Van Morrison: Latest Record Project (Volume 1)

Van Morrison: Latest Record Project (Volume 1)

BMG

VÖ: 07.05.2021

 

Wertung: 8/12

 

Van Morrison kann auf eine lange Karriere und einen beachtlichen Backkatalog stolz sein. Mit „Latest Record Project (Volume 1)“ veröffentlicht er nun sein 42.(!) Album. Auf dem Longplayer finden sich 28 Tracks wieder. Eigentlich wäre Van Morrison, wie so viele andere auch, auf Tour gewesen. Er nutzte die Isolation dann aber dazu an neuen Songs zu arbeiten. Morrison beschäftigte sich mit Songwriting und dies kontinuierlich. Er nutzte dazu seine vielfältigen Möglichkeiten und brachte die Stücke auf dem Klavier, der Gitarre oder dem Saxofon auf den Weg. Textlich geht es oftmals um die Themen unserer Zeit: Pandemie und Lockdown, soziale Medien oder die Gleichsteuerung der Menschen.

 

Van Morrison hat im Vorfeld der Veröffentlichung mitgeteilt, dass er sich von den gefühlt immer gleichen Songs und den immer gleichen Alben entfernen will. Keine Sorge, Van Morrison hat auch für „Latest Record Project (Volume 1)“ Van Morrison-Songs aufgenommen. Hier gibt es eine Mischung aus Soul, R&B, Blues, Jazz und ein bisschen Rock zu hören. Es ist ein vielfältiges Werk geworden, welches den typischen Van Morrison-Style trotzdem mit jedem Ton ganz deutlich erkennen lässt. Alles in allem ist das Album aber zu lang und so manche Langatmigkeit hat sich da eingeschlichen.

 

Es wird mit dem Titeltrack „Latest Record Project“ gestartet. Der Background-Chor verbreitet ein bisschen Gospelflair, aber ansonsten ist das erschreckend altbacken. Das rockige „Where Have All The Rebels Gone?“ ist da schon knackiger und mit „Psychoanalysts´ Ball“ gibt es an dritter Stelle eine ganz und gar typischen Van Morrison Song. Toll ist das bluesige „The Long Con“. Das Mundharmonikaspiel ist zum Niederknien. Der – teilweise mehrstimmige – Gesang ist zudem ein Gedicht. Ganz starke Nummer. „Thank God For The Blues“ trägt die Richtung ja schon im Titel. Der gospelartige Chor veredelt die Nummer zusätzlich. Ebenfalls ein richtig toller Song und man hört, dass Morrison Spaß an dem Ding hat. „Big Lie“ ist als Duett gesanglich herausragend. Dieses Song-Trio rechtfertigt schon alleine den Kauf des Albums.

 

Den Bar-Jazz-Blues von „A Few Bars Early“ lauscht man auch sehr gerne. Übrigens sind die Tasteninstrumente oftmals ganz vorne dabei. Dies ist hier der Fall, aber auch beim Schiebeblues „It Hurts Me Too“. Wer bei der Mundharmonika keine Gänsehaut bekommt, muss schon ziemlich abgebrüht sein. „Only A Song“ bringt mit dem Saxofon eine feine Note in den Sound hinein. Anschließend plätschert die erste Scheibe etwas vor sich hin, setzt mit „Blue Funk“ aber zum Schluss noch mal ein echtes Ausrufezeichen.

 

„Double Agent“ startet in die zweite Runde. Der düstere Blues von „Double Blind“ ist ein echtes Gänsehautstück. Dann verflacht es wieder etwas und das musikalische Niveau ist zwar hoch, aber packend sind die Stücke dann nicht unbedingt. Die Ballade „Duper´s Delight“ nimmt sich mehr als sechs Minuten Zeit für die ganze Brillanz von Van Morrison. Herausragend - in jeglicher Hinsicht. Anschließend gibt es mit „My Time After A While“ noch mal einen ordentlichen Schiebeblues. Man würde sich noch mal eine ordentliche Rocknummer wünschen, aber so richtig kommt das alles nicht mehr aus den Puschen. Das tolle „Stop Bitching, Do Something“ geht noch in diese Richtung und erinnert an die Stones der 60er. In den Saloon geht es mit „Western Man“. „They Own The Media“ ist in jeglicher Hinsicht brillant und bissig. Da schließt sich „Why Are You On Facebook?“ kongenial an. Die Ballade „Jealousy“ beschließt das Werk so, wie ein Van Morrison-Album enden sollte. Alle musikalischen Zutaten sind da noch mal zu hören. Ein schöner Abschluss.

 

Fazit: Van Morrison hat mit „Latest Record Project (Volume 1)“ ein randvolles Album aufgenommen, welches nun in der Pandemie veröffentlicht wird. Es hat alle musikalischen Felder zu bieten, für die man Morrison schätzt und liebt: R&B, Soul, Blues, Jazz und Rock. An der einen oder anderen Stelle flacht das Album zwar etwas ab, aber das ist bei 28 Songs vermutlich normal. Unter dem Strich gibt es aber sehr viele tolle Songs, die entdeckt werden wollen.

 

https://www.vanmorrison.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

Van Morrison: The Healing Game (Deluxe Edition)

Van Morrison: The Healing Game (Deluxe Edition)

Legacy/Sony

VÖ: 22.03.2019

 

Wertung: 11/12

Tipp!

 

Das Van Morrison-Reissue-Projekts ist für Fans eine ganz tolle Geschichte. Legacy hebt da so manches Schätzchen und die Veröffentlichungen haben stets einen immensen Mehrwert zu bieten. Das macht schon eine Menge Laune in die jeweiligen Phasen des Meisters ein bisschen tiefer einzutauchen. Wer Musik liebt, ist hier immer gut aufgehoben. Mit „The Healing Game“ erscheint nun eines seiner Alben der 90er als üppige Deluxe Edition und hat satte drei CDs zu bieten! Man kann sich also sehr ausgiebig dieser Zeit widmen.

 

„The Healing Game“ bekam vor mehr als zwanzig Jahren überwiegend positive Kritiken. Nach seinen Ausflügen in den Jazz und Blues kehrte Van Morrison für „The Healing Game“ ein Stückchen zu seinen Wurzeln zurück und widmete sich wieder verstärkte seinen Folk- und Singer/Songwriterwurzeln. „The Healing Game“ ist auch heute noch kein Album mit offensichtlichen Hits, es ist aber ein zeitloses Werk. Zumindest wenn es um handgemachte Musik geht. „Fire In The Belly“ ist beispielsweise der perfekte Barsong. Ein großartiges Kleinod, welches sich da am Hörer festkrallt. Sehr zurückgenommen ist „This Weight“ ausgefallen. Nur auf das Wesentliche konzentriert sich Van The Man, aber das ist so toll und so aussagekräftig, dass es einem Freudentränen in die Augen treiben kann. Flügelhorn, Trompete und Saxofon stellen eine echte Bereicherung dar und heben die Nummer noch mal auf ein neues Level.

