Placebo: Never Let Me Go

Placebo: Never Let Me Go

So Recordings/Rough Trade

VÖ: 25.03.20222

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Placebo sind zurück. Mittlerweile ist das einstige Trio zwar zum Duo geschrumpft, aber Brian Molko und Stefan Olsdal sind und waren ja auch schon immer die Soundtüftler. Placebo haben nämlich einen ganz eigenen, speziellen Sound. Unter vielen anderen Bands kann man einen Placebo-Song immer ganz deutlich heraushören – unabhängig vom Gesang. Gitarre- und Bassspiel sind derart markant, dass man es sofort den beiden zuordnen kann. Selbst die vielen kleinen Spielereien im Hintergrund und auch die elektronischen Elemente lassen oftmals die Handschrift ihrer Schöpfer erkennen. Die ist selbstverständlich auch wieder auf dem neuen Werk „Never Let Me Go“ der Fall. Thematisch haben sich die beiden den Themen unserer Zeit angenommen: Intoleranz, Spaltung, technische Übersättigung und die drohenden Öko-Katastrophe.

 

„Forever Chemicals“ hat – Oh Wunder – natürlich etwas mit Bewusstsein erweiternden Substanzen zu tun. Der Sound dazu ist unglaublich druckvoll, frisch und ein typischer, treibender Auftakt eines Placebo-Albums. „Beautiful James“ lässt in den ersten paar Sekunden schon seine Urheber erkennen. Ein typischer, forscher Placebo-Track. Dies ist durchaus als Kompliment zu verstehen! „Hugz“ macht noch mehr Druck. Olsdal spielt seinen Bass ja fast wie Lemmy von Motörhead. Das Ding entpuppt sich sogar noch als Hymne. Schon nach diesen drei Songs ist klar, dass sich Placebo amtlich zurückmelden und auch im Jahr 2022 eine ganze Menge zu sagen haben: musikalisch wie auch thematisch.

 

„Happy Birthday In The Sky“ ist eine großartige, zurückgenommene Ballade. Die Traurigkeit erinnert an das Meisterwerk „Without You I’m Nothing“. „The Prodigal“ fährt ein bisschen viel Schmalz auf, aber schon „Surrounded By Spies“ ist wieder herausragend. Diesmal gibt es auch noch einen starken elektronischen Einschlag. Die düstere Atmosphäre verstärkt die beklemmende Aura, die den Track umgibt. „Try Better Next Time“ ist eine typische Single. Natürlich hat das hymnenhafte Hitqualitäten. „Sad White Reggae“ hat natürlich nichts mit der angesprochenen Musikrichtung zu tun, sondern ist auch eher im elektronischen Fach zu finden. Placebo können das aber sehr gut und setzen das tanzbar um. „Twin Demons“ wird wieder straight nach vorne gerockt. Gute Nummer! „Chemtrails“ packt wieder diese Placebo-Melancholie aus, die immer für eine Gänsehaut gut ist.

 

Mit „This Is What You Wanted“ wird das letzte Albumdrittel eingeläutet. Zunächst geht der Song fast als Pianoballade durch. Zusammen mit dem Gesang ist das absolut berührend! Diese Dringlichkeit ist sensationell. Direkt im Anschluss kommt mit „Went Missing“ ein ähnlich gelagerter Song. Ruhige Instrumentierung und Molko sprechsingt mit einer beeindruckenden Intensität. „Fix Yourself“ bringt das komplette Album musikalisch unter einen Hut! Beeindruckendes Ende!

 

Fazit: Placebo melden sich mit „Never Let Me Go“ eindrucksvoll zurück! Sämtliche Zutaten, für die man die Band kennt und liebt, sind vorhanden. Das Duo hat einen ganz speziellen Sound, der hier natürlich auch wieder zu hören ist und trotzdem schaffen sie es noch, neue Dinge zu kreieren. Es sind tolle Songs, die rocken und berühren! „Never Let Me Go“ ist sogar eines der besten Alben von Placebo! Welcome back!

 

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Text: Torsten Schlimbach

Placebo: A Place For Us To Dream/Life´s What You Make It (EP)

Placebo: A Place For Us To Dream/Life´s What You Make It (EP)

Universal

VÖ: 07.10.2016

 

Wertung: 9/12

 

Als Placebo vor 20 Jahren ganz vorsichtig durch ein kleines Indie-Fenster lugten, hatten sie bestimmt keinen Masterplan. 20 Jahre später zählen sie zu den wenigen Superstars in Europa, die noch verblieben sind. Placebo füllen die großen Arenen und können auf eine treue und ergebene Anhängerschaft bauen. Eine Retrospektive macht nach diesem langen Zeitraum und mit unzähligen Hits im Gepäck, durchaus Sinn. Die beste Zeit dafür ist ja bekanntlich immer dann, wenn sich das Jahr auf der Zielgeraden befindet. Placebo läuten nun mit „A Place For Us To Dream“ auch das Weihnachtsgeschäft ein.

 

Da es sich glücklicherweise um eine Veröffentlichung handelt, bei der Brian Molko und Stefan Olsdal involviert sind, kann die physische Version mit einem Booklet punkten, welches jede Menge rares und unveröffentlichtes Fotomaterial der letzten zwanzig Jahre am Start hat. Die beiden kramten die Aufnahmen aus ihren eigenen Archiven hervor. So sollten solche Geschichten auch angegangen werden. Da können sich die ganzen ähnlich gelagerten Veröffentlichungen anderer Künstler eine Scheibe von abschneiden. Oft genug ist das doch eine lieblose Angelegenheit.

 

Neben den 36 Tracks der Retrospektive feiern Placebo ihr Jubiläum zusätzlich mit der EP „Life´s What You Make It“. Neben der Coverversion des Talk Talk Klassikers, der neuen Single „Jesus Son“, gibt es noch vier bisher unveröffentlichte Songs zu hören. Alles in allem ist das also eine sehr ordentliche Party, mit vielen Bekannten, aber eben auch neuen Gesichtern, an die man sich schnell gewöhnt hat.

