Green Day: iTré!
Warner
VÖ: 07.12.2012
Wertung: 5,5/12
Die Green Day Trilogie findet nun doch noch dieses Jahr ihren Abschluss. Billie Joe Armstrong ist immer noch dabei seinen Körper zu entgiften und sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Eigentlich sollte „iTré!“ ja zu Beginn des nächsten Jahres veröffentlicht werden, in Anbetracht der Umstände hat man sich dazu entschlossen dieses Kapitel nun doch noch dieses Jahr zu beenden. Ist im Grunde auch egal, denn spätestens seit „iDos!“ ist die Begeisterung ziemlich abgekühlt und die Erwartungshaltungen tendieren gen Null.
Dirnt, Armstrong und Cool hatten für „iUno!“, „iDos!“ und „iTré!“ vollmundig ihre Ambitionen formuliert, welche sie leider in keinster Weise erfüllen können. Die dritte Runde soll nun das Ende der Party markieren und das Chaos muss beseitigt werden. Mit dieser Ankündigung haben sich die drei Jungs aber auch ein schönes Ei ins Nest gelegt. Katerstimmung kommt bei „iTré!“ tatsächlich auf. Man muss da auch nicht lange um den heißen Brei reden, Green Day haben ihre Schreibblockade auf drei Alben zur Schau gestellt. Das mag aufgrund der Quantität zunächst recht paradox anmuten, leider spricht die Qualität der Songs eine recht deutliche Sprache.
Der Grundstein wurde mit „iUno!“ ja noch in sicherem Fahrwasser gelegt und auch, wenn das noch nicht der große Wurf war, hegte man die leichte Hoffnung, dass die beiden Nachfolgewerke dann vielleicht dazu in der Lage wären. „iDos!“ war in dieser Hinsicht schon eine ziemliche Enttäuschung, „iTré!“ schafft es nun glatt, die Latte noch mal nach unten zu legen. Das Album ist eine zahnlose Angelegenheit. Völlig handzahm und belanglos plätschern die Songs dahin und perlen an einem ab, als hätte man sich einen Teflonanzug übergezogen. Das hat weder Schmiss noch den kleinsten Ansatz einer zündenden Idee. Man erwartet von Green Day jetzt sicher nicht die große Innovationskeule, aber was sie hier abliefern geht über weite Strecken nicht mal als B-Seiten Material durch.
Lichtblicke gibt es natürlich. Immerhin lässt die Ballade „Brutal Love“ gleich zu Beginn aufhorchen. Man hört dem Stück deutlich an, dass der Bandname mittlerweile auch mal mit einem Musical in Verbindung gebracht wird. Danach breitet sich die Langeweile derart aus, dass es schon erschreckende und groteske Züge annimmt. Natürlich können „X-Kid“, „Sex, Drugs & Violence“ oder „Walk Away“ die eine oder andere Melodie im Ohr platzieren, die es sich dort gemütlich einrichtet und für eine Band, die gerade am Karriereanfang steht, auch in Ordnung wäre. Zieht man aber den Green Day Backkatalog zu Rate, dann ist das einfach viel zu wenig. Die Nummern können nicht mal im Ansatz mit den vielen Krachern, die diese Band zweifelsohne in der Vergangenheit geschrieben hat, mithalten. Ausgerechnet das längste Stück der Platte - „Dirty Rotten Bastards“ - überzeugt und versöhnt zugleich. Es werden mal ein paar kleine Widerhaken eingebaut und der eine oder andere Haken geschlagen. Eine Wohltat für die Ohren und Schema F wird dabei endlich vor der Tür gelassen. Der Singalong bei „99 Revolutions“ geht anschließend auch noch in Ordnung. Mit der schmalzigen und kitschigen Ballade „The Forgotten“ versuchen sich Green Day dann an ihrer eigenen Mischung aus „Let It Be“ und „Yesterday“. Muss man dazu noch viel sagen?
Fazit: Es mag ein ambitioniertes Projekt gewesen sein, aber letztlich scheitern Green Day mit ihrer Album-Trilogie. Auf jedem Album gibt es den einen oder anderen Song, der überzeugen kann. Stellt man diese zusammen, dann hält man sogar ein sehr ordentliches Werk in den Händen. In dieser Konstellation bleibt vieles aber nur Stückwerk und irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass die Band ihren Ideenmangel ziemlich aufgeblasen hat. Schade, denn so wird man diese drei Alben schnell wieder vergessen haben.
