The Vaccines: Come Of Age

The Vaccines: Come Of Age

Sony

VÖ: 31.08.2012

 

Wertung: 8/12

 

Das Album nach dem Hype ist immer eine besonders schwierige Kiste. Das dürften jetzt auch The Vaccines gemerkt haben. Waren sie noch beim Erstlingswerk völlig unbeleckt von dem ganzen Zirkus und durften nach den Aufnahmen staunend den ganzen Wahnsinn beobachten der um sie herum entstand, so sind sie jetzt sicher nicht mehr mit einer gesunden Portion Naivität ausgestattet. Nach unzähligen Konzerten, Festivals, Preisverleihungen und 400.000 verkaufter Einheiten von „What Did You Expect From..“ ist die Welt nicht mehr wie vorher. Zudem musste sich Sänger Justin Young im letzten Jahr auch noch drei(!) Operationen an den Stimmbändern unterziehen.

 

Und was machen The Vaccines? Sie machen einfach da weiter, wo sie aufgehört haben. Völlig ungerührt und unbeeindruckt. Und trotzdem ist diese Platte auch irgendwie anders. Weicher. Die Songs sind nicht mehr so sehr im Garagenrock angesiedelt, sondern gehen teilweise in Richtung Surf-Pop! Natürlich ist das alles immer noch komplett Retro-Rock. The Vaccines werden ja gerne als Retter der Rockmusik genannt. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, dann erfolgt diese Rettung aber nur in der Vergangenheit. The Vaccines sind nämlich hoffnungslose Romantiker, die mal wieder tief in den Raritätenkisten der 50er, 60er und 70er gegraben haben.

 

„No Hope“ klingt allerdings so ein bisschen nach den späten Libertines, die versuchen würden einen Klassiker der Stooges zu covern. „I Always Knew“ würde glatt die Oma erfreuen, die in Erinnerungen schwelgen und noch mal ihre Teenagerzeit vor dem geistigen Augen abspulen könnte, wenn da nicht diese Schnoddrigkeit wäre, mit der The Vaccines immer wieder um die Ecke gebogen kommen. Über jeden Song haben sie eine gesunde Portion Dreck der Straße gekippt. Ein bisschen Aufruhr muss sein. Und dann haben diese Jungspunde doch glatt auch noch ein traumwandlerisches Händchen für eingängige Melodien. „Teenage Icon“ ist ja derart durch den Hitkessel gejagt worden, dass einem Angst und Bange werden kann. Die Gitarrensolos – so man diese überhaupt so nennen kann - dürfen dafür gerne angezerrt und schräg sein.

 

„All In Vain“ wird von einer Gitarre eröffnet, die George Harrison mit Stolz erfüllen würde. Überhaupt hat dieses Stück die Beatles als Patenonkel mit auf den Weg bekommen. Mit dem Rodeoritt „Ghost Town“ lärmen sie sich gar ein bisschen in Psychedelic-Gefilde. „Aftershave Queen“ unterstreicht abermals, dass die Band Hits mal eben so im Vorbeigehen aus dem Ärmel schütteln kann. „Weirdo“ erinnert hingegen an The Smiths, während „Bad Mood“ eine Mischung aus den Stooges, Ramones, Black Sabbath und Pearl Jam anrührt. Sie machen auf und mit diesem Album alles richtig und so gibt es zum Schluss mit „Lonely World“ dann auch den längsten Track. Ein entspannter und an Noel Gallagher erinnernder Song. Zucker. Tanzt die Jugend von heute eigentlich noch einen Schiebeblues? Jetzt wohl wieder!

 

Fazit: The Vaccines stemmen die schwierige zweite Platte mit „Come Of Age“ mit einer Leichtigkeit, die schon beachtlich ist. Ob der Hype jetzt wieder etwas abschwächt, muss abgewartet werden. Die Retter des Rock ist diese Retroband sicher nicht, wollte sie auch nie sein. Trotzdem machen auch die neuen Songs wieder eine ganze Menge Spaß. Zwischen Surfp-Pop, der Beatmusik der 60er und natürlich auch wieder Garagenpunk, rotzen sie hier ein Werk raus, das man einfach ins Herz schließen muss! Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger!

 

http://www.thevaccines.co.uk/de/home/

 

Text: Torsten Schlimbach

The Vaccines: What Did You Expect From The Vaccines?

The Vaccines: What Did You Expect From The Vaccines?
Sony Music

 

Wertung: 9/12

 

Ja, was erwarten wir denn eigentlich von The Vaccines? Gibt es überhaupt Erwartungen? Woher sollen diese kommen, denn The Vaccines kennt doch keiner und „What Did You Expect From The Vaccines?" ist schließlich erst das Debüt?! Gut, dass es das Internet gibt, denn in einer Vielzahl von Blogs, Netzwerken und Artikeln gilt die Londoner Band als der Geheimtipp für das Jahr 2011! Es müsste auch mit dem Teufel zugehen, wenn sich die Band nicht vom Geheimtipp zu einem DER Acts 2011 mausern würde.

 

Die elf Songs sind nämlich verdammt noch mal Volltreffer. Volltreffer mitten in das Rock and Roll und Punkherz. Der Rock hat ausdrücklich seinen Bruder Roll eingeladen. Dies ist leider ja nicht mehr so häufig der Fall. Angereichert um eine große Prise Punk hat dieses Album ungemein viel Schmiss und Schmackes zu bieten. Der leise Albumausklang von „Family Friend" ist da die Ausnahme. Es ist aber auch zu schön, dieses Werk mit diesen sanften Pianoklängen zu beenden.

 

Wenn man The Vaccines beschreiben möchte, dann kann man dazu auch eine ganze andere Band heranziehen. Der Songtitel „Wreckin´ Bar (Ra Ra Ra)" erinnert ja alleine schon an die Ramones. Die Nummer selber klingt dann auch wie ein bisher verschollener Ramones-Titel. Das ist nicht dreist geklaut, sondern eine sehr würdevolle Hommage von The Vaccines. „If You Wanna" fügt dem musiaklischen Puzzle dann sogar noch den guten alten Rock and Roll der 50er hinzu. „A Lack Of Understanding" hingegen lässt sogar Assoziationen zu den Editors zu. Für Abwechslung ist also auch gesorgt. The Vaccines pflügen manchmal auch sehr beschwingt durch die Songs und bleiben wie bei „Blow It Up" unter der drei Minuten Grenze oder mit „Norgaard" sogar unter zwei Minuten.

 

Fazit: The Vaccines werden nicht mehr lange den Status eines Geheimtipps genießen. Mit dem beschwingten Album „What Did You Expect From The Vaccines?" legen sie ein formidables Debüt zwischen Rock and Roll und dem Punk der Marke Ramones hin. Die Briten bereiten einem mit diesem Album sehr viel Freude und zeigen, wie Popmusik heute auch klingen kann - nämlich gut!

 

http://www.thevaccines.co.uk/gb/home/

 

Text: Torsten Schlimbach

Empfehlen Sie diese Seite auf:

Druckversion | Sitemap
Dream Out Loud Magazin: © Torsten Schlimbach / Header: © Kai Knobloch