 

Hört man sich „ A Place For Us To Dream“ zur Gänze an, dann dürften kaum noch Fragen offen bleiben, warum die Band bisher 12 Millionen Tonträger verkaufen konnte. Es kommt nicht von ungefähr, dass Placebo eine der wichtigsten Alternativ Rockbands sind. Immer noch. Hier reiht sich Hit an Hit. Nicht die Sorte Hit, die man unter Bubblegum-Pop verbuchen kann. Das ist ganz sicher keine Mainstreamkost! So manchen modernen Klassiker hat die Band allerdings schon erschaffen.

 

Wer alle Alben schon im Schrank stehen hat, kriegt trotzdem mit dieser Zusammenstellung auf einen Schlag ganz viel an Mehrwert geboten. Hier werden von „Pure Morning“ über „Nancy Boy“, „Song To Say Goodbye“ bis hin zu „A Million Little Pieces“ die ganzen Radio Edits geliefert. Dazu gesellen sich die Single Version von beispielsweise „Every You, Every Me“, „English Summer Rain“, „Meds“ und „Bright Lights“, die sich schon von den Album Versionen unterscheiden. Von „36 Degrees“ gibt es gar eine ganz neue Variante zu hören – nett. Die gute Coverversion von „Running Up That Hill“ fehlt glücklicherweise auch nicht.

 

Der neue Song „Jesus Son“ ist erstaunlich – für Placebo-Verhältnisse – fröhlich. Auf der EP „Life´s What You Make It“ gibt es dann auch die Version wo das F-Wort dann auch komplett ist, für das Radio wurde das nämlich beschnitten. Der Radio Edit ist übrigens auf der Retrospektive zu finden. Der Song selber hat ein paar Bowie-Referenzen zu bieten. Heroes lässt an der einen oder anderen Stelle nett grüßen. Eine schöne Hommage. Es ist sowieso ein schöner Song, der nicht nach Resteverwertung klingt. „Twenty Years“ gibt es in zwei Live-Versionen. Einmal treibend und rockig, mit einem wundervoll melancholischem Klaviermotiv. Im Akustikgewand ist das dann noch mal eine Spur intensiver.

 

„Autoluminescent“ schleppt sich düster dahin. Marilyn Manson dürfte die Nummer gefallen. „Song #6“ ist ein sphärisch getragenes Stück, welches nach hinten raus bombastisch aufzieht. Sicher nicht einer der überragenden Songs von Placebo, aber bei der Fülle an Material ist es wiederum doch ganz nett, dass man selbigen nun veröffentlicht.

 

Fazit: Placebo stellen nun schon seit 20 Jahren eine Bereicherung für den Alternativ Rock dar. Das muss natürlich gefeiert werden. Dies geschieht nun in zweierlei Hinsicht. „A Place For Us To Dream“ ist eine Retrospektive mit 36 Songs, welche die gesamte Karriere umspannt. Wer bisher nur die Alben im Schrank stehen hat, darf sich diese Zusammenstellung gerne zulegen, denn hier gibt es die ganzen Single Version oder Radio Edits zu hören, die sich mitunter schon von den Versionen auf den Alben unterscheiden. Für Fans gibt es dann noch die EP „Life´s What You Make It“. Alles in allem zeigen die beiden Veröffentlichungen, dass die ersten zwanzig Jahre musikalisch extrem spannend, vielfältig und sehr gut waren. Freuen wir uns auf die nächsten 20!

 

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Text: Torsten Schlimbach

Placebo: Meds (Vinyl)

Placebo: Meds (Vinyl)

Universal

VÖ: 08.04.2016

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Auch  „Meds“ wird nun neu aufgelegt und kommt als 180g Vinyl-Version neu in den Handel. Für Sammler gibt es dabei auch wieder ein ganz besonderes Schmankerl, denn es wird auch eine limitierte Version in pinkem Vinyl geben. Die Haptik ist mal wieder überragend und das Cover kommt nun auch wesentlich besser zur Geltung. Dieses Format wird den ganzen Placebo-Alben einfach gerechter, da so auch die Artwork-Kunst endlich mal in das richtige Licht gerückt wird. Die ganzen Placebo-Scheiben werten definitiv jede Sammlung auf.

 

Die Qualität fällt gegenüber den bisherigen Vinyl-Veröffentlichungen keineswegs ab. Wellen sind nicht zu erkennen und die Nadel dreht ruhig ihre Runden. Die Abtastung ist ganz grandios. Klanglich ist das schon amtlich. Wenn man etwas bemängeln möchte, dann dass man nicht ganz so viel Räumlichkeit herausgeholt hat und der Sound somit etwas weniger warm ist - wie man es noch bei den Vorgängern gewohnt war. Es wird aber sicher auch Stimmen geben, die das gerade hervorheben werden, weil es mitunter den Placebo-Songs zuträglich ist.

 

Das Album selbst ist abermals ziemlich gut. Vielleicht nicht ein solches Meisterwerk wie die drei Vorgänger, aber das ist nun wirklich Jammern auf ganz hohem Niveau. Der elektronische Teil wurde deutlich heruntergefahren. Dafür rockt „Meds“ in Teilen ziemlich straight. „Infra-Red“ und „Drag“ sind schon ziemlich fett. „Space Monkey“ überrascht sogar mit Fuzz-Gitarren. Bei dem Titel werden natürlich auch die elektronischen Elemente wieder hochgefahren. Es darf sowieso mal Wabern und Pluckern, wie bei „Follow Back The Cops“. Und was ist mit den Balladen? Zweifelsohne ist das großartige „Blind“ in dieser Hinsicht eine Sternstunde. Placebo kreieren immer wieder einen eigenen Sound, dass selbst Michael Stipe bei „Broken Promise“ ziemlich blass bleibt. Den Beitrag des R.E.M.-Frontmanns hätte es da nicht bedurft.

