Gossip: A Joyful Noise

Gossip: A Joyful Noise

Sony

VÖ: 11.05.2012

 

Wertung: 8/12

 

Einst waren Gossip die neue Sensation im rotzigen Punkumfeld. Man konnte sich Hannah Blilie, Beth Ditto und Nathan Howdeshell sowieso in keiner anderen Umgebung vorstellen. Sie waren die von der Gesellschaft ausgestoßenen Kinder, die sich zusammenrotteten um den Kampf gegen die Welt aufzunehmen. Als Gemeinschaft funktionierten diese drei skurrilen Charaktere dann auch eine zeitlang vorzüglich. Bis, ja bis das Feuilleton Beth Ditto für sich entdeckte, Karl Lagerfeld in ihr eine neue Muse gefunden hatte und plötzlich jeder VIP ein Foto mit der stimmgewaltigen Gossip Sängerin haben wollte.

 

Der musikalische Erfolg konnte da zunächst nicht ganz folgen. Mit „Music For Men“ landeten die Drei aber dann auch voll hin und besonders in Deutschland erfreute sich die Platte allergrößter Beliebtheit. Die Single „Heavy Cross“ lief auf allen Sendern und war schnell völlig überspielt. Es nervte nur noch. Aber dafür konnte die Band ja nichts. Ganz schleichend entfernten sie sich so aber auch aus dem Indie- und Punkschneckenhaus und betraten mit großen Augen die Welt der Schönen und Reichen. Es dürfte dem schüchternen Nathan und der introvertierten Hannah schwer gefallen sein Beth Ditto zu folgen, die einen festen Platz im Blitzlichtgewitter und in der Glamourwelt gefunden hatte. Die Yellow Press interessierte sich fortan verstärkt für sie. Gossip eben. Zwischendurch legte Ditto noch mit einer Solo-EP nach und unterstrich, dass sie sich auch im elektronischen Sektor zu Hause fühlt.

 

Warum das alles für „A Joyful Noise“ wichtig ist? Die Platte markiert in gewissem Sinne das Ende eines Weges und der Entwicklung. Der Punk ist gänzlich verschwunden. Das Album klingt nach dem Parkett, auf dem sich Gossip gesellschaftlich mittlerweile bewegen. Sämtliche Ecken und Kanten wurden weggeschliffen. Der ganze Rotz der Straße ist verschwunden. Selbst das Schreien hat Beth Ditto eingestellt. Nathan Howdeshell malträtiert jetzt auch nicht mehr seine Gitarre und ob Hannah Blilie sich hier komplett verausgaben musste sei mal dahingestellt.

 

Beth Ditto betont momentan ja gerne, dass sie das letzte Jahr nur Abba gehört hat und dies ein großer Einfluss für „A Joyful Noise“ gewesen wäre. Nun ja, wenn sie damit meint, dass Gossip jetzt lupenreine Popmusik machen, dann mag das stimmen. Zweifelsohne hat Produzent Brian Higgins den Sound deutlich beeinflusst und auf eine neu Stufe gestellt. Der Mann hat ja nicht umsonst Zusammenarbeiten mit Kylie Minouge und den Pet Shop Boys im Portfolio stehen. Wo „Music For Men“ noch auf halber Strecke stehenblieb, gehen Gossip mittlerweile ohne einen Blick zurück durch die Tür und betreten ein ganz neues Klangland. Beth Ditto scheint ihre Bestimmung gefunden zu haben und zerrt einen nun mit festem Griff auf die Tanzfläche!

 

Es dürfte klar sein, dass dieser Weg nicht allen Altfans gefallen wird. Sollten davon aber tatsächlich ein paar abspringen, dann stehen zahlreiche Mainstreamhörer bereit, die zwischen einem Cappuccino, dem Start ins Wochenende in der angesagten Bar mit angeschlossener Lounge und den Dancetempeln der Stadt noch Zeit für die musikalische Einstimmung haben. Kann man sich allerdings auch sparen, denn Gossip werden in diesen Lokalitäten sowieso schon da sein und aus den Lautsprechern dröhnen.

