Glasvegas: Later...When The TV Turns To Static

Glasvegas: Later...When The TV Turns To Static

BMG/Rough Trade

VÖ: 06.09.2013

 

Wertung: 7/12

 

Glasvegas waren ja noch nie eine Band, die einen Anwärter für den Sommerhit des Jahres im Gepäck hat. Die Schotten hatten bisher vielmehr den Soundtrack für die Regentage eingepackt. Man konnte zu den Songs seine Depression pflegen und in einer melancholischen Stimmung seinen Tagträumen nachhängen. Dies alles ist nun fast vorbei. „Later...When The TV Turns To Static“ geht noch einen Weg weiter. Was die Herrschaften da in den Glasgowern Gorbal Studios aufgenommen und produziert haben, ist dunkel wie die Nacht. Erst zum Schluss dämmert es und das Tageslicht ist zumindest zu erahnen. Und ganz am Ende landet man doch nur in der Hölle!

 

„Later...When The TV Turns To Static“ verbreitet die klaustrophobische Atmosphäre des nächtlichen Alleinseins. Der Fernsehsender hat sich gerade abgeschaltet und das weiße Rauschen treibt einen in den Wahnsinn. Die zehn Songs des Albums können das auch. In der Dunkelheit. Bei Liebeskummer. In einer schlechten Lebensphase. Düster, dunkel und bedrohlich schälen sich die Nummern vom Titeltrack bis zu „Finished Sympathy“ aus den Boxen. Ganz zum Schluss wird man nach dem letzten Stück endgültig in den Abgrund gerissen. Vorbei.

 

Die Platte hält unter den Soundschichten eine ganze Menge Schönheit bereit. Man muss nur danach graben. Bei „Youngblood“ lohnt es sich. The Jesus and Mary Chain waren ja auch Meister darin. Es dröhnt und scheppert. Ganz anders ist da „All I Want Is My Baby“. Im Prinzip der Gegenentwurf. Stille und aus weiter Ferne kommt die Musik und der entrückte Gesang, der im bedrückende „Secret Truth“ seinen Höhepunkt erfährt. Das Album enthält auffällig viele ruhige Songs – bei anderen Bands würde man von Balladen sprechen. Irgendwie passt dieses Wort aber nicht zu diesem Album. „I´d Rather Be Dead (Than Be With You)“ fällt auch in diese Sparte. Erfreulicherweise haben sich Glasvegas zurückgehalten und nicht den üblichen Bombastkleister darüber gekippt. Die Pathoskeule wird trotzdem sehr häufig geschwungen, immer durchschnitten von einer sägenden Gitarre („Magazine“). Die Platte ist zwar sehr stimmig, aber spätestens mit „If“ machen sich auch einige Ermüdungserscheinungen breit. „Neon Bedroom“ kann dem nur noch wenig hinzufügen. „Finished Sympathy“ fährt als letztes Stück noch mal das ganz große Besteck auf. Versöhnliche Töne sind zu vernehmen, aber danach stürzt alles ein. Alles.

 

Fazit: „Later...When The TV Turns To Static“ ist etwas anders ausgefallen wie seine Vorgänger. Der typische Glasvegas-Sound ist natürlich immer noch vorhanden, aber nicht mehr ganz so bombastisch. Dafür sind die Songs jetzt noch düsterer geworden. In einer Lebenskrise kann einen dieses Werk noch mehr runterziehen, aber auch ein treuer Begleiter werden. Gut, dass die Band nur zehn Songs auf das Album gepackt hat, denn so homogen es auch sein mag, es fehlt der Spannungsbogen und dann wird es auch mal eintönig. Ein Album für die Nacht und diese hat bekanntlich nicht viele Farben zu bieten.

 

http://glasvegas.net/

 

Text: Torsten Schlimbach

Glasvegas: dito

Glasvegas: dito

Sony

VÖ: 08.06.2012

 

Wertung: 7,5/12

 

Es ist noch nicht lange her, dass einem Glasvegas als die neuen Retter der britischen Musikgeschichte angepriesen wurden. Mittlerweile sind sie fast schon wieder in Vergessenheit geraten. Gerade die letzte Studioplatte vom letzten Jahr erwies sich mehr oder minder als Rohrkrepierer und aus der hoffnungsvollen Band wurde plötzlich eine ganz gewöhnliche, die sich mit vielen anderen um ein kleines Stück vom Kuchen streiten musste. Vielleicht wurden sie zu schnell hoch geschrieben. Alan McGee war an dem ganzen Hype um die Band aus einem Glasgower Arbeiterviertel auch nicht ganz unbeteiligt. Sein Wort hat immer noch Gewicht und was ihm gefällt hat auch gefälligst allen anderen zu gefallen.

