Reamonn - Interview am 13.10.2008

Ein neues Album von Reamonn steht an, Zeit also für eine Bestandsaufnahme und einige Fragen zum Jubiläumsalbum zu stellen. Sänger Rea Garvey war so nett uns Rede und Antwort zu stehen. Trotz des Promostresses und einem engen Zeitplan wirkte er sehr entspannt und hörbar stolz in Bezug auf die neue Platte. Übrigens nicht nach Schema F „dies ist unsere beste Platte“ sondern man nahm ihm seine Begeisterung durchaus ab und man konnte spüren, dass die Band diesmal besonders viel Herzblut in die Scheibe gelegt hat.

 

Hallo Rea, vielen Dank, dass Du Dir Zeit für uns nimmst! Was überwiegt denn an Tagen wie diesen? Die Freude, endlich über sein neues Baby, sprich das Album, sprechen zu können oder die Angst davor, am Ende des Tages dieselben Fragen immer und immer wieder beantwortet zu haben?
Es stört mich gar nicht so, dass es immer die gleichen Fragen sind. Ähm, die Aufregung für eine Platte ist diesmal ein bisschen anders. Jeder in der Band ist wahnsinnig begeistert davon. Wir lieben dieses Album wirklich. Jeder, der die Band kennt, wird die Scheibe einfach lieben und die Leute, die uns nicht kennen, können uns jetzt ganz neu entdecken.

Stand eigentlich von Anfang an fest, dass ihr mit verschiedenen Produzenten am neuen Album arbeiten werdet? Oder hat sich das einfach so ergeben?

Der Arbeitsprozess war schon geplant. Mal mit dem und dem arbeiten und schauen wie es läuft. Und ich meine, es ist ja immer so, dass man gucken muss ob es passt und wie der Weg aussieht, wenn man weiß da und da wollen wir hin. Und manchmal hat man die Chance, dass man da den gleichen Weg gehen möchte und wiederum passt es woanders besser. Die Musik ist ja auch so wertvoll, dass man nicht unbedingt zu viele einbinden möchte. Das kann aber auch falsch sein, denn je mehr Leute sich einbringen, umso wertvoller wird sie. So war es diesmal.

Hat man das als geschlossener Zirkel als Band nicht auch Angst, dass zu viel Einfluss von außerhalb eventuell schädlich für die Geschlossenheit eines Albums sein könnte? Zu viele Köche verderben ja bekanntlich den Brei?!

Also ich bin jemand, der sehr gerne auch andere Meinungen hört. Einfluss von außerhalb ist ja nicht schlecht und verschiedene Meinungen können einen dann ja auch in eine ganz andere Richtung lenken, was man als jemand, der so sehr mit den Songs verbunden ist, gar nicht sieht.

Die Songs des neuen Albums klingen – zumindest die sieben die ich bisher hören durfte, die sieben Track EP -alle sehr persönlich und es scheint fast, als wenn ihr als Band ein großes Stück eures Innenlebens freilegt. Täuscht der Eindruck oder ist dies das persönlichste Werk von Reamonn – besonders auch textlich?

Wir haben im Vorfeld so viel erlebt und mussten so viele Sachen verarbeiten, dass dieses Album wirklich sehr persönlich ist, vielleicht auch sogar so, wie man es bisher nicht von uns gewohnt ist. Wir wollten auch damit einfach auf die nächste Ebene kommen.

Deshalb auch schlicht der Titel Reamonn?

Ja klar, dieses Album ist so sehr Reamonn, wie vielleicht noch nie. Alle in der Band sind unglaublich glücklich damit und auch stolz, deshalb war es einfach nur logisch, dass es einfach Reamonn heißt.

Die mir vorliegenden Songs klingen zum Teil sehr ernst, mit sehr viel Tiefe und allesamt mit einer melancholischen und traurigen Note versehen – so was wie ein Herbstalbum. Wie und wo habt ihr euch inspirieren lassen?

Erstmal danke für das Kompliment. Es gab im Vorfeld so viele Gefühle, so viele Dinge, die wir verarbeiten mussten und wollten und das war mit einigen Schwierigkeiten verbunden und deshalb klingen die Songs so wie sie sind. Es gab halt auch ein paar traurige Dinge, die sicher in den Prozess mit eingeflossen sind. Aber es ist ja nicht nur alles traurig. „Moment Like This“ ist z.B. sehr positiv. Wenn man es dann endlich geschafft hat, all den Ballast hinter sich zu lassen, dann gibt der Song wieder Hoffnung und es geht weiter. In den letzten zehn Jahren haben wir als Band und als Menschen so viel erlebt und das kann man natürlich auch auf dem Album hören.