 

Sagen wir mal so, hätte der letzte Totalausfall von Madonna Songs von ähnlichem Kaliber an Bord gehabt, dann wäre es doch noch ein gutes Album geworden. Beth Ditto ist jetzt jedenfalls die neue Disco-Queen. Synthies und Keyboards bestimmen den Sound von „A Joyful Noise“. Zunächst lockt ein drängender Bass bei „Melody Emergency“ auf eine falsche Fährte. Der Refrain wird von einem Riff zerschreddert, was so simpel und doch so effektiv ist. Beth Ditto gibt sich dazu wie ein Vamp. Hammereröffnung! Die Single „Perfect World“ sollte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Das Ding ist ein verdammter Ohrwurm und ein Hit, wie er im Buche steht. Und ja, die Albumauskopplung steht durchaus exemplarisch für die gesamte Scheibe!

 

„Get A Job“ fängt tatsächlich wie ein Madonna-Track der letzten Jahre an, wummert dann aber ordentlich durch die Disco. „Move In The Right Direction“ treibt es noch mehr auf die Spitze. Die funky Beats hauen einen derart in das Land der Träume der 80er, dass man zwischen New Order, Pet Shop Boys und Duran Duran wieder aufwacht. Vielleicht klingelt sogar noch eine Gitarre von The Cure an der Tür und will im bunten Partyreigen mitmischen. „Casualties Of War“ gönnt einem danach die benötigte Pause. Die Ballade kommt erstaunlich gut ohne den erwarteten Pathos aus.

 

Die Platte ist übrigens ungemein stimmig. „Into The Wild“ zieht das Tempo zwar wieder an, mit einem leichten Schunkelgroove passt die Nummer aber perfekt hinter eine Ballade. Ist das eigentlich jetzt mehr George Michael oder doch eher Limahl? „Get Lost“ wagt gar einen Schwenk in die 70er und haut uns eine schöne Vibratogitarre um die Ohren. Man hätte sich auf der Platte sowieso noch ein paar mehr Farbtupfer von Nathan Howdeshell gewünscht. Das funkige „Horns“ zeigt ja, wie es auch anders geht. Die Gitarre dengelt schön durch die Gegend und Hannah Blilie packt noch einen schönen Motown-Groove obendrauf. Stefan Raab dürfte an diesem Funkungetüm seine Freude haben. Man ist fast schon ein bisschen enttäuscht, dass das düster angehauchte „Love In A Foreign Place“ die Platte beendet.

 

Fazit: „A Joyful Noise“ ist die Platte geworden, die man von Brian Higgins erwarten durfte. Der Produzent dürfte einen großen Einfluss auf dieses Werk gehabt haben. Die 80er Jahre blitzen an allen Ecken und Enden durch und Gossip fühlen sich heute auf dem Dancefloor wesentlich wohler wie im ranzigen Punkschuppen. Leider ist das auch arg glatt geschliffen. Eine Ansammlung von Hits, gar keine Frage, aber ein bisschen vermisst man schon das Ungestüme der Anfangszeit und Beth Ditto schöpft ihre stimmlichen Qualitäten viel zu selten aus. Trotzdem ist sie es, die diese Platte in gewisser Weise rettet. Dann passt sogar der Rest. Zweifelsohne wird man aber diesen Sommer zu „A Joyful Noise“ tanzen...

 

http://www.gossipyouth.com/de/home

 

Text: Torsten Schlimbach

Beth Ditto: EP

Beth Ditto: EP

Sony

VÖ: 04.03.2011

 

Wertung: 9/12

 

Die Verbindung Beth Ditto und Simian Mobile Disco funktionierte bei und mit „Cruel Intentions“ derart gut, dass es förmlich nach einer Fortsetzung schrie. Die Hauptband von Ditto nimmt zwar gerade ein neues Studioalbum auf, aber Platz eine eigene EP einzuschieben war und ist da freilich noch. Zusammen mit Simian Mobile Disco hat sie im August 2010 nun vier Songs aufgenommen.

 

Herausgekommen ist dabei eine – im weitesten Sinne – melodische Disco-EP, die viel Platz für die Gesangsstimme von Beth Ditto lässt. Hierbei ist ausdrücklich das Wort Gesang in den Vordergrund zu stellen. Die stimmgewaltige Dame fällt bei Gossip ja auch immer wieder durch die eine oder andere Schreiattacke auf. Auf der vorliegenden EP gibt es dies überhaupt nicht. Die elektronische Musik wirkt wie ein beruhigender Klangteppich und die gute Beth singt klar wie nie.