 

Warum dieser ganze Hype überhaupt entstanden ist, kann man nun erneut anhand des gleichnamigen Debütalbums noch mal nachvollziehen. Auch diese Platte wird im Rahmen der „London Rocks! Music Made In The UK“ erneut im stilechten Digipack und selbstverständlich mit originalem Booklet neu aufgelegt. Die Platte sollte auf jeden Fall angetestet werden – und sei es nur um einen der größten britischen Hypes des letzten Jahrzehnts zu erforschen.

 

Auf diesem Album ist alles eine Spur größer! Wuchtiger! Dieser Wall Of Sound erschlägt einen förmlich. Derart verschwenderisch ging schon lange keine Band mehr mit Pathos und Bombast um. Hier wurde Sound auf Sound aufgetürmt und in verschwenderischem Ausmaß mit Hall gearbeitet, dass man mit offenem Mund vor der Anlage sitzt. Dagegen wirkt eine Band wie U2 wie Minimalisten. Bei Glasvegas ist alles eben ein bisschen größer! Selbst der Glasgower Lokalkolorit und der Akzent dürfte in diesem Ausmaß neu sein. Sie scheuen nicht mal vor Beethoven´s Mondschein Sonate zurück, die auf dem Album auch noch verbraten wird.

 

Erstaunlicherweise funktioniert dies in der richtigen Stimmung alles bestens. Da wird man vom überbordenden „Go Square Go“ mitgerissen. Oder von der Single „Geraldine“ vom Bass schier umgeblasen. Glasvegas machen immerhin nicht auf halber Strecke kehrt. Wenn schon Pathos, dann aber auch richtig. Bombastischer kann ein Sound nicht sein. Minimalismus ist eben nicht das Ding dieser Band. Andere würde aus der vermeintlichen Ballade „Lonesome Swan“ eine kleine Akustiknummer machen. Nicht so Glasvegas, klar. Da dengeln die Gitarren und alles schwillt zu einem Klanggemälde an, dass man förmlich umgehauen wird. „Daddy´s Gone“ legt dann gar noch eine Prise Glampop obendrauf. Einzig das wundervolle „Stabbed“ ist herrlich reduziert – trotz Beethoven. Die Nummer ist ja auch weniger Song und vielmehr schlichte Erzählung.

 

Fazit: Bombastpop wurde mit Glasvegas auf eine neue Stufe gehoben. Mehr Pathos geht nicht. Mehr Hall ebenfalls nicht! Einer der größten Hypes der letzten Jahre entpuppte sich schließlich als Sturm im Wasserglas. Das Songwriting war insgesamt wenig abwechslungsreich und trotzdem sind die Songs in der richtigen Stimmung immer noch eine Wucht! Wer die Platte noch nicht hat, sollte die Chance nutzen und sich diese im Rahmen der „London Rocks! Music Made In UK“ Serie zulegen und sich umblasen lassen.

 

http://www.glasvegas.net

 

Text: Torsten Schlimbach

 

Und so liest sich die komplette Serie von „London Rocks! Music Made In The UK“

 

The Lightning Seeds: "Like You Do - Best Of The Lightning Seeds"
Emerson Lake & Palmer: "Tarkus"
Alison Moyet: "Alf"
Jamiroquai: "Travelling Without Moving"
The Coral: "The Coral"
Manic Street Preachers: "Generation Terrorists"
Leona Lewis: "Spirit"
Mark Ronson: "Version"
Natasha Bedingfield: "N.B. "
The Ting Tings: "We Started Nothing"
Fatboy Slim: "You’ve Come A Long Way, Baby"
Paul Potts: "One Chance"
Dido: "Life For Rent"
George Michael: "Faith"
Judas Priest: "British Steel"
Primal Scream: "Screamadelica"
The Stone Roses: "The Stone Roses"
Glasvegas: "Glasvegas"
Scouting For Girls: "Everybody Wants To Be On TV"
Kasabian: "West Ryder Pauper Lunatic Asylum"

Glasvegas: Euphoric///Heartbreak\\\

Glasvegas: Euphoric///Heartbreak\\\
Sony

VÖ: 01.04.2011

 

Wertung: 8/12


Das Debüt von Glasvegas sorgte im Jahr 2008 für einiges an Aufsehen. Die Presse überschlug sich mal wieder und schnell waren neue Superstars geboren. Auch das Zuschauerinteresse stieg stetig und die Nachfrage nach neuen Songs war immer da. Und was machten die Jungs aus Glasgow? Sie zogen sich zurück. Ins stille Kämmerlein? Vermutlich! Es wurde jedenfalls kein Albumschnellschuss aufgenommen um den Erfolg weiter anzukurbeln. Jetzt ist es aber soweit und „Euphoric///Heartbreak\\\" erscheint.

