Corey Taylor: Die sieben Todsünden – Mein Leben mit Slipknot und Stone Sour
Hannibal Verlag
VÖ: 01.08.2011
Wertung: 7/12
Corey Taylor ist schon ein Fall für sich. Wer ihn schon mal zusammen mit seiner Band Slipknot erlebt hat, könnte vermuten, dass er von der Hölle ausgespuckt wurde. Hat er nicht mehr alle Tassen im Schrank oder ist das alles nur Show und Mittel zum Zweck? Woher stammt diese unbändige Aggression oder genießt er doch nur die süßen Seiten des Rockstarlebens? Gibt er darauf gar selber die Antworten in seinem ersten Buch?
Zunächst muss man deutlich herausstellen, dass der Untertitel „Mein Leben mit Slipknot und Stone Sour“ kompletter Blödsinn ist. Wer sich hier eine ähnliche Biografie wie „The Dirt“ von Mötley Crüe erhöfft und erwartet hat, wird schwer enttäuscht werden. Natürlich spielen seine Bands und die Musik auch eine Rolle in „Die sieben Todsünden“, aber eben auch nur eine untergeordnete. In Taylors erstem Buch geht es vielmehr um die vom Christentum gefürchteten sieben Todsünden: Hochmut, Geiz, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Feigheit. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.
Taylor widmet dann nicht nur in einzelnen Kapiteln den sieben Todsünden, sondern beschreibt diese ausführlich aus seiner Sicht der Dinge. Er führt sich dabei auf wie Peter Lustig von Löwenzahn, Sigmund Freud, ein Hobbypsychologe, ein Fernsehpriester und der Satan höchstpersönlich. Ja, Corey Taylor erklärt uns hier die Welt und ganz besonders die Psyche des Menschen. Der Schreihals von Slipknot hat nicht nur alle Sünden selber begangen, wie er an verschiedenen Beispielen erklärt, sondern findet diese – mehr oder weniger – nicht sonderlich schlimm.
So ganz nebenbei kriegt auch die Kirche ihr Fett weg und überhaupt lässt er an der Menschheit kein gutes Haar. Zwischendurch werden dann so einige Anekdoten und einschneidenden Erlebnisse aus seinem Leben preisgegeben. Seine ersten Versuche als Stagediver aus dem Bett heraus endeten beispielsweise an einem Deckenventilator. Oder: Nach einem Auftritt meldeten sich gleich vier Frauen bei ihm, um ihn mit einer ganz besonderen Sorte Sekt zu verwöhnen. Als Kind und Jugendlicher hatte er keine Freunde und wurde von seinen Altersgenossen gemieden oder wahlweise verprügelt. Davon machte auch seine Mutter und die Frau, bei der sie wohnten, reichlich Gebrauch. Seine Kindheit scheint also alles andere als schön gewesen zu sein. Als er endlich einen Freund gefunden hatte, wurde er mit elf Jahren von diesem vergewaltigt. Dies alles fand in Waterloo statt und vielleicht erklärt sich so der Hass von Corey Taylor auf alles und jeden. Er selber schreibt mehrfach nieder, dass er zu Menschen kein Vertrauen aufbauen kann – dies würde ihm selbst bei seiner Frau schwer fallen.
Worum geht es noch? Taylor brüstet sich mehrfach mit seinen Heldentaten als Mann und was er schon alles mit Frauen angestellt hat. Auch sonst scheint er ziemlich den Dreh raus zuhaben – jedenfalls lässt er den Leser reichlich daran teilhaben. Drogen und Alkohol ziehen sich ebenfalls wie ein roter Faden durch das Buch.
Man kann das Buch auf zwei Arten lesen: entweder man glaubt Taylor jedes Wort oder man kann es mit dem entsprechenden Augenzwinkern betrachten. Die erste Option scheint dabei allerdings die gefährlichere Wahl zu sein, denn was der Mann da teilweise vom Stapel lässt, ist derart hanebüchen, dass man es nicht glauben kann. Ist man aber in der Lage, dies mit einiger Distanz zu lesen und sieht man den Autor nicht als Missionar an, dann ist das doch für eine ganze Menge Spaß gut.
Der Schreibstil ist ziemlich flüssig. Taylor spricht den Leser direkt an und man hat das Gefühl, dass er tatsächlich mit einem kommuniziert. Geschickter Schachzug, muss man dem Mann lassen. Die Wortwahl ist auch recht geschickt, da man durch den Gebrauch der Alltagssprache das Gefühl hat, dass dies authentisch ist und sich Taylor hier nicht verstellt. Dadurch wirkt das ungemein lebendig und macht mit dem nötigen Abstand auch eine Menge Spaß zu lesen.
Fazit: „Die sieben Todsünden“ von Corey Taylor ist ein ziemlich unterhaltsames Buch, wenn man das nicht alle zu ernst nimmt. Taylor erklärt dem Leser nicht nur eben jene sieben Todsünden, sondern auch die menschliche Seele und seine Abgründe. Der Autor nimmt dabei die Position eines Missionars ein. Stellt sich nur die Frage, ob man bekehrt werden will und muss?! Unter diesem Gesichtspunkt wird es dann nämlich unerträglich. Alles in allem ist das hier aber nette Unterhaltung, die mit dem Musiker Corey Taylor aber nicht viel zu tun hat – hier geht es um den Menschen und seine Sicht der Dinge.
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Text: Torsten Schlimbach