 

Alison Mosshart wertet den Titeltrack „Meds“ allerdings dann doch auf. Das Zusammenspiel der Stimmen klappt da auch besser. Schwach bleibt allerdings die Single „Because I Want You“. Nett, aber mehr dann auch nicht. „Song To Say Goodbye“ hingegen ist mittlerweile ein Klassiker geworden und das nicht ohne Grund. Das düstere Stück rockt, ist aber trotzdem sehr eingängig. Ein famoser Albumabschluss.

 

Fazit: „Meds“ von Placebo ist ein tolles Album. Es kommt nicht ganz an die Klasse der Meisterwerke heran, das liegt aber eben an der überragenden Qualität dieser Alben. „Meds“ fällt da aber nur unwesentlich ab. Die Vinyl-Veröffentlichung ist in allen Belangen mal wieder ein Genuss, auch wenn der Sound nicht ganz so viel Wärme verströmt. Die Haptik ist natürlich mal wieder überragend. Für Fans ein Pflichtkauf und wer der Band etwas abgewinnen kann und noch einen Plattenspieler in seinem Besitz hat, sollte auch auf jeden Fall zugreifen!

 

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Text: Torsten Schlimbach

Placebo: Sleeping With Ghosts (Vinyl)

Placebo: Sleeping With Ghosts (Vinyl)

Universal

VÖ: 19.02.2016

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Die Vinyl-Veröffentlichungsoffensive von Placebo geht weiter. Nun kommt mit „Sleeping With Ghosts“ ein weiteres formidables Werk in die Läden. Selbiges erscheint nun als limitierte Edition auf blauem 180 Gramm Vinyl und in der Standard-Version auf schwarzem 180 Gramm Vinyl. Schon optisch macht sich das Teil nun wesentlich besser als die schmucklose CD-Version. Das Cover kommt nun natürlich auch in seiner ganzen Pracht voll und ganz zur Geltung. „Sleeping With Ghosts“ ist ein weiteres, sehr gutes Album von Placebo, welches in keiner Sammlung fehlen sollte – bestenfalls sollte die Vinyl-Ausgabe im Schrank stehen.

 

Auch diese Scheibe lässt keine Wellen erkennen und dreht ganz ruhig ihre Runden auf dem Teller. Etwas skeptisch konnte man vielleicht im Hinblick auf die Verzerrungen sein, denn das gehört bei Placebo mitunter ja zum guten Ton. Wenn es selbige gibt, dann hat das musikalische Gründe, sind aber in keinster Weise der Pressung geschuldet. Der Sound gewinnt an Wärme ohne dabei allerdings die kühle Ästhetik des Albums zu verfälschen. Ein Grundrauschen ist übrigens nicht auszumachen. Der Glaubenskrieg, ob man nun unbedingt das dicke 180g Teil braucht oder ob nicht doch dünneres Vinyl besser wäre, kann also weiter toben. Festzuhalten bleibt, dass „Sleeping With Ghosts“ optisch einen tadellosen Eindruck macht und auch klanglich ist das schon sehr fein. Die Haptik ist sowieso überragend. Man wird den Kauf sicherlich nicht bereuen.

 

Das Album selbst hatte es nach den beiden überragenden Vorgängern im Vorfeld schwer, aber konnte dann doch über die komplette Distanz überzeugen. Placebo waren bis dahin eine Band, die dem Zuhörer mal schnell den Boden unter den Füßen wegziehen konnte. Mehr Melancholie geht eigentlich nicht. „Sleeping With Ghosts“ ist da schon etwas breiter aufgestellt und durchaus anders. Die Veränderungen finden zwar nicht im Großen statt, die kleinen Details lassen aber durchaus erkennen, dass die Band zu Variationen und Innovationen in der Lage ist.

 

Mitunter ist „Sleeping With Ghosts“ kompakter, in Teilen auch wütender als die drei Vorgänger. „Bulletproof Cupid“ ist zu Beginn da schon ein Fingerzeig in die neue Ausrichtung. Placebo fährt da eindeutig die härtere Gangart und das ist schon mal eine Ansage. „This Picture“ spielt gekonnt mit elektronischen Elementen, ist gleichzeitig aber auch noisy. Mit „Something Rotten“ gibt es einen ähnlich gelagerten Song, der einen zunächst wie einen Sog hineinzieht. Ganz langsam baut sich das Stück auf, bevor es den wütenden Ausbruch gibt. Disharmonische Klänge geben der traurigen Thematik Kindesmissbrauch eine musikalische Stimme. Und wer alleine in seinem Zimmer sitzt, wird ganz zum Schluss bei „Centrefolds“ ein paar Tränen verdrücken. So traurig. So schön. Dazwischen gibt es viele Momente, die aufhorchen lassen. „English Summer Rain“ beispielsweise, welches Electronic und Gitarren vorzüglich miteinander verwoben hat. „The Bitter End“ darf sicher schon als ein Bandklassiker bezeichnet werden und auch das Titelstück – „Sleeping With Ghosts“ – ist nicht nur eine schöne Ballade, sondern auch eine Sternstunde der Band. Und warum „Special Needs“ als Single veröffentlicht wurde, muss heute auch nicht mehr hinterfragt werden. Die Hookline fräst sich einfach unweigerlich in die Gehörgänge.

 

Fazit: „Sleeping With Ghosts“ ist ein weiteres, sehr gutes Album von Placebo. Mit dem vierten Werk gingen die Herren noch mehr in Richtung Gothic, noch mehr in Richtung Electronica und trotzdem ist das ein sauberes Rockalbum. Auf Vinyl kommt das Album richtig gut und die Haptik ist mal wieder überragend. Schön, dass es die Frühwerke von Placebo nun auch (wieder) auf Vinyl gibt!

 

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Text: Torsten Schlimbach

Placebo: Black Market Music (Vinyl)

Placebo: Black Market Music (Vinyl)

Universal

VÖ: 27.11.2015

 

Wertung: 12/12

Tipp!