Text: Torsten Schlimbach
Green Day: iDos!
Warner
VÖ: 09.11.2012
Wertung: 6/12
Und ab in die nächste Runde Green Day. Wer „iUno!“ schon aus seinem Abspielgerät verbannt hat, der bekommt nun die nächste Gelegenheit sich mit den drei Poppunkern zu beschäftigen. „iDos!“ sollte ja nun anders wie der Vorgänger sein, darum ja auch der ambitionierte Veröffentlichungswahn der Kapelle. Zunächst wollten es die Jungs ruhig angehen lassen, deshalb wurde auch die Poppunkplatte zuerst in die Läden geräumt. „iDos!“ sollte nun der rotzige und krachige Bruder aus der Garage sein – so wurde es zumindest aus dem Bandcamp vermeldet. Nun denn, der Freitag bietet sich nach einer langen Arbeitswoche ja sowieso an mit etwas amtlichem Krach die Synopsen wieder auf Null zu stellen.
Die drei Schlingel lassen uns aber mit „See You Tonight“ noch etwas am Lagerfeuer schmoren. Warum auch nicht? Umso heißer ist man auf die anschließend abgefeuert Punkvollbedienung aus der Garage. Und was ist? Nichts ist! „***Time“ lässt sich zwar zunächst gut an, aber der Refrain hätte in den 60ern auch gut zum Tanztee von den älteren Familienmitgliedern gepasst. Mit viel Wohlwollen geht das noch in die Brian Setzer Rock and Roll-Ecke. Und warum jetzt „Stop When The Red Lights Flash“ nicht auch auf den Vorgänger gepasst hätte, erschließt sich auch nicht so ganz. Oder meinen Green Day jetzt, dass die Gitarrensoli etwas Garagenspirit versprühen? Jungs, also ehrlich!
Beim belanglosen „Lazy Bones“ ist die Stimmung dann endgültig auf dem Tiefpunkt angekommen. Diese Art von Bubblegum-Pop mag vielleicht noch bei dreizehnjährigen Skatern für freudige Gefühlsausbrüche sorgen, aber das war es dann auch. „Wild One“ geht gar als Powerpop-Verschnitt von „Creep“ durch. Richtig, jenes „Creep“, mit dem sich Radiohead einst ihre ersten Meriten verdienten. „Makeout Party“ ist dann der erste richtige Kracher. Na also, geht doch. Das Ding tritt Arsch – und wie! Man ahnt es schon, danach wird es wieder gemütlich. Und langweilig. Die Songs auf „iUno!“ waren wesentlich nachhaltiger, das hier rauscht an einem wie ein D-Zug vorbei. „Baby Eyes“ legt wenigstens noch mal ein paar Briketts auf den Powerpop drauf. Lediglich „Lady Cobra“ sorgt erneut für ordentlich Dampf auf dem Kessel.
Und mal ehrlich, was soll denn der weibliche Sprechgesang bei „Nightlife“? Immerhin ist damit der Tiefpunkt der Platte erreicht. Danach reiten sie wieder auf der Singalong-Schiene, bevor es mit dem wirklich guten und berührenden „Amy“ noch mal zurück an das Lagerfeuer geht. Wer hier gemeint ist dürfte klar sein. Eingerahmt von zwei Songs für das Lagerfeuer ist das sicher nicht die versprochene Garagenplatte.
Fazit: „iDos!“ hat erschreckend wenig mit den vollmundigen Ankündigungen zu tun. Selbst als Punkpop geht das nicht mehr durch. Meist bewegt sich das irgendwo im Popbereich, was ja eigentlich nicht sonderlich schlimm wäre. Das Songwriting ist aber nicht besonders gut und meist bleiben die Nummern in der Belanglosigkeit stecken und wenn man ehrlich ist, dann kommt das über weite Strecken nicht über B-Seitencharakter hinaus. Ein paar Lichtblicke gibt es zwar, aber unter dem Stich ruhen nun alle Hoffnungen auf dem Januar!
