In Extremo: Kompass Zur Sonne (Extended Version)

In Extremo: Kompass Zur Sonne (Extended Version)

Universal

VÖ: 27.11.2020

 

Wertung: 7,5/12

 

In Extremo veröffentlichen ein knappes halbe Jahr nun eine erweiterte Ausgabe von „Kompass Zur Sonne“. Dieses Vorgehen war vor ein paar Jahren im Musikgeschäft eine Zeitlang an der Tagesordnung. Nach und nach verschwand diese Unart, dem Fan innerhalb von einem Jahr für ein Album das Geld ein zweites Mal aus der Tasche zu ziehen, glücklicherweise dann doch wieder. Immerhin muss man In Extremo zugutehalten, dass sie die neuerliche Veröffentlichung mit reichlich neuem und unveröffentlichtem Material angereichert haben. Selbiges wertet „Kompass Zur Sonne“ auch noch mal auf, denn das eigentliche Werk ist gar nicht mal so gut.

 

Teile von „Kompass Zu Sonne“ sind natürlich eine Bereicherung für den Backkatalog von In Extremo. Manches fällt da aber auch erstaunlicherweise ganz deutlich ab. „Troja“ und der Titelsong „Kompass Zur Sonne“ sind auf gewisse Art und Weise der sanfte Einstieg in das Werk. Hier gibt es den In Extremo-Trademarksound. Der Mittelalterrock wird hier von den Mittelalter-Instrumenten geführt und selbige sind nicht nur Mittel zum Zweck oder werden in den Hintergrund gedrängt. „Lügenpack“ ist für Konzerte und Festivals gemacht, die dieses Jahr aufgrund der Pandemie ja nun nicht stattfinden. Fäuste gereckt und mitgegrölt. Aus der Konserve ist das aber reichlich platt und mäandert im Deutschrock herum.

 

„Gogiya“ macht Spaß. Was reißen die Herren denn hier ab? Mit Russkaja feiern sie eine wilde Polka-Party. „Saigon Und Bagdad“ wirkt ein bisschen wie gewollt und nicht gekonnt. Die Sackpfeifen mussten da irgendwie untergebracht werden, passen aber überhaupt nicht zum Deutschrockgetümmel. Das Feature von Amon Amarths Johann Hegg bei dem eigentlich schönen „Wer Kann Segeln Ohne Wind“ gerät unfreiwillig komisch. Das haben anscheinend auch In Extremo gemerkt und auf die neuerliche Veröffentlichung wurde nun eine Version ohne Hegg gepackt – sehr gute Entscheidung!

 

Was haben wir noch? Den Totalausfall „Reiht Euch Ein Ihr Lumpen“. Zwischen Karneval und den unsäglichen Onkelz passt das ganz gut rein. „Biersegen“ ist da von einem gänzlich anderen Kaliber. Der Songtitel führt einen auf die falsche Fährte. Das Stück basiert auf einem schwedischen Volkslied und einem Gedicht von Otto Ernst. Stark gesungen, stark gespielt und mit alle typischen In Extremo-Zutaten. Auf der neuen Veröffentlichung des Albums gibt es mit „Ewig Sein“ sogar einen neuen Rocker. Die Dummer fängt im Mittelalter an, nimmt dann aber noch ein bisschen Härte dazu. Die düstere Stimmung tut dem Song insgesamt sehr gut und wertet das Album letztlich auf.

 

Mit „Schenk Noch Mal Ein“ ist auf der zweiten CD auch eine Version mit Götz Alsmann enthalten, der hier ganz sanft die Tasten bedient. Nett. Herzstück dieser zweiten CD ist aber der In Extremo-Auftritt beim „Wacken World Wide“-Festival, das Ende Juli, Anfang August 2020 wegen der Corona-Pandemie online als Live-Stream über die Bühne gehen musste. Es ist vieles dabei, was das Fanherz glücklich macht, von „Mein Rasend Herz“ über „Stoertebeker“ bis hin zu „Frei Zu Sein“, „Vollmond“ und „Sternhagelvoll“.  Nervig ist der Jubel, der da zu hören ist, aber ja nicht stattgefunden hat. Was bei Fußballspielen mit eingespielten Fangesängen ohne Zuschauer nicht funktioniert, funktioniert auch bei Live-Musik nicht!

 

Fazit: „Kompass Zur Sonne“ war ein solides Album von In Extremo. Selbiges wird nun dieses Jahr zum zweiten Mal mit jeder Menge Bonusmaterial veröffentlicht. Das macht Sinn, weil besagtes Bonusmaterial das Album aufwertet. Herzstück sind die Live-Stücke, die im Sommer für das „Wacken World Wide“-Festival gespielt wurden. Es sind gute Live-Versionen, allerdings nerven die eingestreuten Jubelstürme aus der Konserve.