 

Die Placebo Festwoche geht weiter. Dieser letzte Veröffentlichungstag im November dürfte die Fans der Band sehr glücklich machen – und ein bisschen ärmer. Nach dem grandiosen „MTV Unplugged“ folgt nun mit „Black Market Music“ die nächste Vinyl-Runde. Nach den Veröffentlichungen des Debüts im Sommer und „Without You I´m Nothing“ zum Herbstbeginn erscheint nun auch das dritte Werk in ganz neuem Glanz. Dies darf man durchaus wörtlich verstehen, denn die limitierte Version wird auf bronzefarbenem (manch einer spricht auch von Gold) Vinyl aufgelegt. Selbstverständlich wird auch eine Standard-Version auf schwarzem Vinyl angeboten. Unnötig zu erwähnen, dass es sich dabei um die 180-g-Variante handelt.

 

An „Black Market Music“ scheiden sich ja die Geister – und das in positiver Hinsicht. Für Superlative nach oben gibt es jedenfalls keine Grenzen. Viele vertreten die Meinung, dass es das beste Album von Placebo wäre. Und dieser Eindruck setzt sich nun auch bei der Vinyl-Veröffentlichung fort. Die beiden Vorgänger waren ja schon schlichtweg herausragend, wenn man das schwarze Gold bewerten müsste. Die vorliegende Platte überbietet das aber noch mal. Auch diese Ausgabe weist keine Verschmutzungen auf, was nicht immer selbstverständlich ist. Gerade die Aufbewahrung ist ja von immenser Bedeutung und der einfachste Weg ist da oftmals die bessere Wahl! Es müssen da nicht immer noch irgendwelche Verrenkungen bei der Verpackung stattfinden. „Black Market Music“ ist in dieser Hinsicht schnörkellos ausgefallen – gut so! Legt man die Platte auf den Teller und lässt die Nadel ihren Job machen, dann wird man schnell feststellen, dass dies sehr ruhig und gleichmäßig geschieht.

 

Wie auch schon die beiden Vorgänger, liegt nun auch „Black Market Music“ als Remaster vor. Das 180-g-Vinyl hat nun einen volleren Sound! Die Aufnahmen haben jetzt eine große räumliche Tiefe, jedes Instrument klingt klar definiert. Das war auf der CD-Variante in dieser Form nicht der Fall! Auch die komplexeren Songstrukturen kommen nun wesentlich besser zur Geltung. Offensichtlich hat man noch eine digitalkosmetische Reinigung von Störgeräuschen vorgenommen. Puristen werden das mitunter bemängeln, weil dadurch der eigentliche Sound verfälscht werden könnte, aber im Grunde ist das totaler Humbug, denn „Black Market Music“ hat noch nie so gut wie hier geklungen!

 

Das Songwriting für dieses Album war schlichtweg brillant! Das fängt schon mit dem ruppigen „Taste In Men“ an. „Pure Morning“ des Vorgängers lässt grüßen, gleichwohl „Taste In Men“ ein ganzes Stück heavier ist. „Spite & Malice“ klingt auch im Jahre 2015 noch recht frisch und der Einsatz eines Rapparts hat sich immer noch nicht abgenutzt. Mittlerweile darf man da sogar von Zeitlosigkeit sprechen, denn der Sound verliert auf diesem Album verliert nie an Faszination. Mit „Haemoglobin“ kotzen Placebo einem regelrecht vor die Füße und das treibende „Black-Eyed“ ist mit den typischen Ohrwurmqualitäten, die Placebo-Songs immer wieder auszeichnen, ausgestattet. Und natürlich wird es mit „Blue American“ politisch. Selbstverständlich liegt selbst über einem rockigen Track wie „Days Before You Came“ dieser Zauber der Melancholie. Selbige entlädt sich dann mit voller Wucht in „Passive Aggressive“. Mit „Special K“ hat das Album zudem einen weiteren Song mit Hitqualitäten oben.

 

Fazit: Die Vinyl-Veröffentlichung von „Black Market Music“ stellt den bisherigen Höhepunkt dieser Veröffentlichungsreihe dar. Die beiden Vorgänger-Platten waren schon sehr gut, aber was man klanglich jetzt geboten bekommt, ist dann noch eine Spur intensiver. Die CD kann man jetzt getrost in die Tonne kloppen. Der volle Sound und die räumliche Tiefe der 180-g-Variante sind beeindruckend! Das Songwriting für „Black Market Music“ ist ja sowieso über jeden Zweifel erhaben! Diese Platte sollte in keiner Sammlung fehlen!

 

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Text: Torsten Schlimbach

Placebo: MTV Unplugged (CD)

Placebo: MTV Unplugged (CD)

Universal

VÖ: 27.02.2015

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Früher war nicht alles besser, aber früher war „MTV Unplugged“ noch ein Ereignis. Bei diesem Format aufzutreten kam einem Ritterschlag gleich und in den Wohn- und Kinderzimmern dieser Welt rotteten sich jede Menge Jugendliche zusammen um die Konzerte auf dem Bildschirm gebannt zu verfolgen. Heute kräht im Grunde kein Hahn mehr danach und letztlich findet das unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Gut, dass es den Zweitmarkt gibt, der mittlerweile ja auch wesentlich wichtiger ist. Die Fans kaufen sich ja sowieso die CD, DVD oder Blu-ray. Einen besseren Veröffentlichungszeitpunkt wie das Weihnachtsgeschäft gibt es dafür nicht. „MTV Unplugged“ von Placebo dürfte somit jede Menge dankbare Abnehmer finden.

 

Der geneigte Placebo-Fan darf sich momentan ja sowieso freuen, denn die Studioalben werden gerade auf Vinyl neu aufgelegt und „MTV Unplugged“ wird da sicher auch gerne genommen. Über 20 Jahre erspielte sich die Band ja auch eine treue und große Anhängerschaft. Brian Molko und Stefan Olsdal haben ja schon mehrfach bewiesen, dass die wuchtigen Songs der Band auch gut in ein Akustikgewand passen. Die beiden wählten nun trotzdem noch mal einen etwas anderen Ansatz und griffen nicht nur auf die bekannten Arrangements zurück.

