Amy: OST
Universal
VÖ: 30.10.2015
Wertung: 8,5/12
Amy Winehouse war eine der letzten großen Stars der jüngeren Generation und Musikgeschichte, bevor sie am 23. Juli 2011 in den 27er-Club im Himmel aufgenommen wurde. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der erste Film über ihr Leben produziert wird. Mit „Amy – The Girl Behind The Name“ wurde dieses Jahr eine Dokumentation in die Kinos gebracht, der das Leben der Künstlerin in knapp 130 Minuten nachzeichnet. Die Reaktionen waren durchaus sehr positiv, gleichwohl sich Vater Mitch Winehouse beschwerte und seine Tochter nicht richtig dargestellt sah. Ausgerechnet. Natürlich gibt es auch einen Soundtrack dazu, der jetzt veröffentlicht wird.
„Amy“ enthält neben den Songs von Komponist Antonio Pinto auch einige rare Aufnahmen von Amy Winehouse. Dazu zählen auch unveröffentlichte Demo-Titel und Live-Versionen ihrer großen Hits. Anhand der Musik lässt sich der Werdegang von Amy Winehouse dann auch noch mal auf wundervolle Art und Weise nachvollziehen. Der Soundtrack ist dann auch mit 23 Tracks bis zum Anschlag vollgepackt.
Die Kompositionen von Antonio Pinto sind meist sehr atmosphärisch, traurig und schwermütig. So ist schon „Opening“ ein Garant dafür in tiefe Depressionen zu verfallen Da kommt das lässige „Stronger Than Me“ von Amy Winehouse anschließend genau richtig und man kann sich als Zuhörer wieder aufrappeln. Hier kann man dann auch noch mal wunderbar nachhören, dass die Dame mit einer wirklich außergewöhnlichen Stimme gesegnet war und das soulige und jazzige Stück von ihrer Stimme und der Phrasierung lebt und es nicht viel an musikalischer Unterstützung bedarf. Dann darf wieder Pinto ran und es wird wieder schwermütig und nachdenklich, aber dieses Mal mit anderen Mitteln und der Song wirkt durch die Streicher etwas forscher. Das könnte man sich auch gut als musikalische Untermalung von „Game Of Thrones“ vorstellen. „What Is It About Me“ vom North Sea Jazz Festival ist – und das muss man dann auch mal sagen dürfen – ziemlich langweilig und langatmig.
„Some Unholy War“ in der Downtempo Version klingt nach rauchigem Jazz-Barkeller. Dazwischen gibt es immer mal wieder Antonio Pinto und seine traurigen Klänge zu hören. Die Demoversion von „Like A Smoke“ reißt jetzt keine Bäume aus, aber das darf man von einem Demo auch nicht erwarten. Eine nette, kleine Fingerübung und genau der richtige Auftakt für „Tears Dry On Their Own“ - ein großartiger Song! „Back To Black“ fängt als Acapella-Nummer an und geht dann in die bekannte Albumversion über. Zu dem Song muss man ja nichts sagen – längst ein moderner Klassiker. Selbiges gilt für „Rehab“, hier in einer Live-Version von Jools Holland. Es sind aber andere Songs, die mehr berühren. „We´re Still Friends“ beispielsweise, ein Song der nach einer alten und ganz Großen des Jazz und Soul klingt. „Amy Live“ von Pinto dürfte danach auch den einen oder anderen zu Tränen rühren. „Love Is A Losing Game“ von den Mercury Awards kennt man natürlich – ist aber immer wieder ein Genuss. Das Duett „Body And Soul“ mit Tony Bennett ist einfach großartig. Und dann gibt es ganz zum Schluss „Valerie“ in der Live-Version der BBC. Ein reduzierter, aber würdiger Abschluss.
Fazit: Der Soundtrack zu „Amy“ ist durchaus gelungen und die atmosphärischen Sounds von Pinto verstärken den intensiven Eindruck sehr stark. Die Songs von Amy Winehouse kennt man ja, aber hier gibt es einige rare Versionen im Livegewand oder Demos zu hören. Das ist nicht immer erstklassig, zeichnet aber wunderbar den Werdegang von Amy Winehouse nach. Und die Welthits verdeutlichten noch mal das außergewöhnliche Talent der Frau!
http://www.amy-derfilm.de/home.html
Text: Torsten Schlimbach
Amy Winehouse: At The BBC (CD/DVD)
Universal
VÖ: 16.11.2012
Wertung: 10/12
Tipp!
Am 23. Juli verlor die Musikwelt eines ihrer größten Talente der jüngeren Geschichte. Amy Winehouse hatte den Kampf gegen ihre Dämonen verloren. Ihr kurzes Leben wurde die letzten Jahre durch die Medienlandschaft derart ausgeschlachtet, dass sich schon die Frage stellt, inwieweit hier eine Mitschuld zu suchen ist! Dieses Mädchen war immens talentiert und vermutlich hätte sie auch ihren Weg ohne die legendäre Brit School gemacht. Wie so viele andere Sängerinenn studierte sie dort Musik. Mit 18 hatte sie schon einen Plattenvertrag in der Tasche und nach dem Achtungserfolg mit „Frank“ gab es mit „Back To Black“ kein Halten mehr. Das mit Mark Ronson aufgenommene Album schoss überall durch die Decke und fortan war Amy Winehouse der größte weibliche Superstar des Planeten. Der Rest ist bekannt - leider folgte sie dem Club 27.