 

Van Morrison war ja auch schon immer ein erstklassiger Mundharmonikaspieler. Das stellt er bei „Waiting Game“ einmal mehr unter Beweise. „Piper At The Gates Of Dawn“ ist ebenfalls sehr spärlich instrumentiert, aber so herzlich in der (irischen) Umsetzung, dass es eine Freude ist. „Burning Ground“ ist etwas forscher und „It Once Was My Life“ durchaus mit viel Witz durchdrungen. Sage noch einer, dass der alte Grantler nicht auch Humor hätte. „Sometimes We Cry“ ist durch den intuitiven Gesang schon sehr hörenswert. „If You Love Me“ ist eine dieser Schiebebluesballade der alten und guten Sorte! Der Titeltrack „The Healing Game“ beendet das Album auf beeindruckende Art und Weise und unterstreicht, dass Van Morrison zu den besten Songschreibern und Sängern seiner Generation gehört.

 

Fünf Bonustitel, die bereits als Single-Auskopplung oder auf Compilations zu hören waren und hier erstmals auf einem Tonträger versammelt sind, sind nun ebenfalls auf der ersten CD enthalten. „Look What the Good People Done“ ist ein erstklassige Blues-Stück. „At The End Of The Day“ ein wunderbar entspannter Song, der in einer besseren Welt durchaus ein großer Hit geworden wäre.  Die Single Version von „The Healing Game“ schließt sich da nahtlos an. „Full Force Gale '96“ ist eines dieser typischen Van Morrison-Lieder, die der Mann anscheinend leichtfüßig aus dem Ärmel schüttelt.  „St. Dominic's Preview“ beendet das eigentliche Album schließlich.

 

Die zweite CD wurde „Sessions & Collaborations“ betitelt. Folgerichtig geht es dann mit einer alternativen Version von „The Healing Game“ los. Diese frühe Variante ist eher noch in dieses wundervolle Barjazz-Gewand gekleidet. Die Jazz-Version betitelte Ausgabe von „The Healing Game“, die ebenfalls auf dieser CD zu finden ist, ist nur marginal anders.  Auch von „Fire In The Belly“ gibt es übrigens eine Frühversion zu hören. „Sometimes We Cry“ liegt hier in der Komplettfassung vor und erstreckt sich über acht Minuten. Augen schließen und von Van Morrison verzaubern lassen! „Mule Skinner Blues“ hat in der Bläsersektion ordentlich Hummeln im Hintern. Carl Perkins ist übrigens auf „Boppin´The Blues“, „Matchbox“, „My Angel“ und „All By Myself“ zu hören. John Lee Hooker gastiert auf „Don´t Look Back“ und „The Healing Game“. Man hört sein charismatisches Spiel sofort heraus. Der Mann hatte einen ganz besonderen Stil, der eben immer herausstach.

 

Auf einer dritten CD gibt es einen Konzertmitschnitt aus Montreux zu hören. Die Aufnahme wird nun zum ersten Mal offiziell veröffentlicht. Der Sound ist schlichtweg brillant. Die Songauswahl ist sehr speziell, aber das ist ja für Van Morrison nicht ungewöhnlich. Zu hören gibt es die persönlichen Lieblingssongs des Meisters und einige Cover-Versionen. Dabei hat er sich so unterschiedliche Songs wie das unsterbliche „Fool For You“ von Ray Charles ausgesucht, aber auch von Anthony Newley „Who Can I Turn To (When Nobody Needs Me)“. Während der ruhigen Passagen kann man übrigens eine Stecknadel fallen hören, so andächtig lauscht das Publikum dem Mann. Ein toller und mitreißender Mitschnitt.

 

Fazit: „The Healing Game“ ist das beste Studioalbum von Van Morrison aus den 90ern. Die Songs sind auch heute noch zeitlos. Jetzt wird das Werk in einer opulenten Deluxe Edition erneut veröffentlicht. Auf der ersten CD gibt es schon jede Menge Bonusmaterial, dann wäre da aber noch der Konzertmitschnitt und die „Sessions & Collaborations“-CD, die einen anderen Blickwinkel auf das Album gewährt. Für Musikliebhaber ein Muss!

 

https://www.vanmorrison.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

Van Morrison: The Authorized Bang Collection

Van Morrison: The Authorized Bang Collection

Legacy/Sony

VÖ: 28.04.2017

 

Wertung: 8,5/12

 

Die Älteren unter uns werden sich vielleicht noch an die Zeit von Van Morrison bei Bang Records erinnern. Bert Berns gründete das Label 1965. Der Mann war aber auch Songwriter und hat Welthits wie „Piece Of My Heart“, „Twist & Shout“ oder „Everybody Needs Somebody To Love“ mitgeschrieben. Auch Van Morrison stand er als Songwriter zur Seite. „Here Comes The Night“ von The Them hat beispielsweise auch Bern geschrieben. Jetzt veröffentlicht Legacy, die Katalogabteilung von Sony, ein 3-Disc starkes Set. „The Authorized Bang Collection“ ist für Sammler eine wahre Raritätenfundgrube.

 

Die erste CD - „The Original Masters“ - enthält die Stereo Mixe, die nun erstmals auf CD veröffentlicht werden. Den Anfang macht „Brown Eyed Girl“, jener Welthit, den auch Nichtfans unter Garantie kennen. Klasse sind die vielen Rock- und Soulnummern, die sich hier versammeln. „Midnight Special“ gleicht einer kleinen Offenbarung und lässt die Stones glatt wie Waisenknaben aussehen. Sensationelles Ding. Das bluesige „It´Alright“ oder das mit seinem spanischen Flair durchtränkte „Spanish Rose“ gehen zu Herzen. „Goodbye Baby (Baby Goodbye)“ gefällt durch seinen lässigen Twang und das Mundharmonikaspiel bei „Ro Ro Rosley“ lässt so manchen Meister des Fachs vor Neid erblassen. „Joe Harper Saturday“ lässt die Gitarrensaiten ordentlich dengeln und auch die Mono-Mixe von Chick-A-Boom“ und „The Smile You Smile“ werten die erste Scheibe noch mal auf.