 

Es ist ja bekannt, dass „MTV Unplugged“ die Künstler immer wieder zu Höchstleistungen anstachelt. Besondere Abende und Veranstaltungen sind immer wieder das Ergebnis. Placebo haben alles gewagt und alles gewonnen! Man höre sich nach dem Solo-Auftakt von Molko mit dem eindringlichen „Jackie“ nur „For What It´s Worth“ an. Das treibende Stück kriegt plötzlich ein paar arabische, aber auch indische Klänge verpasst, nur um im nächsten Moment abzubrechen um den Streichern einen rein klassischen Auftritt zu lassen. Überhaupt lobt Molko immer wieder die Streicher und hebt selbige hervor. Da wäre ja eigentlich höchste Alarmbereitschaft angesagt. Nicht so hier. Selbige fügen sich auf ganz wundervolle Art und Weise in den Sound ein. Es ist schon fast unheimlich, so gut haut das hin. Das ist jenseits aller kitschigen Grenzen anzusiedeln. Chapeau!

 

„36 Degrees“ wirkt da fast ein bisschen austauschbar, würden nicht die Streicher- und Klavierklänge doch wieder für einen erhabenen Moment sorgen. „Bosco“ - übrigens noch nie live gespielt – ist ein mehr als siebenminütiger Ritt, der einem einen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagt. Hat „Because I Want You“ jemals so schön traurig geklungen? Die treibenden Gitarren wurden eingemottet und stattdessen gibt es ein Klaviermotiv, welches wie Regentropfen, die gegen die Scheibe prasseln, für den speziellen Zauber sorgt. „Every You Every Me“ ist ja sowieso immer für eine Gänsehaut gut. Die dänische Singer/Songwriterin Majke Voss Romme wirkt als Duettpartnerin allerdings etwas störend – das will nicht so richtig passen. Das Tempo des Songs wurde übrigens ziemlich gedrosselt, wodurch sich die Grundstimmung noch mal intensiviert.

 

„Song To Say Goodbye“ fängt nun wie ein Nirvana-Song an, kommt aber schnell zu seiner ursprünglichen Melodie zurück. Nettes Akustikgewand. „Meds“ wird gerade durch den Streichereinsatz noch mal um das Zehnfache atmosphärisch ganz toll aufgebaut. Und „Too Many Friends“ ist auch im Akustikgewand noch ein Schlag in die Magengrube. „Without You Im Nothing“ rührt jedes Mal auf ein Neues zu Tränen und der alte Pixies-Heuler „Where Is My Mind?“ ist von Placebo immer wieder ein Genuss. So gehen Coverversion! So und nicht anders! „The Bitter End“ ist der logische Schlusspunkt, nur war hier nichts bitter, sondern ganz toll!

 

Fazit: „MTV Unplugged“ von Placebo ist ein Volltreffer! Schade, dass dieses Format nicht mehr die Aufmerksamkeit vergangener Tage erhält. Die liebevollen Arrangements und die Detailarbeit, um die Songs teilweise ganz neu auszurichten, sind schon toll. Es stellt sich ein ganz intensives Hörerlebnis ein und die traurige und melancholische Grundstimmung passt natürlich perfekt zur Jahreszeit. Die Limited Super Deluxe Box liegt ebenfalls zur Besprechung vor, konnte aber noch nicht komplett unter die Lupe genommen werden. Review folgt!

 

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Text: Torsten Schlimbach

Placebo: Without You I´m Nothing (Vinyl)

Placebo: Without You I´m Nothing (Vinyl)

Universal

VÖ: 25.09.2015

 

Wertung: 12/12

Tipp!

 

Und weiter geht es mit der großen Vinyl-Veröffentlichungsreihe von Placebo. Das Debüt wurde ja schon im Sommer als LP in den Handel gebracht. Jetzt folgt also mit „Without You I´m Nothing“ das Meisterwerk der Band. Für die Sammler gibt es die Geschichte in einer limitierten Auflage auf gelbem Vinyl für den heimischen Schrein zu kaufen. Alle anderen dürfen aber auch bedenkenlos zur Standard-Version auf schwarzem Vinyl greifen. 180g versteht sich da von selber, denn das hat sich ja mittlerweile bei derartigen Veröffentlichungen als Standard herauskristallisiert. Remastered sind beide Varianten. So oder so: man sollte dieses Album nicht nur kennen, sondern auch in seiner Sammlung haben und dies optimalerweise auf Vinyl.

 

Die Wiederveröffentlichung des Debüts war schon sehr anständig, aber „Without You I´m Nothing“ scheint sogar noch eine Spur gelungener zu sein – und damit ist jetzt nicht die Musik gemeint. Der Sound kommt um einiges wärmer aus den Boxen, verfälscht aber keineswegs die ursprüngliche Atmosphäre des Albums. Das Remastering scheint sich da aber bezahlt zu machen und stellt eine deutliche Verbesserung gegenüber der CD dar! Die Abtastung ist aufgrund der tiefen Rinne flächiger und die Nadel läuft sehr ruhig. Dies war auch schon bei der Vinyl-Variante des Debüts der Fall, aber irgendwie drängt sich – subjektiv natürlich – der Eindruck auf, dass „Without You I´m Nothing“ in dieser Hinsicht nun noch mal einen draufsetzt. Die Scheibe ist jetzt jeweils sechs Mal durchgelaufen und dies gleichbleibend sehr gut. Wellen sind keine zu entdecken. Da hat man tatsächlich einen guten Job gemacht und sich das richtige Presswerk ausgesucht.

 

„Without You I´m Nothing“ ist eines der Meisterwerke der 90er! Die verstörende Dunkelheit, die Depression, die ganze Emotionalität, die Wut, das Gefühl unverstanden zu sein – all das bringt die Gefühlswelt einer ganzen Generation auf den Punkt. Placebo sprachen damit vielen jungen Menschen aus dem Herzen. Der Titelsong „Without You I´m Nothing“ ist Anklage und Hilflosigkeit zugleich. Berührend, verstörend und mit einer ganzen Wagenladung Gänsehaut ausgestattet. Dringlicher wurden Placebo danach nie wieder. Und wie sich die Gitarrenflächen auftürmen sollte man auch mal live erlebt haben.

