Tina Turner: One Last Time/Celebrate (SD Blu-ray)
Edel/Eagle Vision
VÖ: 21.03.2014
Wertung: 8,5/12
Was macht eigentlich Tina Turner? Diese Frage könnte man mit jeder neuen Veröffentlichung unter ihrem Namen stellen. Neues Material gibt es nicht und die Dame mit der großen Stimme genießt anscheinend ihren wohlverdienten Ruhestand. Gerade auf den Konzertbühnen dieser Welt war sie nicht nur ein gern gesehener Gast, sondern auch eine Ausnahmeerscheinung. Jetzt hat man zwei Aufnahmen von ihr überarbeitet um dieses als SD Blu-ray auf den Markt schmeißen zu können. Dieses Format wird die Nerds natürlich nicht zufriedenstellen, da das ursprüngliche Ausgangsmaterial eben für eine DVD gefilmt wurde. Trotzdem ist „One Last Time/Celebrate“ in dieser Fassung jetzt besser wie die bisherigen DVDs. Eins ist aber auch klar, wer beides schon im Schrank stehen hat, muss seine alten Silberlinge nicht gleich in die Tonne kloppen und sich diese SD Blu-ray anschaffen, denn die Unterschiede sind dann doch nur marginal.
Bei dem Konzert aus dem Wembley Stadion in London aus dem Jahre 2000 kann man ganz gut sehen, wo man beim Bild nachgearbeitet hat und für das neue Format noch etwas herausholen konnte. Die „Twenty Four Seven Millennium Tour 2000“ wurde zudem mit 18 Kameras gefilmt. Ihre letztes UK Konzert sollten eben aus allen erdenklichen Positionen festgehalten werden. Die Einstellungen des kompletten Stadions aus der Vogelperspektive sind noch am ehesten als Blu-ray-Standard zu erkennen und da hat man auch kräftig nachgeholfen. Allerdings wirken diese Bilder dann auch reichlich unnatürlich. Tina Turner aus der Nähe ist auch messerscharf und damit ist jetzt nur die Auflösung und die Kompression des Bildes gemeint. Beim Schwarzwert wird es allerdings problematisch. Schlieren und Streifen ließen sich da nicht vermeiden. Auch bei voller Ausleuchtung kann diese SD Blu-ray sicher nicht mit heutigen Maßstäben gemessen werden. Die Farben wirken hingegen natürlich und in dieser Hinsicht kann „One Last Time“ durchaus überzeugen. Der Ton fährt die üblichen Geschütze auf, ist aber trotzdem etwas dünn auf der Brust, alles in allem aber ganz gut. Das Bonusmaterial hat den üblichen Klimbim zu bieten: man sieht Tina Turner im Flugzeug, bei der Ankunft in London, wie ihr noch schnell eine Goldene verliehen wird, den Bühnenaufbau, O-Töne der Fans, die natürlich nur lobende Worte finden und auch Frau Turner gibt ein paar Statements ab, wo sie wiederum ihre UK-Fans über den grünen Klee lobt. Die übliche Kiste also.
Das Konzert selber ist schon nicht so schlecht. Eine amtliche Bühne ist das, die da von Designer Mark Fisher entworfen wurde. Eine fette Led-Wand im Hintergrund sorgt dafür, dass auch der Letzte im Stadion alles mitbekommt. Die Bühne selbst ist Zweigeschossig! Tina Turner wird zum Schluss dann auch noch mit einem Kran über den vorderen Innenraum geschwenkt und auch sonst hat man sich hier allen nur erdenklichen Bombast ausgedacht. Eine ganze Armada an Backgroundsängern und Tänzern dürfen da selbstverständlich nicht fehlen. Mit Lisa Fischer hat sich Tina Turner sogar Konkurrenz in das Haus geholt, da diese nun auch wahrlich ihr Fach beherrscht und seit den 80ern auch immer mit den Stones auf Tour ist und bei „Gimme Shelter“ zeigen darf, dass sie durchaus das Zeug für eine Solokarriere hätte.
Tina Turner wird hier in allen erdenklichen Posen und Einstellungen eingefangen, aber auch die Zuschauer hat man nicht vergessen. Die Setlist ist auch sehr ausgewogen und es gibt einen guten Querschnitt durch ihre Karriere. Alles schick also? Nicht ganz. Man hat mitunter schon das Gefühl, dass dies alles viel zu statisch ist. Für Spontanität ist da kaum Platz. Da ist jeder Schritt, jede Bewegung und jede Geste bis ins kleinste Detail geplant. Die vielen Kleiderwechsel tragen auch nicht gerade dazu bei, dass sich das Gefühl einer R&B- geschweige denn Rockshow - einstellt. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Tina Turner liefert schon erstklassig ab und natürlich wird hier über zwei Stunden ein Hitfeuerwerk abgebrannt und abgesehen davon ist das auch alles nett in Szene gesetzt worden. Es gab aber eben auch Abschnitte in ihrer Karriere, da war eben nicht alles bis ins kleinste Detail geplant!
Als weiteres Konzerte kann man hier „Celebrate“ anlässlich ihres 60igsten Geburtstags bewundern. Das ist schon nicht von schlechten Eltern. Aufgenommen wurde die Sause in London. Tina Turner und Band stehen auf einer 360 Grad Bühne und die Fans verteilen sich fünf(!) Stockwerke drumherum. Das sieht man auch nicht alle Tage. Auch hier gibt es einen kleinen Querschnitt ihrer Karriere – bei zwei Songs ist Bryan Adams dabei. Die heimlichen Höhepunkte sind aber die vielen kleinen Einspieler zwischen den Songs. Da wird im Schnelldurchlauf, aber durchaus akribisch, ihre Karriere aufgearbeitet und von den Anfängen bis eben zu dieser Geburtstagsparty ein Abriss dessen geliefert, was die Sängerin für musikalische Wege eingeschlagen hatte. An jeder Station wird kurz Halt gemacht. Viele Kollegen und Bewunderer kommen dabei zu Wort. Den Vogel schießen vermutlich The Edge und Bono von U2 mit ihrem Geburtstagsständchen ab – sensationell. Das Bild ist durchaus gelungen, da kann der basslastige Ton nicht ganz mithalten. Macht aber nix, wenn man sich mal anguckt wer schon alles mit Tina Turner aufgetreten ist – von den Stones über Rod Stewart bis hin zu David Bowie, dann ist das schon allererste Sahne. Die Dokumentation arbeitet das jedenfalls wunderbar auf und natürlich gibt es auf der 360 Grad Bühne auch noch eine Geburtstagstorte.
Fazit: „One Last Time/Celebrate“ mag hier und da nicht ganz so überzeugend sein, ist in der Summe aber wiederum derart gut, dass diese SD Blu-ray schon überzeugen kann. Abgesehen davon ist das schon reichlich Material, welches man als geneigter Zuschauer da mit an die Hand bekommt. Wer beide Veröffentlichungen schon im Schrank hat, muss jetzt nicht gleich den Laden stürmen, alle anderen sollten aber zumindest drüber nachdenken!
http://www.tinaturnerlive.com/
Text: Torsten Schlimbach