Frank Zappa: Zappa ´75: Zagreb/Ljubljana

Frank Zappa: Zappa ´75: Zagreb/Ljubljana

Universal

VÖ: 21.10.2022

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Von Frank Zappa steht dieser Tage eine außergewöhnliche Veröffentlichung in den Läden. Die hier vorliegenden Aufnahmen beinhalten Songs seiner Konzerte im ehemaligen Jugoslawien, welche am 21. und 22. November in Zagreb und Ljubljana stattfanden. Die Bandbesetzung macht die Aufnahmen zusätzlich interessant und wertvoll, da seine Mothers Of Invention in dieser Zusammensetzung so eine ganz seltene Konstellation bildeten. Daraus ergibt sich eine ganz besondere Atmosphäre. Die Songreihenfolge entspricht zudem der Konzertreihenfolge.

 

Die Informationen zu diesen Konzertaufnahmen sind doch recht spärlicher Natur. Wer auch immer organisierte, dass dies semiprofessionell festgehalten wurde, hat der Nachwelt ein tolles Geschenk bereitet. Die Konzerte wurden auf einem seltenen ½“-8-Spur-Format aufgenommen. Die Bänder mussten in mühevoller Kleinarbeit mehrfach überspielt werden. Abgemischt wurde das von Craig Parker Adams und John Polito gemastert. Soweit wie möglich waren beide nun auch bei der Restaurierung des Materials wieder dabei. Bei „San Ber´dino“ musste man allerdings auf den Line-Mix von Zappas Nagra-Band zurückgreifen.

 

Musikalisch ist das hier alles eine kleine Sensation. Zappa nahm sich die Freiheit vieles auszuprobieren, dem Publikum unbekannte Dinge zu präsentieren und seiner Band reichlich Raum für viele Jamparts zu geben. „Wind Up Workin´ In A Gas Station“ liegt in einer sensationellen Version vor. Ordentlich Wah-Wah, psychedelische Elemente, ausufernde Soli, treibender Bass und ein schepperndes Schlagzeug nehmen das vorweg, was viel später als Desert Rock einen Siegeszug antreten sollte. Ein Lehrstück über die Hunderasse Pudel gibt es mit „The Poodle“ zu hören. „Black Napkins“ liegt in einer frühen Version vor. Entspannter Jazz und ausufernder Rock geben sich da die Klinke in die Hand. „Advance Romance“ ufert und franst gar in epische Proggefilde aus.

 

Funky wird es bei dem knackigen „Honey, Don´t You Want A Man Like Me?“ – eine große Portion Wahnsinn inbegriffen. Eben typisch Frank Zappa. „What´s The Ugliest Part Of Your Body?“ treibt das in knapp einer Minute auf die Spitze. „Zoot Allures“ war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht veröffentlicht, wurde hier aber in einer kongenialen Version dargeboten. „Filthy Habits“ ist quasi hier erst auf den Wege gebracht worden und Zappa und seine Band experimentierten mit im Entstehen befindlicher Musik. „Camarillo Brillo“ kommt musikalisch auch mal kurz und knackig auf den Punkt. Eine grandiose und abgefahrene Konzertmischung, die Zappa damals seinem Publikum kredenzte.

 

Fazit: „Zappa ´75: Zagreb/Ljubljana“ ist ein toller Konzertmitschnitt der beiden Konzerte von Frank Zappa im damaligen Jugoslawien. Das umfangreiche Booklet mit tollen Liner Notes rundet das mehr als gelungen ab. Die Tonqualität ist in Anbetracht der Umstände sehr, sehr gut. Es gibt zudem wieder viel zu entdecken und viele frühe Versionen, ausufernde Jams und eine musikalische Bandbreite, die man sonst kaum findet. Schön, dass dies für die Nachwelt festgehalten wurde!