 

Die Elektro-Schiene steht Beth Ditto extrem gut. Da kann sie mal eine andere Seite von sich zeigen und das funktioniert bestens. „Goodnight Goodmorning“ hört sich glatt wie eine elektrische Ausgabe von „Nutbush City Limits“ in ruhig an. Überhaupt ist diese EP kein Kracher für den Dancefloor sondern gefällt eher durch ruhigen, teils sphärischen Passagen. So ist „Do You Need Someone“ ein Stück, welches eher den Geist, denn die Bein anspricht. „I Wrote The Book“ kommt zwar mit etwas mehr Drive daher, aber auch hier besticht die eher unaufgeregte Atmosphäre mit einer stimmlich sehr aufgeräumten Beth Ditto. „Open Heart Surgery“ ist dann endgültig der Dance-Pop der Stunde.

 

Fazit: Diese EP zeigt mal eine andere Seite von Beth Ditto. Überraschend ist diese nicht, denn spätestens seit „Cruel Intentions“ war klar, dass eine Zusammenarbeit mit Simian Mobile Disco bestens funktioniert. Die kleine Dame mit der großen Stimme kommt hier eine ganze Spur ruhiger rüber. Das ist Dance-Pop, der sich aber auch mal herrlich zurücknehmen kann und bei dem Stimme und Melodie zu einer Einheit verschmelzen. Das verkürzt einem die Wartezeit auf eine neue Gossip Scheibe ungemein und zeigt Frau Ditto mal in einem anderen klanglichen Umfeld. Gelungen!

 

http://www.gossipyouth.com/de/beth-ditto-ep

 

Text: Torsten Schlimbach

Gossip: Music For Men

Gossip: Music For Men

Sony

VÖ: 19.06.2009

 

Wertung: 7,5/12

 

Gossip sind in den letzten Jahren zu den Lieblingen all` derer geworden, die sich trendy und hip fühlen. Ganz besonders an Beth Ditto hat die Klatschpresse einen Narren gefressen und mittlerweile hat selbst Karl Lagerfeld ein Faible für die stimmgewaltige Sängerin entdeckt. Auch die Indieszene ist voll des Lobes und das letzte Album „Standing In The Way Of Control“ schlug in dem Genre ein wie eine Bombe. Wer eine Kim Gordon von Sonic Youth als Fürsprecherin hat, braucht sich um Ruf und Anerkennung sowieso keine Sorgen zu machen. Auch auf der Bühne konnten Gossip stets mit einer energiegeladenen Show überzeugen und mittlerweile hat sich die Band den Status „muss man gesehen haben“ erspielt.

 

Bei allem Rummel um Beth Ditto, darf man nicht vergessen, dass Brace Paine und Hannah Billie einen großen Anteil am Erfolg der Band haben, auch wenn sie nicht ganz so im Rampenlicht stehen. Nun steht mit „Music For Men“ das nächste Album in den Startlöchern. Die komplette Scheibe wurde von der Produzentenlegende Rick Rubin in den Shangri La Studios in Malibu aufgenommen. Die Erwartungshaltungen dürften also in schwindelerregende Höhen gestiegen sein.

Gossip versuchen gar nicht erst diese zu erfüllen. Wer sich „Music For Men“ erstmals zu Gemüte führt wird ein langes Gesicht machen. Was ist das? Wo sind die Hits? Warum ist das Album zum Teil so sperrig? Wo sind die tanzbaren Songs hin? Klingt die Scheibe wirklich so düster und nachdenklich? Fragen über Fragen – die Antworten wird man nach und nach finden. Die Scheibe braucht einfach Zeit, sie springt den Hörer nicht direkt an und bildet einen schönen Kontrast zum letzten Album.

 

Wer mit einem krachigen, eingängigen und tanzbaren Einstieg in „Music For Men“ gerechnet hat, wird aber Augen und Ohren machen. „2012“ ist nämlich alles andere als das. Im Gegenteil, eine nachdenkliche Atmosphäre macht sich breit, die Gitarren erinnern im Hauptteil sogar an Joy Division und New Order. „8th Wonder“ haut zwar ordentlich auf den Putz und Beth Ditto singt im Refrain wieder, als ginge es um ihr Leben und trotzdem ist die Nummer mit einem treibenden Schlagzeug von einer dunklen Grundstimmung geprägt. Das beatlastige „Dimestore Diamond“ schleicht sich eher von hinten an. Die Besonderheit ist hier, dass der Track über die gesamte Länge nicht mehr an Fahrt aufnimmt und gerade das macht die Spannung aus. „For Keeps“ ist zwar ganz nett, aber spätestens die 80er Jahre Gedächtniskeyboards nerven. „Four Letter Word“ lässt anschließend endgültig das knatschbunte Jahrzehnt wieder aufleben – Depeche Mode oder gar Erasure? „Heavy Cross“ ist bis hierhin sogar der offensichtlichste Song mit typischen Gossip-Elementen und von daher auch kein Wunder, dass dies die erste Single ist.