 

„Pure Morning“ beginnt das Album mit einem Hit. Das klagende Lied über den Verlust kommt mit der stoischen Gitarre derart markant daher, dass es einen immer noch sprachlos macht. „Brick Shithouse“ walzt anschließend mit einer brachialen Wut alles nieder, bevor mit „You Don´t Care About Us“ in Cure-Manier das Licht textlich ganz ausgeknipst wird. „Ask For Answers“ nimmt sich musikalisch etwas zurück, ist aber eben auch voller dunkler Gedanken und die vertonte Depression. Dieses Album ist extrem variantenreich. Der Druck von „Allergic (To Thoughts Of Mother Earth)“ ist schon beeindruckend, während „The Crawl“ eine verstörende Ballade ist. „Every You Every Me“ katapultierte Placebo schließlich in die Riege der Superstars. Die Herren können eben auch hervorragende Hooklines und Melodien schreiben. „My Sweet Prince“ ist danach aber nichts für schwache Gemüter und wer labil ist, sollte sich dieses Stück besser nicht anhören. Verstörend. Dagegen wirkt „Summer´s Gone“ fast schon fröhlich – natürlich im Placebo-Kosmos. „Scared Of Girls“ rockt noch mal amtlich. „Burger Queen“ beendet das Album fast schon zärtlich – wäre da nicht der Hidden Track.

 

Fazit: „Without You I´m Nothing“ ist ein Meilenstein im Schaffen von Placebo und ein Meisterwerk der 90er. Das Album wird nun auf Vinyl neu aufgelegt und macht als Remaster ein hörbar guten Eindruck. Die Pressung lässt keine Wellen erkennen und die Nadel läuft sehr ruhig durch. Die Musik und die Texte bringen die dunklen Seiten der Menschen zum Vorschein. Irgendwie scheint alles hoffnungslos. Paradoxerweise spendeten Placebo einer ganzen Generation mit diesem Album Trost – plötzlich fühlte man sich verstanden und war nicht mehr alleine. Pflichtkauf!

 

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Text: Torsten Schlimbach

Placebo: dito (Vinyl)

Placebo: dito (Vinyl)

Universal

VÖ: 31.07.2015

 

Wertung: 8,5/12

 

Die limitierte Red Vinyl-Ausgabe des selbstbetitelten Debüts von Placebo war beim Record Store Day schnell vergriffen. Eine große Überraschung war das sicher nicht, denn mehr als 2.500 Exemplare gab es davon nicht zu erwerben. Placebo kann ja auf eine große Fanbase bauen und mittlerweile ist die LP zum gesuchten Sammlerteil avanciert. Jetzt gibt es für die Sammler allerdings wieder einen Grund zur Freude, denn die ersten fünf Alben von Placebo werden nun auf digital optimiertem Vinyl (180g) neu aufgelegt. Die Platten erscheinen im Zweimonatsrhythmus. Den Anfang macht nun logischerweise das Debüt!

 

Das Debüt von Placebo lässt jetzt im 180g Format keine Wellen erkennen! Das war vor fünf Jahren noch anders, da konnte man den Eindruck gewinnen, dass die 180g Pressungen nur schnell auf den Markt geschmissen wurden, die nötige Sorgfalt bei der Herstellung aber auf der Strecke blieb. Da die Rinne nun tiefer ist, läuft die Nadel nun wesentlich ruhiger und die Abtastung ich flächiger. Der Klang scheint sich nicht verschlechtert zu haben und man kann hier von einer guten Qualität sprechen. Nach vier Durchläufen - und im direkten Vergleich zur CD - wirkt die neuerliche Vinyl-Veröffentlichung wärmer und der Klang ist nicht mehr so blechern. Der Hall ist natürlich gewollt und gehört ja auch zu Placebo dazu. Die Haptik ist selbstverständlich überragend. Und so eine frische Platte riecht auch einfach gut. Ob es jetzt immer die 180g-Variante sein muss sei mal dahingestellt. In dieser Hinsicht tobt ja sowieso ein Glaubenskrieg der Gelehrten. Fakt ist, dass die vorliegende Ausgabe der 180g-Vinyl-Version sauber und die Nadel sehr ruhig durch die Rinne läuft. Der Klang hat sich gegenüber der CD-Version auch verbessert – ohne das eigentliche Album zu verfälschen!

 

Das Debüt ist noch kein ausgereiftes Meisterwerk – jedenfalls nicht, wenn man spätere Werke hinzuzieht, insbesondere den Nachfolger. Aber welches Debüt ist das schon? Fälschlicherweise wurden die Songs von Brian Molko, Stefan Oldsdal und Robert Schultzberg damals dem Britpop zugeschrieben. Der Hype war ja auch riesengroß. Die Glamanleihen sind auf diesem gleichnamigen Album unüberhörbar und wenn man schon Vergleiche anstellen will, dann passt das eher zu Nirvana oder den Pixies und eben nicht zu Oasis oder Blur. Placebo rocken sich durch diese Songs, da ist „Nancy Boy“, die erfolgreiche Single, nur die Sperrspitze. Das erste Solo von „Come Home“ lässt schon erahnen, dass die Band in der Zukunft noch ganz große Dinge erwarten lässt. Und schon hier zeichnet sich ab, dass die Herren einen ganz eigenen Sound haben. Die quäkende Stimme von Brian Molko passt perfekt zu diesen besonderen Klangwelten. Placebo sind anders und anscheinend trafen sie einen Nerv vieler Zuhörer.

 

Die Melancholie, die Placebo auf den späteren Alben auszeichnen wird, schwingt zwar hier und da mit, kommt aber erst bei „Lady Of The Flowers“ so richtig zum Vorschein. „Teenage Angst“ und „36 Degrees“ brennen ein schnelles Feuerwerk ab und zeigen deutlich die Punkspuren im Sound von Placebo auf. „Bionic“ schafft es gar den Song auf zwei Textzeilen aufzubauen. Die Queens Of The Stone Age kamen erst später mit „Feel Good Hit Of The Summer“ um die Ecke, aber das war sowieso eine andere Geschichte. Fakt ist jedenfalls, dass auf diesem Debüt alle Anlagen von Placebo deutlich zu erkennen sind, die Schwermut und Melancholie aber erst so richtig mit dem Zweitlingswerk das Licht erblickten. Insofern darf man sehr auf den Klang der 180g-Vinyl-Version gespannt sein!

