Supertramp: Crime Of The Century (Deluxe Edition)
Universal
VÖ: 05.12.2014
Wertung: 9/12
Das dritte Studioalbum von Supertramp definierte erstmals den Sound der Band. Die Kapelle hatte sich neu aufgestellt und mit „Crime Of The Century“ zu der klassischen Besetzung gefunden. Wenn man so will, dann war dieses Album der Durchbruch für Supertramp. Man konnte sich erstmalig in den USA in höheren Charts-Regionen platzieren, was damals noch ein großes Ding war, da das Musikgeschäft völlig anders tickte, und auch in Deutschland war „Crime Of The Century“ für mehr als nur einen Achtungserfolg gut. Dies dauerte allerdings eine Weile, denn zunächst lag die LP wie Blei in den Regalen. Mittlerweile hat das Album schon vierzig(!) Jahre auf dem Buckel und erscheint jetzt in einer Jubiläumsedition.
Über die Jahrzehnte gab es aber schon jede Menge überarbeitete Versionen. Die klangliche furchtbare Überspielung auf CD gehörte schnell der Vergangenheit an. Die berühmte MFSL-Gold-CD machte da bereits 1987 einen sehr ordentlichen Eindruck. 1997 und 2002 gab es weitere überarbeitete Veröffentlichungen von „Crime Of The Century“. Sämtliche Aufnahmen stammen von den Original-Bändern. Ob es da noch mal die 40th Anniversary Edition braucht, muss jeder Fan für sich selbst beantworten. Tontechniker Ray Staff hat selbiges jedenfalls in den Londoner AIR-Studios überarbeitet. Die hier enthaltene zweite CD, eine Konzertaufnahme vom März 1975 aus dem Londoner Hammersmith Odeon, wurde vom damalige Soundingenieur Ken Scott neu abgemischt.
Die Aufmachung der Deluxe Edition ist ganz im Universal-Stile dieser Reihe gehalten. Das Digipack enthält ein 24-seitiges Booklet mit vielen Fotos und einem neuen Essay von Phil Alxeander, seines Zeichen Chefredakteur vom Mojo-Magazin. Dazu gesellen sich noch einige Interviewpassagen mit der Band und dem Manager und runden das sehr schön ab. Hier erhält man also einen echten Mehrwert und somit lohnt sich die neuerliche Anschaffung von „Crime Of The Century“ im Grunde gleich in mehrfacher Hinsicht.
Rick Davies spielt auf der Platte Keyboards und Mundharmonika und Roger Hodgson sämtliche Gitarren, Klavier und E-Piano. Die beiden schrieben auch alle Songs für dieses Album und sangen ihre jeweiligen Titel gleich selbst ein. Mit John Helliwell hatten sie einen regelrechten Multiinstrumentalisten mit an Bord, der Saxophon, Klarinette und Querflöte spielte. Bob Siebenberg saß hinter der Schießbude und Dougie Thomson war für den Bass verantwortlich. Das Ergebnis ist soundtechnisch eines der besten Alben der 70er Jahre – ein Referenzwerk. Musikalisch ist die Platte ebenfalls sehr vielfältig. Vielleicht erschufen Supertramp damit sogar ihr ganz eigenes Genre: progressiver Pop.
Der Opener „School“ hat über die Jahrzehnte schon alleine aufgrund dieser durchdringenden Mundharmonika nichts an Reiz verloren. Man höre sich nur die Arrangements von „Asylum“ an. Das ist derart vielschichtig, dass man auch heute noch immer wieder neue Facetten entdeckt. Das Gitarrenspiel ist gar zum Niederknien! „Bloody Well Right“ besticht schon alleine durch dieses geniale Intro und „Dreamer“ ist einer der Supertramp-Klassiker schlechthin. „Hide In Your Shell“ ist für manchen Geschmack sicher etwas zu kitschig geraten, aber das konnte die Band eben auch wie keine andere. „If Everyone Was Listening“ ist schöne Popmusik, „Rudy“ etwas treibender, aber das ist alles nichts gegen die Art Pop-Hymne „Crime Of The Century“! Das Stück ist schlichtweg brillant und dürfte seiner Zeit weit voraus gewesen sein. Art Pop ist ja wieder modern, hier kann man mal nachhören, dass Arcade Fire , Radiohead und wie sie alle heißen mögen, sicher nicht der heißeste Scheiß sind und andere das Feld davor längst bestellt hatten.
Dreizehn Songs auf der Live-CD verteilen sich auf eine Spielzeit von 74 Minuten. Auch hier ist der Sound sehr gut. Vielleicht ist selbiger sogar schon zu perfekt und das echte Livegefühl kommt dabei nicht ganz herüber. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau und natürlich unterstreicht diese Tatsache auch sehr nachhaltig, dass hinter Supertramp eben brillante Musiker steckten. Natürlich ist es schön die Songs von „Crime Of The Century“ in den Live-Versionen zu hören, aber diese CD ist aufgrund eines ganz anderen Aspekts hörenswert! Im Hammersmith Odeon wurden auch schon die Songs des damals noch unveröffentlichten Albums „Crisis? What Crisis?“ live vorgestellt. Heutzutage ist dies fast unvorstellbar, war seinerzeit aber durchaus üblich.
Fazit: „Crime Of The Century“ von Supertramp setzte soundtechnisch Maßstäbe. Unglaublich, dass die Platte nun schon den vierzigsten Geburtstag feiert. Dies hat man nun zum Anlass genommen das Album erneut zu veröffentlichen. Die acht Songs sind im progressiven Popfach immer noch eine Klasse für sich. Die Live-CD und das Booklet bieten einen zusätzlich Kaufanreiz. Wer „Crime Of The Century“ also noch nicht in seiner Sammlung hat, kann hier bedenkenlos zugreifen!
Text: Torsten Schlimbach