Tony Iommi: Iron Man (Von Black Sabbath bis Heaven & Hell)

Tony Iommi: Iron Man (Von Black Sabbath bis Heaven & Hell)

Hannibal Verlag

VÖ: 14.05.2012

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Tony Iommi ist mittlerweile eine Legende mit Kultstatus. Der ungekrönte Riffmeister drückte Black Sabbath über Jahrzehnte sein unvergleichliches Spiel und einen ureigenen Stempel auf. Viele schreiben dem Gitarristen die Erfindung des Heavy Metals zu. Man kann zumindest davon ausgehen, dass er diesem Genre als Geburtshelfer tatkräftig zur Seite stand. Ozzy Osbourne hat sich ja schon seine Version der Black Sabbath Biografie zusammen gezimmert, nun erzählt auch Tony Iommi seine Sicht der Dinge.

 

Der dicke Wälzer kratzt an den 400 Seiten. Das Buch ist inhaltlich also vermeintlich gut gefüllt. Der Druck sorgt aber dafür, dass die Seiten nicht allesamt ausgefüllt sind und der Text auch entsprechend groß abgebildet wird. Das ist aber beileibe kein Nachteil oder Kritikpunkt! Im Gegenteil, so liest sich das alles doch recht angenehm und ist eine Wohltat für die Augen! Angenehm ist überhaupt eines der Stichworte für „Iron Man“. Es ist die Art und Weise, wie hier das Leben von Iommi geschildert wird. Natürlich ist das bisweilen ironisch und witzig aufgezeichnet – wie könnte es bei den vielen Anekdoten rund um Black Sabbath auch anders sein? - aber eben immer auf eine sehr würdevolle Art und Weise. Der Autor und sein Ghostwriter schildern die Ereignisse nie überzeichnend. Iommi entpuppt sich als britischer Gentleman und bricht immer an der richtigen Stelle ab. Ihm geht es hier nicht um Effekthascherei, sondern um die Schilderung der Ereignisse aus seinem Blickwinkel.

 

Wer mit Black Sabbath rein gar nichts am Hut hat, muss um dieses Buch keinen großen Bogen machen. Im Gegenteil, so kann man sich gar völlig unbefangen der Geschichte nähern. Man erlebt nicht nur den steilen Aufstieg einer Band, sondern ist auch hautnah bei den Rock and Roll-Ausschweifungen der 70er dabei. Ein Leben auf der Überholspur. Voyeure sind allerdings an der falschen Adresse. Iommi nennt die Dinge kurz und knackig beim Namen, stellt aber nie eine Person bloß. Das ist der feine Unterschied zu so vielen anderen Musikerbiografien. Dieses Buch ist auch keine Abrechnung. Selbst als es um darum geht, dass Ozzy nicht mehr Teil der Band sein kann wird dies sehr sachlich wiedergegeben. Auch die Geschichte rund um das Finanzdebakel der Band gleicht keiner Hasstirade. Die Musiker wurden anscheinend gehörig über den Tisch gezogen, Iommi verschweigt aber auch nicht, dass sie davon sowieso keine Ahnung hatten und sich auch nicht weiter drum gekümmert haben.

 

Natürlich spart Iommi auch seine Herkunft nicht aus. Er wächst in ärmlichen Verhältnissen zwischen Kisten – seine Eltern nutzen den Wohnraum auch als Lager für ihr Geschäft – und Gewalt auf. Er lernt schon in jungen Jahren sich im wahrsten Sinne des Wortes durch das Leben zu boxen. Birmingham ist zu dieser Zeit wahrlich kein Ort, wo man behütet und sicher aufwächst. Und dann wurde dem kleinen Tony auch noch ein anderer, fremder Junge vor die Nase gesetzt, den seine Eltern auch noch in sein kleines Zimmer verfrachteten. Überhaupt sind die Erzählungen aus seiner Kindheit sehr trostlos. Trotzdem schwingt nie Enttäuschung oder Verärgerung mit. Im Gegenteil, wenn Iommi berichtet, wie gut seine Mutter die Bandkollegen behandelte, dann geschieht das auf eine liebevolle Art und Weise. Seine Mutter rettete ebenfalls seine Hochzeit. Die von Iommi eingeladenen Gäste waren nämlich kurz davor Amok zu laufen, da es keinen Alkohol gab. Seine Mutter nahm Bonham und Konsorten dann mit zu sich nach Hause und versorgte dieses dort. War für die vornehmen Gäste der Brautseite auch sicher besser.