Natürlich wird es die nächsten Jahre immer mal wieder neue Veröffentlichungen von Amy Winehouse geben. Alles andere wäre ja auch ein Wunder, denn das dürfte sich sowieso zu einem Selbstläufer entwickeln und die Leute werden sich um die verschiedenen Produkte reißen. Inwieweit in den Archiven überhaupt noch gutes Material schlummert, bleibt abzuwarten. Den Anfang macht nun „At The BBC“. Der geneigte Käufer kann dabei gleich zu mehreren Konfigurationen greifen. Im Grunde kommt dabei aber nur die Box in Frage, die 3(!) DVDs plus CD mit herausragenden Interpretationen beinhaltet!
Es ist ja bekannt, dass Amy Winehouse eine sehr gute Beziehung zur BBC pflegte und ihren Wegbereitern stets die Treue hielt. Ihre ersten Fernsehauftritte fanden immerhin dort statt und dies hat die Frau mit der großen Stimme nie vergessen. Diese Veröffentlichung ist künstlerisch sehr wertvoll und zudem kriegt man hier noch mal den Werdegang von ihr im Zeitraffer geboten. Die CD hat nämlich Aufnahmen von 2004 bis 2009 zu bieten – eben jene fünf Jahre, die aus der talentierten Jazzsängerin eine der größten Soulstars überhaupt werden ließ. Die Anfänge werden heute ja gerne vergessen und Amy Winehouse wird nur noch mit Soul in Verbindung gebracht, dabei galt ihre musikalische Liebe eben auch dem Jazz!
Die klangliche Qualität der Aufnahmen ist übrigens erstklassig. Wer nur die Radiohits kennt, wird staunen, wie weit die Songs hier davon entfernt sind. „Know You Now“ von 2004 ist astreiner Jazz, während „In My Bed“ - ebenfalls von 2004 – gar noch ein paar Blueselemente dem Sound hinzufügt. Unglaublich ist der Gesang von Winehouse. Ihre Stimme ist gerade live sensationell. Die Phrasierung kann man zudem nicht lernen, das Talent dafür hat sie einfach mit in die Wiege gelegt bekommen. „Rehab“ von 2006 lässt in dieser reduzierten Form auch noch mal die ganze Klasse der Ausnahmesängerin aufblitzen. Übrigens ist die Reihenfolge der Aufnahmen nicht chronologisch angeordnet. „Just Friends“ und „Love Is A Losing Game“ von 2009 sind nämlich mittendrin zu finden. Die beiden Interpretationen verdeutlichen auch noch mal, dass sie stets für andere Genres offen war. Natürlich hatte Big Band oder Swing nichts mit aktuellen Trends zu tun. Das war ihr aber auch stets egal, sie setzte ja die Trends und abgesehen davon war das authentisch bis zum Bienenkorb auf dem Kopf. Einer der schönsten Stücke, die sie je aufgenommen hat, ist „Tears Dry On Their Own“ - so auch auf dieser CD. „Valerie“ kriegt mit dieser spärlichen Instrumentierung auch noch mal ganz neue Nuancen hinzugefügt. Großartig!
Herzstück dieser Veröffentlichung ist allerdings die DVD „The Day She Came To Dingle“! Dort kriegt man nicht nur sechs Songs - „Tears Dry On Their Own“, „You Know I´m No Good“, „Love Is A Losing Game“, „Back To Black“, „Rehab“ und „Me & Mr. Jones“ - in einer kleinen Kirche zu sehen und hören, sondern auch die Geschichte rund um diesen Auftritt geliefert. Zudem werden in dieser Dokumentation auch immer wieder Interviewsequenzen, die an Ort und Stelle stattfanden, eingeblendet, die eine Menge über ihren musikalischen Werdegang und ihr musikalische Sozialstation verraten. Wie jedes Mädchen hatte sie auch mal ein Faible für Kylie Minogue und Madonna, landete aber schnell beim Hip-Hop und Jazz. Ray Charels prägte sie dabei ebenso wie Mahalia Jackson. Man merkt schnell, dass diese Frau ein Musiknerd war. Zudem zeigt sie sich ziemlich zugänglich und aufgeräumt. Die Leute, die es damals geschafft hatten, Amy Winehouse ins abgelegene Dingle zu lotsen, berichten mit glänzenden Augen von diesem Tag. Nur der Fahrer, der sie damals am Flughafen einsammelte, wusste überhaupt nicht, wer Amy Winehouse überhaupt ist. So ist das eben, am Ende der Welt! Die Songs – nur begleitet von Gitarre und Bass – wurden in der Vorweihnachtszeit 2006 von Amy Winehouse wunderbar dargeboten und selbst Texthänger überspielte so charmant wie sonst keiner.
Fazit: „Live At The BBC“ führt einem noch mal eindrucksvoll vor Augen und Ohren, mit wie viel Talent Amy Winehouse gesegnet war. Diese wundervollen Interpretationen sind gesanglich absolut erstklassig und die Phrasierung ist traumwandlerisch sicher. Die DVD-Aufnahme von Dingle ist ein wundervolles Zeitdokument. Würdevoller kann man mit dem Andenken dieser Ausnahmekünstlerin wohl nicht umgehen – schön, dass die BBC dies nun mit dem Rest der Welt teilt.
Text: Torsten Schlimbach