 

Man vermisst auf „Music For Men“ allerdings auch etwas die Spannung, die Innovation, die Höhepunkte. Klar, gibt es alles, aber man muss wirklich sehr genau danach suchen. „Love And Let Love“ oder „Love Long Distance“ sind im Grunde austauschbar und plätschern ohne zündende Ideen so vor sich hin. Musikalisch passiert da recht wenig. Erstaunlicherweis ist trotzdem das Livepotenzial erkennbar, nur aus der Konserve ist das eben reichlich uninspiriert und – langweilig. Da ist das bassdominierte „Men In Love“ schon wesentlich zwingender. Man muss allerdings so ehrlich sein und sich eingestehen, dass da auch nur Gossip-Standard durch den Fleischwolf gedreht wird. Die kleine Durststrecke im Mittelteil wird mit dem dunkleren „Pop Goes The World“, dem punkig angehauchten und schrägen „Spare Me From The Mold“ (inklusive Bläser) und dem Rausschmeißer „Vertical Rhythm“ dann allerdings wieder hinter sich gelassen.

 

Fazit: Es fällt schwer, das neue Album von Gossip einzuordnen. Die Party scheint definitiv vorbei zu sein. Selbst die schnelleren Stücke sind alle von einer dunkleren Atmosphäre umweht. Die Songs springen den Hörer nicht mehr so offensichtlich an. Natürlich findet man hier auch wieder haufenweise Zitate aus der eigenen Bandvergangenheit und an der einen oder anderen Stelle hat das Album auch ein paar Längen zu überstehen. Auf der anderen Seite schaffen es Gossip immer wieder den besonderen Moment einzufangen und ein paar wirklich tolle Dinge in den musikalischen Orbit zu jagen. „Music For Men“ entwickelt und entfaltet sich erst nach und nach und das ist doch mal eine äußerst positive Eigenschaft und um die Halbwertzeit des Albums muss man sich somit keine Sorgen machen. Für die nächste Langrille müssen sich Gossip allerdings dann wirklich was einfallen lassen, denn irgendwann ist der Hype verflogen und die Ikonenbildung Schnee von gestern und dann bleibt nur noch das musikalische Gerüst…aber da muss man sich bei den Dreien ja eigentlich keine Sorgen machen!

 

http://www.gossipyouth.com/de/home


Text: Torsten Schlimbach

Gossip: Live In Liverpool (CD/DVD)

Gossip: Live In Liverpool (CD/DVD)

Sony

VÖ: 28.03.2008

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Das letzte Studioalbum von Gossip „Standing In The Way Of Control“ konnte auf ganzer Linie überzeugen. Die Kritiker überschlugen sich fast förmlich und selbst nach Dauerrotation zeigen sich kaum Abnutzungserscheinungen. Aus der Konserve sind Gossip also zweifelsohne eine tolle Band. Trotzdem ist dies rein gar nichts zu den Livequalitäten des Dreiers. Wie kaum eine andere aktuelle Kapelle aus dem Indiebereich steht die Band für schweißtreibende Shows. Dies gilt übrigens für alle Anwesenden – Band und Zuschauer.

 

Das enorme Bühnenpotenzial erkannte auch der große Rick Rubin. Der Ruf einer formidablen Liveband eilt Gossip sowieso voraus, was lag da also näher als ein Livealbum in die Läden zu bringen? Der visuelle Aspekt spielt gerade bei dieser Formation eine ganz wichtige Rolle, da man die Kraft und Energie, die von den drei Mitgliedern ausgeht, einfach auch sehen muss.

In Juli 2007 spielten Gossip ein umjubeltes Konzert in Liverpool und dieser Auftritt liegt nun in der einzigen richtigen Konstellation vor. Das schmucke Digipack hat nicht nur eine CD zu bieten, sondern punktet auch noch mit einer DVD des Auftrittes. Rick Rubin hat dieses Projekt angekurbelt und fungiert hier auch als Executive Producer.