 

Die zweite CD – „Bang Sessions & Rarities“ - startet mit einem Edit-Mono-Mix von „Brown Eyed Girl“. Diese Version ist mitunter sogar besser als der Stereo-Mix. Zudem ist das ein gesuchtes Sammlerstück. Der Backinggesang von „Ro Ro Rosey“ ist ein Gewinn für die Nummer. Der bisher unveröffentlichte Studio-Take von „T.B. Sheets“ stellt ebenfalls eine Bereicherung für den Backkatalog dar. Die Mundharmonika von „Midnight Special“, aber auch der weibliche Backinggesang, bringen einen mit jedem Durchlauf wieder um den Verstand. Das ist einfach großartig. Auch die Intonation von Van Morrison. Das kann man einfach nicht lernen, das wird einem in die Wiege gelegt. Vom süßlichen „Beside You“ liegen auch noch verschiedene Takes vor und somit kann man ein klitzekleines Stückchen am Entstehungsprozess teilhaben. Selbiges gilt auch für „Brown Eyed Girl“. Da ist man – auch aufgrund der Sprachfetzen aus dem Studio – dann ganz dicht dran.

 

Auf der dritten CD - „Contractual Obligation Session“ - haut Van Morrison richtig was raus. Hierbei handelt es sich um eine Pflichtübung. Es ging dabei lediglich um die Vertragserfüllung mit Bang Records. Das muss für den Mann sehr frustrierend gewesen sein. Er macht das, was man von ihm erwarten konnte. Mit viel Wortwitz leiert er die Stück runter, die bestenfalls etwas länger als eine Minute sind, oftmals aber drunter bleiben! Aufgenommen wurde das 1967 in New York und stellt das Ende einer Ära dar. Das Material ist zwar nicht neu und schon auf so manchem Bootleg verbraten worden, macht aber trotzdem hin und wieder Spaß. Man wird sich das sicherlich nicht jeden Tag anhören, da man mehr als nur erahnen kann, dass Van Morrison darauf eigentlich keine Lust hatte. Trotzdem ist das ein sehr schönes Zeitdokument.

 

Eigentlich ist man von Legacy ja gewöhnt, dass die Aufmachung ganz formidabel bei solchen Veröffentlichungen ausfällt. Leider fehlt hier ein Booklet. Hierbei muss es sich allerdings um einen Produktionsfehler handeln, da der Pressetext von Liner Notes spricht. Bleibt zu hoffen, dass dies nur ein einmaliger Fehler ist und nicht auf die komplette Produktion zutrifft!

 

Fazit: „The Authorized Bang Collection“ ist für Van Morrison-Fans ganz sicher eine Bereicherung für die Sammlung. Seine Zeit bei diesem Label wird hier sehr schön beleuchtet. Die Raritäten und verschiedenen Takes lassen einen dann auch noch am Entstehungsprozess teilhaben. Die dritte CD bringt einem dann auch noch das – eigentlich – unrühmliche Ende dieser Verbindung näher. Das komplette Set ist eine feine Sache – sofern das Fehlen des Booklets hier ein Einzelfall darstellt.

 

http://www.vanmorrison.com/splash/

 

Text: Torsten Schlimbach

Van Morrison: ..It´s Too Late To Stop Now...Volumes II,III,IV+DVD

Van Morrison: ..It´s Too Late To Stop Now...Volumes II,III,IV+DVD

Legacy/Sony

VÖ: 10.06.2016

 

Wertung: 11/12

Tipp!

 

The Troubadour in Los Angeles, das Santa Monica Civic Center und das Rainbow Theatre in London genießen in der Musikwelt einen legendären Ruf. Das kommt natürlich nicht von ungefähr. Van Morrison machte im Jahr 1973 genau an diesen historischen Stätten Station mit seiner laufenden Tour. Auch die damalige Tournee von Van Morrison mit dem Caledonia Soul Orchestar wird mittlerweile als legendär bezeichnet. „..It´s Too Late To Stop Now...Volumes II,III,IV+DVD” bringt dies nun alles zusammen und ist für Fans und Musikliebhaber eine tolle Möglichkeit sich diesen wundervollen Live-Umsetzungen von damals heute noch mal hinzugeben.  Bei den Aufnahmen dieser Kollektion handelt es sich übrigens um unveröffentlichtes Material. Überschneidungen mit „..It´s Too Late To Stop Now...Volume I” gibt es keine!

 

Zunächst sticht einem natürlich das schöne Digipack ins Auge. Das dicke Teil lässt sich komplett aufklappen und ausbreiten und hält dann die vier Scheiben für den geneigten Fan bereit. Selbstverständlich ist auch ein Booklet in einem Einschuber enthalten. Selbiges ist allerdings eine kleine Enttäuschung, denn das glänzt nicht gerade mit einer Fülle an Informationen und Bildern. Hier wäre eindeutig mehr drin gewesen und eine etwas liebevollere Gestaltung hätte das ansonsten schicke Teil noch ein bisschen aufgewertet.

 

Das eigentliche Album wurde aus acht verschiedenen Auftritten in den schon erwähnten Konzertstätten zusammengestellt. Man kam bei der Produktion ohne zusätzliche Overdubs aus, was aus heutiger Sicht umso bemerkenswerter ist. Auch dieses Werk erscheint am 10. Juni auf Doppel-CD und Doppel.Vinyl. Selbstverständlich wurde dieses in 24-bit High Resolution remastert. Für das hier zu besprechende Set hat Guy Massey die Aufnahmen remastert.

 

Angeblich sagte Van Morrison 1973, dass er mehr und mehr zum Live-Künstler wird und es sich gut anfühlen würde auf der Bühne zu stehen. Dass er sich davor auf der Bühne schwer getan hat, ist ja bekannt und überliefert. Guckt man sich die DVD mit den Aufnahmen, die im Rainbow am 23. und 24. Juli 1973 entstanden, an, dann zeigen selbige aber einen Van Morrison, der sich meist an sein Mikrofon klammert oder festhält. Eine Rampensau war der Mann eben nie. Musste er aber auch nicht sein. Charisma wurde ihm vom lieben Gott in die Wiege gelegt und zudem ist er mit einer kraftvollen Stimme gesegnet, die schier unglaublich ist. Wenn er singt, dann meist mit geschlossenen Augen. Erst bei der Bandvorstellung taut er etwas auf. Der Mann muss aber auch nicht viel machen, seine Phrasierung und Intonation reichen völlig aus. Na gut, zum Schluss des Konzerts springt auch noch wie ein junger Punk in die Luft. Für den charmanten Part sind aber meist die Damen an den Streichern zuständig, die konzentriert, aber auch mit sehr viel Spaß zu Werke gehen.  Das Bild – die Bühne wird oft rot ausgeleuchtet – ist in Anbetracht des Alters der Aufnahme als gut zu bezeichnen. Die ruhige Kameraführung wurde im Schneideraum zum Glück nicht torpediert. Der Sound ist brillant. So kommen „Here Comes The Night“, „Brown Eyed Girl“, „Moonshine“ und das krachige „Cyprus Avenue“ sehr druckvoll, aber dennoch klar und fein austariert daher. Die DVD kommt zwar nur auf eine Spielzeit von 50 Minuten, ist aber dennoch ein Höhepunkt unter den unzähligen Veröffentlichungen ähnlicher Natur.