Text: Torsten Schlimbach
Green Day: iUno!
Warner
VÖ: 21.09.2012
Wertung: 8/12
Als Green Day einst als Band starteten, hätte vermutlich niemand auf diesem Planeten auch nur ansatzweise den Weg der Combo vorhersagen können. Jetzt füllt die Band ganze Stadien und hat mit „American Idiot“ ein Broadway Musical mit aus der Taufe gehoben. Die letzten beiden Alben waren dann auch eher Queen-Bombast und hatten mit Punk nichts mehr zu tun. Mittlerweile ist auch schon wieder viel Wasser den Rhein runtergeflossen. Oder anders ausgedrückt: es steht ein neues Werk in den Startlöchern. Zunächst!
Green Day überraschten mit der Ankündigung, dass gleich drei Alben veröffentlicht werden. Immerhin hauen sie die Dinger nicht gleichzeitig raus, sondern legen ein paar Monate dazwischen - die anderen Parts am 9. November sowie am 11. Januar 2013. Dies brachte den drei Jungs eine Menge kostenlose Promotion ein, da diese Vorgehensweise heute ja alles andere als alltäglich ist und sich somit jeder auf diese Ankündigung stürzte. Es gab mal eine Zeit, da war das nicht unüblich. Und genau an diese Zeit knüpfen sie mit iUno! nun an.
Glücklicherweise hat die Band sich wieder auf die alten Tugenden besonnen und den ganzen Bombast, Pathos und Kirmesklimbim vor der Tür gelassen. iUno! empfängt dafür die 60er mit offenen Armen. So ein bisschen haben sie sich gar an „Dookie“ orientiert. Dies ist nicht unbedingt die schlechteste Idee gewesen. Back to the Roots! Dies heißt in erster Linie Pop-Punk ohne Schnörkel. Fans der ersten Stunde dürfen sich also freuen! Das ist dann allerdings auch die größte Überraschung, denn ansonsten ist iUno! eben ein typisches Green Day Album – reduziert auf die Basiseigenschaften.
Und da fahren sie auch schon mal die Sicherheitsnummer. „Nuclear Family“ ist ein hymnenhafter und butterweicher Einstieg. Ein schöner Ohrwurm zwischen Pop und Punk. „Stay The Night“ bringt noch ein bisschen Surfpop mit ins Spiel und nistet sich in den Ohren ein. „Carpe Diem“ gefällt auch mit eher gemäßigtem Tempo und erinnert gar an die Mod-Ära. Endlich, möchte man sagen, endlich lösen sie mit „Let Yourself Go“ auch mal die Handbremse. Thema dürfte klar sein. Ob dies Armstrong mit 40 noch braucht? Egal, denn Spaß macht das Ding. Überhaupt hat die Platte jetzt eine richtig starke Phase erreicht. Das fluffige „Kill The DJ“ erinnert nicht nur aufgrund des Titels an The Smiths. „Loss Of Control“ ist so eine Nummer, die die drei Herren mittlerweile mit verbundenen Augen schreiben.
Das saucoole „Troublemaker“ überrascht noch mal. Das Gitarrengeschrammel wurde sich mal eben bei The Edge und U2´s „Vertigo“ geliehen, während das Grundgerüst an „My Sharona“(!) erinnert. Eine Art 60ies Ballade darf auch nicht fehlen? Bitteschön - „Sweet 16“. Den längsten Song gibt es ausgerechnet zum Schluss mit „Oh Love“. Die Single knüpft ja noch am ehesten an die letzten Alben an. Sicher nicht der stärkste Song von iUno!.
Fazit: Green Day besinnen sich mit iUno! auf längst verloren geglaubte Stärken. Der Sound wurde mal ordentlich entschlackt. Weg mit dem Bombast! Weg mit dem Pathos! Weg mit Queen! Willkommen 60ies! Willkommen Green Day! Das Album wird die Welt nicht in den Grundfesten erschüttern, macht aber durchaus Appetit auf mehr. Der Nachschlag folgt dann ja schon im November! Einstweilen ist dies eine nette Pop-Punk Platte – nicht mehr, aber eben auch nicht weniger!
Text: Torsten Schlimbach