 

https://www.inextremo.de/de/

 

Text: Torsten Schlimbach

In Extremo: Kunstraub

In Extremo: Kunstraub

Universal

VÖ: 27.09.2013

 

Wertung: 7/12

 

Die Spielmänner sind wieder auf großer Fahrt. Oder sind sie auf der Flucht? Immerhin haben sie einen „Kunstraub“ begangen. Die zwölf Stücke sind aber nicht weg, nein, die werden von In Extremo jetzt der Welt geschenkt. Inspiriert wurde die Band aber durch einen echten Meisterdieb – oder waren es Diebe! Bei der Zeitungslektüre fiel Dr. Pymonte folgende Meldung auf: „Spektakulärer Kunstraub in Rotterdam: sieben Meisterwerke wurden gestohlen - darunter Bilder von Picasso, Monet und Matisse. Der Wert der geraubten Gemälde ist unschätzbar, auf dem freien Markt sind sie kaum verkäuflich.“ Damit war der Titel des neuen In Extremo Werks geboren. Das Septett hätte keinen besseren finden können.

 

Wo In Extremo drauf steht, ist auch immer noch In Extremo drin. „Der die Sonne schlafen schickt“ hätte auch auf „Sängerkrieg“ oder „Sterneneisen“ gepasst. Die Instrumentierung, die die Band gemeinhin wählt, kann manchmal auch ganz schön limitierend sein und so wirkt dieser Auftakt dann auch etwas gewöhnlich. Typisch In Extremo möchte man da sagen, so wie man sie eben kennt. „Wege Ohne Namen“ nimmt sich danach aber Zeit, gönnt sich Ruhe und einen Blick über den Tellerrand. Zum Refrain hin kommen dann die typischen mittelalterlichen Elemente dazu. Diesmal passt es aber, da das Stück ein Ohrwurm vor dem Herrn ist.

 

Das sind die beiden Pole, aus denen sich „Kunstraub“ speist. Auf der einen Seite gibt es die klassischen In Extremo Tracks und dann sind hier auch Songs zu finden, die eben nicht nur auf die bewährte Kost setzen und auch mal nach links und rechts gucken. So bleibt es wenigstens spannend. „Lebemann“ rockt dazu auch noch direkt auf den Punkt. Die Nummer dürfte live sehr gut funktionieren und lässt sich wunderbar mitgrölen. „Himmel und Hölle“ bewegt sich gar in Richtung Neue Deutsche Härte, aber auch das kennt man ja von In Extremo. Klassisch im Mittelalter ist „Gaukler“ angesiedelt. Thematisch sowieso, aber auch die sehnsuchtsvollen Klänge lassen keinen anderen Schluss zu - darüber können auch die härteren Gitarrenklänge nicht hinwegtäuschen.

 

Selbstverständlich gibt es auch ein Lied mit dem Titel „Kunstraub“. Schnell fegen In Extremo durch die Strophen, während der Refrain abermals Mitsingcharakter hat. „Feuertaufe“ darf danach wieder mit dem Trademarksound aufwarten, welcher die Band so erfolgreich werden ließ – hat selbstverständlich Hitpotenzial. „Du und Ich“ ist wie eine Achterbahnfahrt – mal hoch, mal runter. Das Stück hat durchaus seinen Reiz. „Doof“ tritt einem anschließend noch mal voll in die Weichteile – mit Anlauf. In Richtung Pop wird mit „Alles schon gesehen“ abgebogen und wenn die Gitarren nicht so bratzen würden, dann könnte man das glatt in eine Schlagerecke stellen. „Belladonna“ will das mit Härte wieder wettmachen, ist aber nach Schema F aus dem Baukasten entnommen worden. Den besten Song hat sich die Kapelle mit „Die Beute“ bis zum Schluss aufgehoben – warum das so ist? Hören, staunen und genießen!

 

Fazit: In Extremo liefern einfach keine schlechte Alben ab. Das ist auch mit „Kunstraub“ nicht der Fall. Zwischen klassischem Material, wie es die Band eben haufenweise im Repertoire hat und einer Portion gesunder Härte ist auch noch Platz für ein paar ruhige Klänge. Es ist nicht alles Gold was glänzt und manchmal hat die Band sich als Kunsträuber versucht, indem sie bei sich selbst gewildert hat. Alle Instrumente unterzubringen limitiert eben auch. In seiner Gänze ist dies ein weiteres solides Werk und die Zeichen werden damit mal wieder auf Erfolg stehen.

 

http://www.inextremo.de/

 

Text: Torsten Schlimbach

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