 

Eine knappe Dreiviertelstunde stellen Gossip unter Beweis, dass sie momentan so ziemlich zu den besten Clubbands auf diesem Planeten gehören. Zu den bekannten Klängen von „Eyes Open“ startet die Band ihren Ritt durch eine Mischung aus Punk, Dance und Soul. Weiter geht es mit dem nächsten Knaller. „YR Mangled Heart“ verdeutlicht zudem, dass die Band auch ein feines Händchen für Hits hat. Live gewinnen die einzelnen Nummern übrigens noch mal mehr an Dynamik als sie auf dem Studioalbum eh schon haben. Keiner schreit sich so schön und melodisch die Seele aus dem Leib wie Beth Ditto. Auch mit ihren Coverversionen beweisen Gossip immer wieder, dass sie über ein ganz besonderes Talent verfügen. Andere Bands spielen die Songs meist notengetreu nach – nicht so Gossip. Sie schaffen es jedem Songs ihre ganz eigene Note aufzudrücken und letztlich wie einen eigenen klingen zu lassen. Egal ob es mit „Are You That Somebody“ von Aliyah oder „Careless Whisper“ von George Michael eigentlich Nummern sind, die so gar nicht ins Bandkorsett passen wollen – was nicht passt, wird passend gemacht. Auch davon kann man sich auf diesem wunderbaren CD/DVD-Set überzeugen. Brace Paine und Hannah Blilie breiten dazu den musikalischen Teppich aus, während Beth Ditto sich auf den Brettern gesanglich und körperlich verausgaben darf. „Jealous Girls“ ist ein weiterer hitverdächtiger Titel im Mittelteil der Show, bevor es zum Ende hin mit „Standing In The Way Of Control“ und „Listen Up“ dann wirklich kein Halten mehr für Publikum und Band gibt. Der Sound ist übrigens sehr gut abgemischt und kommt klar und deutlich aus den Boxen, hier hört man jeden kleinen Verspieler oder jedes kleine Schnaufen. Authentisch!

 

Die DVD selber ist natürlich das Prunkstück des Sets. Wenn Brace Paine seine Gitarren bearbeitet und sich dabei windet, Hannah Blilie stoisch ihre Felle bearbeitet und Beth Ditto mit Raubtier-Jumpsuit und mit Lametta-Perücke über die Bühne tobt, dann ist das schon eine Kunst für sich. Selbst auf der heimischen Couch kann man die Clubatmosphäre förmlich spüren. Rinnt da nicht eine kleine Schweißperle? Schon bei „Eyes Open“ bricht die Hölle los, die ganze Bude vor Ort scheint einem Tollhaus zu gleichen. Beth Ditto ist ebenfalls in ihrem Element. Bei „YR Mangled Heart“ meint sie: „Ich weiß nicht. Ich fühle es!“ Man nimmt es ihr ab! Bei „Jealous Girls“ verschwindet auch die Perücke und ab jetzt scheint es endgültig kein Halten mehr zu geben, Band und Publikum verausgaben sich komplett. Die DVD-Aufnahme lässt einen daran teilhaben, man wähnt sich mittendrin im Geschehen. Bei „Yesterday´s News“ fliegen dann auch noch die Schuhe von Ditto weg, ab jetzt wird barfuss gewirbelt. Die Frau gibt alles! Bei „Standing In The Way Of Control“ sucht sie dann auch wieder den obligatorischen Hautkontakt zum Publikum. Interaktion gehört ja ebenfalls zu einem Gossip-Konzert dazu und so darf sich auch der ein oder andere Konzertbesucher am Gesang versuchen und den Refrain ins Mikro grölen.

 

Fazit: Dieses Doppelpack, bestehend aus CD und DVD, gibt auf eindrucksvolle Art und Weise mehr als einen Eindruck von einer der besten Livebands dieser Tage wieder. CD und DVD vermitteln sehr gut die Dynamik der Show. Gossip muss man einfach gesehen und gehört habe. Zudem gibt es dieses Paket hier relativ günstig zu erstehen. Also, worauf noch warten?

 

http://alternative.allmybands.de/bands/gossip

http://www.thegossipmusic.com

 

Text: Torsten Schlimbach

Gossip: Standing in the way of control (New Version 2007)

Gossip: Standing in the way of control (New Version 2007)

Red Ink

VÖ: 17.08.2007

 

Wertung: 11/12

Tipp!

