch sonst weiß sich die Dame in Szene zu setzen. Stimmlich kann sie allerdings auch überzeugen und somit scheint das ganze Getöse im Blätterwald auch durchaus seine Berechtigung zu haben.
Jessie J hat ja schon für verschiedene US-Größen aus der ersten Reihe gearbeitet und das hört man dem Album an. Wie das? Ganz einfach, hier ist alles dabei, was der Pop-, R&B-, Soul- und HipHop-Bereich momentan so zu bieten hat. Man könnte fast zu jedem einzelnen Song eine andere Referenz nennen. Dies ist Segen und Fluch zugleich. Eine Richtung fehlt nämlich. Es gibt keinen roten Faden, alles ist eben möglich. Auf der anderen Seite ist dies genau jenes Pfund, mit dem Jessie J wuchern und punkten kann. Mit „Who You Are“ unterstreicht sie jedenfalls ihre immens große Vielseitigkeit.
Egal, ob man ihre Musik nun mag oder nicht, man muss einfach anerkennen, dass die junge Britin stimmlich zur ersten Riege gehört. Mit „Price Tag“ fängt das Album fast harmlos in Popgefilden an. Bei dieser Nummer ist übrigens B.o.B. mit von der Partie – mehr Gäste gibt es nicht. Die Reise geht in eine Avril Lavigne Richtung, die mit „Nobody´s Perfect“ dann aber auch gleich wieder geändert wird. Ein fetter Beat rollt von links nach rechts und von rechts nach links. Jessie J schwingt sich hier zu einer Art britischen Rihanna auf. „Umbrella“ hatten wir doch schon, oder? Mit dem fluffigen „Abracadabra“ folgt der Gegenpart. Ein paar Rockelemente lockern das Ding auf. Der Refrain kommt sehr gefällig daher und setzt sich schnell im Ohr fest. Der Song sorgt jedenfalls für gute Laune.
Danach gibt es durch „Big White Room“ einen Bruch. Der Track liegt nämlich in einer Liveversion vor. Irgendwie komisch für ein Debütalbum. Dieses akustische Stück unterstreicht jedenfalls die gesanglichen Qualitäten von Jessie J und stellt die musikalische Vielseitigkeit in den Vordergrund. Mit dem an Mariah Carey erinnernden „Casuality Of Love“ geht es weiter. Schöne Ballade. „Rainbow“ haut anschließend dafür umso mehr auf den Putz. Die 22-jährige darf hier zeigen, dass sie auch Sprechgesang beherrscht. Der Refrain ist dann ja wieder Pop in Reinkultur. „Who´s Laughing Now“ verbeugt sich dann vor dem aktuellen Dancetrend. Jessie J packt aber noch eine gehörige Portion Coolness obendrauf. Nicki Minaj tobt sich auch auf diesem Parkett aus – um mal einen neuen Namen ins Spiel zu bringen. „Do It Like A Dude“ dürfte auch Will.I.Am gefallen. Mit „Mamma Knows Best“ darf es dann auch mal Swing in der Jessie J Version sein, die allerdings stark an Christina Aguilera erinnert. Der Song knallt aber ordentlich rein und die junge Britin kann gesanglich alles zeigen – das ist bekanntlich eine ganze Menge. „L.O.V.E.“ ist netter Popstandard, da gefällt „Stand Up“ schon mehr. „I Need This“ kommt als Halbballade nach hinten raus noch mal ganz nett, bevor „Who You Are“ von der Stimme zum Ende getragen wird.
Fazit: Jessie J kann mit „Who You Are“ dem ganzen Hype gerecht werden. Stimmlich darf sich die junge Britin in eine Reihe mit den ganzen US-Damen stellen. Wie man sich optisch in Szene setzt, weiß sie ja auch nur allzu gut. Die Voraussetzungen sind also bestens. Allerdings fehlt es auch etwas an Eigenständigkeit, denn vieles erinnert eben auch an die Kolleginnen. Das Album ist somit ein buntes Sammelsurium an aktuellen Trends und könnte glatt ein Best-Of sein. Schlechter wird es dadurch nicht – im Gegenteil.
http://www.jessiejofficial.com/
Text: Torsten Schlimbach