Dinsosaur Jr.: Give a Glimpse of What Yer Not
Jagjaguwar/Cargo Records
VÖ: 05.08.2016
Wertung: 9/12
Letztes Jahr war ein bedeutendes für Dinosaur Jr.. Vermutlich nicht für den alten Grantler J Mascis, aber doch für die Fans. Immerhin spielte die Band letztes Jahr ein paar – und da scheinen sich die Kritiker wie Fans einig zu sein – wirklich famose Shows. Es galt das 30-jährige Jubiläum ihrer selbstbenannten Debüt-LP zu feiern. J Mascis, Lou Barlow & Murph waren sicher nicht immer die besten Freunde. Die Wiedervereinigung 2005 hält nun aber überraschenderweise sehr konstant an. Und da gilt es natürlich nicht nur in der Vergangenheit zu leben oder auf einem Nostalgietripp zu reisen, sondern auch neue Musik aufzunehmen. „Give A Glimpse of What Yer Not“ hat nun elf neue Songs am Start, die zeigen, dass das Trio auch im Jahre 2016 noch ordentlich lärmen kann.
Aufgenommen wurden die Songs letztes Jahr im Amhersts Bisquiteen Studio. Da kennt sich die Kapelle ja bestens aus. Warum in dieser Hinsicht dann noch Experimente wagen? Neun Songs stammen aus der Feder von J Mascis, zwei von Lou Barlow, die er auch direkt noch selbst singt. Ansonsten könnte man sagen, dass sich nicht wesentlich etwas geändert hat. Warum auch? Dinosaur Jr. Haben ihre ganz eigene Nische gefunden und darin fühlen sie sich wohl. Die Feinheiten sind in den Details versteckt. Die Band verwaltet nämlich keineswegs nur den eigenen Status. Es ist gut, dass es „ Give a Glimpse of What Yer Not“ gibt.
Die größte Überraschung ist dabei immer noch, dass der Sound recht frisch, knackig und dröhnend klingt und J Mascis eine Singstimme wie ein Jungspund hat. Ja, dieses Album kann mal wieder die Ohren zum Bluten bringen. Es ist schon überragend, wie die Drei einen solchen monströsen und mächtigen Sound erzeugen können. „I Walk For Miles“ hat dann auch ein amtliches Solo zu bieten. Die Verzerrungen dürften live für Zartbesaitete etwas zu viel sein. „Goin Down“ eröffnet das Album gar wie eine Metalband. „Tiny“ ist schönster – Verzeihung für dieses Wort – Grunge. Und dann kommen wir mal zu den Feinheiten. Das melancholische und langsame „Be A Part“ ist musikalisch nämlich sehr fein austariert. Düster gar.
Manchmal erinnert das an die Foo Fighters. Gerade der Gesang. Natürlich wird andersherum ein Schuh draus. Die Band von Dave Grohl ist aber eben bekannter, darum das mal als Orientierung. „I Told Everyone“ könnte auch vom ersten Foos-Album sein. „Love Is...“ gefällt durch einen mächtigen Bass, geht aber auch eher in die ruhige Ecke. Eine progressive Melodie sorgt für das Außergewöhnliche! Und dann kommt so eine Dampfwalze wie „Good To Know“. Da freut sich doch jede Indiedisco. Das schon erwähnte „I Walk For Miles“ kommt düster und mächtig angekrochen. Postcore ist da nicht mehr weit entfernt. Schön, dass die alten Männer noch zu solchen Ungetümen in der Lage sind. Schönes gibt es ja auch auf die Ohren, wie beispielsweise mit „Lost All Day“. „Knocked Around“ ist eine Ballade, wie sie nur Dinosaur Jr. spielen können, während sich „Mirror“ wie ein Americana-Stück dahinschleppt, dabei aber zu jeder Zeit großartiges Songwriting aufblitzen lässt. „Left/Right“ zeigt zum Schluss noch mal, dass Dinosaur Jr. auch im Jahre 2016 einfach vielfältige Songs schreiben und aufnehmen können.
Fazit: Auch, wenn Dinosaur Jr. letztes Jahr auf großer Nostalgietour waren, hat die Band 2016 noch eine ganze Menge zu sagen. „Give a Glimpse of What Yer Not“ ist nämlich ein gutes und vielfältiges Album. Der Sound ist mal wieder mächtig und dröhnend und dennoch gibt es auch sehr viel ruhige und ausgefeilte Momente auf diesem Album. Das Album hört sich jedenfalls nicht nach Pflichterfüllung sondern großem Spaß an!
Text: Torsten Schlimbach