 

https://www.zappa.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

Frank Zappa: 200 Motels 50th Anniversary Edition (2 CDs)

Frank Zappa: 200 Motels 50th Anniversary Edition (2 CDs)

Universal

VÖ: 17.12.2021

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Frank Zappa war ein verrückter Hund, aber eben auch ein Visionär und Künstler im eigentlichen Sinne des Wortes. Zusammen mit Tony Palmer führte er bei „200 Motels“ Regie. Hierbei handelt es sich keinesfalls um einen normalen Film. Man kann natürlich über die Definition „normal“ streiten, klar. Man darf dieses Werk auch nicht allzu ernst nehmen, denn es ist im Grunde ein humoristischer Musikfilm. Gedreht wurde in London auf Video an fünf Tagen und zwar für jeweils acht Stunden. Später wurde Material auf 35mm Filmmaterial kopiert. Das Oberthema des Films ist eigentlich höchst interessant: ein Rockstar auf Tour, der von dem Tourleben in den Wahnsinn getrieben wird. Mit Ringo Starr war ein sehr prominenter Kollege von Zappa dabei. Auch seine Mothers of Invention sowie das Royal Philharmonic Orchestra waren mit von der Partie. Nun wird der Soundtrack dazu neu aufgelegt.

 

Geschrieben hatte Zappa die Songs über einen Zeitraum von vier Jahren während seiner Tourneen in verschiedenen Motels. Die Musik auf dem Soundtrack entspricht nicht der Reihenfolge des Films und ein Teil davon kommt gar nicht im Film vor. Jetzt wird der neu gemasterte Soundtrack mit seltenem und unveröffentlichtem Material – Demos, Studio-Ottakes, Work Mixes oder Interviews - erneut veröffentlicht. Dieses opulente 6-Disc Boxset ist aber nun wirklich nur was für Hardcore-Fans, da hier ganz tief in das eh schon anstrengende Werk eingetaucht wird. Für alle anderen reicht sicher auch die 2LP- und 2CD-Version.

 

Die Filmmusik ist anstrengend, fordernd, aber eben auch sehr vielfältig und interessant. Die Orchesterkompositionen geben der Avantgarde die Klinke in die Hand. Dazwischen gibt es Gesprächsfetzen aus dem Film, die einen durchgängigen Fluss nicht zulassen und die es einem als Zuhörer nicht gerade leichter machen. Auf der zweiten CD gibt es das mehr als elf Minuten lange Stück „Strictly Genteel“, eine Nummer, die einen als Zuhörer komplett fordert, aber auch fasziniert: Oper, Musical, Orchester, Rock-Avantgarde bis hin zu Folk. Crossover der besonderen Art. Neu entdecken kann man die abweichenden Mixe und Takes von „Road Ladies“ und „Tell Me You Loved Me“.

 

Als Zuhörer des Materials unterliegt man einem ständigen Wechselbad der Gefühle, denn Rockmusik und Orchesterarrangements und Gesprächsfetzen geben sich die Klinke in die Hand. Das ist durchaus verwirrend und es fällt hin und wieder schwer dem Ganzen zu folgen. Als klassischer Komponist macht Zappa hier eine erstaunlich gute Figur. Die Stücke sind sensationell gut orchestriert aus. Die vielen schrägen Töne sind durch Stravinsky und Co. beeinflusst. Streicher-Flageolets („Mysterioso“), Chor-Übungen, Percussion und Sopran („The Girl Wants to Fix Him Some Broth“, „Little Green Scratchy Sweaters & Courduroy Ponce“) zeigen die enorme Bandbreite der Musiker. Ein klassisches Gitarren-Ensemble setzt dem Ganzen die Krone auf.

 

Fazit: „200 Motels“ ist sicherlich ein Meisterwerk, welches nicht leicht verdaulich ist. Man muss sich das erarbeiten. Allerdings stellt Zappa hier unter Beweis, dass er durchaus auch Orchester-Musik beherrschte. Frank Zappa war ein großer Komponist und Visionär. Den Soundtrack zu dem Filmprojekt gibt es nun in einer sehr umfangreichen Box mit jeder Menge Bonusmaterial in all seinen Facetten neu erlebbar. Über die Weihnachtstage gibt es sicher genug Zeit sich ein paar Kopfhörer zu schnappen und in diesen Irrsinn einzutauchen!

 

https://www.zappa.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

Empfehlen Sie diese Seite auf:

Druckversion | Sitemap
Dream Out Loud Magazin: © Torsten Schlimbach / Header: © Kai Knobloch