 

Die Konzerte wurden ursprünglich auf 16-Spur-Analogtapes aufgezeichnet. Guy Massey hat diese ganz wundervoll remastert. Ein besonderer Höhepunkt stellt da der Mitschnitt vom 23. Mai 1973 im Troubadour dar. Man hat glatt das Gefühl, dass der gut Van Morrison „Come Running“, „I Just Want To Make Love To You“ oder „Moondance“ und „Caravan“ bei einem im Wohnzimmer mit seiner famosen Band darbietet. Intimer und näher kann man einem Künstler nicht kommen. Die Aufnahme ist derart brillant, dass da jede feine Nuance herauszuhören ist. Das gilt natürlich auch für das Konzert in „Santa Monica“ vom 29. Juni 1973. Man glaubt dem Mann, wenn er da singt „I Believe To My Soul“. „Gloria“ ist da auch vertreten, hat man aber auch schon schmissiger gehört. Die Zusammenschnitt vom 23. und 24. Juli aus London besticht auch durch eine musikalische Brillanz, die schon atemberaubend ist. „I Paid The Price“ kann alles: Soul, R&B, Blues und ein Gitarrensolo, welches den richtigen Ton trifft und nicht zum Selbstzweck verkommt. Groß. Ganz Groß. „Here Comes The Night“ und „Domino“ sind weitere Höhepunkt, wobei man hier im Grunde jeden Song aufzählen müsste!

 

Fazit: Hört und guckt man sich die Aufnahmen des Sets „..It´s Too Late To Stop Now...Volumes II,III,IV+DVD“ an, dann wird einem schnell klar, dass Van Morrison 1973 auf dem Zenit angekommen war. Selbigen hat er freilich nie wieder verlassen. Die drei CDs sind klanglich schlichtweg brillant. Die Performances sind es auch. Und wie. Morrison hatte tolle Musiker auf der Tour dabei und somit sind die Live-Tracks überwiegend ein Hochgenuss. Hier wird zudem nachhaltig unter Beweis gestellt, dass der Mann ein herausragender Sänger war und ist. Von den Songs seiner ehemaligen Band Them bis hin zum Folk-Soul der Alben „Astral Weeks“ und „Moondance“ hat dieses Package tolle Stücke zu bieten. Die richtig gute Aufnahme der DVD ist da das Sahnehäubchen!

 

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Text: Torsten Schlimbach

Van Morrison: His Band And The Street Choir (Expanded & Remastered)

Van Morrison: His Band And The Street Choir (Expanded & Remastered)

Rhino/Warner

VÖ: 30.10.2015

 

Wertung: 12/12

Tipp!

 

Auch „His Band And The Street Choir“ wird nun in einer Expanded & Remastered Edition bei Rhino veröffentlicht. Nach „Moondance“ haute Van Morrison das nächste großartige Album heraus. Überhaupt machte der Mann musikalisch Ende der 60er bis Mitte der 70er alles richtig. Nicht, dass er danach sonderlich viel falsch gemacht hätte, aber in dem oben genannten Zeitraum veröffentlichte er einfach atemberaubende Musik. „Astral Weeks“ und „Moondance“ werden ja meist als seine definitiven Meisterwerke genannt, dabei steht „His Band And The Street Choir“ dem in rein gar nichts nach. Die nun vorliegende Variante hat gleich fünf Bonustracks zu bieten, die rar und bisher unveröffentlicht sind.

 

„Give Me A Kiss" hat ohne Piano, Bläser und Backing Vocals noch nie so roh geklungen. So erhält man einen ganz neuen Blickwinkel auf den Song. "I’ve Been Working" dürfte man auch noch nie so funky gehört haben. Von „Call Me Up In Dreamland“ hat man hier auf den zehnten(!) Take zurückgegriffen. Macht Spaß, die Nummer in diesem Entwicklungsstadium zu hören. Von „I´ll Be Your Lover, Too“ gibt es ein alternative Version zu hören. Selbige ist berührend und geht zu Herzen, aber das trifft ja auch schon auf die veröffentlichte Albumversion zu. Grandioser Song – Gänsehaut vorprogrammiert!

 

„His Band And The Street Choir“ ist unglaublich variantenreich und wesentlich zugänglicher als „Astral Weeks“. Wenn man schon ein paar Schubladen öffnen müsste, dann fällt der Folkanteil etwas kleiner aus – auch wenn „Virgo Clowns“ in diese Richtung geht - dafür gibt es R&B im Van Morrison-Gewand. „Domino“ ist ja hinlänglich bekannt und doch macht das soulige Stück immer wieder auf ein Neues eine Menge Laune. Das folgt auch alles einem herkömmlichen Songschema. „Crazy Face“ nimmt das Tempo dann wieder etwas raus, ist aber eine wunderschöne und eindringliche Ballade. „Give Me A Kiss“ ist Rock And Roll wie ihn Elvis gemocht hat und mit „Call Me Up In Dreamland“ wagt er sich in Richtung Swing vor.

 

„I´ve Been Working“ erinnert gar ein bisschen an die Musik der Blaxploitation-Filme. „Gypsy Queen“ spannt einen wunderbaren Bogen von Soul zu Folk. Dazu singt Van Morrison ganz sanft und zart. Und selbstverständlich gibt es auch ein bisschen Gospel mit „If I Ever Needed Someone“. Was sich jetzt alles liest, als wäre dieses Album völlig zerschossen, ist in Wahrheit doch wie aus einem Guss. Die Atmosphäre die von diesen Songs ausgeht, ist ganz toll und das fügt sich alles wunderbar zusammen.