Wo Du gerade das 10jährige Bandjubiläum ansprichst: Spielt das eigentlich eine Rolle und hat man das bei den Aufnahmen im Hinterkopf und spornt einen das zusätzlich an?

Also ehrlich gesagt bin ich eigentlich nicht der Typ für so ein Jubiläum. Ich gucke auch nicht zurück, sondern nur nach vorne. Natürlich ist es toll, was wir als Band geschafft haben, aber letztendlich bin ich immer noch derselbe Typ, der in Dublin in die Kneipe geht. Was wir in den letzten zehn Jahren erlebt haben war natürlich toll.

Seid ihr da selber überrascht, wie das letzte Jahrzehnt verlaufen ist? Oder ist Erfolg doch planbar?

Nein, geplant war das so sicher nicht. Wir haben sehr viele schöne Sachen erlebt, gerade auch mit unseren Fans. Unsere Fans sind ehrlich, wirklich die besten und auch wie wir uns als Band entwickelt haben ist für uns einfach schön zu sehen.

Ihr seid ja nicht nur in Deutschland erfolgreich, sondern europaweit. Habt ihr mit der neuen Platte vor, die nächste Stufe zu erklimmen? Die Songs der neuen Platte klingen ja alle wie Singles, habt ihr da auch eine VÖ in den USA geplant und vielleicht sogar mal eine größere Tour durch die Staaten?

Noch mal danke für das Kompliment für die Songs. Ja, wir wollten auch diesmal wirklich nur Singles auf der Platte haben. Kein Füllmaterial oder sonstiges. Nächstes Jahr kommt die Platte auch in den USA raus und dann mal gucken was wird. Erstmal freuen wir uns auf die anstehende Tour, weil wir richtig Lust haben mit dieser Platte auf die Bühne zu gehen und sie den Leuten live vorzustellen, warum nicht auch in den USA? Wir glauben einfach an die Platte und ich freue mich schon auf die Reaktionen.

Ist in dem Zusammenhang das Internet eigentlich Segen und Fluch zugleich? Gar nicht so sehr wegen irgendwelcher illegalen Downloads, sondern wie die Fans und die Musikinteressierten sofort jeden Ton, jede Textzeile von vorne bis hinten analysieren? Gab es ja früher in der Form nicht.

Das ist halt die Entwicklung, mit der wir alle leben müssen. Aber ganz ehrlich, ich freue mich drauf, die Meinungen zur neuen Platte zu hören und zu lesen, ganz egal ob die negativ oder positiv sind. Es ist doch toll zu sehen, wie sich andere die Mühe machen und die Songs auf Details untersuchen. Ich freue mich über jeden Fan, der im Internet etwas zur neuen Platte schreibt. Und was die MP3s betrifft, ich meine, dass ist nun eine ganz neue Generation von Musikhörern und es gibt tatsächlich welche, die meinen alles müsste immer und überall zur freien Verfügung stehen. Das wird sich aber alles noch einspielen.

Also lest ihr euch das wirklich auch selber durch?

Ja klar, wir glauben an unsere Fans und es ist einfach spannend und aufregend deren Meinung zu lesen, gerade auch was die neue Platte betrifft. Aber wie gesagt, ich freue mich über jede Meinung, ganz egal ob negativ oder positiv.

Nerven euch Vergleiche mit anderen Bands, wie U2 oder Coldplay? Liest man ja gerne mal, dass Reamonn die deutsche Ausgabe von U2 sind. Oder macht euch das eher stolz?

U2 und Coldplay machen tolle Musik. Aber als Einfluss für die neue Platte stimmt das nicht mehr. „Reamonn“ ist ganz einfach Reamonn. Diese Platte ist einfach nur wir und ganz ehrlich, das hätte ich vielleicht jetzt nicht von jeder sagen können. Natürlich gibt es immer Bands, die ich, die wir, toll finden, aber wie gesagt, dieses Album hier ist nur Reamonn.

Gibt es denn irgendeine Band und Künstler, auf den ihr euch alle einigen könnt´ ein Bandlieblingsalbum?