 

Die Schotten holten sich mit Flood einen Mann an die Regler, der etwas vom Breitwandsound versteht. Er hat ja nicht umsonst schon mit Depeche Mode, U2, Placebo oder den Editors zusammengearbeitet. Aufgenommen wurde die neue Glasvegas Langrille in London und Santa Monica. Die feste Stammbesetzung der Band ist immer noch James Allan (Gesang, Gitarre), Rab Allan (Gitarre) und Paul Donoghue (Bass). Der Job hinter der Schießbude ist bei Glasvegas traditionell immer etwas schwierig. Das Besetzungskarussell dreht sich da immer extrem schnell. Mit Jonna Löfgren wurde der Job nun besetzt.

 

„Euphoric///Heartbreak\\\" fährt eine ganze Menge Bombast und Pathos auf. Was manch einer gerne als Kritik verstanden wissen will, ist an dieser Stelle aber ausdrücklich als Kompliment gemeint. Man muss dafür nämlich nicht nur ein Händchen haben, sondern auch immer die richtige Balance finden, damit das nicht in den Kitsch rüber gleitet. Flood war und ist dafür wahrscheinlich genau der richtige Mann. Das neue Glasvegas Album klingt dann auch glatt so, als hätte der Meister alle Bands, mit denen er bisher gearbeitet hat, in einem Studio versammelt und munter drauflos spielen lassen.


Glasvegas bewegen sich aber auch ganz nahe im Dunstkreis der großartigen isländischen Band Sigur Rós. Nicht nur musikalisch, sondern auch stimmlich ist das oftmals sehr nahe beieinander. Nach dem sphärischen Auftakt von „Pain Pain Never Again" folgt mit „The World Is Yours" der emotionale Ausbruch. Hier werden sämtliche Knöpfe der Gefühlsklaviatur gedrückt. Unter der Oberfläche brodelt es aber gewaltig und es gibt so manchen Tempowechsel. Zum Schluss schwillt das natürlich zum großen Bombast an. Was für ein Auftakt! Da dürfte sich das eine oder andere Nackenhaar aufstellen. „You" reitet im Prinzip auf dem immer wiederkehrenden Drumbeat rum. Dazu werden die Strophen mit viel Hall gesungen und zum Refrain hin schwingt wieder - na klar - der ganze Pathos dieser Welt mit. Manchmal schleppen sich die Songs aber auch nur in einem orchestralen Etwas dahin, wie bei „Whatever Hurts You Through The Night". Auffällig ist der rote Faden und dass die Qualität auch mit den Nummern „Dream Dream Dreaming" oder „Euphoria, Take My Hand" gehalten wird. Vielleicht veranstaltet die Band demnächst auch noch ein Quiz und wer errät, aus welchen beiden Coldplay- und U2-Songs sich „I Feel Wrong" zusammensetzt, gewinnt ein Abendessen mit der Band und ein verlängertes Wochenende gibt es dann, wer noch weiß welcher Coldplay Song jetzt „Euphoria, Take My Hand" genannt wird. Das ist aber nun wirklich einfach. Ihr Meisterstück haben Glasvegas sowieso mit „Lots Sometimes" abgeliefert. Über sechs Minuten steigert und steigert sich dieses Stück, bis es zum Schluss den totalen Ausbruch gibt. Glasvegas können nämlich auch Krach.


Fazit: Glasvegas sind mit einem großen Hang zum Pathos und Bombast sicher nicht Jedermanns Sache. Sie treiben ihre Songs in Höhen und Spähren, die andere Bands mit ihrem kompletten Schaffen nicht erreichen. Das Tolle ist ja, dass Glasvegas das aber auch wirklich können und mit Flood genau der richtige Mann mit an Bord war. Zudem kommt das Album sehr homogen und wie aus einem Guss aus den Boxen. Der rote Faden ist immer vorhanden. Die Warterei hat sich doch gelohnt!

 

http://www.glasvegas.net

 

Text: Torsten Schlimbach

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