 

Fazit: Der Anfang der Vinyl-Reissues von Placebo macht logischerweise das Debüt. Das Album war damals schon ein Fingerzeig in die zukünftige, wegweisende Richtung in die Welt von Placebo. Das Werk ist noch ruppig und rau, die Melancholie und Schwermut deutet sich aber schon an. Aufgrund des Gesangs, aber auch der Sounds, waren Placebo auch zum damaligen Zeitpunkt ziemlich einzigartig und hatten mit Britpop nichts zu tun, wurden aber in diese Schublade sortiert. Die 180g-Vinyl-Version ist sehr, sehr ordentlich. Die Platte weist keine Wellen auf und auch klanglich hat sich da einiges getan und der Klang ist wärmer - ohne zu verfälschen. Passend zur Vinylveröffentlichung gibt es zusätzlich noch als Besonderheit eine Zusammenstellung von seltenen B-Seiten, MIxen und Demos aus der Ära des ersten Placebo-Albums, die digital sowie über Streaming Dienste angeboten werden.

 

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Text: Torsten Schlimbach

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Placebo: Loud Like Love

Placebo: Loud Like Love

Universal

VÖ: 13.09.2013

 

Wertung: 9/12

 

Brian Molko und Stefan Olsdal sind praktisch im Lichte der Öffentlichkeit erwachsen geworden. Mit Placebo waren sie in den letzten zwanzig Jahren mal mehr, mal weniger unter Beobachtung. Besonders Brian Molko wurde dabei in alle Einzelteile seziert. Der Mann mit der markanten Stimme ist zwar für viele eine Ikone und wurde und wird auf einen Sockel gestellt, auf der anderen Seite kennt er die Schattenseiten des Musikgeschäfts wie kaum ein anderer Indiekünstler seiner Generation. Dies alles kanalisierte er mit und durch seine Musik, aber auch durch so manchen privaten Absturz. Ein Rockstarleben unter dem Mikroskop. In der Mitte seines Lebens ist er nicht nur geläutert, er kann auch damit ein Stückchen besser umgehen. Stefan Olsdal stand ihm bei allen Höhen und Tiefen stets zur Seite. Mit „Loud Like Love“ erklimmen sie mal wieder die luftigen Höhen, wie eigentlich mit jedem Album.

 

Es ist schon erstaunlich, Placebo ist eine jener Bands, die einen kompletten Totalausfall als Album nicht im Backkatalog hat. Es mag durchaus Alben geben, die in der Nachbetrachtung etwas besser wie andere abschneiden, aber wichtig waren sie bisher alle und sei es nur für die persönliche Entwicklung. Seit 2008 ist Steve Forrest der Jungbrunnen hinter der Schießbude und doch bleibt Placebo immer auf das perfekte Zusammenspiel von Molko und Olsdal abgestimmt. Und hierbei funktionieren sie wie ein Uhrwerk. Kaum eine andere Formation liefert so traumwandlerisch sicher so gutes Material ab. „Loud Like Love“ ist da keine Ausnahme und wie ebenfalls immer, wird der Sound verfeinert, entwickelt, vorangetrieben und doch ist dieses Album als typisches Placebo-Material zu erkennen – auch ohne Gesang.

 

Produziert hat diese Platte Adam Noble. Aufgenommen wurde die Kiste in den Londoner RAK Studios. Dies zog sich wie Kaugummi und dauerte fast ein Jahr. Eine Tour zwischendurch und die Erkenntnis, dass man neues Material braucht, machte die Sache nicht einfacher. Angeblich hat Molko die letzten Jahre immer wieder „In Rainbows“ von Radiohead gehört und wollte etwas ähnliches mit „Loud Like Love“ schaffen. Ob ihm das gelungen ist? Daran werden sich die Geister scheiden und letztlich ist es auch völlig egal. Es ist ein gutes Album geworden. Hin und wieder sogar sehr gut. Ja, es ist auch ein erwachsenes Werk, was aber nicht gleichzusetzen mit langweilig ist. Placebo klingen im Jahre 2013 als wären sie angekommen. Sie können jetzt auch von dieser Schwere loslassen und einen positiven Grundton unterbringen. Die Albumeröffnung „Loud Like Love“ feiert mit all seinem Bombast und Pathos die Liebe und das Leben. Placebo umarmen die Welt – es fühlt und hört sich gut an.

 

Was die erste Single „Too Many Friends“ andeutete, wird hier zu Gewissheit: Molko hat sich noch nie so offen gegeben! Er macht sich damit natürlich auch wieder ein Stück angreifbarer, aber er hat jetzt auch das entsprechende Selbstbewusstsein und ist in der Lage über die Dinge, die ihm widerfahren sind, entsprechend zu reflektieren. Auffallend ist zudem die ruhige Atmosphäre. Wo früher noch die Gitarren laut mäanderten, wird jetzt eher mit elektronischen Elementen gespielt – oder mit einem schöne Pianothema wie bei „Scene Of The Crime“. Dieses Album rockt trotzdem in seinem ganz eigenen Kosmos - „Rob The Bank“ sogar mit all seinen Schattierungen ziemlich direkt auf den Punkt. Solche Songs haben sie auf jedem Album und dieses kleine Placebo-Einmaleins beherrschen sie sowieso im Schlaf.