 

Fazit: „His Band And The Street Choir“ ist ein weiteres Meisterwerk aus einer unglaublich kreativen Phase von Van Morrison. Wem „Astral Weeks“ zu schwierig ist, der kriegt mit diesem Werk ein wesentlich zugänglicheres Album geboten. Soul, R&B, Folk, Rock And Roll oder Swing geben sich die Klinke in die Hand und doch hat dieses Album einen roten Faden, der nie abreißt. Es passt einfach und dieser warme Sound, die tollen Arrangements und diese wundervolle Atmosphäre sind einfach mitreißend!

 

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Text: Torsten Schlimbach

Van Morrison: Astral Weeks (Expanded & Remastered)

Van Morrison: Astral Weeks (Expanded & Remastered)

Rhino/Warner

VÖ: 30.10.2015

 

Wertung: 12/12

Tipp!

 

Verstehe einer die Veröffentlichungspolitik und die Rechteverteilung im Musikgeschäft. Gerade noch hat die Katalogabteilung von Sony - Legacy - die Rechte am Backkatalog von Van Morrison erworben, da haut Rhino – bekanntlich zu Warner gehörend – eine Expanded & Remastered Edition des Jahrhundertwerks „Astral Weeks“ raus. Dem geneigten Fan kann es ja egal sein und dem Neueinsteiger sowieso. Fakt ist, dass „Astral Weeks“ in jede anständige Musiksammlung gehört. Auch, wenn das Werk seinerzeit die ganz große Anerkennung verwehrt blieb und nicht mal in den Charts landete, ist die Platte längst zum Kulturgut geworden.

 

Die Expanded & Remastered Version hat nun zusätzlich vier Songs zu bieten, die hier zum ersten Mal erhältlich sein werden. Die Tracks reihen sich sehr schön ein und stellen auch keinen Bruch dar. Der erste Take von „Beside You“ erinnert dabei sogar ein wenig an die Rolling Stones, während das entspannte „Madame George“ durch das Vibraphon im Vordergrund eine ganz neue Klangperspektive offenbart. Die Long Version von „Ballerina“ ist eine ganze Minute länger wie der eigentliche Song des Albums. Die Klangvielfalt ist schon beeindruckend! Selbige wird man auch erst nach und nach entdecken, da die Stimme von Van Morrison derart im Vordergrund steht und alles überstrahlt. Ein Ohrenschmaus. Das ist Musik als Kunstform, dient aber nicht der Selbstdarstellung. In dieser Form ist das heutzutage ja selten geworden. Auch von „Slim Slow Slider“ gibt es nun die vollständige Version zu hören. Seinerzeit wurde der Song stark gekürzt, damit das übliche LP-Format nicht gesprengt wurde. Die Nummer hätten die Stones sicher auch gerne im Gepäck.

 

Über die zweite Solo-LP von Van Morrison sind ganze Bücher geschrieben worden. Man kann über den Stil auch stundenlang referieren. Das ist Soul, Jazz und natürlich Folk. Der Gesang ist zwar wenig facettenreich, steht dafür vollkommen im Zentrum und dabei passiert im Hintergrund doch derart viel. Auf der Remastered Edition ist dies aber auch alles ganz genau zu hören und nachvollziehbar. Flöte, Vibraphon und Streicher sind deutlich zu hören und lassen einen als Zuhörer in diesen Sound versinken. Für die Aufnahmen holte sich Van Morrison damals renommierte Jazzmusiker ins Studio. Drei Tage brauchten sie dafür, was aufgrund der Klangvielfalt schon einigermaßen überraschend ist. Zudem wurde auch noch eine komplette Vormittagssession verworfen, da dies für die Jazzmusiker die falsche Tageszeit war und das alles nicht so ganz hinhaute.

 

Dafür hatten die Musiker aber auch so ziemlich freie Hand, denn Van Morrison spielte die Songs einmal auf der Akustikgitarre vor um zu sehen wohin die Reise geht – das war es. Herausgekommen ist ein – für damalige Verhältnisse – sehr mutiges Album. Hier wurden und werden sämtliche Grenzen der Popmusik gesprengt. Die Melodien sind gegenläufig und oftmals komplett am Gesang vorbei. Als Zuhörer wird man in dieses Album und diese Songs förmlich hereingesogen. „Sweet Thing“ passt da noch am ehesten in ein herkömmliches Songschema, auch wenn dieses auch immer wieder durchbrochen wird. „The Way Young Lovers Do“ geht auch mal etwas andere Wege und die Drums sorgen für den schmissigen Unterbau. „Madame George“ ist sogar progressiv und ufert vollends aus. Es ist einfach diese Dringlichkeit, die dieses Album und seine Songs auszeichnet.

 

Fazit: „Astral Weeks“ ist ein Meisterwerk von Van Morrison, aber auch der gesamten Populärmusik. Wer völlig unbedarft an dieses Album herangeht, könnte damit leicht überfordert sein. Songstrukturen werden hier nämlich vollkommen auf den Kopf gestellt. Mit einer Jazzband kredenzt Van Morrison dem Zuhörer hier eine Mischung aus Folk, Jazz, Soul und natürlich auch Blues und auf seine Art auch Rock. Das verschmilzt alles zu etwas gänzlich Neuem. Man kann sich in diesen Songs – sofern man sich darauf einlassen kann und will - völlig verlieren. Die vier Bonustracks werten „Astral Weeks“ gar noch mal auf. Essenziell!

 

http://duets.vanmorrison.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

Van Morrison: The Essential

Van Morrison: The Essential

Sony/Legacy

VÖ: 04.09.2015

 

Wertung: 9/12

 

Da ist der Katalogabteilung von Sony ja ein ganz dickes Ding gelungen. Legacy hat jetzt am Backkatalog von Van Morrison die Rechte erworben. Neben seinen Solowerken gehören auch die Alben mit seiner Band Them dazu. Alles in einer Hand heißt nicht weniger als knapp 50(!) Alben. Bisher gab es das alles auch nicht bei den einschlägigen Onlinediensten im Streamingbereich zu hören. All dies ändert sich nun. Jetzt sind 33 Alben des Meisters bei den Portalen zu finden. Man kann davon ausgehen, dass in naher Zukunft die eine oder andere physische Veröffentlichung folgen wird, zumal viele Titel seit mehr als anderthalb Jahrzehnte nicht mehr zu finden waren. Den Anfang der zu erwartenden Veröffentlichungen macht nun allerdings eine schnöde Zusammenstellung, die „The Essential“ getauft wurde.

