Running Wild: The First Years Of Piracy
BMG
VÖ: 27.05.2022
Wertung: 8/12
Rolf „Rock ’n’ Rolf“ Kasparek ist der Kopf hinter Running Wild und das letzte verbliebene Originalmitglied. Das deutsche Heavy Metal-Schlachtschiff ist somit im Grunde keine Band im eigentlichen Sinne. Vielleicht wurden die Anfänge dem noch am ehesten gerecht. 1991 gab es nach der „Death Or Glory“-Tour allerdings wieder einige Änderungen im Line-Up. Man entschied sich, die besten Songs der ersten drei Alben noch mal neu aufzunehmen, woraus wiederum „The First Years Of Piracy“ entstand.
Besagtes Album war lange vergriffen und wurde auch nicht mehr aufgelegt. Jetzt wird die Scheibe das erste Mal seit 30 Jahren wieder auf CD veröffentlicht. Eine ganz neue Generation kann somit die Anfänge von Running Wild noch mal in kompakter Form entdecken. Auch die alten Anhänger werden sich freuen, denn sie waren es schließlich, die immer wieder nach einer neuerlichen Veröffentlichung fragten.
Nach den okkulten Anfängen von Running Wild waren es die Piraten-Themen, welche eine andere Richtung einschlugen. „Under Jolly Roger“ war da ein wichtiger Song. Musikalisch ist das klassischer Heavy Metal der 80er. Die Songs brauchen sich letztlich nicht hinter Genre-Größen zu verstecken. „Raw Ride“ klingt dabei wie eine Mischung aus Judas Priest und Iron Maiden. Der Gesang ist klar und druckvoll. Starkes Ding! „Branded And Exiled“ hat ein typisches Trademark-Bass- und Gitarrenspiel zu bieten. Das Schlagzeug scheppert wunderbar dazu.
Die Matte kann man auch zu „Raise Your Fist“ oder „Walpurgis Night“ schwingen. Markerschütternde Schreie sind ebenfalls dabei. „Fight The Oppression“ legt in Geschwindigkeit noch mal zu, aber das ist auch deutlich bei Motörhead abgeguckt. Bis zu „Prisoner Of Our Time“ wird die klassische Heavy Metalflagge hochgehalten.
Fazit: Wer auf den klassischen Heavy Metal der 80er abfährt, sollte „The First Years Of Piracy“ auf jeden Fall antesten. Die erneute Veröffentlichung des Werks dürfte neue Fans ebenso ansprechen, wie alte Running Wild-Anhänger, die das abgeranzte Album nun endlich austauschen können. Seit 30 Jahren erstmals wieder auf CD!
https://runningwildband.lnk.to/PiracyPR
Text: Torsten Schlimbach
Running Wild: Ready For Boarding
BMG
VÖ: 27.05.2022
Wertung: 8/12
Auch „Ready For Boarding“ von Running Wild war lange vergriffen. Jetzt wird dieses Live-Album mit Songs des Münchner Konzerts von 1987 erneut in die Läden gestellt. Das Bonusmaterial ist allerdings der heimliche Star dieser neuerlichen Veröffentlichung. Erstmals überhaupt auf DVD sind hier Tracks der „Death Or Glory“-Tour aus Düsseldorf zu finden. Die Aufnahmen sind übrigens aus dem Jahr 1989. 1987 erfanden Running Wild quasi das Pirate Metal Genre und somit wurde dieses Album hier dann an Anlehnung daran „Ready For Boarding“ betitelt.
Die Scheibe hatte mit „Purgatory“ sogar einen unveröffentlichten Song zu bieten. Das ist eine Heavy Metal Sause der Extraklasse. Schon alleine dafür war die Anschaffung von „Ready For Boarding“ lohnend. Im Grunde funktioniert das sowieso wie ein „Best Of“ der vorangegangenen drei Alben. Man hat hier die besten Songs ausgewählt und auf die Bühnenbretter genagelt. Auf das grandiose Intro „The Hym Of Long John Silver“ folgt mit „Under Jolly Roger“ der vielleicht beste und wichtigste Song von Running Wild aus dieser Zeit – wenn nicht sogar der ganzen Karriere.
„Raise Your First“ und das grandiose „Raw Ride“ sind weitere Songs, die den neuen Piratenweg beschreiten. Der Rest der Live-Songs konzentriert sich auf die okkulte (Black)-Metal Anfänge. „Mordor“ oder auch „Prisoner Of Our Time“ sind ziemliche deutlich. Tolkien hat ja schon immer Anlass zur Inspiration geboten.
Die DVD setzt das Ganze dann auch visuell ins richtige Metal-Licht. Da werden vor der Show auch gerne mal die Haare vor dem Spiegel mittels Haarspray in Form gebracht. Spandexhosen und Leder sind weitere Spiegelbilder jener Metaltage. Das Publikum ist mit vielen Jeanskutten ausgestattet. Auf der Bühne werden die Haare geschwungen, es tropft der Schweiß, der Drummer glänzt durch freien Oberkörper und ein bisschen Feuer gibt es hier und da auch, kurzum: sämtliche Metal-Klischees der 80er sind bei der Running Wild-Show vertreten, inklusive Bass Solo. Das Bild reißt unter heutigen Gesichtspunkten keine Bäume aus, Schlieren, Graining – alles dabei. Es steht aber ja auch keine große Produktion dahinter. Der Charme dieser Zeit wurde hier aber kongenial eingefangen.
Fazit: Wer Running Wild liebt oder erst jetzt für sich entdeckt, aber auch wer Fan des klassischen 80er-Jahre Heavy Metal ist, sollte sich „Ready For Boarding“ anhören und angucken. Hier gibt es die Heavy Metal-Vollbedienung mit allen Facetten. Das ist – besonders was die Optik betrifft – natürlich reichlich angestaubt, macht aber darum sogar umso mehr Laune.
Text: Torsten Schlimbach