 

Schöner sind sowieso jene Songs mit diesen formvollendeten schönen Zwischentönen. Bei „A Million Little Pieces“ nimmt die Platte so langsam auch eine dunkle Wendung. Die Liebe ist eben nicht mehr frisch (siehe Albumanfang), jetzt geht es an das Eingemachte. Dies eröffnet der Band auch einen vielseitigen und erweiterten Klangraum. „Purify“ lässt den Bass pumpen und nimmt so ganz nebenbei elektronisch an Fahrt auf und haut einen Refrain raus, der Placebo ebenfalls zu dem gemacht hat, was sie im Jahre 2013 sind. Das ergreifende „Bosco“ beendet das Album, welches laut Molko sein bisher bester Song sei. Das Ende der Beziehung und Liebe ist da und Alkohol und Drogen hinterlassen katastrophale Auswirkungen. Siehe da, von „Loud Like Love“ bis „Bosco“ schließt sich der Kreis. Placebo haben tatsächlich ein Konzept verfolgt.

 

Fazit: „Loud Like Love“ von Placebo ist ein großartiges Album geworden. Zwar ist dies nicht über die komplette Distanz der Fall, aber als gesamtes Ganzes und mit einem wundervollen Konzept überzeugt auch dieses Werk – mal wieder. Placebo sind eben die Konstante in einem unsteten Geschäft. Diesmal kommt eine Leichtigkeit dazu, die man so von der Band noch nicht kannte. Die düsteren Momente fehlen aber keineswegs und lassen wieder tief in die menschliche Abgründe blicken. Molko zeigt sich dabei so verletzlich wie nie, aber auch so fröhlich und gefestigt wie die letzten zwanzig Jahre nicht. Placebo sind erwachsen geworden und wir alle waren Zeuge von diesem Prozess. Jetzt gehen wir den Weg gemeinsam weiter – bis zum bitteren Ende und zwar loud like love!

 

http://www.placeboworld.co.uk/

 

Text: Torsten Schlimbach

Placebo: B3 (EP)

Placebo: B3 (EP)

Universal

VÖ: 12.10.2012

 

Wertung: 8/12

 

Anfang 2012 ließ Brian Molko verlauten, dass man zum Ende des Jahres mit neuer Musik von Placebo rechnen könnte. Schnell schossen die Spekulationen ins Land und natürlich rechnete jeder mit einem neuen Album zum Weihnachtsgeschäft. Wer den bisherigen Weg der Band verfolgt hat, den wird es nun nicht unbedingt überraschen, dass daraus einstweilen nichts wird und den Worten von Molko lediglich eine EP folgt. Schon in der Vergangenheit hat die Band diesen Weg öfters gewählt und sich bei den Fans wieder in Erinnerung gerufen. Anhand der jetzigen Statements lässt sich auch sehr gut ablesen, dass es bis zur Veröffentlichung eines vollwertigen Studioalbums wohl noch gut und gerne ein halbes Jahr dauern wird.

 

Mit einem Major im Rücken und zwölf Millionen verkaufter Platten lässt es sich gut leben und im Studio auch allerlei experimentieren. Eine schnöde Single wollten Placebo als erstes musikalisches Lebenszeichen seit langer Zeit dann allerdings auch nicht auf den Markt schmeißen und da sowieso schon ein paar Songs im Kasten waren, dürfen wir nun „B3“ in den Händen halten. Eine Single daraus wird nicht ausgekoppelt, da die EP als Ganzes gesehen werden soll. Dieser Umstand lässt tatsächlich darauf schließen, dass dies ein Gimmick für die Fans sein soll, denn ohne entsprechenden Radioeinsatz dürfte es schwer werden, dass eine größere Masse davon Notiz nehmen wird.

 

Brian Molko scheint dieses Jahr sowieso im Plauderlaune zu sein und daher konnte man aus seinem Mund gleich noch entnehmen, dass die Songs von „B3“ anders als alles andere sein soll, was die Band bisher gemacht hat. Gut, den Spruch kennt man ja so ziemlich von jeder anderen Kapelle vor einer neuen Veröffentlichung auch. Hört man sich die EP an, dann muss man zumindest festhalten, dass der Mastermind der Combo nicht zu viel versprochen hat. Natürlich sind die fünf Songs immer noch eindeutig als Placebo-Stücke zu identifizieren. An der Musik liegt dies allerdings nicht! Brian Molko hat aber eines der markantesten Organ des Pop- und Rockzirkus, sodass man den Urheber immer erkennen wird.

 

Die EP erzählt in gewisser Weise auch eine musikalische Geschichte und verfolgt eine Art roten Faden! Es wird mit jedem Stück spröder und dunkler. Der Namensgeber ist zunächst nämlich noch eine eindeutige Placebo-Hymne. Leichte elektronische Spielerreien mögen schon den Weg weisen, aber die scheppernden Drums kennt man auch schon von der letzten Platte. „I Know You Want To Stop“ wird vom Bass getrieben und bollert stakkatoartig drauflos. Eine gewisse Ruppigkeit schwebt über dem Ding. Danach wird aber mindestens noch mal ein bis zwei Gänge runtergeschaltet und der Akustikgittare stehen dezente Beats gegenüber. „I.K.W.Y.L“ wirft anschließend noch mehr die Wall Of Sound über Bord und gefällt als straightes Gitarrenstück bevor dies nach knapp vier Minuten doch noch mal alles auftürmt, was sich so finden lässt – und voll vor die Wand knallt. „Time Is Money“ schleppt sich als Klavier – ja was eigentlich? - Ballade über sieben Minuten dahin. Zum Schluss hebt die Nummer gar ab in Richtung bombastische Gefilde und setzt ein tolles Ausrufezeichen an das Ende der EP!

 

Fazit: Placebo melden sich bei den Fans mit „B3“ mit einem dicken Ausrufezeichen zurück. Spröde, dunkel und teilweise neue Wege beschreitend ist dies mitunter ein schwieriger Brocken und doch deutlich als Placebo auszumachen. Die Stimme von Brian Molko ist da der kleinste gemeinsame Nenner zum bisherigen Schaffen. Hymnenhafte Momente gibt es natürlich auch wieder. Auf das neue Studioalbum darf man gespannt sein, aber die Vergangenheit hat ja schon gezeigt, dass die vorliegende EP mit Sicherheit kein Fingerzeig in diese Richtung sein muss und alles dann wieder ganz anders klingen kann und vermutlich auch wird!

 

http://www.placeboworld.co.uk/

 

Text: Torsten Schlimbach

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