 

Kann man die Musik von Van Morrison überhaupt anhand einer Doppel-CD abbilden? Man kann es zumindest versuchen. „The Essential“ füttert zudem ja auch alle Neueinsteiger an und wird sicher den einen oder anderen Käufer dazu verlocken, sich auch ein paar von den bald erscheinenden Alben zu kaufen. Geschickter Schachzug. Die Zusammenstellung bietet ansonsten ja auch einen guten Überblick über das Schaffen des Mannes und funktioniert eben auch als Hitsammlung. Natürlich fehlt hier auch jede Menge Material. Immerhin gibt es 37 Songs und das auch noch karriereumspannend von 1965 bis 2009. Bei der Anordnung der Tracks ist man chronologisch vorgegangen, wodurch sich die Karriere von Van Morrison sehr gut nachvollziehen lässt.

 

Der Mann hat musikalisch ja nun fast schon alles gemacht. Seine Wurzeln hat er dabei nicht vergessen und so widmete er sich auch immer wieder den traditionellen Klängen seiner Heimat. Skiffle war ihm dabei auch willkommen und natürlich wird er nicht ohne Grund als der größte weiße Soulsänger genannt. Blues, Folk, Jazz und selbstverständlich auch R&B steht in seinem Portfolio. Da kommt einiges zusammen. „Astral Weeks“ und „Moondance“ werden wohl auf ewig als seine definitiven Meisterwerke gelten. Von erstgenannter Platte sind mit „Astral Weeks“ und „The Way Young Lovers Do“ zwei Songs vertreten. Wer sich erstmals das zarte, gospelartige „Crazy Love“ und das soulige „And It Stoned Me“ aus dem Album „Moondance“ anhört, wird nicht auf die Idee kommen, dass es sich dabei um den selben Sänger handelt. Tut es aber! Van Morrison war und ist eben auch in der Klangfarbe seiner Stimme sehr vielfältig.

 

Das ruppige „Gloria“ von Them, welches von Springsteen über Patti Smith bis hin zu U2 schon viele Kollegen geehrt haben, unterstreicht die Variabilität nachhaltig. Sein Überhit „Brown Eyed Girl“ bedient eher die Popfraktion zum Sonntagsnachmittagskaffee. „Wild Night“ vereint Blues und Rock. Der Bass ist zum Niederknien. Hier beeindruckt auch der Sound, die Aufnahme ist immerhin von 1971! „Tupelo Honey“ vom gleichnamigen Album ist immer noch ein kompositorisches Meisterwerk. Angefangen beim Klavier, den Bläsern, der Gitarre dem Backgroundgesang und dem intuitiven Vortrag von Van Morrison ist das einer der besten Songs des Jahres 71!

 

Das schmissige „Jackie Wilson Said (I'm in Heaven When You Smile)“ wirkt wie ein verdammter Pophit, hat aber wesentlich mehr zu bieten. Die Arrangements und die Instrumentierung sind allererste Sahne. „Warm Love“ geht dann wieder in die Soulrichtung. Das kann man durchaus in eine Reihe mit einem Marvin Gaye stellen. „Caravan“ in seiner Liveversion rockt ganz ordentlich, während „Hungry For You Love“ ein weiterer Welthit ist. Und mit einem solchen eröffnet auch die zweite CD: „Bright Side Of The Road“. „And The Healing Has Begun“ ist dagegen eher Stückwerk, denn ein vollständiges Stück, was in erster Linie am Nichtgesang liegt. Immerhin hat sich Morrison in den 80ern nicht – wie eine Vielzahl seiner Kollegen – von dem furchtbaren Sound anstecken lassen. „Tore Down A La Rimbaud“ und „Someone Like You“ gehen sogar in die traditionelle Richtung. „Irish Hearbeat“ mit den Chieftains ja sowieso. Die Ballade „Have I Told You Lately“ wird auf ewig für Knistern unter dem Kaminfeuer sorgen. Ganz große Interpretation von Van Morrison! Auch zu Beginn der 90er, als die Musikwelt explodierte, konnte er mit „Real Real Gone“ einen weiteren Hit landen, der fernab vom damaligen Geschehen war.

 

Man hört dem Mann zudem einfach gerne zu, weil er wie kein anderer singen kann, egal ob die Titel „Days Like This“ oder „That´s Life“ heißen. Mit „Precious Time“ geht es dann sogar nach New Orleans. Na gut, „Magic Time“ ist maximal in Ordnung, aber das sei dem Mann zugestanden. In dieser langen Karriere war auch nicht alles Weltklasse, aber das meiste eben schon! Der Blues von „Playhouse“ passt auch nicht ganz zu ihm, aber dafür wird man mit der Live-Version von „Sweet Thing“ ja wieder entschädigt.

 

Fazit: „The Essential“ von Van Morrison ist ein schöner Einstieg in das musikalische Schaffen des alten Grantlers. Hier kriegt man einen karriereumspannenden Einblick, der schnell süchtig machen kann und dann kauft man sich ein Album nach dem anderen. So ist es vermutlich auch gedacht. Wer nur auf die Hits aus ist, kommt mit diesen 37 Songs natürlich auch voll und ganz auf seine Kosten. Die Songs sind sowieso über jeden Zweifel erhaben und diese Zusammenstellung erfüllt ihren Sinn. Das eine oder andere vollwertige Album sollte man von Van Morrison aber schon kennen und in seiner Sammlung haben!

 

http://duets.vanmorrison.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

Van Morrison: Duets: Re-Working the Catalogue

Van Morrison: Duets: Re-Working The Catalogue

Sony

VÖ: 20.03.2015

 

Wertung: 8,5/12

 

Van Morrison hat sich in seiner langen, langen Karriere nun wirklich nicht auf die faule Haut gelegt. Alben veröffentlicht er in schöner Regelmäßigkeit. Dabei ist so manches obskure Material abgefallen und der alte Grantler hat immer nur das gemacht, wonach ihm gerade der Sinn stand. Das hat sicher nicht immer jedem gefallen und vermutlich so manchen Labelvertreter die letzten Haare gekostet. Auf der anderen Seite hat der Mann nie Alben abgeliefert die einfach egal waren. Heutzutage mögen seine Songs zwar nicht mehr die popkulturelle Bedeutung haben, trotzdem liefert er immer noch erstklassige Werke ab, die zudem noch zeitlos sind. Jetzt veröffentlicht Van Morrison sein 35.(!) Album – eine besondere Platte zudem. Schon anhand des Titels - „Duets: Re-Working The Catalogue“ - lässt sich ablesen, dass dieses Werk für die eine oder andere Überraschung gut sein dürfte.