 

Fast ungläubig liest man, wie sie Bill Ward am ganzen Körper mit goldener Farbe einsprühten. Blöd nur, dass die Haut dann nicht mehr atmen konnte und er zu ersticken drohte. Hotelzimmer wurden sowieso ständig verwüstet und notfalls veranstaltete Ozzy auch mal ein Feuerwerk auf einem Hotelflur(!). Tonnen von Koks wurden sich durch die Nase gezogen und so ziemlich jede Droge ausprobiert. Prügeleien untereinander standen aber auch auf dem Tagesplan. Irgendwann war Iommi der Einzige, der den Laden irgendwie zusammenhalten wollte und alleine im Studio stand, während die anderen im nächsten Pub feierten.

 

In „Iron Man“ geht es aber nicht nur um die Exzesse der Band. Musik ist natürlich ein großes Thema und Iommi schildert auch viele Begebenheiten aus dem Studio. So ist es einigermaßen erstaunlich, wie schnell die Band zu Karrierebeginn arbeitete und die Platten einspielte. Er beschreibt dabei recht anschaulich, wie er trotz zwei fehlender Fingerkuppen sein Spiel kultivierte und wie es dazu kam. Insgesamt wird die Studioatmosphäre und der Songwritingprozess der einzelnen Alben sehr gut dargestellt.

 

Natürlich finden sich in diesem Buch auch viele Weggefährten von Iommi wieder. Böse Worte fallen dabei eigentlich nicht. Trotzdem kann man gut herauslesen, dass sein kurzes Intermezzo bei Jethro Tull nicht sonderlich ergiebig war und die Bandchemie eine ganz seltsame Konstellation darstellte. Auch die gemeinsame Tour mit YES war eher nicht von großer Freundschaft geprägt. Dagegen verband ihn mit John Bonham von Led Zeppelin eine tiefe Freundschaft und nach durchzechter Nacht fungierte das Schlagzeugungeheuer auch noch als sein Trauzeuge. Das Kapitel über Ronnie James Dio geht sogar richtig unter die Haut. Der Ton macht die Musik und dieser ist stets angemessen.

 

Selbstverständlich räumt Iommi auch das Missverständnis aus der Welt, dass Black Sabbath Satanisten waren oder immer noch wären. Übersinnlich wird es an anderer Stelle aber trotzdem noch, nämlich dann, wenn er beschreibt, wie er immer wieder seinen Körper verlassen und diese Hülle hinter sich lassen konnte. Auch wandelnde Geister spielen eine Rolle. Immerhin stellt er selber fest, dass sich das alles recht merkwürdig anhört.

 

Die Kapitel sind stets mit aussagekräftigen Überschriften versehen und recht kurz gefasst. Dies erweist sich als großes Plus des Buchs! Dies liegt weniger daran, dass dem Leser nur eine geringe Aufmerksamkeitsspanne zugetraut wird, sondern vielmehr in der Tatsache begründet, dass sich auf das Wesentliche konzentriert wird. Macht es sehr angenehm zu lesen!

 

Fazit: Erfahren die Black Sabbath Jünger in der Biografie von Tony Iommi jetzt noch sensationelle Neuigkeiten? Nur bedingt, da die Geschichte natürlich schon hinreichend dokumentiert wurde. Ozzy Osbourne hat seine Sicht der Dinge ja auch schon zu Papier bringen lassen. Trotzdem ist die Gedankenwelt von Mr. Iommi äußerst interessant und spannend zu lesen. Der Umstand, dass er sich hier sehr gewählt, aber trotzdem witzig und charmant auszudrücken versteht, verleiht der ganzen Geschichte sehr viel Würde. Es macht einfach unglaublich viel Spaß das Buch zu lesen und ist auch für Nichtfans eine Leseempfehlung! Die Einblicke in das Rock and Roll Leben sind unbezahlbar. Sollte man als musikinteressierter Mensch gelesen haben!

 

http://www.hannibal-verlag.de/

http://www.iommi.com/

http://www.blacksabbath.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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