 

Kritiker sind und waren begeistert, die Fangemeinde ist in Rekordzeit gigantisch gewachsen und jede Menge prominente Fürsprecher gibt es auch noch. Hoppla, haben wir es hier etwa mit dem nächsten Hype zu tun? Wobei es bei uns im Blätterwald bisher ja noch ziemlich ruhig war. So langsam ändert sich das gerade. Im Grunde aber auch schon wieder merkwürdig, wo doch das Album eigentlich schon im letzten Jahr vom kleinen und feinen Hamburger Lado Label veröffentlicht wurde. Hier und da ist zu vernehmen, dass es sich dabei um das Debütalbum bei uns handelt, im Grunde aber schon das dritte Werk der Band ist. Nun kommt der Nachschlag. Nein, es gibt nichts Neues im eigentlichen Sinne, sondern nur eine Neuauflage des schon bekannten Albums von 2006. Alles klar?

 

Um wen geht es eigentlich? Um Gossip! Bei wem es jetzt noch nicht läutet wie unter den Glocken des Kölner Doms, der hat zumindest die letzten zwölf Monate keinen Blick nach UK gewagt. Die Band aus Arkansas ist dort in aller Munde und mittlerweile bekannt wie der sprichwörtlich bunte Hund. Das größte Interesse fokussiert sich dabei auf Sängerin Beth. Nicht nur, dass das Juni-Cover des NME eine nackte Beth zierte, nein auch die Wahl zur coolsten Person des Planeten durch die NME Leser fiel auf sie. Auch wenn die Frau aufgrund ihres gesamten Erscheinungsbildes und ihrer schweißtreibenden Live-Shows sicher im Rampenlicht steht, sollte man ihre beiden Mitstreiter nicht vergessen, die den entsprechenden Klangteppich auslegen.

 

Gossip sind schon sechs Jahre aktiv und nun soll also auch endlich nach UK im Rest von Europa der große Durchbruch gelingen. Wobei groß natürlich immer relativ ist. „Standing in the way of control“ bringt jedenfalls alles mit um eine der Indieplatten 2007 zu werden. Hier gibt es eine Mischung aus Punk, Soul und Blues versehen mit Danceelemten zu hören. Schnell wurde eine neue Schublade mit dem Namen Dance-Punk beschriftet und Gossip darunter abgelegt. Man muss ja nicht für alles krampfhaft einen Namen finden, es reicht ja auch, wenn man die Band und die vorliegende Scheibe in das weite Feld der Indie-Musik einordnet.

 

An den Reglern saß übrigens kein Geringerer wie Guy Picciotto, der Mastermind von Fugazi. Für das Artwork zeichnete sich mit Kim Gordon von Sonic Youth direkt die nächste Ikone aus und verantwortlich. Was die Platte und den Sound der Band insgesamt so außergewöhnlich macht ist die Punk-Attitüde gepaart mit einer Stimme, die zum Teil an Soulgrößen vom Schlage einer Diana Ross oder Aretha Franklin heranreicht.

 

Die Temperaturen draußen sollen heute, wo diese Zeilen hier entstehen, die 40 Grad Marke ankratzen. Schwüle macht sich breit, man schwitzt und warum sollte es der Musikanlage besser ergehen? Nichts passt besser zu den Temperaturen wie Gossip. Egal ob das Trio rockt als wäre es der Hölle entsprungen oder auch mal mit „Coal To Diamonds“ oder „Listen Up!“ ruhigere Töne anschlägt. Jeder der 10 Tracks ist ein Knaller. „Fire with Fire“, „Standing In The Way Of Control“, „Eyes Open“ „Your Mangled Heart“, alles Tanzflächefüller. Der Bass pumpt, die Gitarren scheppern und Beth Ditto singt sich die Seele aus dem Leib. Bei der 2007 Version gibt es nun noch „Listen Up!“ in neuem Gewand und Soulwax haben sich des Titeltracks angenommen, der nun im Nite Remix zu hören ist. Ganz nett, aber insgesamt sicher verzichtbar.

 

Fazit: Hype hin, Hype her – eine gute Platte ist und bleibt eine gute Platte. Klar, das Rad wird hier nicht neu erfunden, hier macht es die Mischung – eine aufregende noch dazu. In der Summe ergibt das eine Scheibe, die ihresgleichen sucht. Mitreißendes Gesamtkunstwerk!

 

http://www.gossipyouth.de/

 

Text: Torsten Schlimbach

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