 

„Duets: Re-Working The Catalogue“ ist gleich in mehrfacher Hinsicht interessant. Zunächst mal beendet dieses Album seine dreijährige Veröffentlichungspause. Dann ist das sein Debüt bei RCA Records/Sony und er nahm sechzehn seiner Songs mit Duettpartnern neu auf und es gibt zudem auch noch einer der letzten Aufnahmen des 2014 verstorbenen Bobby Womack zu hören. Dies alles sind wahrlich genug Gründe sich damit eingehender zu beschäftigen. Produziert wurden die Songs von Van Morrison, Don Was und Bob Rock. Die Sessions fanden übrigens in der Heimat von Van Morrison statt, nämlich in Belfast.

 

Die sechzehn Songs verströmen eine unbeschwerte Qualität die beeindruckend ist. Das ist handwerklich ganz grandios in Szene gesetzt, toll und üppig arrangiert und doch strahlt das alles eine Leichtigkeit aus, als wäre die Musik das einfachste der Welt. Wenn man mit einem solchen Talent ausgestattet ist, dann ist es das vermutlich auch. Anhand des Titels lässt sich ja unschwer erahnen, dass sich der Mann einige Kollegen eingeladen hat. Trotzdem ist Van Morrison der unumstrittene Chef im Ring und keiner stiehlt ihm die Show. Der 69-järhige steht im Zentrum, lässt seinen Mitstreitern aber genug Spielraum zur Entfaltung. Man merkt, dass die Platte eine Herzensangelegenheit ist. Dies dürfte einer der Gründe sein, warum da diese – man kann sich nur wiederholen – unbeschwerte Leichtigkeit mitschwingt. Abgesehen davon ist das ja auch nicht das erste Album seiner Art.

 

„Some Peace Of Mind“ mit Bobby Womack eröffnet diese wunderbare Kollektion zwischen Soul, R&B und Easy Listening ganz wundervoll. Diese beiden großen Künstlers passen und harmonieren perfekt miteinander. Die Brüchigkeit in der Stimme von Womack verleiht dem Stück eine schöne Nuance. Mit Mavis Staples folgt eine weitere ganz Große bei „If I Ever Needed Someone“. Diese Phrasierung von Staples kann man einfach nicht erlernen, das wird einem vom lieben Gott in die Wiege gelegt. Morrison agiert hier federführend, aber auf seine sehr angenehme Art und Weise. „Higher Than The World“ ist die Art Song, die einem das Wochenende verschönern – ach was: das ganze Leben. George Benson ist dafür genau der richtige Duettpartner.

 

Joss Stone war zu erwarten und vorhersehbar. Die Dame ist ja – gefühlt – auf allen Alben ähnlicher Richtung vertreten. Das spricht auf der anderen Seite natürlich auch für sie. Und die Ballade „Wild Honey“ ist ja auch wie gemalt für die Dame. „Whatever Happened To P.J. Proby“ ist ein tolles Jazz- und Bluesstück. Und wer ist dabei? Genau, P.J. Proby. Mit „Carrying A Torch“ schließt sich eine weitere große Ballade an, bevor es mit „The Eternal Kansas City“ einen strahlenden Höhepunkt des Albums gibt. Gregory Porter ist der Mann der Stunde und er entpuppt sich da als Bruder im Geiste von Van Morrison. Wunderbar, wie sich die beiden da gesanglich die Bälle zuschieben. Die Instrumentierung ist selbstredend erstklassig und die Bläsersektion herausragend. Überhaupt strahlen die Songs eine Wärme aus, als wäre das alles komplett analog und live aufgenommen worden. Perfekt, vielleicht sogar zu perfekt. Gibt es das überhaupt?

 

„Streets Of Arklow“, dieses düstere Kleinod, hat Mick Hucknall als Partner an Bord. Man konnte im Vorfeld Zweifel an dieser Konstellation haben, aber Hucknall singt seinen Part mit derart viel Gefühl, dass einem das Herz aufgeht. Dagegen ist „These Are The Days“ mit Natalie Cole leider etwas zu uninspiriert ausgefallen. Auch „Get On With The Show“ fehlt das gewisse Etwas. Georgie Fame bleibt da doch etwas blass und auch Morrison verrichtet da nur Dienst nach Vorschrift. Erst mit „Rough God Goes Riding“ geht es wieder aufwärts, was in erster Linie aber an den formvollendeten Gitarrenlicks liegt. „Fire In The Betty“ kommt mit Steve Winwood herrlich entspannt daher, ist aber sicher um ein bis zwei Minuten zu lang geraten. Selten war ein Songtitel so passend wie bei „Born To Sing“. Chris Farlowe und Van Morrison sind genau das – die Bluesnummer setzt dahinter ein dickes Ausrufezeichen. „Irish Heartbeat“ wird durch Mark Knopfler ganz lässig veredelt, während für Michael Bublé mit „Real Real Gone“ natürlich der maßgeschneiderte Titel ausgesucht wurde. Der Song ist in dieser Fassung aber verzichtbar. Gut, dass die Platte nicht damit endet und Taj Mahal zusammen mit Van Morrison „How Can A Poor Boy“ zum Schluss zur Bluessensation macht.

 

Fazit: Van Morrison hat einige Songs entstaubt, überarbeitet und jeweils mit Duettpartnern aufgenommen – sechzehn an der Zahl. Wie es bei solchen Projekten nicht unüblich ist, haut das nicht alles hin, aber wenn – und damit ist hier die überragende Mehrheit gemeint – dann auch richtig. Zwischen Blues, Soul und der typischen Van Morrison-Note ist das ein Werk, welches mit seiner Leichtfüßigkeit überzeugt. Die Instrumentierung ist herausragend und der Sound mit einer Wärme durchtränkt, dass einem das Herz aufgeht. Das macht ja heute keiner mehr. Van Morrison schon. Gut, dass der Mann immer noch Alben aufnimmt, egal ob und wen das interessiert. Sollen doch andere ihre belanglosen Popnümmerchen in die Welt jagen, wer Nachhaltigkeit will, der ist bei „Duets: Re-Working The Catalogue“ goldrichtig!

 

http://duets.vanmorrison.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

 

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Van Morrison: Moondance (Expanded Edition)

Van Morrison: Moondance (Expanded Edition)

Warner

VÖ: 18.10.2013

 

Wertung: 12/12

Tipp!