Jeder in der Band selbst hat einen unterschiedlichen und vielfältigen Geschmack. Als wir nach Vancouver kamen und die Arbeit von Brian Howes gehört haben, waren wir alle begeistert. Er hat uns da Sachen vorgespielt, die er zusammen mit Chris Cornell gemacht hat. Das war wirklich genial. Leider werden die Sachen nie auf den Markt kommen, weil Chris Cornell sich dann umorientiert hat und zusammen mit Timbaland gearbeitet hat. Aber das war wirklich genial.

Du hattest ja auch eine Operation an den Stimmbändern, hat sich das irgendwie auch auf die Arbeiten ausgewirkt? Deine Stimme erscheint mir etwas rauer zu sein.

Um ehrlich zu sein war ich während der Aufnahmen irgendwie dauerkrank. Ständig erkältet oder angeschlagen. Die Operation selber spielte da nicht mehr so eine große Rolle. Die Songs mussten aber trotzdem immer noch mal bearbeitet werden.

Ich finde, dass sich die Songs gar nicht so sehr nach viel Bearbeitung anhören?!

Ja das stimmt. Wir haben für diese Platte allerdings wirklich immer nur das beste Ergebnis akzeptiert und da ich öfters krank war musste ich dann manche Sachen erneut einsingen, dies meinte ich mit „erneut bearbeiten“. Da wurde das dann neu aufgenommen und klang wirklich viel besser als vorher.

Wenn Du über die letzten zehn Jahre reflektierst, gab es da ein besonders schönes Erlebnis oder eines, welches Du lieber streichen würdest?

Ich habe ehrlich gesagt dies gar nicht als zehn Jahre empfunden. Wahnsinn, wie schnell die Zeit verging und man ist mittendrin. Nein, schön ist einfach die Entwicklung von uns und dass wir immer noch zusammen Musik machen. Es gab so viele Dinge zu verarbeiten und so viel Ballast abzuschmeißen und dies haben wir mit dieser Platte alles hinter uns gelassen.

Es steht ja auch bald eine größere Tour an. Was für Erwartungen habt ihr da selber und was dürfen die Fans erwarten? Eine größere Bühnenshow und Produktion oder doch eher Reamonn pur?

Ähm, ich denke es wird eine Mischung aus beiden Welten. Wir freuen uns endlich mit den neuen Songs auf Tour zu gehen und diese den Fans vorzustellen und werden die dann auch dementsprechend präsentieren, aber es wird natürlich auch für die großen Hallen eine entsprechende Show geben. Trotzdem möchten wir auch, dass in den großen Hallen eine tolle Atmosphäre herrscht.

Letzten Monat habt ihr ja ein Konzert in Bayern gespielt…

Ja in Walkersbach..

…ist dies noch etwas Besonderes für euch, da kamen ja immerhin 15.000 – 20.000 Leute um euch zu sehen?

Ja, das ist auf jeden Fall etwas Besonderes. Das war ja nur ein ganz kleines Dorf, so 100 Einwohner und was da los war und wie viele Fans da kamen, das war schon toll für uns.

Du hast ja jetzt ein paar mal verlauten lassen, dass Du sehr stolz auf diese Platte bist. Ich finde auch, dass es der bisherige Höhepunkt von Reamonn werden könnte. Wo seht ihr euch denn in 5 Jahren oder denkt ihr soweit noch gar nicht?
Nein überhaupt nicht. Diese Platte musste erstmal gemacht werden und da gab es so viele Dinge zu verarbeiten und so viele Höhen und Tiefen und das ist auch gut so wie es ist und wie es gelaufen ist, aber wie die Zukunft dann aussieht muss man gucken. Wir sind jetzt erstmal mit dieser Platte glücklich und freuen uns auf die Tour und wie sich das alles auf das nächste Album auswirkt, muss man dann sehen.

 

Hier endet dann leider das Gespräch mit dem sehr sympathischen Rea Garvey, da im Nebenraum schon wieder das nächste Interview ansteht und selbst für einen Kaffee keine Zeit für den armen Rea bleibt. Man darf auf das neue Album gespannt sein, die sieben Track EP macht auf jeden Fall Lust auf mehr und vermutlich könnte das wirklich der ganz große Wurf von Reamonn werden.

 

(Torsten Schlimbach bedankt sich für die freundliche Unterstützung bei Rea Garvey und Reamonn, bei Universal und bei Anselm Klumpp von voll:kontakt Promotion!)

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