Tracy Chapman: Greatest Hits

Tracy Chapman: Greatest Hits

Rhino/Warner

VÖ: 27.11.2015

 

Wertung: 8/12

 

Was macht eigentlich jenes Mädchen mit der Gitarre, welches 1988 zu Nelson Mandelas 70. Geburtstag in London die ganze Welt begeisterte? Ein Millionenpublikum wurde von der schüchternen Tracy Chapman und ihrer Musik verzaubert. Die bewegenden Songs gingen um den Erdball. Das Debüt wurde eines der erfolgreichsten aller Zeiten und verkaufte unglaubliche 20 Millionen Einheiten. Tracy Chapman avancierte zu einem Superstar und dabei wollte sie doch einfach nur ihre akustischen Songs singen. So wie sie es einst als Straßenmusikern getan hat. Seitdem veröffentlichte sie kontinuierlich weitere Alben, keines davon konnte aber an den immensen Erfolg des Debüts anknüpfen. Warum das so ist, wird einem nun auf der vorliegenden Zusammenstellung noch mal bewusst.

 

Tracy Chapman, die sich stets für verschiedene Wohltätigkeitsorganisationen und Projekte eingesetzt hat, wählte die Songs für „Greatest Hits“ höchstpersönlich aus. Erfreulicherweise hat man die einzelnen Tracks nicht nur einfach auf dieses Album drauf geklatscht, sondern soundtechnisch optimiert und remastert! Klanglich stellt das mitunter eine deutliche Verbesserung gegenüber den veröffentlichten Alben dar. Insofern wird so der Fan sogar noch mal zugreifen dürfen und wollen. Über Sinn und Unsinn lässt sich bei derartigen Veröffentlichungen ja immer streiten. Weihnachten steht ja auch noch vor der Tür. Von Tracy Chapman gibt es ja auch schon die eine oder andere legale oder halblegale Zusammenstellung. „Greatest Hits“ ist aber vermutlich die kompletteste Veröffentlichung dieser Art. Wer von der Dame schon immer die Welthits in seiner Sammlung haben wollte, wird mit diesem Album hier eben bestens bedient werden.

 

Die Anordnung der Songs ist übrigens nicht in chronologischer Reihenfolge vorgenommen worden. Dies ist ein ganz geschickter Schachzug, denn sonst wären die drei Songs die am bekanntesten – und so ehrlich muss man dann auch sein – am besten sind, gleich zu Beginn verbraten worden. Die übrigen fünfzehn Nummern sind aber auch allesamt toll und jede für sich auch von einer Aufrichtigkeit durchzogen, wie es in der Musikwelt nur selten der Fall ist. Zwischen Folk, ein paar Farbtupfern des Blues, einer Prise Americana und natürlich ganz viel Singer/Songwriter ist das tolle Musik mit Lyrics, die tiefer gehen und mal persönlicher Natur sind, spirituell sein können oder politisch motiviert eine Aussage haben.

 

Auf der anderen Seite ist das über die volle Distanz von fast 80 Minuten auch ein wenig vorhersehbar und wenig abwechslungsreich. Tracy Chapman ist sich und ihrer Musik stets treu geblieben und hat den eingeschlagen Weg seit 1988 im Grunde nie verlassen. Die Melodien sind aber auch nicht mehr so zwingend wie noch zu Beginn ihrer Karriere. Dort bewies sie nämlich, dass es nicht viel braucht um eine tolle Hookline musikalisch umzusetzen. Dies stellt „Greatest Hits“ nun auch noch mal sehr eindrucksvoll unter Beweis. Nach dem düsteren, melancholischen und musikalisch voll ausformulierten Auftakt „Telling Stories“ folgt mit „Baby Can I Hold You“ ein Song, der Tracy Chapman zu Weltruhm verhalf. Dieses „Sorry“ zu Beginn dürfte auch heute noch jeden Musikinteressierten sofort vereinnahmen und für die paar Minuten des Songs mit auf eine Reise nehmen. Der Sound ist übrigens nunmehr brillant! Mit „Change“ folgt ein Sprung mitten rein in die 00er-Jahre. Die reine Akustiknummer ist aber ebenso zwingend wie „The Promise“ von 1995. Tracy Chapman vermag mit recht wenig relativ viel zu kreieren. Es braucht nicht immer die ganz große Instrumentierung, eine Geige im Hintergrund wie bei „The Promise“ kann da eben auch verzaubern. „Open Arms“ von 92 ist dagegen schon fast gefällige Popmusik und mit „Subcity“ hatte Chapman dann 89 auch ihren Dylan-Moment. Aber erst mit „Fast Car“ – ebenfalls vom überragenden Debüt – zeigt sich, dass da kompositorisch schon Welten dazwischen liegen.

 

„Crossroads“ lässt ein Hauch von Weltmusik im Folkgewand von der Leine, während „Speak The Word“ ein bisschen Indierockelemente im Hintergrund versteckt hat. Es waren eben die 90er und die sind auch nicht spurlos an Tracy Chapman vorbeigegangen. Mit „Smoke And Ashes“ beweist sie aber auch, dass sie im Spätwerk wieder zu ihren Wurzeln zurückgekehrt ist. Die Nummer könnte man sich auch gut von Tori Amos vorstellen. Das geht im weiteren Verlauf alles gut ins Ohr, bevor mit „Talkin´ Bout A Revolution“ noch mal klar wird, warum Tracy Chapman Ende der 80er in aller Munde war. Zum Schluss gibt es „Stand By Me“ aus „The Late Show With David Letterman“ aus diesem Jahr zu hören. Und damit wissen wir auch, was dieses Mädchen mit der Gitarre heute so treibt. Es ist sich treu geblieben. Schön.

 

Fazit: Gehört die Musik von Tracy Chapman in jede Musiksammlung? Unbedingt! Wer da noch eine Lücke klaffen hat, bekommt mit „Greatest Hits“ nun die Gelegenheit, das Loch nun zu schließen. Tracy Chapman hat stets aufrichtige Musik mit Aussage aufgenommen und dazu bedurfte es oftmals der leiseren Töne. Ihre Songs waren und sind stets auf einem sehr hohen Niveau, gleichwohl die Tracks des Debüts noch mal ein ganzes Stück zwingender sind. Das Booklet hat übrigens alle Songtexte abgedruckt, ist ja nicht unbedingt üblich für eine solche Zusammenstellung. Kann man mal machen.

 

http://tracychapman.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

 

 

Tracklisting:

 

01. Telling Stories (2000)

02. Baby Can I Hold You (1988)

03. Change (2005)

04. The Promise (1995)

05. Open Arms (1992)

06. Subcity (1989)

07. Fast Car (1988)

08. Bang Bang Bang (1992)

09. Crossroads (1989)

10. Speak The Word (2000)

11. Smoke And Ashes (1995)

12. Sing For You (Single Edit) (2008)

13. You’re The One (2002)

14. Save Us All (2008)

15. All That You Have Is Your Soul (1989)

16. Talkin’ Bout A Revolution (1988)

17. Give Me One Reason (1995)

18. Stand By Me (Live at The Late Show With David Letterman) (2015)

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