 

Ein Album aus dem Backkatalog von Van Morrison zu empfehlen oder völlig unbedarften Musikhörern an das Herz zu legen, fällt unglaublich schwer. Der kleine Mann aus Belfast hat einen Backkatalog von derart hoher Qualität im Rücken, dass man kaum eine einzelne Platte hervorheben kann. Eine lumpige „Greatest Hits“ oder „Best Of“ Zusammenstellung möchte man schon gar nicht erwähnen, denn dafür ist seine Songsammlung einfach zu umfangreich und auch musikalisch derart vielfältig, dass dies dem Schaffen von Van Morrison sicher nicht gerecht wird. Zwei Alben werden allerdings immer wieder erwähnt, wenn die Rede von diesem großartigen Künstler ist: „Astral Weeks“ und „Moondance“!

 

„Astral Weeks“ überstrahlt in der Wahrnehmung gar etwas seine restlichen Alben und gilt als ungemein wichtig. Der Nachfolger und sein drittes Werk steht dem aber kaum in etwas nach. „Moondance“ ist nicht nur ein Meilenstein für den Nordiren, nein, auch für die Populärmusik ist der Wert dieser Songs nicht hoch genug einzuschätzen. „Moondance“ wird nun erneut veröffentlicht und kommt in verschiedenen Konfigurationen in den Handel. Die Einzel-CD kann man aber getrost im Regal liegen lassen, da man mindestens zur „Expanded Edition“ greifen sollte. Die zweite CD hält nämlich gleich elf unveröffentlichte Outtakes und Aufnahmen der Sessions bereit. Diese Takes werfen noch mal ein ganz anderer Licht auf „Moondance“ und lassen den Zuhörer ein Stück am Entstehungsprozess teilhaben. Richtig umfangreich wird es auf der „Deluxe Edition“ da hier auf fünf(!) CDs so ziemlich alles verbraten wird, was man in den Archiven an brauchbaren Versionen finden konnte.

 

Hört man sich „Moondance“ aus heutiger Sicht an, dann können einem da schon Tränen des Glücks kommen. Ohne überhaupt auf die Brillanz des Songwritings, der musikalischen Umsetzung und nicht zuletzt des Gesangs einzugehen, ist die Produktion schlichtweg brillant. Das gibt es heutzutage kaum noch. Diese Gleichschaltung, die man mittlerweile überall hört, diesen cleanen und glatt polierten Sound findet man auf „Moondance“ ganz sicher nicht. In Zeiten, da komprimierte Musik eine immer größere Rolle spielt und sich die Hörgewohnheiten kolossal verändert haben, ist „Loudness" leider ein weiteres Markenzeichen dieser Tage. Davon ist „Moondance“ Lichtjahre entfernt. Müsste man die Frage beantworten wie sich denn ein warmer Sound anhören würde, kann man dieses Album ruhigen Gewissens hervorziehen. Dieser brillante Klang ist eine Glanztat und erzeugt beim Zuhörer dieses wohlige Gefühl in der Magengegend. Das Mastering dürfte aber auch aus analogen Quellen herrühren. Besser geht es definitiv nicht!

 

Die 50(!) bisher unveröffentlichten Tracks und unbekannten Studioversionen braucht in Gänze sicher nur der Hardcorefan. Die elf Tracks der zweiten CD sind aber mehr als nur eine schöne Ergänzung zum eigentlichen Album. Gerade „Caravan“ und „Into The Mystic“ werfen ein ganz neues Licht auf die schon bekannten Fassungen. Das Blues-Cover von „Nobody Knows You When You´re Down And Out“ hat regelrecht Jam-Charakter und ist in seiner Schlichtheit derart aufwühlend, dass es einem die Sprache verschlägt. „I´ve Been Working“ ist eine frühe Version des Songs, der erst auf „His Band And Street Choir“ Verwendung finden sollte. Hier weht eine gehörige Portion Rolling Stones durch die Szenerie. Das Stück zieht sich schon episch über zehn Minuten und ruft im Mittelteil Erinnerungen an „Sympathy For The Devil“ hervor. Das Stück besticht mit einem tollen Groove und einer Bläsersektion und einem Pianoteil, für den andere Bands Haus und Hof verkaufen würden.

 

Ältere Semester und Musikliebhaber werden „I Shall Sing“ vermutlich kennen. Art Garfunkel hatte mit der Nummer einst einen kleinen Hit. Die beschwingte Aufnahme von Van Morrison hat bisher aber kaum einer zu Gehör bekommen, da das Stück bisher ein Dasein in den Archiven fristete. Ein weiterer Schatz der hier gehoben wurde. Es braucht aber gar keine unbekannten Songs um diese zweite CD zur Schatztruhe werden zu lassen. Die verschiedenen Takes von „Caravan“, „Brand New Day“, „Crazy Love“ und natürlich „Moondance“ reichen dazu völlig aus. Mitunter wird hier auch eindrucksvoll verdeutlicht, dass der Mann akribisch an seinen Songs gearbeitet hat. Ganz ehrlich, man hätte diese Versionen allesamt genau so veröffentlichen können und man würde trotzdem von Meilensteinen sprechen!

 

„Astral Weeks“ war in viele Richtungen offen, während „Moondance“ eher eine Rückkehr zu seinen Wurzeln markierte. R&B trifft auf Delta-Blues und alles in allem ist das ein astreines Rhythm & Blues Werk. Ausgerechnet der Namensgeber - "Moondance" - streckt seine Fühler auch in Richtung Jazz aus. Selbstredend natürlich auf unnachahmliche Art und Weise. Ein Klassiker. „Crazy Love“ besticht dabei noch mit einer Prise Soul und mit dem ungemein rhythmischen „Caravan“ gibt es einen der besten Songs des Jahres 1970 zu hören. Mittlerweile hat sich längst herauskristallisiert, dass die Nummer als zeitlos zu bezeichnen ist – wie so vieles hier. Das sensible „Brand New Day“ berührt immer wieder und „Glad Tidings“ zaubert einem ein Lächeln in das Gesicht.

 

Fazit: „Moondance“ steht mit „Astral Weeks“ nicht umsonst in so ziemlich allen relevanten Listen, wenn es um die besten Alben der Musikgeschichte geht. „Moondance“ ist ein sehr feinsinniges, gefühlvolles und feingliedriges Werk zwischen Blues, Soul und Rock. Ein Meilenstein – nicht mehr, aber auch nicht weniger! Die neuerliche Veröffentlichung wird in schöner Aufmachung geliefert und enthält Liner-Notes von Alan Light und dem Original-Tonmeister Elliot Scheiner. Die zweite CD entpuppt sich dann als kleines Raritätenkabinett. Und dann wäre da ja noch der Sound des Albums, den man bei den Produktionen dieser Tage kaum noch vorfindet. In jeglicher Hinsicht essenzielles Werk!

 

http://www.vanmorrison.com/index.html

 

Text: Torsten Schlimbach

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